Die Sprache ist eine Antwort auf kommunikative
Bedürfnisse, die sich gemß ihrer Erfahrungen und Befriedigungsweisen vermehren
und vervielfltigen. Diese kommunikativen Bedürfnisse überlappen zum Teil mit materiellen
Bedürfnissen: Bedürfnisse danach, Dinge zu konsumieren, sie instrumentell zu
gebrauchen, die Bedürfnisse in Bezug auf sie zu verstehen (unsere eigenen wie
die anderer), ihre Bedeutung zu begreifen, usw.
Das gegenseitige Befriedigen von Bedürfnissen,
die mit Dingen zu tun haben, erzeugt Verbindungen zwischen Menschen als Wesen,
die einer Spezies angehören, als Wesen, die einander schenken und voneinander
empfangen. Die Verbindungen, die von der Sprache geschaffen werden, entsprechen
den Verbindungen, die vom Teilen von Dingen geschaffen werden. Doch kommt es
heute kaum noch zu einem solchen Teilen. Zunchst schlicht deshalb, weil es
Dinge gibt, die wir nicht teilen können – wie einen Berg oder die Farbe
Rot oder die Erfüllung des Wunsches, dass es kein nukleares Zeitalter gbe; und
dann aufgrund des Mangels (der das Teilen verunmöglicht, weil es nicht genug für
alle gibt), des Privateigentums und des Nicht-Schenkens. Vielleicht sind es die
Unterschiede zwischen diesen Gründen, die das Teilen der Sprache so abstrakt machen
und das Gehirn vom Körper zu trennen scheinen.
Wir wissen nur noch, abstrakt zu teilen, und
dieses abstrakte Teilen produziert zwar Egos und Gehirne, aber keine
Gemeinschaften des Friedens und des überflusses. Wir teilen nicht konkret mit
den Vielen. Wenn wir teilen, teilen wir ausschließlich im Kreise unserer engsten
Familie und FreundInnen. Darüber hinaus teilen wir höchstens das Nicht-Schenken
des Tausches, das uns isoliert und zu KonkurrentInnen macht und uns –
wenn überhaupt – nur durch die Gesetze des Staates verbunden sein lsst.
Der Tausch macht uns zu Wesen, die nur noch verbal teilen. In diesem Sinne gehören
wir nicht mehr alle derselben fürsorglichen Spezies an. Anstelle dessen
organisieren wir uns in verschiedenen Kategorien, die dann selbst in immer
allgemeineren Kategorien organisiert werden.
Das Old Boys Network von Einen
Wir schaffen ReprsentantInnen in Regierungen,
die unseren Platz einnehmen, die Gesellschaft für uns organisieren, und das
bestimmen, beherrschen und rechtlich kontrollieren, was vom Schenken
überbleibt: nmlich das Schenken von Gehorsam, Sozialleistungen und Steuern (die
dann von den ReprsentantInnen für uns verteilt bzw. "weitergeschenkt" werden).
Der sprachliche Wortschatz bzw. das, was
Saussure langue
nannte, ist ein rein differentielles System von Wörtern, in denen jedes Wort
negativ auf alle anderen bezogen ist (anders gesagt: jedes Wort seinen Wert
daraus bezieht, nicht wie die anderen zu sein) und positiv auf die Dinge, die
es reprsentiert. Zum Beispiel ist das Wort "Hund" zum einen das Wort, das es
ist, weil es nicht "Katze" oder "schön" oder "Gerechtigkeit" oder "laufen" ist.
Zum anderen ist es das Wort "Hund", weil es sich auf Hunde bezieht.
hnlich sieht es aus, was das Privateigentum
betrifft. Hier ist jeder Besitzer einerseits negativ auf alle anderen bezogen
(da sich Privatbesitzer gegenseitig ausschließen) und andererseits positiv auf
das Eigentum, das er besitzt. Das Geld – wie das Verb "sein" –
vermittelt zwischen diesen sich wechselseitig ausschließenden Elementen und
schafft einen zweiten Ersatz, einen quantitativ teilbaren Wertprototyp,
auf den das Eigentum bezogen werden kann. Dieser erlaubt dem Eigentum zwischen
Besitzern zu wechseln, ohne dass dabei auf das Schenken zurückgegriffen werden
müsste. Bedürfnissen zu schenken, impliziert Ungleichheiten – der Tausch hingegen
impliziert Gleichheit und verschleiert die Bedürfnisse und das Schenken.
