Der Prozess des engendering – was in etwa "in die
Wirklichkeit bringen" bedeutet (aber auch das englische Wort für Geschlecht, gender, beinhaltet – Anm. d. übers.)
– ist ein Akt des Schenkens, der der Geschlechtsformation vorangeht. Das
Geschenk ist dabei das Kind. Erst spter werden manche Kinder als Buben von der
Mutter aufgegeben, weil diese ein materielles "Geschenk" (den Penis) zu haben
scheinen, das den Mdchen fehlt. Es ist dieses Geschenk, das den Buben Wert
verleiht. Würden wir Freuds ödipustheorie aus der Perspektive des
Schenkprinzips neu lesen, würden wir dies besttigt finden. Gleichzeitig ist
das Kind, das zum Buben wird, in dem frühen Stadium, in dem dies geschieht,
noch nicht wirklich in der Lage, eine sozial dominante Position einzunehmen.
Wie Freud richtig annahm, stellt dies den Buben zunchst vor zahlreiche
Schwierigkeiten.
Die logischen Implikationen des "Geschenks" des
Penis und seiner Quelle sind hochproblematisch. Wenn er von der Mutter kommt, heißt
das, dass sie etwas schenkte, das sie selbst nicht hatte, oder etwas, das sie
selbst aufgab. Wenn er vom Vater kommt, schenkte er etwas, das er selbst nicht
aufgab. In jedem Fall gibt der Bube viel für das Eigentum des Penis auf, da ihn
dieses seiner schenkenden Mutter entfremdet und er sein menschliches
Schenkpotential verliert.
Es ist die Fürsorge, die den Kategorien und der
Identitt, die der Bube formt, ihren Inhalt gibt. Ihm zu vermitteln, dass er
einer Geschlechtskategorie angehört, die nicht fürsorglich ist, definiert ihn
als außerhalb des Lebensprozesses stehend, den er erfhrt. Definitionen und
Modelle der Maskulinitt sind Versuche, der mnnlichen Geschlechtskategorie
einen Inhalt zu geben, der ohne die Fürsorge auskommt. Die Struktur der
Definition und des Benennens werden zum Rückgrat der maskulisierten Identitt
als sozialem Ideal.
Es gibt viele individuelle Variationen dieses
Prozesses und zum Glück ndern sich die Dinge. Der Feminismus hat mittlerweile
viele Mnner dazu gebracht, Aufgaben der Kinderpflege zu übernehmen. Strkere
Mütter mit mehr Bewusstsein, weniger Betonung auf Maskulinitt innerhalb der
Familie und die zunehmende Zahl fürsorglicher mnnlicher Rollenbilder ndern
die Erziehung von Kindern in den USA und in anderen Lndern.
Das Vermchtnis der Maskulisierung in der
Gesellschaft ist jedoch stark und wird nach wie vor in sozialen Strukturen
ausgespielt und dadurch in die Familie zurückprojiziert. Themen mnnlicher
Gewalt und Herrschaft kennzeichnen sowohl Fernsehen und Film als auch unsere
Wirklichkeit. Frauen und Kinder werden nach wie vor geschlagen, vergewaltigt
und ermordet. Heimliche Verbrechen werden hinter Fassaden vermeintlicher
Glückseligkeit begangen. Vermeintlich liebenswürdige Vter vergewaltigen und
qulen ihre Kinder zuhause. Die School of the Americas bildet fremde Soldaten zu Folter
und Faschismus aus. Die CIA destabilisiert Lnder durch (natürlich verleugnete)
Bestechung, Folter und Mord. Weit verbreitete Armut, die im Tod von Millionen
resultiert, wird produziert, indem nur den Wenigen geschenkt wird. Kriege
werden geführt und schaffen enormes Leid. Die Natur wird tglich erniedrigt
durch die Zerstörung, die von Geschftsinteressen und Krieg geschaffen werden.
Auch wenn es also auf der individuellen Ebene
zu einem Abbau maskulisierten Verhaltens kommen mag, bedroht der soziale
Mechanismus des Patriarchats allgemein unser Leben weiterhin und muss radikal
gendert werden. Es ist daher dieser Mechanismus, auf den sich die
Aufmerksamkeit der Frauen und ihrer Verbündeten unter den fürsorglichen Mnnern
richten muss. Wir müssen zunchst verstehen, wie dieser Mechanismus
funktioniert, um ihn erfolgreich ndern zu können. Um ihn verstehen zu können,
müssen wir ihn wiederum genau betrachten, obwohl dies so manches Unbehagen in
uns auslösen mag. Aber wenn wir das nicht tun, wenn wir nicht genau hinsehen,
dann riskieren wir, den Mechanismus mitsamt all seiner Bestandteile und
Strukturen zu reproduzieren, selbst wenn wir die besten Intentionen haben. Sogar
bewusste Mnner mögen beispielsweise als Hilfsmittel unwissentlich Formen jener
Eines-Viele-Strukturen vorschlagen, die so tief in unsere Gesellschaft
verankert sind. Egal wo Mnner den Platz der Frauen als Modell einnehmen,
reproduzieren sie die Struktur unserer Probleme. Wenn Frauen das weiterhin
zulassen, unterwerfen sie sich einmal mehr.
