Eine manipulierte
Wirklichkeit
Ich versuche, die
selbsthnlichen Muster des Patriarchats in verschiedenen Lebensbereichen
nachzuzeichnen, um sie erkennbar zu machen. Frauen und andere have-nots mögen meinen, dass wir unser Potential entdecken würden, wenn wir nur
etwas "htten", bzw. dass wir dann den haves gleich
und endlich "ganze Menschen" wren. Daher streben wir nach den Belohnungen des
Patriarchats und fördern – ohne dass das unsere Absicht wre – das
System. Wenn wir diese Muster erkennen, dann kann es uns vielleicht trotz
unserer Abhngigkeit von ihm gelingen, das System zu ndern, da wir aufhören
werden, ihm Wert und unsere Herzen zu schenken. (Siehe Graphik 18.)
Der Markt ist wie
eine Sprache, die sich gemß eines quantitativen anstatt eines qualitativen
Werts entwickelt und nur ein Wort kennt: Geld. Die Zwnge, denen diese Sprache unterliegt,
kommen von den Formen der menschlichen Beziehungen, die sie verlangen: nmlich
den Beziehungen des die Menschen trennenden Privateigentums. Das Geld "benennt"
die Produkte dabei immer und immer wieder, indem es ihnen Wert verleiht,
whrend sich aufgrund der Tauschweise, die auf der Ego-Orientiertheit aller
beruht, keine materiellen Beziehungen entwickeln können, die die Menschen
einander nher brchten.
Die menschlichen Tauschenden können so keine Gemeinschaftlichkeit entwickeln.
Der Markt erscheint
als normal, als uns gegeben von dem, "was ist". Tatschlich ist er eine
manipulierte Wirklichkeit. Warum sollten Menschen dem Benennungsprozess
erlauben, zwischen denen zu stehen, die Güter haben, und denen, die Bedürfnisse
haben? Der Markt bindet das Benennen bzw. Definieren an das Geld-Wort, immer
und immer wieder. "Dieser Mantel = $20. Dieser Mantel = $100. Dieser Sack
Kartoffeln = $4." Die Gleichung zwischen Produkten und Geld, die einen Moment
des Benennungsprozesses widerspiegelt, wird zu einem wichtigen Moment für die
Gesellschaft im Ganzen. Sie scheint das Tor zu allem Wert zu sein. Sie rückt einige
Produkte in die Kategorie des Wertvollen, whrend andere wertlos bleiben, da
sie nicht verkuflich oder frei erhltlich sind (die Geschenke der Natur: Luft,
Wasser, Sonnenlicht, usw.).
Die Maskulisierung
bringt alle dazu, auf eine Steigerung ihrer Kategorienzuweisung zu hoffen und
eine Erniedrigung zu fürchten. Der Moment der Geschlechtsbenennung ("Josef ist
ein Bube") und der Moment der Geldbenennung ("ein Pfund Kaffee = $2") rücken
die Person oder das Produkt in eine Kategorie, die dem Wort oder dem Geldbetrag
entsprechen und denen deshalb Wert zugeschrieben wird. Mdchen – sowie
Produkte, die nicht verkuflich bzw. frei erhltlich sind (die Geschenke der
Schenkenden bzw. der Natur) – gehören nicht zur überlegenen, wertvollen
Kategorie. Diejenigen, die dieser Kategorie durch das "...ist ein Bube"
zugeschrieben werden, werden dadurch ihrer Fhigkeit zu schenken beraubt. Eine
andere Anforderung setzt sich an ihre Stelle, nmlich die Anforderung, nach
Wörtern, Positionen und Geld zu streben (was gleichzeitig eine Ablenkung und
eine Art Sucht darstellt). Die Benennung des Geschlechts und der Tausch von
Produkten für Geld geben uns einen Platz in der Welt – aber einen, an dem
Geschenke nicht erkannt und Gleichung und Ersetzung überbetont werden.
Wir schenken eher
Definitionen Wert als Menschen oder dem Weg der Fürsorge, der im Schatten
verborgen bleibt. Geschenke verleihen den Beschenkten Wert, der Tausch tut dies
nicht – außer durch die Vorstellung des "Verdienens", der zufolge die
Tauschenden selbst die Ursache ihres eigenen Werts, ihrer Produktion, usw.,
sind. Wie in der Maskulisierung (wo die Buben lernen, den Namen "mnnlich" zu
verdienen), übernimmt die Definition die Kontrolle, whrend das Schenkmodell ausweicht.
Das soziale Geschenk: der Name, ersetzt individuelle Geschenke und scheint, da
er allgemein ist, etwas Besonderes zu sein und eine verborgene Macht zu haben.
Die Position des Einen stützt diese fetischisierte Macht des Namens, da sie im
"wirklichen Leben" (the real world) als ein
privilegierter, phallischer Prototyp verwendet wird. Wenn wir eine
professionelle Qualifikation "verdienen", können wir uns Journalist oder Arzt
nennen. Wir treten damit in eine privilegierte Kategorie ein. Indem wir uns auf
angemessene Weisen verhalten bzw. lernen, das Wissen, das wir uns angeeignet
haben, in die Praxis umzusetzen, sind wir in der Lage, diese Definition zu
erfüllen. Wie beim Buben geht es also darum, sich das Recht zu verdienen,
seinen Namen tragen zu dürfen – und sich außerdem sein Leben in der
Tauschökonomie zu verdienen.
Ein sich selbst
reproduzierender Parasit am Baum des Lebens
Auf einer
wirklichen Meta-Ebene würden wir den Tausch als einseitig erkennen, genau so
wie wir das mnnliche Geschlecht (und seine Definition) als einseitig erkennen
würden. Aber das Schenken sieht sich selbst – oder die Schenkenden
– nicht als dessen kreativ-empfngliches Andere. Selbst auf der
Meta-Ebene herrscht Verwirrung aufgrund der verschiedenen selbsthnlichen
Reflexionen. Alles, was im Wesentlichen sich selbst Wichtigkeit zuschreibt, ist
notwendigerweise einseitig, da es das Andere abwertet und sich selbst
dekontextualisiert (wobei es die Reflexionen der Kategoriestruktur dann so
aussehen lassen, als wre es alles, was existiert). Geschenke verlangen, dass
es andere gibt, die sie erhalten. Aber Menschen in dem geschlossenen System
extrem hierarchischer patriarchaler Strukturen instrumentalisieren andere als
"verschieden" oder "unterlegen", um sich selbst Wichtigkeit zu versichern. Sie
verwenden andere dafür, sich selbst zu erhöhen, anstatt deren Rolle für ihr eigenes
Wohl anzuerkennen. Dieser Prozess vollendet die Konstruktion der artifiziellen
Egos, whrend er es so aussehen lsst, als wren sie self-made – sei es weil sie die Fürsorge, die ihnen zukommt, "verdienen";
sei es aufgrund von Manipulation oder Zwang; sei es aufgrund der
"Unterlegenheit" der anderen; oder weil es deren "Natur" und "Instinkt"
entspricht, Menschen in privilegierten Positionen zu versorgen ("natürlich
kümmert sie sich um ihn – er ist schließlich ihr Mann!").