über das Geld als das allgemeine quivalent
schrieb Marx: "Man sieht es der Form allgemeiner unmittelbarer Austauschbarkeit
in der Tat keineswegs an, daß sie eine gegenstzliche Warenform ist, von der
Form nicht unmittelbarer Austauschbarkeit ebenso unzertrennlich wie die
Positivitt eines Magnetpols von der Negativitt des andren. Man mag sich daher
einbilden, man könne alle Waren zugleich den Stempel unmittelbarer
Austauschbarkeit aufdrücken, wie man sich einbilden mag, man könne alle
Katholiken zu Ppsten machen."
Marx schreibt weiter, dass sich "eine Ware nur in allgemeiner quivalentform
[befindet], weil und sofern sie durch alle andren Waren als quivalent
ausgeschlossen wird."
(Siehe Graphik 34.)
Marx spricht hier über das Geld als das, was
ich den "verdinglichten Kategorieprototypen" nennen würde. Was er als
"magnetische Polaritt" ansieht, ist die Polaritt zwischen dem Einen und den
Vielen, dem Kategorieprototypen (und/oder dem Wort, das den Platz des
Prototypen als quivalent für die Kategorie einnimmt) und der auf ihn (bzw. das
Wort) bezogenen Objekte. In seiner Beschreibung des Geldes als des allgemeinen
quivalents beschreibt Marx einen wichtigen Moment der Kategorieformation und
der Verdinglichung der maskulisierten Kategorie (auch wenn er dies damals
selbst nicht erkannte). Seine Analyse der Beziehung zwischen Geld und Ware ist
berüchtigt für ihre Schwierigkeit aufgrund der Komplexitt dieser Beziehung,
die um vieles größer ist als es zunchst den Anschein haben mag.
In der Maskulisierung erscheint die Familie als
die Kategorie, in der der patriarchale Vater der Prototyp oder das allgemeine
quivalent ist. Er nimmt den Platz der anderen Mitglieder der Familie ein, wenn
es um familire Entscheidungen geht, befiehlt und verlangt Gehorsam und
reprsentiert die Familie in der Gesellschaft der Mnner, dem Old Boys
Network. Dass das
Eigentum in der Struktur des Einen und der Vielen (dem Familiennamenkomplex)
auf seinen Besitzer bezogen ist, haben wir bereits gesehen. hnlich sieht es in
unseren Regierungen aus.
Interessanterweise personalisiert Marx Waren, wenn
er sagt, dass sie eine unter ihnen als ihr quivalent whlen und dass dies eine
Verkörperung des demokratischen Prozesses sei. Die Unabhngigkeitserklrung der
USA postulierte, dass "alle Menschen gleich" seien – bekannter Weise
schloss dies jedoch sowohl Frauen als auch Sklaven (also die Schenkenden) vom demokratischen
Prozess aus. Die Vter des Landes waren ein Old Boys Network, das aus weißen mnnlichen
Eigentümern bestand. Gemß der Regionen, aus denen sie kamen, teilten sich diese
in Gruppen auf, in denen sie jeweils einen unter ihnen als ihr quivalent
whlten, damit er als Reprsentant ihren Platz in den regierenden
Körperschaften einnehmen konnte. Diese setzten sich also aus Einen zusammen,
die ihre jeweiligen Gruppen vertraten.
Die Mitglieder des Old Boys Networks waren gewöhnlich bereits Eine
innerhalb ihrer Familien sowie in Bezug auf ihr Eigentum. Als Reprsentanten
trafen sie Entscheidungen, die diejenigen, die kein Wahlrecht hatten, genauso betrafen,
wie diejenigen, die sie gewhlt hatten. Die Gruppe, die von den Reprsentanten selbst
gebildet wurde, wurde zu einer Art Meta-Gruppe, einem Old Boys Network im Old Boys Network. Als solches entwickelte es seine
eigene Dynamik. Schließlich wurde von allen Whlenden auch ein allgemeines
quivalent zur Reprsentantion aller gewhlt: der Prsident.