Ikone und Index
Vor Jahren, als ich über die
Kategoriestrukturen des Einen und der Vielen nachdachte, stieß ich auf die
Arbeit von Tran Duc Thao,
einem vietnamesischen Philosophen, der glaubte, Sprache kme von der Geste des
Zeigens. Als ich diese Theorie auf die Fragen anwandte, mit denen ich mich
beschftigte, wurde mir endlich klar, was eigentlich schon immer offensichtlich
gewesen war: Ich erkannte, dass das Zeigen eine Geste des Einen und der Vielen
ist und dass es ein Objekt in den Vordergrund rückt, nmlich den Zeigefinger,
whrend es andere Objekte derselben Art in den Hintergrund rückt, nmlich die
restlichen Finger. Auf diese Weise ist der Zeigefinger tatschlich eine Ikone:
eine visuelle, sensorische und kinsthetische Reprsentation der Beziehung
zwischen dem Prototypen und den Objekten in der Kategorie. Zeigt einfach einmal
mit dem Finger und ihr werdet verstehen, was ich meine!
Die Geste des Zeigens hat zwei Funktionen: Sie
animiert uns zunchst dazu, ein Objekt aus einer Gruppe von Objekten auszuwhlen,
und weiters dazu, das ausgewhlte Objekt als definierbar und reprsentativ
wahrzunehmen, als Eines innerhalb einer Gruppe von Vielen. Das Zeigen schafft somit
eine Beziehung zwischen dem Einen und den Vielen, die soviel sagt wie: "dies
ist hier und dort".
Es handelt sich um eine Projektion des Bildes des Einen. (Siehe Graphik 24.)
Das In-den-Vordergrund-Rücken eines bestimmten Objekts wird dadurch besttigt,
dass es verstndlich und reprsentativ wird: es steht für andere Objekte
derselben Art bzw. für seinen Hintergrund. Wir können das ausgewhlte Objekt
auch teilen, da wir ihm alle gleichzeitig unsere Aufmerksamkeit schenken
können, nachdem es im Vordergrund steht. Die Außenwelt produziert die Eines-Viele-Ikone,
die von der Hand gebildet wird. Es scheint fast so, als würde der Gegenstand,
auf den gezeigt wird, zurückzeigen. Ich denke etwa an Michelangelos Gott und
Adam. (Siehe Graphik 25.)
Diese Gedanken führten mich zu der überlegung,
dass wir den Penis vielleicht mit dem Zeigefinger identifizieren und er ebenso als
Index funktioniert ("Zeigefinger" im Englischen: index finger – Anm. d. übers.). Der Bube erhlt
dann den Namen "mnnlich", da er diesen Index besitzt, whrend Frauen, inklusive
seiner Mutter, das nicht tun. Wir sagen, dass der Bube ein Teil der mnnlichen Kategorie
ist, weil er wie der Vater ist bzw. weil er denselben Index wie der Vater hat.
Vielleicht ist einer der Gründe für die Vormachtstellung des Phallus, dass wir
(flschlicherweise) die Charakteristika des Zeigens dem Penis zuschreiben. Wenn
der Penis des Buben als ein Objekt gekennzeichnet wird bzw. wenn auf ihn als
einen Zeiger gezeigt wird, dann mag er als Prototyp erscheinen, der sich
bereits in einer Eines-Viele-Beziehung zu anderen Objekten derselben Art
befindet.
Natürlich ist der Penis des Vaters anders und
größer als der des Buben. Er ist der Prototyp und der Penis des Buben eines der
auf ihn bezogenen Objekte. Die Beziehung zwischen verschiedenen Penissen wird
dann zu einer Wettbewerbsbeziehung zwischen Prototypzeigern und Prototypindexen
– zwischen Dingen, die andere Prototypen anzeigen und die Wirklichkeit in
ihrem Bild schaffen.
Wenn wir bedenken, dass der Phallus sozial mit
der überlegenheit des Kennzeichens der privilegierten Kategorie ausgestattet
ist, dann können wir die Bedeutung erkennen, die die Gleichheit zwischen den
Genitalien des Vaters und des Buben hat. Der Zeigefinger, der Penis und der
Kategorieprototyp (im besonderen der Prototyp von "mnnlich" und "menschlich")
sind in eins zusammengefallen. Der Gleichheit wird zuviel Wert geschenkt
– im Speziellen, was die Gleichheit mit dem Vater betrifft, da das
Instrument für das Auswhlen von Prototypen (der Index, der eine Ikone seiner
eigenen Aktivitt ist) mit dem Kennzeichen identifiziert wird, das vor einem
Hintergrund von Frauen Mnner auswhlt.
Der Penis wird die Ikone des Index und des
Prototypen. Damit wird er gleichzeitig zur Ikone aller Prototypen und zur
Kategorie.
Whrend es zwischen den Fingern einer Hand eine Eines-Viele-Beziehung gibt, befindet
sich der Penis ursprünglich nicht in einer solchen. Der Zeigefinger kann sich mit
den Fingern seiner eigenen Hand vergleichen. Der Penis muss sich mit den
Penissen anderer Mnner vergleichen. Es etabliert sich somit ein Wettbewerb um
die Rolle des Kennzeichens der überlegenheit bzw. des Prototypstatus unter den
Penissen – ein Wettbewerb, der gleichzeitig ein Wettbewerb um die
Position des Prototypen der Prototypen ist. Es ist, als würde gefragt werden: "Welcher
Finger ist der Zeigefinger?"