Der Mann besetzt
die Position des Prototypen bzw. des Einen und verlangt, dass andere sich auf
ihn als Viele beziehen, wobei er den Moment des Vergleichs und der quivalenz
zwischen Objekten und Prototypen im Kategorieformationsprozess wieder
einrichtet. Die Vielen weichen dem Einen, das übernimmt, aus und reproduzieren
damit die Beziehungen des Einen und der Vielen zwischen Dingen und Namen. Die
Muster des Einen und der Vielen besttigen sich auf diese Weise permanent
selbst, auch weil sie einer abstrakteren Meta-Ebene entsprechen. Das
menschliche Eine ignoriert die Vielen und steht alleine, außerhalb jedes
Kontexts, ganz auf sich selbst bezogen. Gleichzeitig wendet es den
Kategorisierungsprozess auf sich selbst an. Indem es sich selbst als einsamen
Einen sieht, ist es nur sich selbst und anderen Einen gleich.
Die Person, die in
der Position des Einen ist, reproduziert und reflektiert sich selbst auf verschiedenen
Ebenen. Nachdem Wiedererkennen auf Vergleich und quivalenz beruht, scheinen
Vergleich und quivalenz die wirklich wichtigen Elemente in diesen Prozessen zu
sein, selbst auf einer Meta-Ebene.
Denn auch diese besttigt den dekontextualisierten Kategorisierungsprozess in
seinen vielfltigen Formen. Dabei sieht es freilich nur so aus, als würden die
Gleichungs- und Kategorisierungsformen auch die gesamte Meta-Ebene
konstituieren. In Wirklichkeit sind sie nmlich nur ein Ast des fraktalen
Baumes, dessen Stamm das Schenken ist. Vielleicht können wir sagen, dass die
selbsthnlichen Strukturen eine Kletterpflanze sind, ein Parasit, der von
diesem Baum lebt.
Wenn wir mit dieser
Metapher weiterarbeiten, so ist nicht nur der Stamm des Baumes ein Ausdruck des
Schenkens. Schenkprozesse machen den Baum als lebendes Wesen aus: das
Sonnenlicht erlaubt den Blttern durch Photosynthese die Energie zu
produzieren, die er benötigt; der Regen verschafft den Wurzeln Feuchtigkeit;
und die Erde und der Humus, der aus früheren Blttern und Bumen besteht,
verschaffen ihnen Mineralien. Die Geschenke des Sonnenlichts, der Luft, des
Wassers und der Erde erlauben die Entwicklung von Lebewesen, die Geschenke
empfangen können. Auch die dekontextualisierte Gleichung, die Kategorien, der
Tausch, die Hierarchien oder die Meta-Ebene der Selbsthnlichkeit können nur
auf der Basis von Geschenken existieren und auch ihre Wurzeln sind im Schenken
verankert. Sie sind selbst abstrakte Geschenke, die einer manipulierten
Wirklichkeit und manipulierten menschlichen Existenzen entsprechen und heute
unsere Gesellschaft bestimmen. Auch patriarchale Strukturen entwickeln sich also
in einer Kultur des Schenkens, da auch sie fhig sind zu empfangen und jenen
etwas zu schenken, die es gewohnt sind, beschenkt zu werden.
Die
Dekontextualisierung ist eigentlich nur ein Moment der Abstraktion, der für die
Formation von Kategorien erforderlich ist. Sie wurde jedoch in der Form der
Isoliertheit des Egos zu einem permanenten Zustand verkehrt. Diese dient der
maskulisierten ökonomie und Psychologie und allen Institutionen, die auf der
Maskulisierung aufbauen.
Das Patriarchat
behlt Kontrolle über die Gesellschaft aufgrund des Zusammenspiels
verschiedener dekontextualisierter selbsthnlicher Strukturen. Die
Kletterpflanze – der Parasit – ist die überentwicklung der
Gleichung, der Kategoriestruktur, der Klassen. Sie setzt sich aus definitorischen
Fden zusammen, die in Hierarchien organisiert sind und die Geschenke des
Baumes aufsaugen, um die Einen an der Spitze zu versorgen. Das Patriarchat kann
nicht für sich selbst existieren, sondern windet sich um den Baum des
menschlichen Schenkens, ernhrt sich von diesem und entzieht ihm dabei das, was
er zur Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse benötigen würde. Dadurch wird
ein Mangel geschaffen, der gleichzeitig zur Voraussetzung patriarchaler
Herrschaft wird.
Der artifizielle
Parasit verschafft sich Glaubwürdigkeit und Wert durch die stndige
Reproduktion seiner Form. So ersetzt der Tausch, wenn er ein Produkt mit einem
anderen ersetzt, auch das bedürfnisorientierte vielfltige Geschenk mit der
Gleichung, die nur quantitativ variiert, qualitativ jedoch immer die gleiche
bleibt (x = y). Er behauptet damit einen Teil des Kategorisierungsprozesses
– nmlich die Gleichung – als Wirklichkeit, whrend er die
schenkende Frau mit dem mnnlichen Prototypen ersetzt. Qualitativ orientiertes
Schenken wird ersetzt von einem quantitativen Benennungsprozess, der seine
Geschenkaspekte für nichtig erklrt. Diese Ersetzung ist das Ausleben der
Maskulisierung. Die Gleichung selbst erscheint dann als Geschenk und als
unübertragbar und womöglich unentrinnbar. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit auf
sich selbst und erhlt Wichtigkeit von anderen aufgrund ihrer selbstzentrierten
Reflexionen.
Sein und Haben
Was wir hier sehen,
ist das psycho-sozial-ökonomische Zusammentreffen von Sein und Haben in den
Formen der Beziehungen zwischen Wort und Prototyp, Prototyp und Objekt, Vater
und Sohn, Besitzer und Eigentum, ja selbst Besitzer des mnnlichen Körpers und
Körperteil. Der
maskulisierte Bube identifiziert, was er ist, über das, was er hat, und über
den Vergleich dessen, was er hat, mit dem, was andere haben. Darum geht es und
nicht um eine Identittsform, die sich im Zuge von Schenken und Empfangen
entwickelt. Im Gegensatz dazu nimmt die maskulisierte Identittsform des Buben
symbolische Dimensionen an, die sich um Besitztümer drehen: oft phallische
Symbole. Der Bube versucht, sich den Phallus, der der Besitz des erwachsenen
Mannes ist (der als das Rollenmodell des Buben fungiert), symbolisch anzueignen
– in Form von Spielzeugautos, Spielzeugwaffen, usw.
Der Tausch wird
notwendig aufgrund der vom Privateigentum implizierten menschlichen
Isoliertheit. Das Eigentum ist eine Beziehung, in der die vielen Dinge dem
einen Besitzer schenken und ausweichen. Dies macht sie der Beziehung zwischen
Mnnern und Frauen hnlich: den Mnner als Inhabern von Körperteilen, mit dem
Phallus an der Spitze – den Frauen als jenen, denen etwas fehlt, und die
dem Einen, der dieses Etwas hat, schenken und ausweichen.
Frauen
internalisieren die im Tauschprinzip implizierte Lust aufs Eigentum und das
Misstrauen dem Schenken gegenüber, und dies ist vielleicht auch Teil des
Grundes, warum wir unsere Söhne nicht an das Schenkmodell zu binden versuchen.
Wir stoßen sie vielmehr vom Schenken weg und zwingen sie zum Tausch, zum
Wechsel ihrer Kategorien und zum Vergleich mit ihrem Vater. Wir wollen sicher
gehen, dass die Buben die richtige Art von Identitt haben werden, um sich das,
was sie brauchen, verschaffen und es behaupten zu können. Wenn sie dem Modell
ihrer Mütter folgen würden, würden sie wahrscheinlich als "Schwchlinge"
angesehen und vom heterosexuellen Patriarchat ausgeschlossen werden, verbannt
in ein Niemandsland, in dem sie weder Mnner noch Frauen wren.
Warum lassen wir
Mütter dies zu? Warum behalten wir unsere Söhne nicht in unserer Kategorie?