Wenn den EinwohnerInnen einer Nation erlaubt
wird, ihre Reprsentanten zu whlen, dann scheint der politische Prozess den
Prozess der Kategorieformation direkter zu reflektieren als dies zum Beispiel
in der Monarchie der Fall ist. Die Reprsentanten erscheinen dann nmlich nicht
nur als Prototypen, sondern auch als Wörter, die den Platz aller Mitglieder der
Gemeinschaft oder Gruppe einnehmen. Wie die Wörter in der langue befinden sie sich in wechselseitig
ausschließlichen Beziehungen zueinander, haben aber eine positive – wenn
auch polare – Beziehung zu denen, die sie reprsentieren. (Graphik 36.)
In dieser Position konstituieren sie sich selbst als Gemeinschaft und schenken
einander bzw. empfangen voneinander auf verschiedene Weisen, machen Geschfte,
formen Koalitionen, usw. Diese Gemeinschaft schafft ihr eigenes Leben –
eines, das mit der Macht über das Leben der Vielen ausgestattet ist.
Nationale Grenzen entsprechen innerhalb dieser
Logik den Grenzen der Kategorie. Diejenigen, die sich außerhalb der Grenzen befinden,
sind Dinge, die nicht auf den Prototypen – oder das Wort – bezogen
sind. Sie werden nicht reprsentiert, obwohl sie von den Entscheidungen, zu
denen die Reprsentanten gelangen, direkt betroffen sind – insbesondere dann,
wenn es sich um Entscheidungen der Nation handelt, die den Eine-Status unter
den Nationen innehat.
Wenn wir uns nun zurücklehnen und fragen: "Wenn
das wahr ist, was heißt das dann?", dann werden unsere Antworten im Kategorisierungsprozess
selbst verbleiben und wir werden das Problem nur wiederholen. Wenn wir uns
allerdings dem Modell der schenkenden Mutter zuwenden und ihm Wert schenken,
dann wird es uns vielleicht möglich, die Projektion unserer kategorischen und linguistischen
Muster in unsere Regierungen zu vermeiden. Dann könnten wir einen Weg finden,
unser soziales Leben frei von Projektionen und deren unbewussten Entsprechungen
zu organisieren. Wir würden andere nicht ausschließen, um nationale oder
individuelle Identitten zu bilden und wir müssten keine Beziehungen zwischen
unten und oben, Dingen und Wörtern, Vielen und Einen schaffen, um individuelle
wie kollektive Entscheidungen zu treffen. Vielmehr würde Kommunikation als ein Gemeinschaftsbildungsprozess
verstanden werden, der darauf beruht, dass das Befriedigen von Bedürfnissen auf
allen Ebenen als die Grundlage wirklicher Bedeutung bzw. als das leitende
Prinzip sozialer Organisation verstanden wird.
Die Reprsentanten (diejenigen, die sich in der
Position des Wortes befinden) sind manchmal selbst in Kategorien organisiert,
die an die Geschlechtskategorien erinnern. In den USA richten zum Beispiel
Mitglieder der Demokratischen Partei gewöhnlich etwas mehr Aufmerksamkeit auf
die Bedürfnisse der Menschen, whrend Mitglieder der Republikanischen Partei
meist nur auf Profit und nationalen Chauvinismus ausgerichtet sind. Beide
Parteien funktionieren dabei nach dem mnnlichen Modell: die Republikaner
machistisch, die Demokraten paternalistisch.
Der sexistische Zeiger der Demokratie
Die moderne Demokratie reflektiert das Problem
der Maskulisierung deshalb strker als die Tyrannei oder die Monarchie, da sie der
Epoche des Tausches entstammt, in der das Geld-Wort, das allgemeine quivalent,
die Rolle des Königs übernommen hat. Dies erlaubt uns jedoch auch, das Problem
wirklich als ein systematisches zu verstehen und es nicht auf den individuellen
Charakter eines bestimmten Einen zu reduzieren – sei es der König, der
Thronfolger, der Vater, oder auch eine Nation oder Rasse. So sehr wir auch das
Gold oder andere Zahlungsmittel fetischisieren mögen – es ist klar, dass
diese keine Personen sind. Dem American Dream zufolge können alle "Geld machen".