Die überlegenheit des Prototyps ist freilich
eine konstruierte. In Wygotskis Experiment könnte theoretisch jeder Teil der
Kategorie als Prototyp fungieren. Die Polaritt, die in der Kategorie etabliert
wird, dient einfach dem Finden gemeinsamer Qualitten. Der Prototyp muss den anderen
Gegenstnden zu diesem Zwecke gleich und darf ihnen nicht überlegen sein.
Eine entscheidender Moment ereignet sich, wenn
Mnner beim Sex ihren Penis-Zeiger auf das "Fehlen" des Penis-Zeigers der Frau
richten und er dabei im Zuge der Erektion größer wird. Dies scheint die
Gleichsetzung von Haben mit dem Haben des Penis (des Zeigers) sowie die
Gleichsetzung des Nicht-Habens mit dem Nicht-Haben des Penis zu besttigen.
Dies wiederum untermauert den Ausschluss der Nicht-Habenden aus der Kategorie
der Prototypen und die Vorstellung, dass sie des kategorischen Denkens nicht
fhig sind. (Das Fehlen
des Zeigerprototypen scheint zu implizieren, dass wir Frauen Prototypen nicht
entsprechen erkennen, nicht entsprechend "aufzeigen" können.) Beides wird für Mnner
erotisiert, die ihre maskulisierte Geschlechtsrolle in einem Szenarium des
übernehmens und Ausweichens ausleben.
Das Fehlen des Zeigers
Wenn Frauen so gesehen werden, dass ihnen der
Penis-Zeiger fehlt, dann erscheinen sie als non- oder prverbal, als
prkategorisch. Sie scheinen keinen (körperlichen) Kategorieprototypen zu haben
und somit auch kein Wort. Frauen werden somit als Viele auf den Penis als Einen
bezogen – wie im Falle des Don Juan, der zeigen muss, wie viele Frauen er
"gehabt" hat.
Aufgrund ihrer Prverbalitt erscheinen Frauen
gleichzeitig als Vertreterinnen abhngiger Glückseligkeit – als Objekte,
im Gegensatz zum verkörperten Wort, das der Mann darstellt. Dieser verdrngt die
Mutter als Prototyp des verbal kompetenten Menschen. Ihr wird damit selbst die
Fhigkeit abgeschrieben, ihren Kindern Sprache zu lehren (zu schenken).
Vielleicht ist sie – so wie es die alten Patriarchen glaubten –
Eigentum des Vaters, seine Habe, ein rein mechanischer Vermittler von Kultur,
ein leeres Gefß, ein Mechanismus, der das Wort, die Kultur und das Gesetz des
Vaters an andere weiterreicht.
Als Objekt kann sie sich auf ein Wort beziehen,
wenn sie dem Mann schenkt und auffllt – wenn sie Aufmerksamkeit auf sich
zieht und den Mann dazu bringt, auf sie zu zeigen. Als sein Eigentum erlaubt
sie ihm dann selbst, als Prototyp und privilegiertes Eines aufzufallen. Ihre
Schönheit, die andere Mnner dazu bringt, auf sie zu zeigen, verleiht ihrem
Mann als ihrem Besitzer Bedeutung. Die Mutter als prverbal erscheinen zu lassen,
ist insofern wichtig, um damit das Schenken als kindisch ("weibisch")
diskreditieren zu können. Vielleicht ist dies sogar ein Aspekt des sexuellen
Missbrauchs von Kindern. Denken wir etwa an Marilyn Monroes Babygesicht.
Das Gleichnis zwischen dem Penis und dem Zeigefinger
trgt zur Besttigung der Mnner als Prototypen der Kategorie des Menschen bei
und besttigt gleichzeitig, dass Frauen keine Prototypen sein können, weil
ihnen der Zeiger fehlt. In Wirklichkeit jedoch ist der Penis kein Index und er ist
auch nicht für kategorisches Denken notwendig. Der Zeigefinger leistet hier
viel bessere Arbeit. Er ist eine viel bessere Ikone. Die anderen Objekte der
Kategorie, also hier: die Finger, werden als Teil derselben Hand zurückgezogen,
um dem Zeigefinger (dem Index) zu erlauben, zu zeigen. Gleichzeitig rücken wir Objekte
in unserer Umgebung (diejenigen, auf die nicht gezeigt wird) in den
Hintergrund. Darüber hinaus lsst sich das Ausstrecken des Zeigefingers von
unserem Willen kontrollieren – die Erektion des Penis tut das nicht.
Da der Penis mit den Penissen anderer verglichen
werden muss – innerhalb einer Kategorie bzw. als Prototyp – muss er
sich auf diese als Konkurrenten beziehen. (Siehe Graphik 27.) Nachdem dies für
alle Mnner gilt, und nachdem die Anforderung, ein Prototyp zu sein, Teil der
mnnlichen Geschlechtskategorie ist, werden andere Mnner (Penisse) als
gefhrlich empfunden, als etwas, das damit droht, einen selbst zu verletzen
oder zu kastrieren und somit vom Wettbewerb auszuschließen. Vielleicht ist es das,
was mit den Frauen passiert ist.