Deshalb, weil das Geschlecht letztlich eine ökonomische Kategorie ist. Was wir
als mnnliche Charakteristika von Wettbewerb ansehen – Aggression,
Gefühlssublimierung, Konzentration auf Ziele eher als auf Prozesse, usw.
– sind Qualitten, die vom Kapitalismus belohnt werden. Der Grund dafür
ist, dass der Kapitalismus die ökonomische Form ist, die auf mnnlichen Geschlechtscharakteristika
beruht. Der Kapitalismus ist die Reproduktion des Tausches und des Wechsels der
Kategorien auf vielen Ebenen; eine Reproduktion, die von der
Geschlechtsdefinition und dem Verleugnen der Fürsorge verursacht wird.
Das Besitzen des
Wertprototyps
Das Patriarchat
verleugnet und entwertet das Schenken, um sich selbst zu erhalten. Die zwei Prinzipien
(Tauschen und Schenken) bleiben konsistent: Mütterlichkeit erscheint als das,
was sowohl den Penis als auch den Buben aufgibt (die ihr beide gleichzeitig
genommen werden) und zu schenken fortsetzt. Das Schenken erscheint daher als an
und für sich aufopferungsvoll, sogar als selbst zerstörerisch. Wer sich dem
Tauschprinzip verschreibt, scheint die Mutter aufzugeben, aber sich dafür den
Penis, die überlegene mnnliche Identitt und das Tauschmodell anzueignen. Die
Logik des Tausches besttigt sich selbst. Die Logik des Schenkens besttigt die
Anderen.
Im Tauschakt nimmt
das Geld den Platz des Besitzers als privilegierter Prototyp des Werts ein, auf
den der Besitz bezogen ist. Dieser Akt wiederholt sich jedes Mal, wenn Kaufende
zu Verkaufenden werden und umgekehrt. Das Muster des Einen und der Vielen wird
zunchst im Besitzverhltnis selbst verkörpert, dann wiederholte Male in der
monetren Beziehung zum Besitz. (Siehe Graphik 19.)
Obwohl der monetre
Tausch ein alltglicher Prozess ist, ist er eigentlich um vieles seltsamer, als
er uns anmutet. Wir müssen ihn genau betrachten – in Zeitlupe – um
seine Beziehungen zur Sprache zu verstehen, zum Kategorisierungsprozess und zur
Maskulisierung. Ein Geldbetrag wird auf einer kollektiven Ebene als Wert eines
Produkts bestimmt: "wenn es für andere soviel wert ist, ist es auch für mich
soviel wert". Geld reproduziert auf der ökonomischen Ebene die Rolle des Wortes
auf der linguistischen. Produkte können nicht auf Bedürfnisse treffen außer im
Tausch. Da Produkte als Waren nicht kommunikativ geschenkt werden können, wird
über sie mit Geld gesprochen. Wie das Wort vermittelt das Geld zwischen
Menschen in Bezug auf etwas (hier Produkte – dort Dinge) und diese
Vermittlung richtet unsere Aufmerksamkeit auf das, was – unter unzhligen
Möglichkeiten – im Augenblick für die Kommunizierenden relevant ist und
sich auf andere Menschen bzw. ein Bedürfnis bezieht.
Als Wertprototyp,
auf den das Produkt bezogen ist, wenn eine Person es als Besitz aufgibt, nimmt
das Geld abwechselnd den Platz aller am Tausch beteiligten Personen ein. Der
Besitzer des Geldes ist dabei ein menschlicher Prototyp des Einen, auf den der
Wertprototyp (das Geld) selbst als Eigentum bezogen ist. Als Verkaufende erlauben
wir alle dem Geld anderer den Platz unseres Produktes bzw. Eigentums
einzunehmen. Indem wir dies tun, werden wir zu EigentümerInnen des Geldes. Wir
könnten sagen, dass die Person in Bezug auf das Geld "Meta" ist, whrend das
Geld in Bezug auf das Produkt "Meta" ist. Als Kaufende erlauben wir alle dem
Geld den Platz des Produkts bzw. Eigentums anderer einzunehmen und übertragen
den Besitz des Geldes auf die Verkaufenden und den des Produkts auf uns selbst.
(Siehe Graphik 20.)
Die Menschen
voneinander trennende Besitzbeziehung ist somit immer dieselbe – nur ist
das, was besessen wird: das Eigentum, als Produkt konkret und als Geld
abstrakt. Im kapitalistischen Tauschsystem pendeln die Besitzbeziehungen immer
zwischen konkreten und abstrakten hin und her. Der Wert eines getauschten
Produkts wird dabei immer und immer wieder reproduziert von dem, was es ersetzt
(sei es ein anderes Produkt, mehrere andere Produkte oder Geld). In diesem
Sinne behalten wir immer "dasselbe", auch wenn sich das, was den jeweiligen
Wert im Augenblick konstituiert, ndern mag. Wenn wir ein Produkt für Geld
verkaufen, werden wir zu Besitzenden des abstrakten Prototyps (des Geldes)
selbst. Die Besitzbeziehung des Einen und der Vielen kann also auch das Geld
– selbst Kategorieprototyp des Einen und der Vielen – als Eigentum
vereinnahmen.
Es gibt eine Art
von Ersetzung, die immer und immer wieder ausgeführt wird, wenn anderen Geld
als Ersatzkategorieprototyp für ihre Produkte gegeben wird (eine weitere
Parallele zwischen Geld und Wort).
Für das Produkt nimmt das Geld immer die Rolle des Prototyps der Wertkategorie
ein, whrend die Besitzenden immer die Rolle der Einen in den Besitzstrukturen
einnehmen.
Die Besitzenden können sich dabei in einer Reihe einander überlappender
Eines-Viele-Strukturen gleichzeitig befinden. Neben ihrer Rolle als Besitzende
können sie Vater, König, Papst, Stadtrat oder Geschftsführer sein. Doch selbst
wenn sie keinen Zugang zu den Positionen des Einen in sozialen Hierarchien
haben, können sie immer noch Eine im Verhltnis zu ihren Eigenschaften sein. Um
das Bedürfnis zu befriedigen, ein Prototyp zu sein, muss letzteres aufgegeben
werden.
Der
gesellschaftliche Nexus: Wie das mnnliche Geschlecht den Platz der
Mütterlichkeit einnimmt
Das mnnliche
Geschlecht wird vom Vater auf eine Weise verkörpert, die sich von der
Verkörperung des Werts vom Geld unterscheidet. Doch gibt es Parallelen, was die
Position des Einen anlangt. Das Geld nimmt den Platz des Besitzers ein als das
Eine, auf das die Ware als Wert bezogen wird, whrend der Vater den Platz der
Mutter als das Eine, auf den der Bube bezogen wird, einnimmt. Der Besitzer wird
also als Eines vom Geld ersetzt, das als (Wort)Kategorieprototyp für den Wert
der Ware fungiert, whrend die Mutter vom Vater als Kategorieprototyp für den
Buben ersetzt wird. Die Entsprechung der Strukturen dieser Prozesse erlaubt
eine Reproduktion der Entfremdung des Buben in die Kategorie des Mnnlichen
durch die Entfremdung des Produkts in die Kategorie des ökonomischen Werts und
die Ersetzung des Produkts durch das Geld.
Die Kastrierung der
Mutter wird reproduziert, wenn die Kaufenden das Geld-Phallus-Wort aufgeben und
als Belohnung Güter erhalten, die sie verwenden können, um fürsorglich zu sein.