Doch auch wenn wir die privilegierte Kategorieposition in einen Bereich
verschoben haben, welcher der Maskulisierung entspricht, gibt es Lücken –
oder zumindest werden sie behauptet. So wird gesagt, dass alle Zugang zu
uneingeschrnkten Mengen des allgemeinen quivalents haben, unabhngig von
Klasse oder Rasse. Alles, was es dazu bedarf, ist Talent, Ausdauer und
vielleicht ein bisschen Glück. Dem entspricht die Behauptung, dass alle –
unabhngig von Klasse oder Rasse – das genetische "Geschenk" des Phallus und
der Maskulisierung haben können. Demnach wre niemand per se zum Status eines have-nots verurteilt und alle könnten
theoretisch haves
sein – was freilich auch umgekehrt gilt: alle könnten theoretisch auch eine
nicht-habende Frau sein. Kurz, dadurch dass das Privileg durch die übernahme
des Geldes als Kategorieprototyps von Erbfolgen gelöst und flexibler wurde,
werden Sozialisierung, kapitalistisches Geschick, oder auch reiner Zufall, zu
den entscheidenden Faktoren im Erwerb der Positionen des Prototypen bzw. des
Einen.
In der "Demokratie" der griechischen Antike war
die Herrschaft des Phallus eine direkte, wie Eva Keuls in ihrem gleichnamigen
Buch zeigt. Sowohl
Frauen als auch Sklaven waren zu jener Zeit have-nots bzw. Unterlegene, die Bedürfnisse
befriedigten. Die Kategorisierung des Geschlechts verband sich mit Kategorisierungen
der Nationalitt und Klasse, um einer relativ großen Gruppe Zugang zu
privilegierten Eine-Positionen zu verschaffen. Keuls beschreibt in ihrem Buch die
Herme: anthropomorphe Statuen von Penissen mit (Extra)Penissen, die an den
Türen zu griechischen Husern standen. Die Herme scheinen mir Versuche gewesen zu
sein, eine selbsthnliche Beziehung zu konkretisieren.
Dies erinnert mich auch an etwas, das ich immer
interessant fand, jedoch nie wirklich verstand: die hnlichkeit zwischen dem Kapital
und dem Kapitell. In Symbolic
Economies spricht Jean-Joseph Goux viel über das
Verhltnis von Kapitalismus und caput, dem "Kopf" im Lateinischen. Vielleicht sind
Sulen Bilder von Phallussen, die von Hermen kommen und zusammengeführt wurden,
um den Tempel zu stützen, das Bild des phallischen Staates. Das Kapital wre
dann tatschlich der Kopf – aber nicht der einer Person, sondern der des
Phallus.
Athena, die Kriegsgöttin, die der Stadt ihren Namen
gab, ihre mnnlichen Bürger versorgte und im Kampf beschützte, wohnt im Tempel
(oder ist dort gefangen). Von Zeus' Kopf geboren, führt sie maskulisierte
Funktionen aus: sie privilegiert die Athener, sie versorgt und schützt sie und
sie nimmt selber das mnnliche Verhalten der Kriegerin an. Athener wurden als
Mnner maskulisiert, verbanden sich aber in ihrem Namen. Darstellungen von Schlachten,
in denen sie die Amazonen schlugen, finden sich überall im Kunsterbe der Stadt.
Athena ist die Frau, die Mnnern hilft, Frauen und
andere Nationen und Klassen zu erobern. Sie ist das Symbol der Weise, auf die Mnner
kollektiv Macht über andere erwerben, und ihr wird gehuldigt durch das Symbol der
kollektiven mnnlichen Sulenerektionen. Ihr Name, der dem Nationalstaat
gegeben wurde, passt gut zu dem Zusammenfindungsprozess, der stattgefunden hat.
Dieser basierte nicht auf der Fürsorge von Frauen, sondern auf dem mnnlichen
Zusammenfinden in der Schlacht, den Rednerbühnen oder dem sportlichen Wettkampf
– überall dort, wo es darum ging, sich die Position des privilegierten
Einen zu erkmpfen. Doch gab es im Athen der Antike noch ein weiteres Element,
das das Zusammenfinden der Mnner erleichterte: die gemeinsame Freude über ihre
bürgerlichen Freiheiten bzw. über das Privileg, das Frauen und Sklaven nicht
zukam.