Messer, Pfeile, Gewehre und andere tödliche
Phallussymbole haben die Fhigkeit, Konkurrenten um den Prototypstatus zu
eliminieren. Wenn wir uns anschauen, wie Gewehre gemacht werden, können wir
sehen, dass der Zeigefinger zurück bewegt wird, um den Abzug zu drücken. Dabei
wird der Zeigefinger für einen Moment den anderen Fingern gleich und erlaubt
dem phallischen Gewehr, seinen Platz als tödliches Index-Projektil zu
übernehmen und den Tod eines Gegners anzuzeigen. Dem Gewehr wird erlaubt, das
Wort zu sprechen, das andere in die fremde nicht-kommunikative und
nicht-zeigende Kategorie der Toten rückt. (Dieser Prozess folgt der Logik des
Benennens des Geschlechts.)
Ich habe mich immer über die Doppeldeutigkeit
des englischen arms gewundert (im Deutschen sowohl "Arme" als auch "Waffen" – Anm. d.
übers.). Jetzt kann ich sehen, dass arms die Dinge sind, die als tödliche Zeiger enden,
aber in unserer Verleugnung verstehen wir das nicht (we do not get the point).
Der Hitlergruss ist vielleicht die negativste
Apotheose der Beziehung zwischen dem einen (überlegenen) Prototyp-Penis und den
Vielen. Hitler verwendete dieses Kennzeichen, um den Prozess des Einen und der
Vielen dazu zu nutzen, sich zu einem selbst stilisierten Prototypen der
Kategorie "Deutsch" bzw. "Arisch" zu machen. Er tat dies, um die auf ihn
bezogenen Vielen dazu zu bewegen, sich zu vereinen, um andere menschliche
Gruppen auszulöschen und zum alleinigen Kategorieprototyp der menschlichen
Rasse zu werden. (Siehe Graphik 28.)
Im Rahmen linker Politik mag die hochgereckte
Faust vielleicht den Zusammenhalt der Vielen symbolisieren – doch ich
sehe sie immer noch als ein phallisches Symbol. Der auf einen gerichtete Finger
ist autoritr, anklagend. In diesem Sinne hat er in der Tat viel gemeinsam mit
dem gewaltsamen Penis – beide "penetrieren" den Platz anderer. (Siehe
Graphik 29.) Anstelle dessen könnten wir vielleicht einfach unseren Zeigefinger
als Besttigung sehen, dass wir als Menschen die Fhigkeit teilen, einen Finger
aus der Gruppe unserer Finger auszuwhlen bzw. einen Gegenstand aus der Gruppe
gleicher Gegenstnde auszuwhlen. Dies würde bedeuten, dass uns die Fhigkeit
des Zeigens vereinen würde, anstatt Konkurrenz zu schaffen.
Symbolisches Zeigen
Brüste sind zwei mit sich identische
Körperteile – so wie unsere Hnde oder unsere Zeigefinger. Die Brüste
zeigen auf andere, um Milch zu schenken. Das Bild zweier identischer
schenkender Zeiger ist ein machtvoller sozialer Archetyp. Mit dem Bild unserer
zwei Zeigefinger hat sich dieser in symbolische Zeiger verwandelt, von denen manche
durchaus gefhrlich sind. Das seit langem heilige Symbol der Hörner etwa mag
zwei identische (und gefhrliche) symbolische Penisse auf dem Kopf eines Bullen
prsentieren – auch wenn sich die Hörner auch auf dem Kopf der Kuh finden
lassen (was wenigstens die Geschlechterdifferenz auflöst). Hörner zeigen nach
außen, um zu verletzen. Flügel – die sowohl mnnliche als auch weibliche
Vögel haben – können als eine symbolische Reprsentation von Gleichheit
gesehen werden. Der Schnabel wiederum ist ein weiteres phallisches Symbol und
"Vogel" ist in manchen Sprachen ein umgangssprachlicher Ausdruck für den
Phallus (vgl. auch "vögeln" im Deutschen – Anm. d. übers.).
Vielleicht halfen diese und andere synkretistische
Symbole, die Beklemmung von Kindern im Altertum zu erleichtern, die vielleicht von
der Maskulisierung genauso geschdigt waren wie wir es heute sind. Die Brüste von
Frauen zeigen auf andere, um sie zu versorgen, whrend die Penisse
maskulisierter Mnner auf andere zeigen, um ihre eigene Identitt zu finden
bzw. diese anderen aufzuerlegen. Mnner müssen sich selbst mit anderen messen,
um ihre Gleichheit mit ihnen bzw. ihre überlegenheit zu besttigen. Indem sie
der Prototyp werden, penetrieren sie, um immer noch größer, immer noch "mehr"
zu werden – manchmal, um anderen Vergnügen zu bereiten, aber manchmal
einfach auch, um diese gewaltsam zu verletzen, oder zu töten (auch in
symbolischer Form: als Gewehre oder Raketen).
Ein Beispiel für ein wirkliches, von einem
Zeiger kommendes Geschenk ist die Milch der Brustwarzen – dies ist die
erste Erfahrung des Kindes, in der mithilfe der Sinne des Sehens, Tastens,
Schmeckens und Riechens etwas in den Vordergrund und etwas anderes in den
Hintergrund gerückt wird. Nicht nur ist die Brustwarze erektil, sondern sie
schenkt auch tatschlich Milch. Unsere Aufmerksamkeit wird nicht von unserem
Zeigefinger geleitet. Wir haben Füllfedern entwickelt, aus denen Tinte rinnt, damit
nicht nur die Prototypen draußen in der ußeren Welt sichtbar sind, sondern
auch die Prototypwörter.