Diejenigen, die Geld anhufen und akkumulieren, setzen sich dieser symbolischen
Kastration nicht aus und finden im Kapitalismus einen Weg, das
Geld-Phallus-Wort beinahe ins Unendliche auszudehnen. Der Markt dient als ein
sicherer Ort, in dem das Kindheitstrauma des Buben ausgelebt werden kann, das
auf dem von der Benennung seines Geschlechts hervorgerufenen Kategorienwechsel
beruht. Der Markt hat eine heilende Wirkung für den zum Mann gewordenen Buben,
indem er zeigt, dass das Aufgeben eines Produkts zum Verkauf und dessen Wechsel
sowohl in eine andere Wert- als auch in eine andere Besitzkategorie (im Sinne
von: in die Besitzkategorie einer anderen Person) kein an und für sich
schdlicher Prozess ist. (Siehe Graphik 21.) Darüber hinaus scheint die
symbolische Kastration, die ins Aufgeben des Geldes involviert ist, harmlos zu
sein und den Kaufenden nicht zu schaden.
Leider nimmt der Prozess
des monetren Tauschs den Platz des Schenkens als die Form kommunalen Lebens
ein. Selbst Schenkende beginnen, dem Tauschprozess zu schenken und ihm mehr
Wert als ihrem eigenen – dem Schenkprozess – zukommen zu lassen.
Die Schenkenden schenken also dem Tausch und den Tauschenden wie sie bereits
der Maskulisierung, den Söhnen und den Mnner geschenkt haben. Whrend der
Tausch also bis zu einem gewissen Grade die psychologischen Lasten der
Maskulisierung und Kastration erleichtert, verursacht er gleichzeitig eine
Verschrfung des Problems auf anderen Ebenen.
In der ökonomischen
Sphre spiegelt sich die Abhngigkeit des Kindes von der Mutter auch in der
Abhngigkeit der Frau von ihrem Mann wider. Die Frau und die Kinder scheinen
sich in Bezug auf den Mann in einer Kategoriebeziehung der Vielen zum Einen zu
befinden, die der Beziehung des Eigentums zum Besitzer oder jener des Dings zum
Wort entspricht. Hier ist es der Vater, der anderen einen Namen gibt. In der
traditionellen Familie gibt der Vater das Geld-Phallus-Wort der Mutter, die es
wiederum anderen im Tausch für die Produkte gibt, die sie braucht, um
fürsorglich sein bzw. um den Mann und die Kinder beschenken zu können. Die
Geschenke des Mannes sind offensichtlich und anerkannt – die der Frau bleiben
unsichtbar und unanerkannt.
Die Frau erhlt
materielle Unterstützung für ihr Fürsorglich-Sein vom Ehemann dafür, dass sie
den Buben seiner Kategorie überlassen und ihren eigenen Platz als
Kategorieprototyp aufgegeben hat, um (zumindest beinahe) zum Eigentum des
Mannes zu werden. Selbst die Tochter wird dem Vater überlassen, da ihr Modell
das der Mutter ist, die selbst dem Patriarchat und dem Vater ausgewichen ist
und sie nun beschenkt.
Indem sie ihren eigenen Wert auf den Mann, den Tausch und die Maskulisierung
verschiebt, dankt die Mutter als Schenkprinzipprototyp ab und setzt das
Tauschprinzip an seine Stelle. Dafür erhlt sie das "Geschenk" des
Haushaltsgeldes vom Ehemann. Im Rahmen des Tauschprinzips und der von ihm produzierten
Mangel sind die Nischen, in denen sich Schenkökonomien erhalten haben, von
Geschenken abhngig, die selbst von irgendwo innerhalb des Tauschsystems
kommen. Frauen haben immer alles getan (und aufgegeben), um an die für ihr
Fürsorglich-Sein notwendigen Geschenke zu gelangen. Gegenwrtig bedeutet dies,
dass sie sich dem Tauschprinzip ausgeliefert haben, um zu dem Geld zu kommen,
dass sie brauchen, um ihre Kinder versorgen zu können.
Selbst wenn Frauen
in der Tauschökonomie arbeiten, müssen sie ihre Kinder oft anderen Prototypen
überlassen, whrend sie ihre Arbeit verkaufen, um die Kinder zu unterstützen:
Prototypen der Schule, des Fernsehens oder der Strasse. Das ökonomische Modell
des Mütterlichkeit wird also in dem Moment, in dem Mütter ihre Arbeit
verkaufen, um ihre Kinder versorgen zu können, gleich weiter abgewertet und
anderen PdagogInnen überlassen, die die Kinder auf ein Leben im Tausch
vorbereiten.
Die weitreichenden
ökonomischen Vernderungen, die von Kriegen hervorgerufen werden (wie z.B. vom
Zweiten Weltkrieg), gliedern Frauen in die kapitalistische Arbeitskraft ein und
schwchen die traditionell ausschließliche Verbindung zwischen ökonomischer
Aktivitt und Maskulinitt. (Eine Verbindung, die an sich weiterhin von der
Maskulisierung gestützt wird.) nderungen im Großen haben immer einen Effekt
auf das Kleine, auch wenn sich dies oft langsamer ndert. Obwohl heute viele
Mütter in monetrer Arbeit involviert sind, gibt es immer noch Vorstellungen
streng getrennter Geschlechterrollen, whrend soziale Strukturen des Einen und
der Vielen die Rolle des phallischen Vaters reproduzieren. Film- und Fernsehstars
etwa vertreten den Vater in der Vorstellungswelt. Das Wort wird wieder
abstrakt.
Die Ausrichtung hin
auf das allgemeine quivalent, das Geld, produziert vieles, das dessen Bild
entspricht. Etwa die Filme und Fernsehshows, die uns dominante Mnner als Eine
zeigen, von Polizeikommissaren zu Vtern, von Superhelden zu Sngern. Auch
Frauen können als Stars Eine sein – als Sexobjekte, Geschftsfrauen,
Spioninnen. Selbst NachrichtensprecherInnen entsprechen diesem Muster als die
einen Sprechenden, auf die viele unsichtbare Zuhörende bezogen sind. Das
Herrschafts/Unterwerfungs-Modell zeigt sich – genauso wie jenes der
Hierarchie oder des Wettbewerbs – überall in unserer Unterhaltungsindustrie,
dem Geschftsleben, der Politik oder der akademischen Welt. Diese Modelle
setzen damit fort, dem kleinen Prince Charming den vergifteten Apfel anzubieten
und ihn den verderblichen patriarchalen Modellen zu unterwerfen, die in unseren
zusehends vaterlosen Familien nicht stark genug Ausdruck finden.
Auch Gangs können
die gewaltttigen vterlichen Modelle des Einen und der Vielen, die es in
Familien allein stehender Mütter nicht gibt, ersetzen. Mnnliche Sexualitt,
die sich dem Benennen des Geschlechts und dem Wechsel der Kategorien gemß
formt, übernimmt die Rolle der Mütterlichkeit als das, was Alfred Sohn-Rethel
den "gesellschaftlichen Nexus" genannt hat:
die Tiefenstruktur, auf der sich unsere Gesellschaft selbst gestaltet und
reproduziert. Doch ich denke, dass – trotz aller Schwierigkeiten –
vaterlose Familien beginnen, diese Situation zu ndern. Allerdings führt die
stndige Abwertung allein stehender Mütter, verbunden mit der Abwesenheit des
Vaters, dazu, dass sich Buben nach wie vor im patriarchalen Irrgarten von
Eines-Viele-Strukturen nicht zurechtfinden und anfllig werden für besonders
negative mnnliche Prototypen, die ihnen Positionen des Einen versprechen.