Die Maskulisierung ist ein artifizieller
Prozess und braucht Bilder seiner selbst für seine Besttigung. (Schließlich
war es ein Bild – nmlich das des Penis –, das die Buben zu Beginn der
nicht-fürsorglichen Kategorie zuwies.) Die phallischen Bilder, die wir als
Beweis selbsthnlicher Strukturen auf allen gesellschaftlichen Ebenen
antreffen, könnten somit als Notwendigkeit interpretiert werden, die Welt für
den Buben, der sich von seiner Mutter "deidentifiziert" hat, vertraulicher und
freundlicher zu machen. Doch was auch immer der Grund dafür sein mag – Tatsache
ist, dass das Patriarchat (Puerarchat) unentwegt und überall seine eigenen Bilder schafft und jedes Mal
den Phallus reprsentiert, wenn es um den Eintritt in die privilegierte
Kategorie geht.
Der "Schlüssel" des Problems (ein weiteres
hermeartiges phallisches Symbol) scheint mir in der hnlichkeit zwischen Hermen,
Sulen und Mnnern zu liegen. Wenn die Herme eine mannsgroße Statue eines Penis
mit einem Penis ist und die
Sule eine zu einem gigantischen Penis transformierte Herme, heißt das dann,
dass ein aufrecht stehender Mann auch einem Penis entspricht? Dass er seinen eigenen
erigierten Phallus widerspiegelt? Dass sein Kopf und der Eichel seines Penis
gleich ist? Wenn das so wre, dann würde das Bedürfnis des Mannes nach
selbsthnlichen phallischen Bildern teilweise bereits von seinem eigenen Körper
befriedigt. Er wre sein Phallus und umgekehrt.
Wir sind den allgegenwrtigen phallischen Bildern
gegenüber blind geworden bzw. haben gelernt, nicht über sie als solche zu
sprechen. Sie scheinen Symptome einer Massenpsychose zu sein, die von der
Maskulisierung stammt. Wenn uns jedoch einmal (buchstblich) die Schuppen von
den Augen fallen, dann erkennen wir diese Bilder als das, was sie sind. Dann
erkennen wir, dass sie sich überall in unserer Geschichte gefunden haben.
Denken wir nur an das antike Bild der Urusschlange: des Kobrakopfschmucks, den
die gyptischen Pharaonen und Götter trugen. Dieser auf dem menschlichen Haupt
getragene phallische Schlangenkopf war nichts anderes als das Symbol der Macht
des Einen über die Vielen.
Die meisten todbringenden Waffen sind, wie wir
gesehen haben, index-phallische Symbole. Jedes "Mitglied" der Armee hat sein
"Gewehr".
Kennzeichen der Eroberung – von Obelisken zu Fahnenmasten – charakterisieren
unsere patriarchale Landschaft. Andere Beispiele: Skinheads, deren haarlose
Köpfe auf das Organ mnnlicher Gewalt anspielen; oder Joe Camel, der immer wie
ein Phallus aussieht und als Herme um seine Zigaretten wirbt (wobei eine
Zigarette immer als zustzlicher kleiner Phallus aus seinem hermeartigen
Gesicht steht).
Wenn wir das Eigentum als das sehen, was privilegierte
Eine besitzen, dann wre das Kapital das Eigentum, das sich selbst in
phallischer Selbsthnlichkeit maskulisiert und dadurch ins Unendliche wchst,
dass es einen immer noch größeren Geld-Namen verdient, da es ihm gelingt, einen
immer noch größeren Fluss (versteckter) Geschenke auf sich selbst – das
zentralisierende, unendlich vergrößerbare Eine – zu lenken. Als
ökonomisch selbsthnliches Bild der Maskulisierung mit phallischen Motivationen
(tatschlich strömen versteckte Geschenke zu Kapitalinvestitionen wie Blut zum
erigierten Penis) transformiert das Kapital sich selbst vom Wort zum
Wert-quivalent bzw. Geld-Prototyp der Produkte im Tausch, whrend es die
ArbeiterInnen durch den Lohn kontrolliert. Als Akkumulation, die einem erlaubt,
anderen zu sagen, was sie zu tun haben, schafft das Kapital einen
Prototyp-Phallus-Kapitalisten nach seinem Bilde, der gleichzeitig das Kapital
nach seinem eigenen schafft. Heute haben wir mehrere riesige Kapitale, die den
Staat in ihrer Gewalt haben. Die führenden Köpfe dieser Kapitale sind die
Pfeiler und Kapitalisten der entsprechenden Gesellschaftsformen.