Der Zeigefinger hat teil an verschiedenen Signifikationsformen.
Er ist sowohl der prototypische Index als auch eine physische Ikone der
Eines-Viele-Kategorien auf der Ebene der Metapher, womit er im menschlichen
Körper eine Unterscheidung wiederholt, die auch in der ußeren Welt gemacht
wird. Gleichzeitig kann der Zeigefinger aber auch angewandt werden, um das Objekt
der Aufmerksamkeit zu berühren, potentielle Beziehungen zu ihm herzustellen und
metonymisch zu wirken.
Der Akt, einige Finger zurückzuziehen, um einen
nach vorne zu richten, wiederholt metaphorisch den sozialen Prozess, in dem
einige Menschen ihre Positionen aufgeben, um anderen zu erlauben, Prototypen zu
sein. In beiden Fllen dienen die Vielen dem Einen, indem sie ausweichen und
ihr Ausweichen selbst kontrollieren. Die Kombination bzw. das Wechseln von
Formen hat einen beinahe mechanischen Prozessaspekt, genauso wie der Tausch
oder die Definition, was den Anschein einer automatischen Wertzuschreibung
durch Ersetzung erwecken mag.
Der Wechsel zum Tausch ersetzt die Logik des
Schenkens vollstndig mit der Logik des Ersetzens. Der Wechsel von der Ikone zum
Index, von der Metapher zur Metonymie und von der Reprsentation zur
Einrichtung der Kategorie, die die Möglichkeit beinhaltet, den ußeren Prototyp
tatschlich zu berühren (oder ihm zu bedeuten, nach vorne zu treten), ist jedoch
kein Ausdruck dieses vollstndigen Wechsels. Die ikonische Reprsentation der
Kategorie durch die Eines-Viele-Beziehung der Finger ersetzt den Prototypen,
auf den gezeigt wird, nicht, sondern dient nur dazu, ihn für einen Moment in
den Vordergrund zu rücken.
Sie kann damit die Ebenen des Schenkens und der verbalen Kommunikation um eine
neue Dimension bereichern und ihnen in dieser Hinsicht dienen.
Verbale und nonverbale Zeiger
Die Aktivitten des In-den-Vordergrund- bzw. In-den-Hintergrund-Rückens,
die in das Versorgen mit der Brust involviert sind, werden von der zweiten
Brust wiederholt und von beiden Brüsten immer wieder im Laufe der Zeit.
Vielleicht dienen die beiden fürsorglichen Zeiger der Brüste als frühe Ikonen
des kommunikativen Charakters der Wiederholung von Lauten. Es mag ein
Zusammenhang bestehen zwischen den Brüsten als identifizierbaren materiellen
Geschenkquellen, die Teil des Körpers der Mutter sind, und des Wortes "Mama"
für die Mutter und "Papa" für den Vater. Für Babys, die nicht gestillt werden,
mögen Babyflaschen auf hnliche – wenn auch weniger poetische Weise
– ikonisch sein.
Die Wörter "Mama" und "Papa" kommen in
verschiedenen Sprachen vor, wie Roman Jakobson in seinem berühmten Aufsatz
"Warum ‚Mama' und ‚Papa'?" gezeigt hat.
Jakobson erklrt die Tatsache, dass diese Wörter dadurch zustande kommen, dass
es Kindern zu Beginn des Sprechens am leichtesten fllt, nur wenige Konsonanten
zu verwenden und diese zu wiederholen. Außerdem suggeriert er, dass die Laute "m"
und "n" von den Lauten und Bewegungen des Kindes beim Saugen an der Brust
herrühren.
Für mich ist das Interessanteste an diesen
Wörtern jedoch die Wiederholung der Phoneme. Diese Wiederholung gibt es in
vielen Wörtern, die wir mit Kindern verwenden, Wörter, die psychologisch wichtig
für sie sind (zum Beispiel: "Heia-heia", "Gaga", "Baba!"). Viele Kinder
verndern Wörter, whrend sie zu sprechen lernen, und schaffen damit doppelte
Silben: "Bus-Bus". Jakobson sagt, dass die Wiederholung der Silben das Wort inmitten
nonverbaler Laute als Wort identifiziert und ein Ausdruck der Wiederholbarkeit
selbst ist.
Vielleicht können wir die Wiederholung von
Lauten innerhalb eines Wortes tatschlich als Ikone der Wiederholbarkeit des
Wortes betrachten. Das heißt, dass das Wort "Mama" in seinen verschiedenen einzelnen
Anwendungen ein Beispiel der Tatsache ist, dass Laute einander gleich sein
können und dass sie aus diesem Grunde wichtig sind. (Dinge, die Geschenke sind,
können auch aufgrund ihrer Wiederholbarkeit wichtig sein.) Dieselbe Beziehung
von Gleichheit, die zwischen "ma" und "ma" besteht, besteht zwischen dem Wort
"Mama" und einzelnen Anwendungen des Wortes. Das Wort "Mama" ist wie ein Koffer,
der zwei Koffer enthlt und damit beweist, dass der größere Koffer nicht einzigartig
ist – es gibt andere Objekte derselben Art. Wie die Flasche, die Alice im
Wunderland findet, auf der "Trink mich!" steht, impliziert das Wort "Mama":
"Wiederhole mich!" (Siehe Graphik 30.)