Das Ausleben der
Maskulisierung auf dem Markt
Die Welt der Waren
imitiert die Welt des Patriarchats. Die Sohn-Ware wird dem Geld-Vater
prsentiert und ihm als gleich befunden, als etwas, das sich auf ihn als ein
quivalent bezieht und dem erlaubt wird, in seine Kategorie einzutreten –
der privilegierten Kategorie der Dinge, die monetren Wert haben. Um dies tun
zu können, wird die Sohn-Ware von der Mutter-
Besitzerin-Produzentin(-Arbeiterin) aufgegeben. Der Platz der
Mutter-Besitzerin-Produzentin wird zuerst vom Geld als dem Kategoriemodell für
die Sohn-Ware eingenommen, und dann von den Kaufenden als denen, auf die dieses
Eigentum als seine BesitzerInnen bezogen ist. Die Mutter-Besitzerin-Produzentin
gibt die Sohn-Ware auf, damit er auf etwas anderes als seine (ursprüngliche)
Besitzerin bezogen werden kann. Dann werden die Rollen gendert und das
Phallus-Vater-Geld dient dazu, die Produkte anderer auf etwas beziehen zu
können. Dann kann eine andere Mutter-Besitzerin-Produzentin das Produkt-Kind
aufgeben.
Wenn das Produkt
als ihm gleich befunden wird, dann kann das Phallus-Vater-Geld dazu gebracht
werden, das kommunikative Bedürfnis nach einer Möglichkeit zu befriedigen, eine
Beziehung zu schaffen (oder zu ndern) und von dem Mutterprototypen zum
Vaterprototypen zu wechseln – so wie das Produkt von den Verkaufenden zu
den Kaufenden wechselt. Die Verkaufenden (die Mütter) beziehen ihre Sohn-Ware
auf das Geld (den Vater), wgen sie gegeneinander ab und befinden sie als
gleich, wenn sie beide der privilegierten Kategorie der wertvollen Dinge
angehören. Der Prozess, das Produkt mit einem Tauschwert auszustatten ("zu
benennen") ersetzt – wie der Prozess, der den Buben als "mnnlich"
benennt – den Prozess des Schenkens und Erhaltens brauchbarer Güter. Doch
es sind nicht die Bedürfnisse anderer, die den Tausch bestimmen, sondern das
Prinzip der "effektiven Nachfrage". So wird das Geld, andere besitzen,
interessant – in Hinsicht auf unser eigenes Bedürfnis nach Geld. Ziel wird,
die Besitzbeziehungen anderer zu ihren brauchbaren Gütern zu ndern, um eigene
Bedürfnisse zu befriedigen. Das materielle Bedürfnis wird vom definitorischen
Meta-Bedürfnis überlagert.
Der Gebrauch des
Wortes labor im Englischen (sowohl "Arbeit" als
auch eine Bezeichnung für den Prozess des Gebrens: to be in labor – Anm. d. übers.) ist interessant. Der Verwendung des Wortes nach
scheint es so, als würde die Mutter ihren Sohn aufgeben, sobald sie ihre labor abgeschlossen hat und er "delivered" (im
Englischen sowohl "geliefert" als auch "entbunden" – Anm. d. übers.)
wird, um in dem Moment geschlechtlich definiert und auf den Begriff "mnnlich"
bezogen zu werden, in dem die Hebamme oder der Doktor sagt: "Es ist ein Bube!"
So schnell gibt die Mutter also ihren Sohn und die Möglichkeit, selbst Prototyp
für ihn zu sein, auf. Und wofür? Für ein Wort! "Am Anfang [sobald er geboren
wurde] war das Wort!" Der Bub hatte nie eine Chance.
Durch den Prozess
des Kaufens-um-zu-Verkaufen arbeitet sich das Phallus-Vater-Geld immer und
immer weiter durch das gesellschaftliche Feld und bezieht Sohn-Waren auf sich,
was es ihm auch erlaubt, sich selbst als allgemeines quivalent zu besttigen.
Dann verwenden die Besitzenden des Phallus-Vater-Geldes ihre Sohn-Waren dazu,
Bedürfnisse anderer zu befriedigen. Der Wert der Sohn-Waren für diese anderen
ist größer als für die Besitzenden selbst, sodass die Quantitt des
Phallus-Vater-Geldes wchst. Die ökonomisch Operierenden werden in eine
quasi-sexuelle Aktivitt involviert: sie kaufen nicht, um die Ware zum Befriedigen
eigener Bedürfnisse zu verwenden, sondern um die Anzahl ihres phallischen
Geldes zu erhöhen, indem sie sie weiterverkaufen.
Von der Perspektive
der Linguistik aus bringt die Interaktion der ökonomischen Kommunizierenden den
Geld-Namen ins Spiel, sodass Dinge über ihre kollektiv geschaffenen
Wortquivalente auf Menschen bezogen werden können. Was von diesen Prozessen in
Einkaufslden sichtbar bleibt, ist die Hierarchie der Produkte, mit ihren
Preisen vom niedersten bis zum höchsten – hier haben wir die "Söhne" mit
ihren Preisschildern als ihren Kennzeichen, mit Nummern, die zeigen, wie weit
"oben" sie sich in der Hierarchie befinden bzw. wie sehr sie ihren Geld-Namen
"verdienen".
Eine kollektive
Psychose
Wir schaffen uns
unsere Wirklichkeit gegenwrtig auf eine Weise, die schdlich ist. Es ist
jedoch nicht notwendig, sie so zu schaffen. Damit meine ich nicht, dass es
Bume und Kühe, Berge und Autos, Kinder und Großmütter nicht gibt. Ich meine,
dass wir einem manipulierten Prozess anheim gefallen sind, ihn ausgelebt haben
und die Bilder, die er von sich selbst kreiert, als die Prinzipien anerkannt
haben, nach denen wir unser Leben organisieren müssen. Die Fehlinterpretation
davon, wer wir sind and was wir tun sollen, resultiert in der Belohnung "zu
haben" und in der Strafe "nicht zu haben".
Maskulisierung schafft eine kollektive Psychose, in der individuelle Mnner
gegeneinander darum wetteifern, der Prototypmann zu sein – genauso wie
Armeen darum wetteifern, ihr Vaterland zur Prototypnation zu machen.
Die Funktion des
übernehmens (des Ersetzens) von Wörtern wird überbewertet und zu Herrschaft
verkehrt, whrend die Funktion des Ausweichens (Ersetzt-Werdens) von Dingen zu
Unterwerfung wird. Diese komplementre Manipulation kann auf vielen
verschiedenen Ebenen gefunden werden. In der Familie etwa wird das übernehmen
manchmal gewaltttig in Form der maskulisierten Geschlechterrollen oder der
Dominanz der Erwachsenen über ihre Kinder durchgesetzt. Das Ausweichen kommt
dabei der Frau oder den Kindern zu – sie müssen sich den Worten/Befehlen
des Mannes gegenüber unterwürfig zeigen. Auf dem Markt wiederum nimmt das Geld
Platz ein und das Produkt weicht aus – genauso wie der Tauschprozess
allgemein Platz einnimmt und das Schenken ausweicht.
Das Patriarchat ist
eine Mischung vertikaler definitorischer Bnder, deren Aspekte selbsthnlich
sind und mit dem Markt in Verbindung stehen, wo die Vertikalitt der Bnder auf
den numerischen Ausdruck des Preises verschoben wird. Die Definitionen des
Markts sind viele und sie sind kurzlebig. Die Definitionen des übernehmens und
Ausweichens sind im Gegensatz dazu langfristig – angepasst an die
Anforderungen von Befehl und Gehorsamkeit, wie wir sie z.B. von politischen,
militrischen oder klerikalen Hierarchien her kennen.