Die Erektion erscheint als privilegiertes Eines
und geht eine Beziehung zu einem sexuellen Objekt ein, das für diesen Moment
auch als Eines ausgewhlt wurde – zum Beispiel als Prototypfrau. Athena
diente als die vergegenstndlichte Prototypfrau, durch die die Bürger Athens
ihren gemeinsamen "phallischen Stand" erlangten. Das fasces war auch ein Bündel, das von einem seiner
eigenen Teile zusammengehalten wurde. Der phallische Hitlergruß lsst sich
hnlich analysieren. Doch muss es Wege geben, den Staat zu organisieren, die
keine Führung von Phallussen verlangen. (Und keine Bilder gemeinsamer
Erektionen, die an Gang Rape erinnern.)
Es ist nicht die Entsprechung zwischen Wort und
Ding (oder zwischen Erektion und ausgewhlter Frau), die Bedeutung schafft,
sondern die Antwort auf menschliche Bedürfnisse, die sowohl Wörter als auch
Dinge betreffen und damit immer auch kommunikative Bedürfnisse sind. In
hnlichem Sinne ist es – trotz der allgemeinen Verleugnung und Abwertung
des Schenkens – nicht das Entsprechen oder die Korrespondenz zwischen
Geld und Ware, die ökonomischen Wert schafft, sondern die Antwort sowohl auf
kommunikative wie materielle Bedürfnisse.
Die Entsprechungen zwischen Wort und Ding, Geld
und Ware, Mann und Bube oder Mann und Frau fesseln unsere Aufmerksamkeit
unentwegt an Eins-Viele-Strukturen und deren Beziehungen abstrakter Gleichheit.
Damit entfernen wir uns immer mehr von den Bedürfnissen. Dies ist ein weiterer
Grund, warum wir Wert nicht als ein Geschenk erkennen, das etwas, das kollektiv
wertgeschtzt wird, kollektiv zugeschrieben wird. Stattdessen wird jeder
selbsthnliche Aspekt des Patriarchats isoliert betrachtet, da sein
Kategorieprototyp sich von den anderen zu unterscheiden scheint. (Zumal wir die
Prototypen auch als Quelle ihres eigenen Werts betrachten.) Die Beziehung
zwischen dem Prsidenten, den Senatoren oder den Kongressmitgliedern auf der
einen und ihrer Whlerschaft auf der anderen Seite wird getrennt betrachtet von
– beispielsweise – der Beziehung zwischen Geld und Ware. (Siehe Graphik
38.) Whrend es natürlich stimmt, dass es sich hier um verschiedene Ebenen handelt,
liegt der Hauptgrund dafür in der Tatsache, dass wir gelernt haben, die
Gemeinsamkeiten dieser Beziehungen zu ignorieren und zu verleugnen – oder
sie erst gar nicht mehr wahrzunehmen.
Unser kritischer Zugang zum Patriarchat ist diffus
und zersplittert und kann als solcher leicht kontrolliert werden. Wir
konzentrieren uns jeweils nur auf einen Teil des Systems, anstatt eine
allgemeine Kritik zu entwickeln und eine globale Alternative anzubieten. Eine
bruchstückhafte Kritik kann nur zu bruchstückhaften Resultate gelangen (so wichtig
diese auch sein mögen). Wenn nur ein einzelner Teil des patriarchalen Systems
durch unsere Kritik geschwcht wird, wird es immer andere, intakte Teile geben,
die ihn ersetzen werden. Das patriarchale System ist wie eine Hydra: sobald ein
Kopf abgeschlagen ist, tauchen sofort andere an seiner Stelle auf. Das Kapital
ist nur einer dieser Köpfe. Wir müssen uns der reproduzierenden Logik des
Systems selbst zuwenden. Nur dann können wir den gesamten patriarchalen Mechanismus
in Gefahr bringen.
Kapitel 18>