Wie der Index wechseln "Mama" und "Papa" ihre
Formen. Es gibt einen Wechsel vom Inneren des Wortes "Mama" zum ußeren seiner
einzelnen Anwendungen. Ein induktiver Sprung muss getan werden, um von den einzelnen
Anwendungen des Wortes in unterschiedlichen Zusammenhngen zum Verstndnis zu
gelangen, dass es sich hier um ein Wort (ein Ding) handelt, das wiederholt wird. Die
internen Wiederholungen von "Mama" und "Papa" erleichtern diesen Sprung. Die
Wiederholbarkeit von "Mama" korrespondiert mit der zunehmenden Erfahrung des
Kindes, dass bestimmte Objekte konstant sind. In Bezug auf die Mutter heißt
das, dass das Kind zu erwarten beginnt, dass die Erfahrung der mütterlichen
Prsenz wiederholbar ist und sie in ihrer Abwesenheit zu existieren fortsetzt.
Das Wort, das immer zugnglich ist, wird dann zur Möglichkeit, die Mutter immer
in einer bestimmten Form erfahren zu können. Es gibt einen weiteren Wechsel von
der Ikone zum Index: die Ikone der Wiederholbarkeit in "Mama" wird der Index
für die Mutter und ruft sie bzw. bringt sie dazu, auf das Wort und damit auf
das Kind zu zeigen, indem sie kommt. Das Kind wird ihr Ziel, das Ziel ihres
Prototypen.
Es gibt andere Beispiele für den Gebrauch von
Wiederholungen. So werden sie in vielen Gesten verwendet – zum Beispiel
im Schütteln oder Nicken des Kopfes. In diesem Sinne sind Gesten den frühen
Wörtern von Kindern hnlich. Manche Sprachen verwenden Wiederholungen von Silben
in den Wörtern, die "Menschen" bedeuten – etwa "Shoshone" oder "Mau-Mau"
(das Englische people selbst kann als Beispiel gelten). Es ist so, als würden diese Wörter sagen:
"Dies ist eine Gruppe von Menschen, für die Wiederholungen Wert haben."
Lautmalerische Wörter, die auf Tiere bezogen werden, so wie "Wau-Wau" oder
"Piep-piep", bestehen auch aus Wiederholungen. Vielleicht mögen Kinder diese
Wörter deshalb so sehr, weil es so scheint, als wren auch die Tiere Kinder,
die ihre ersten Wörter sagen.
Der selbstbezogene, interne repetitive
Charakter von "Mama" und "Papa" stellt einen Art Schlüssel zur Sprache dar, ein
minimalistisches Anleitungsbuch, um Sprache zu lernen. Die Beziehung, die dem Wort
innewohnt, ist ikonisch in Hinsicht auf die ußere Beziehung auf das Wort bzw.
seine einzelnen Anwendungen und den Implikationen, die die Konstanz oder die
Wiederholbarkeit von Dingen in der Außenwelt betreffen. Auf hnliche Weise
impliziert die Geste des Zeigens eine Beziehung von Dingen zueinander, die
außerhalb dieser selbst liegen. Sowohl die Geste des Zeigens als auch die
Wörter der Kinder sind, um Bedeutung zu erlangen, auf einen gemeinschaftlichen
Kontext angewiesen, sodass "Mama" von anderen gehört und wiederholt werden kann.
Whrend das Kind aufwchst, wird es von der
Tatsache, dass es eine wiederholbare Lauthnlichkeit gibt, die für etwas
geschenkt und empfangen werden kann, dazu geführt, seine Aufmerksamkeit auf
eine bestimmte Erfahrung zu richten und diese in den Vordergrund zu rücken (womit
das Kind die Erfahrung dazu bringt, "zurückzuzeigen"). Dies ist eine
Besttigung von Wichtigkeit, eine Zuschreibung von Wert. Die Gleichheit der
Laute mag an sich selbst wichtig erscheinen, erhlt jedoch seine eigentliche Bedeutung
erst von der Tatsache, dass wir die wiederholbaren Laute als Ersatzgeschenke
verwenden. Dem Wechseln der Ebenen des Wortes und der Geste von innen nach
außen und von Ikone zu Index wird auch von der Tatsache Wert geschenkt, dass
andere sie ebenso vollziehen.
Geld wiederholt den Wechsel des Zeigefingers
von Ikone zu Index. Es gleicht dem Zeigefinger darin, dass es auch eine Ikone
der Eines-Viele-Beziehung ist, wenn auch auf einer viel komplexeren Ebene. Es
ist das allgemeine quivalent, das eine Gut, das für alle anderen steht.
Doch auch als solches wechselt es Ebenen, um wirksam zu werden, und schafft
Verbindungen, indem es unentwegt seinen Bezug auf eine bestimmte Person ndert
und Ersetzung praktiziert, indem es den Platz der Produkte, die diese
jeweiligen Personen für es hergegeben haben, einnimmt. In seiner
Wiederholbarkeit und prsenten Singularitt ist das Geld wie das Wort. Wie das
Wort kann es an mehreren Orten zur selben Zeit sein. Jede Einheit (denomination – im Englischen vor allem für
den Nennwert einer Geldeinheit in Form von Münze oder Schein verwendet: $1, $5,
usw.; Anm. d. übers.) ist sowohl eine Sache als auch viele. Whrend ich diesen
Satz schreibe, hebe ich eine US-Münze auf, um wieder einmal die Wörter, die auf
sie gedruckt sind, zu lesen: E pluribus unum – aus Vielen Eines.