Obwohl auch in
diesen Hierarchien viele einzelne kurzlebige Akte von übernehmen und Ausweichen
(und von Befehl und Gehorsam) vorkommen können, fließen sie letztlich alle
zusammen, um stabile langfristige Ordnungen zu schaffen. Auf dem Markt ist die
Position des "Oberbosses" nur von einem besetzt: vom Geld, dem allgemeinen
quivalent. In menschlichen Hierarchien gibt es hingegen eine Kette, entlang
der die oberen Einen von den unteren Einen nehmen bzw. anders herum gesagt:
entlang der die unteren Einen den oberen Einen schenken und ausweichen, sodass
sich eine Hierarchie von immer privilegierteren Einen ergibt.
Der zwischen
Produkt und Bedürfnis liegende Moment, der auf Tausch und Gleichung beruht,
wird zum Brennpunkt der gesamten Gesellschaft und verlangt Gleichheit
mit Geld für den Zugang zu Waren. Die maskulisierende Definition übernimmt
somit die Rolle der Fürsorge und etabliert sich überall als gesellschaftliches
Modell.
Anstatt dass wir
unsere Probleme dadurch lösen, die Materialisierung des Wortes auszuleben,
haben wir die Realitt manipuliert und verteilen Waren auf eine Weise, die sich
als psychotisch bezeichnen lsst und letztlich nur dem Wohl einiger Weniger
dient, dies jedoch zu einem Grade, der diese Wenigen beinahe allmchtig werden
lsst – gemß dem Traum des Buben. Auf hnliche Weise verwenden wir
unsere verbalen Möglichkeiten ausschließlich dazu, zu benennen und zu
definieren, sowie einigen wenigen Menschen Privilegien zuzuschreiben und vielen
anderen keine bzw. einige wenige zu haves zu machen
und viele andere zu have-nots. Die Maskulisierung
(und ihre Prioritten) haben die Wirklichkeit kollektiv auf eine Schrecken erregende
Weise verndert. Wenn wir aber verstehen – wie es östliche Religionen
immer getan haben – dass diese Wirklichkeit nur eine Illusion ist, ein
Alptraum, dann können wir einer Schenkökonomie die ewige Möglichkeit des
wirklichen Traumes zurückgeben. Dann wird es uns möglich, wieder in diesen
Traum aufzuwachen, indem wir eine Wirklichkeit (wieder)schaffen, die ein
Geschenk für alle ist.
Der lange Arm der
Geschlechtsdefinition
Trotz der
abgewerteten Position, die das Schenken gezwungen ist, einzunehmen, bleibt es
weiter kreativ und fördert das Leben. Es ist notwendig, Aktivitten, die auf
der Definition beruhen, zum Leben zu verhelfen – Aktivitten, die, für
sich selbst genommen, abstrakt und trocken bleiben. Die Verleugnung des Schenkens
beinhaltet dementsprechend die Einbindung von Aspekten des Schenkens in das
maskulisierte Modell post hoc. Patriarchale
Religionen tun dies und befriedigen damit ebenso spirituelle Bedürfnisse
(whrend sie gleichzeitig damit fortfahren, die Wichtigkeit des mütterlichen
Modells abzuwerten) wie sie Altruismus verordnen. Manchmal schaffen
maskulisierte Mnner auch Bedürfnisse, um diese dann zu befriedigen. Zum
Beispiel kann eine Gruppe maskulisierter Mnner diejenigen, die ihnen schenken,
isolieren und schwchen, indem sie sie feminisiert oder versklavt – nur
um ihnen danach ihren "Schutz" anzubieten, mithilfe dessen sie ihre phallische
Hegemonie über sie ausüben. Auf hnliche Weise gehen sie mit Gruppen anderer
Mnner um, die ihnen ihre hegemonielle Kontrolle streitig machen könnten. Nach
diesen Prinzipien funktioniert zum Beispiel militrische Macht.
Der gute Wille
maskulisierter Mnner, den es durchaus gibt, kommt gewöhnlich leider erst spt
ins Spiel – lange nachdem ihre Persönlichkeiten bereits vom Aufgeben des
Schenkprinzips und der Annahme der mnnlichen Geschlechtsidentitt geformt
wurden. Was dem guten mnnlichen Willen dann meist nur noch bleibt, ist das
Schaffen eines Standards für "moralisches Handeln", wobei auch hier das
Schenkprinzip keine Rolle spielt, obwohl es das einzige Prinzip wre, das
wirklich der Befriedigung von Bedürfnissen Prioritt verleihen würde –
und zwar nicht nur in den Leben der Individuen, sondern auch in den
ökonomischen und politischen Institutionen der Gemeinschaft. Wenn die
Gesellschaft als Ganze schenken und dem Schenkprinzip Wert verleihen würde,
dann wre Moral etwas wesentlich anderes. Sie htte weit weniger mit individueller
Heldenhaftigkeit und Willenskraft zu tun, da das gemeinschaftliche Wohl als
Lebensvoraussetzung erkannt und kollektiv angestrebt würde.
Die ursprüngliche
Struktur der Definition – der ihre Schenkaspekte genommen wurden –
ist um vieles umfassender als die Geschlechtsdefinition und hat wenig mit ihr
zu tun. Da sie jedoch trotzdem die Basis der Maskulisierung bildet, finden sich
zumindest Spuren von ihr in der mnnlichen Geschlechtsidentitt. Wobei es erst
die Geschlechtsdefinition ist, die das Definiendum bzw. den Prototyp der
Kategorieformation (der zur Schaffung der Geschlechtsdefinition beigetragen hat)
überbewertet. An sich sind Definiendum und Prototyp nur Elemente der
Definition, wie andere auch. Doch wurden sie in verschiedenen Kontexten –
etwa im ökonomischen als der Wertprototyp Geld, aber auch in akademischen oder
juristischen – überbewertet. Die Rolle des Geschlechts bleibt dabei meist
verborgen – wie die Rolle des Schenkens.
Auch andere
anscheinend geschlechtsneutrale Kategorien – wie etwa jene der Rasse
– folgen dem Muster des Geschlechts und schaffen einen Wettbewerb um die
Position des Kategorieprototyps, auf den bezogen alle anderen Teile der
Kategorie – z.B. alle Rassen, die nicht als Prototypen gelten –
unterlegen sind. Wie beim Geschlecht werden die Unterschiede in diesem Beispiel
als physiologische gesehen, whrend es tatschlich nur die Form der
maskulisierten Definition ist, die impliziert, dass eine Gruppe einer anderen
unterlegen sein, ihr ausweichen und ihr schenken muss. Politische und
ideologische Systeme sowie Nationalismen folgen derselben Logik. Diejenigen,
die innerhalb bestimmter nationaler Grenzen geboren wurden, können sich denen
überlegen fühlen, die außerhalb dieser geboren wurden, selbst wenn es überhaupt
keine Unterschiede zwischen ihnen gibt. So kann eine gesamte Nation die
Position des allgemeinen quivalents (des Prototyps) einnehmen, um die Egos der
gesamten Bevölkerung zu strken, die sich jetzt als Teil der vermeintlich
überlegenen Nation sehen dürfen. Politische Systeme, Religionen oder
Interessensgruppen folgen alle diesen Mustern im Etablieren hegemonieller
Herrschaft.
Profit
Die Definition kann
manipuliert werden zugunsten der überlegenheit derer, die sie in verschiedenen
Bereichen des Lebens anwenden, genauso wie sie dazu verwendet werden kann, die
überlegenheit von Mnnern zu besttigen bzw. zu steigern. Es scheint so, als
wren wir anderen überlegen, wenn wir auf mehr bezogen sind, das sich in der
Position des ökonomischen Definiendums, des Geld-Worts, befindet. Es scheint
so, als würde sich die Geburtssituation immer und immer wieder wiederholen: eine
Person rückt in die überlegene Kategorie aufgrund ihrer Beziehung zum
allgemeinen quivalent (Wort-Mann-Geld) und ihrer Aufgabe des Schenkens. Wenn
wir genug vom allgemeinen quivalent (dem Geld) haben, erlaubt uns das, die
Zeit anderer für unsere eigenen Zwecke zu kaufen und zu kontrollieren. Indem
wir von denen, die wir für ihre Arbeitszeit bezahlen, auch erwarten, dass sie
uns unbezahlte Arbeit schenken – deren Produkte wir dann verkaufen
– können wir Profit machen und Kapital akkumulieren. Wenn wir dazu die
phallischen Dimensionen des allgemeinen quivalents – und vor allem des
Kapitals – bedenken, dann können wir die sexuellen Konnotationen der
Investition verstehen: das "Hineinstecken" von Geld in etwas, um mehr
herauszubekommen und dieses Mehr zu reinvestieren, bis wir schließlich Profit
ernten.
Wir müssen
realisieren, dass jedes Mal, wenn wir Profit machen, einige – oder sogar
viele – andere Menschen etwas schenken, auch wenn wir glauben, dass der
Profit eine Belohnung an uns ist bzw. etwas, das wir "verdient" haben. Auch
hier wiederholt sich letztlich nur das Verdienen des Mannes, der maskulisiert
agiert, dadurch in die privilegierte Kategorie eintritt und den Namen "Mann"
verdient. Tatschlich besteht die Belohnung des Mannes aus Geschenken, die er
erhlt – Geschenke, die er selbst nicht mehr zu schenken bereit war, als
er in die privilegierte mnnliche Kategorie eintrat. Wenn die geschlechtlichen
Dimensionen der Definition von unserem ökonomischen Leben herrühren würden,
wren sie leichter zu identifizieren und zu verfolgen. Doch sowohl die
geschlechtlichen Charakteristika der Mnner als auch die funktionellen
Charakteristika unserer Tauschökonomie haben ihren Ursprung in der
maskulisierten Definition, die Mnner privilegiert und sie ihren fürsorglichen
Müttern entfremdet.
Es ist so, als
würden die Buben kollektiv fragen: "Warum bin ich ein Bube und nicht wie meine
wundervolle Mutter?" Doch sie alle müssen sich der Antwort fügen: "Das ist so,
einfach weil es so ist." Sie haben keine Mittel, diese Bestimmung abzuwehren.
Das mnnliche Modell ist, wonach sie sich – wie ihre Vter vor ihnen
– zu formen haben. Erst in diesem Prozess entdecken
sie ihre mnnlichen ("menschlichen") Charakteristika. Es ist so, als ob
verschiedene Anforderungen zusammenfallen, um normale
Mnnlichkeit und ihre Dominanz in Benennungs- und Kategorisierungsprozessen zu
schaffen: man selbst zu sein; gleich zu sein; einem Prototypen gleich zu sein;
ein Prototyp zu sein; die Welt zu sein. Diese bedrückende Situation wird dann
auf die Gesellschaft als Ganze projiziert und schafft schließlich die Lebensform (im Original deutsch – Anm. d. ü.) des ökonomischen Tauschwegs.
Der Prototyp des Vaters hat dieselben Charakteristika wie das Sein, genauso wie
sie sein Vater vor ihm hatte, und so weiter. Es gibt unendliche Generationen
von Vater-Prototypen. Kein Wunder, dass die das Schenken verleugnende mnnliche
Identitt, die bis vor kurzem mit menschlicher Identitt im Allgemeinen
gleichgesetzt wurde, seit langem einen so prominenten Platz im philosophischen
Diskurs einnimmt. Sie war und ist immer noch die Quelle, nicht einer höheren
Bestimmung, sondern unserer Probleme.
Mehr Haben
Die Ursache des
stndigen Wunsches, mehr zu haben, kann vielleicht in der Tatsache gefunden
werden, dass der Penis des kleinen Buben wesentlich verschieden und um vieles
kleiner als der seines Vaters ist. Wenn der Phallus das Kennzeichen der
mnnlichen Kategorie ist, dann kann der Bube sich nicht wirklich dem Prototypen
gleich und der Kategorie vollstndig zugehörig fühlen, bis er einen größeren
Penis hat. Das Bedürfnis, der Kategorieprototyp zu werden bzw. die Position des
allgemeinen quivalents oder des Wortes zu besetzen, würde also das Bedürfnis
nach einem größeren Penis implizieren. Diesen zu haben, ist dem Buben allerdings
unmöglich. Stattdessen erfhrt er, dass er selbst, seine Brüder, seine Mutter
und seine Schwestern vom großen phallischen Vater beherrscht (und manchmal
misshandelt) werden. Der Vater lebt dabei die Rolle des maskulisierten
Prototyps aus, die er selbst seit seiner Kindheit angestrebt hat (und die auch
ihm damals noch unmöglich einzunehmen war).
Der Bube, der sich
in einem Konkurrenzkampf mit dem Vater um die quivalenzposition befindet, mag
also das Bedürfnis nach einem großen Phallus und seinen ökonomischen und
symbolischen Entsprechungen entwickeln, um sich – und die Frauen, mit
denen er immer noch (zumindest zu einem gewissen Grad) in einer Schenkstruktur
verbunden ist – gegen den Vater, aber auch gegen andere nach Dominanz
strebende Mnner, verteidigen zu können. Der Bube lernt also früh, auf diese Weise
nach Herrschaft bzw. nach der Rolle des Definiendums zu streben. Dabei sieht er
sich zunchst freilich mit einem entscheidenden Nachteil konfrontiert: denn
auch wenn die Fürsorge der Mutter alle Größenunterschiede zu nivellieren
versucht (indem sie den Buben beschenkt und ihm selbst das Schenken in Form von
Zeichen, die sie ihn lehrt, ermöglicht), ist es ihm zum Zeitpunkt seiner
Geschlechtsdefinition noch unmöglich, seine Geschlechtsanforderung zu erfüllen.
Er muss zu diesem Zeitpunkt noch zwangslufig auf etwas bezogen und ein Teil
der Vielen bleiben, weil er noch zu klein ist, um ein Prototyp bzw. ein Eines
zu sein. Gleichzeitig liegt das im Kontext der Familie auch in der Logik der
Sache: schließlich kann nur einen Einen geben.
Vielleicht liegt im
Grunde aller Gewalt, Macht und Habgier die Begierde, größer zu sein (mehr vom
phallischen quivalenten zu haben), um die Position des Einen okkupieren zu
können, die von der mnnlichen Geschlechtsdefinition verlangt wird. Auch
Mdchen können in diesen Wettbewerb um überlegenheit eintreten, obwohl sie
nicht den physiologischen Phallus haben und oft (zumindest zu einem gewissen
Grad) den Werten des Schenkens und der Mütterlichkeit verhaftet bleiben, mit denen
sie sozialisiert wurden.
Da der Vater oft
abwesend ist, kann es passieren, dass der Bub, dem das Modell der
Mütterlichkeit genommen wurde, gnzlich ohne Modell für seine Identitt bleibt.