Symbolische Artefakte
Die übergnge, die zwischen unterschiedlichen
Ebenen bestehen, sind von Bedeutung. Wir könnten sie vielleicht als Stufen
sehen und unsere Traumstufen in den REM (Rapid Eye Movements) als Wechsel
zwischen Ebenen. Auch die Musik schafft einen Rhythmus von Wechseln, von
Betonungen, von In-den-Vordergrund- und In-den-Hintergrund-Rücken. Der
Taktstock des Dirigenten winkt und die Musik zeigt zurück. Der Index wird
leicht zu einem Zeichen seiner selbst. Im Dirigieren wird jedes Mal, wenn der
Finger oder Taktstock bewegt wird, ein Prototyp erzeugt, der einen neuen
Prototyp erzeugen kann.
Unsere Besuchenden von einem anderen Planeten
könnten Artefakte sammeln, um unsere Gesellschaft zu verstehen. Sie würden
Uhren finden, die mit zwei oder drei Indexen ausgestatte sind, die verschiedene
Zeiteinheiten anzeigen. Das zeigende Messer wird von den Fingern der Gabel
unterstützt, die gleichsam eine Hand bildet. Es gibt die Sense, die Heugabel
und die Hacke, alles Variationen desselben Themas. Im Teleskop und Mikroskop können
wir sogar durch den Index hindurch sehen. Alle phallischen Symbole entsprechen dem
Index und es ist schwierig zu sagen, was genau was ist. Zum Beispiel ist die Rute,
mit der das Kind geschlagen wird, ein phallischer übernehmer, der anzeigen
soll, was es tun darf und was nicht.
Es ist interessant, die Mechanismen
verschiedener Arten von Waffen als Verschiebungen der Geste des Zeigens zu
betrachten. Zum Beispiel dient im Falle des Bogens eine Hand metaphorisch als
Finger und zieht die Sehne zurück, um daraufhin den Pfeil als Index fliegen zu
lassen, der auf einen Prototyp in der Welt jenseits der Hnde abzielt und mit
ihm eine Verbindung eingeht ... indem er ihn penetriert bzw. tötet. (Die
Zielscheibe sieht mit ihrem Bull's Eye wie eine zweidimensionale Brust aus, die
"zurückzeigt".) Am Abdruck eines Gewehres zu drücken, bringt den Index zurück
in die Gruppe der anderen Finger und rückt diese in den Hintergrund, whrend es
einen anderen Index in den Vordergrund rückt, nmlich den Lauf des Gewehres, der
wiederum die Bedeutung des Index noch einmal verschiebt, nmlich auf die Kugel.
Im Zeigen whlen wir etwas in der Außenwelt als
besonderen Teil einer Gruppe aus. Die Finger können sowohl alle für sich
alleine als auch als Teil der Hand betrachtet werden. Um unsere Finger zu
zhlen, können wir entweder einen nach dem anderen aufheben oder mithilfe des
Index der anderen Hand auf einen nach dem anderen zeigen. (Siehe Graphik 31.)
Der übergang zur Gemeinschaft
Manchmal wird die Geste des Zeigens als etwas
gesehen, das vom Greifen kommt. Doch sehe ich das Greifen eher als Teil des
Schenkens und Empfangens. Wir können sowohl die Rolle der Schenkenden wie der
Empfangenden einnehmen, und das Objekt, auf das gezeigt wird, wird zu etwas,
das potentiell geschenkt und empfangen bzw. auf Wörter bezogen wird (die ihrerseits
geschenkt und empfangen werden). Wenn sich das Objekt, auf das gezeigt wird,
dann von seinem Hintergrund absetzt, werden seine Singularitt oder Pluralitt
relevant für die Geste der Schenkenden wie für den Griff der Empfangenden.
Die Geste des Zeigens bringt uns nicht direkt dazu, zu sehen, aber sie tut das
durch einen Analogieschluss: wir sehen, was die andere Person sieht durch diese
Person. Etwas wird in den Vordergrund gerückt, zugnglich gemacht und um einen
neuen Charakter, einen interpersonellen Wert, ergnzt. Zeigen identifiziert das
Objekt als für andere und uns selbst wertvoll – was auch ein Geschenk
ist, da wir in der Lage sind, es kreativ zu empfangen.
Zeigen ist ein Zeichen mit vielen Ebenen. Es
ist selbst bestrkend in seiner Fhigkeit, sich auf andere zu beziehen. Der
Zeigefinger ist sowohl eine Reprsentation wie ein aktiver Produzent von
Kategorien. Dies ist er als Prototyp, der andere Prototypen (Eine) anzeigt. Das
Zeigen mag manchmal als der ursprüngliche Moment und die ursprüngliche
Motivation des Geschenks erscheinen und die Illusion schaffen, dass das Geschenk
ein Resultat oder ein Ableger der Geste des Selbstausdrucks ist und nicht der
Motivation, die Bedürfnisse anderer zu befriedigen. Wir mögen glauben, dass die
Selbstbestrkung und ihre Produkte die Grundlage von Geschenken sind, die
existieren, um sie sich im Zuge dieser Selbstbestrkung anzueignen, anstatt dass
wir sie als die Resultate individueller oder kollektiver bedürfnisorientierter
Arbeit sehen würden. So schreiben wir dem selbst reflektierenden Moment und
Ebenenwechsel im Prozess der zeigenden Person Wert zu.