Zwar ist er sich seiner formalen Geschlechtsdefinition bewusst, kann aber
keinen Inhalt mit der von ihr konstituierten Kategorie verbinden. Wenn wir in
diesem Zusammenhang an die Gewalt denken, die viele große Mnner gegen jene verüben,
die kleiner sind, dann wird klar, dass Größe (Quantitt) eine Besessenheit
werden kann – und zwar nicht nur von Individuen, sondern von ganzen
Kulturen. Würde die Erde Besuch von einem anderen Stern erhalten, würden die
Besuchenden sicherlich verwundert sein über die immer höheren Wolkenkratzer,
mit denen Firmen ihre Macht demonstrieren wollen. Die, die in den Stahltürmen
Büros haben, sind natürlich denen überlegen, die Büros in kleineren Gebuden
haben. Diejenigen in den höheren Gebuden haben mehr Geld und mehr Macht und
sind dem Kategoriemodell des Vaters bzw. des erwachsenen Mannes nher, dessen
Rolle der kleine Bub nur anstreben kann. Letztlich ist es die Erektion, die so
anders und so viel größer als der Penis des Buben ist (ganz abgesehen von allen
erotischen Konnotationen). Sie ist es, die die Wolkenkratzer – genauso
wie Gewehre oder Raketen – imitieren sollen.
Diese Gebude legen
also Zeugnis ab von dem Ausschluss des mütterlichen Modells. Persönlich
betroffen von diesem Ausschluss sind nicht die Buben (da sie – wenn auch
zunchst nur als Viele – in der privilegierten mnnlichen Kategorie
bleiben dürfen), sondern all jene, denen das Phallus-Wort-Geld fehlt.
Diejenigen, die Waren haben, lassen diejenigen, die Bedürfnisse haben, oft
genug sterben, wenn sie kein Geld haben, anstatt ihre Bedürfnisse zu
befriedigen. Frauen (denen der Phallus fehlt) bezahlen hart dafür, dass sie den
Buben einer anderen Kategorie überlassen haben. Sie müssen ihm als Buben
heimlich den Geld-Phallus als Mehrwert vermitteln. Gleichzeitig wird das
Schenken paradoxerweise als heuchlerisch gesehen. Nie würde es als ernsthafte
Alternative zum Tausch als Verteilungsmodell akzeptiert werden.
Was ebenfalls
versteckt geschieht, ist das Ausbeuten von Ressourcen zur Produktion
phallischer Symbole und die unendliche Ausweitung des Kapitals, das sich
gleichzeitig immer weiter von den Bedürfnissen der Vielen entfernt. Güter und
Arbeitskraft fließen unentwegt von den Vielen zu den Einen, vom Schenken zu
Markt und Kapital, von der so genannten Dritten zur Ersten Welt. Wir
unterliegen jedoch der Illusion, dass es anders herum luft.
Wie in der Formation der Kategorie erhlt der Prototyp seinen Wert von der
Existenz anderer Objekte derselben Art – nur findet hier ein
tatschlicher Transfer von Reichtümern statt.
Strafe durch Mangel
Die gesamte oben
beschriebene Situation könnte auch gelesen werden als Vergeltung der
Gesellschaft gegen die Mutter und ihren schenkenden Weg – dafür, dass sie
den Buben dem Vater überlassen hat. Das Prinzip der Vergeltung ist Teil des
Tausches und geht mit ihm einher. Die Verlagerung der Waren weg von den
Bedürfnissen und hin zu den Besitzern des Phallus-Wort-Geldes schafft einen
Mangel, der dem Schenken unerhörte Lasten auferlegt, es diskreditiert und ihm,
wenn es nicht völlig verunmöglicht wird, schwere Opfer abverlangt. In dieser
Situation trotzdem mit dem Schenken fortzufahren, verlangt enorme Anstrengung
und beinahe unvorstellbare Hartnckigkeit. Frauen sind deshalb oft
masochistisch genannt worden.
Anstelle dessen
sollte die Hrte der Situation das System und diejenigen treffen, die den
Mangel geschaffen haben. Die Motivationen, die hinter dem Handeln liegen,
kommen von ihrem Versuch, mit dem Wechsel der Geschlechtskategorie zurecht zu
kommen, zu der sie als Buben gezwungen wurden. Wir Frauen neigen in unserer
mütterlichen Großzügigkeit dazu, Verstndnis zu zeigen und die Buben/Mnner in
allem zu unterstützen, doch muss dies ein Ende haben. Es ist keine angemessen
Antwort auf die Konsequenzen ihrer Handlungen und der Institutionen, die sie
schaffen: die Tode von Millionen durch Krieg, Hunger und Krankheit, sowie die
ökologische Zerstörung unseres Planeten.
Der Mangel nützt
dem Patriarchat auf verschiedene Weise. Er erschwert das Schenken, sodass
dieses nicht als viel versprechende Alternative zum Tausch erscheinen kann. Er
straft die Mütter und das Schenken dafür, dass sie ihre Buben dem Vater
überlassen und ihnen mehr allgemeines quivalent (kurz: Geld) als den Mdchen
versprochen haben. Diejenigen, denen es dabei gelingt, zu Prototypen zu werden,
können dann ihre ökonomischen Exzesse in phallischen Symbolen aller Art
materialisieren. Diejenigen, denen das nicht gelingt, versuchen dies vielleicht
durch eine Identifikation mit einer Gemeinschaft auszugleichen, die zu den haves der Gemeinschaften zhlt – was sich im Haben großer und mchtiger
Gewehre, Flugzeuge oder Bomben ausdrücken mag.
Selbst im überfluss
zu haben, whrend andere im Mangel leben, erlaubt denen, die haben, sich
überlegen zu fühlen und hier und dort kleine Geschenke als philanthropische
Gesten zu verteilen. Meist geschieht selbst dies jedoch nur, um die have-nots zu manipulieren. Eine hnliche Manipulation findet sich in der
kalkulierten Verteilung von Anerkennung – für Intelligenz, Schönheit,
Wissen oder Kompetenz. Kommt es zu solchen Anerkennungen, werden sie meist von
monetren Wertzuschreibungen begleitet.
Die Ausbeutung der
Ressourcen der Vielen durch die wenigen Privilegierten, die Reichtum
akkumulieren, hat die ökonomien und ökosysteme der Erde entscheidenden
Vernderungen unterzogen. Die Reichtümer der Wenigen und die Grben zwischen
ihnen und den Vielen vermehren bzw. vergrößern sich dabei zusehends. Dies
schafft auch ein Verlangen nach Sicherheit, das aufgrund der stndigen Drohung
des Mangels besonders intensiv wird. Heute scheint es so, als riskieren selbst
Mnner den schnellen Fall in die Kategorie der have-nots, wenn sie nicht entsprechend vorgesorgt haben.
Vielleicht kann uns
verziehen werden, wenn wir den Markt und das Patriarchat mit wenig Respekt
betrachten. Es scheint sich um eine Art tragisch-komisches Passionsspiel zu
handeln, in dem die Entfremdung des Buben von seiner Mutter und seine
gleichzeitige Unterwerfung unter die Kategorie des Vaters endlos reproduziert
wird. Darin findet sich der Grund der psychologischen Verwirrung, in der wir
uns befinden und die uns davon abhlt, dem mütterlichen Weg zu folgen; und das,
obwohl Millionen von Kindern – beider Geschlechter – verhungern.
Die Augen unserer hypothetischen Besuchenden von einem anderen Stern würden
sich zweifelsohne mit Trnen des Mitleids füllen für diese potentiell so
wunderbare Spezies Mensch, die sich aufgrund eines ursprünglich kleinen und
unschuldigen Fehlers solche enorme Probleme eingehandelt hat.
Ich, liebe
LeserInnen, heule in der Nacht.
Wenn ihr das
versteht, tut ihr das vielleicht auch.
Kapitel 14>