Das mit der Maskulisierung auftretende Problem
der falsch identifizierten Quelle durchdringt alle unsere zwischenmenschlichen
Beziehungen. Hier mag der Transfer von Aufmerksamkeit von einer Form in eine
andere, von der Ikone zur Aktion, von der Metapher zur Metonymie so erscheinen,
als würde er automatisch den Gebrauchswert von etwas für uns erhöhen. Das Steigern
des Gebrauchswerts kme dann daher, dass die Geste andere Gesten auf anderen
Ebenen bewirkt. In diesem Sinne ist das Zeigen sowohl dem Tausch als auch der
objektivierten Definition gleich, in denen es einen Transfer an Bedeutung oder
Wert von einem Begriff zu einem anderen ohne menschliche VermittlerInnen zu
geben scheint. Im Tausch und in der Definition wird ein materielles bzw.
kommunikatives Bedürfnis individuell befriedigt, indem Dinge angewandt werden,
die auch andere für diesen Zweck anwenden.
Gesten, Wörter und Geld als Kommunikationsmittel sind das Resultat von
Prozessen, die Einfluss auf andere nehmen und die Grundlage für weitere
Prozesse sind.
Die Selbsthnlichkeit unserer individuellen
Gesten wird bestrkt von der Gleichheit der Gesten anderer. Das Wechseln der
Formen des In-den-Vordergrund-Rückens, von der Ikone zum Index (die beide Strukturen
des Einen und der Vielen sind), wird von einem Wechsel von der Reprsentation
zur Einrichtung einer Kategoriebeziehung wiederholt, sowie von dem Wechsel von
der persönlichen auf die zwischenmenschliche Ebene, auf der auch andere sie
wiederholen. Das heißt, der Zeigefinger von einem selbst steht für und
gemeinsam mit den Zeigefingern aller anderen, die – vielleicht gemeinsam
mit allen Fingern, die nicht zeigen – als Viele in Bezug auf ein Eines
funktionieren. Das kann erkannt werden, wenn die Tatsache, dass andere zeigen,
auch erkannt wird. Alles andere, auf das als ein Thema gezeigt werden könnte,
ist auch potentiell auf das prsente Thema und den Finger bezogen. Die
Selbsthnlichkeit und der Wechsel mögen als die Quelle von neuem Wert
erscheinen, aber diesen Wert gibt es nur, da andere bereits zeigen und damit
individuell wie kollektiv Wert zuschreiben.
Selbsthnlichkeit mit dem Index wird auch in
dem seriellen Charakter der Wörter suggeriert, von denen jedes für einen Moment
im prsenten Vordergrund ist, um dann von einem anderen ersetzt zu werden, das
wieder von einem anderen ersetzt wird, usw. (Jeder geschriebene Satz endet mit
dem Zeiger des Punktes.) Jedes Wort befindet sich in einer exklusiven Eines-Viele-Beziehung
mit all den Wörtern, die es nicht ist. Es behlt somit seinen distinkten
Charakter im Satz, der auf seinem Gegensatz zu den anderen Wörtern beruht, die sich
gleichzeitig im Satz auch miteinander verbinden und einander schenken. Die
Beziehungen jenseits des Wortes sind den Beziehungen jenseits des Zeigefingers
hnlich. Andere können nach Lust und Laune die gleichen Wörter oder Gesten
verwenden. Wir zeigen auf etwas und andere können auch darauf zeigen. Wir sagen
etwas und andere können dasselbe Wort verwenden, auf das dieselben Dinge
bezogen sind.
Der Gemeinschaft formende Schenkweg besteht
nicht in erster Linie aus dem Wechsel von Ebenen, sondern aus dem Zunutzemachen
der Wechsel, der Ebenen, der Originale und/oder Ersetzungen für die gemeinsame
Befriedigung von Bedürfnissen. Dieser Ikone-Index-Mechanismus entspricht der
Kategoriestruktur, die sich auf einer anderen Ebene vollzieht. Auch das Ding,
auf das gezeigt wird, scheint dieselbe Struktur zu haben. Der Wert des
Prozesses kommt von seiner Beziehung zur Gemeinschaft. Da meist für andere gezeigt
wird, wird das individuelle Zeigen bedeutungsvoll. Es gehört zur Motivation des
Zeigens, andere in das eigene Schenken von Aufmerksamkeit (oder Wert), das auf
ein bestimmtes Ding gerichtet ist, mit einzubeziehen – wir können auch
sagen, dass wir unsere eigene Aufmerksamkeit kollektivieren.
Wie der Gebrauch eines Wortes schafft das
Zeigen eine Verbindung mit anderen in Bezug auf etwas. Wir befinden uns in
einem Zusammenhang: es gibt andere "da draußen", die zeigen und auf unsere
Gesten antworten können, die uns schenken und von uns empfangen können. Der
Kommunikationsprozess geht durch einen selbsthnlichen Moment und schafft ein
höheres Maß an Zusammenarbeit.
Kapitel 16>