Widersprüche des
Marktes
Ich habe mich immer
gefragt, wie Profit von "gleichem Tausch" kommen kann. Die Antwort, auf die ich
gekommen bin, ist die, dass der Profit von Geschenken kommt, die dem Tausch und
dem Markt zugetragen werden, und zwar von dort, wo kein Tausch herrscht. Diese
Geschenke bestehen zunchst aus dem Wert, den wir der Gleichheit zuschreiben
(im gleichen Sinne wie Mütter der Gleichheit der Söhne mit ihren Vtern Wert zuschreiben);
zweitens aus dem Wert, den wir der Ego-Orientiertheit und dem Tausch selbst zuschreiben;
drittens aus dem Versorgen der Arbeitenden; und viertens aus dem Geschenk der
Mehrarbeit an den Kapitalisten. Dazu gibt eine weitere Form "gleichen Tausches",
der von außen Wert zugeschrieben wird: derjenigen zwischen Arbeitenden und
Kapitalist. Die Arbeitenden akzeptieren, für einen Lohn zu arbeiten, aber nur,
weil sie sonst nicht überleben könnten. überstunde, Aufmerksamkeit, Arbeit und
Loyalitt sind Geschenke, die im Tausch für das Privileg gemacht werden, den Durchschnittslohn
für eine bestimmte Arbeit zu erhalten. In der Logik des Tausches ist es ein
Geschenk, in einer Mangelgesellschaft eine bezahlten Arbeit zu erhalten. Was
für dieses "Geschenk" getauscht wird, ist Sorge, Ehrlichkeit, Loyalitt, Expertise
und ein guter Sinn für Humor. (Wir können dies beinahe als einen reziproken
Tausch von Geschenken sehen – so wie es ihn in einigen prkapitalistischen
Gesellschaften gibt.) Whrend die Tauschakte innerhalb des Marktes in einem
gewissen Sinne gleich sein mögen, kommen ihnen auf einer anderen Ebene
unentwegt verborgene Geschenke zu: an sie, durch sie und um sie herum.
Marx' Mehrwert ist
der Wert der Arbeit, der über den Lohn, der den Arbeitenden bezahlt wird, damit
sie arbeiten, hinausgeht. Der Mehrwert ist ein Geschenk der Arbeitenden an die
Kapitalisten. Nachdem auch die geschenkte Arbeit der Ehefrau oder der Mutter
nicht in die Arbeit der Arbeitenden mit eingerechnet wird, fließt deren Wert ebenso
in den Mehrwert. Arbeiten, die nur wenige innehaben können, werden überbewertet,
und es fließen Geschenke an sie und an die, die sie innehaben, von denen, die das
nicht tun.
Tauschende schenken
dem Ursprung des Werts gewöhnlich keine Aufmerksamkeit, sondern nur der quantitativen
Akkumulation für zukünftige Produktion. Qualitative Vielfalt interessiert sie dabei
nicht. Dieses Verhalten wird legitimiert von den Spiegelhallen und von der
Selbsthnlichkeit all der gleichen Tauschakte, die sowohl auf dem Markt selbst stattfinden
als auch auf den verschiedenen Ebenen, die den Kontext eines jeden Tauschakts
konstituieren. Darüber hinaus erlaubt die Homogenitt bzw. der Ein-Wort-Charakter
des Geldes dem Markt, das qualitativ vielfltige Vokabular der Sprache mit der
quantitativen Hierarchie des Preises zu ersetzen.
Auf dem Markt ist die einzige Art, ein Geschenk zu benennen und es somit als
Wert zu erkennen (und anzuerkennen), es für Geld zu tauschen, was seinem Geschenkcharakter
widerspricht. So bleibt das Geschenk unsichtbar und ohne Wert.
Profit kommt zum
Teil davon, dass wir der Gleichheit schenken und sie höher bewerten als das
Bedürfnis. Wenn jemand am Tausch partizipiert, erhlt er/sie das Geschenk eines
Werts – diejenigen, die "nur" ein Bedürfnis haben, erhalten dieses nicht.
Jedes Mehr, das ansonsten vielleicht an die Person mit dem Bedürfnis gegangen
wre, bleibt damit frei und fließt als Geschenk in den Profit der Tauschenden.
Eine Person, die ein Bedürfnis hat, wird als ungleich angesehen, außer wenn sie
ein anderes Produkt oder Geld zum Tausch zur Verfügung hat. Als Tauschende
gleich zu sein, impliziert nur, dass die Menschen, die tauschen, für eine
Gruppe anderer Menschen, die gleich selbstzentriert und konkurrenzorientiert
sind, produziert und mit ihr getauscht haben. Ihre Gleichheit als AkteurInnen
und als Werte im Tauschprozess impliziert Tauschbarkeit – reziproke
Ersetzbarkeit. Gleichzeitig impliziert ihr Mangel an menschlichen Verbindungen soziale
Gleichgültigkeit.
Es gibt
Bedürfnisse, die vom Tauschprozess selbst kommen – wie es Bedürfnisse
gibt, die von der Maskulisierung kommen – und die von den Geschenken, die
diesem Prozess von außen gegeben werden, befriedigt werden müssen. Das Schenken
weicht dem Tauschen aus, das übernimmt. Das Schenken übertrgt sein eigenes
(verleugnetes) Wertpotential auf ihn und versorgt ihn, sowie die, die ihn
praktizieren. Wenn das Schenken mit dem Tausch konkurriert – etwa wenn es
ein Produkt im überfluss gibt (z.B. durch überproduktion) – gehen die Preise
nach unten. Wenn dies geschieht, kommt den Konsumierenden mehr Wert des
Produkts als Geschenk zu und die zukünftige Produktion für den Tausch ist in
Gefahr.
Der Markt ist
– so wie das maskulisierte Ego – eine psycho-sozial-linguistische
Erfindung, die auf Dekontextualisierung beruht. Wie das Ego bedarf es direkter
Wertzuschreibung (ohne Tausch) vom Schenken, whrend es gleichzeitig mit ihm
konkurriert und es beherrscht. Die Menschen, die an dieser artifiziellen
Erfindung partizipieren – mit einem anderen Wort: tauschen –
entwickeln ein Bedürfnis, mehr Wert zu erhalten als diejenigen, die sich
außerhalb des Marktes befinden. Sie wollen damit auch von diesen erhalten
werden.
Teil dieser
artifiziellen Praxis des Tausches ist auch das Schaffen einer Belohnung für
sich selbst (eines "Ansporns"), der in den Preisen der Produkte liegt. Der
Profit, den die Tauschenden erhalten, ist ein Geschenk, nicht nur von den Arbeitenden
(den Produzierenden des Mehrwerts) und von denjenigen, die diese Arbeitenden versorgen,
sondern auch von den Kaufenden nur limitiert vorhandener Güter. Das Geschenk
des Profits kommt also von unbekannten Orten bzw. von den unbekannten Vielen.
Mangel an Jobs und Mangel an Gütern spielen zusammen, um den Tausch hochzuhalten
und den Fluss der Geschenk hin zu den haves zu
sichern.
Verdienen ist eine
selbsthnliche Art, Wert zu schenken, nicht nur an die Tauschenden, sondern
auch an den Tausch selbst. Die, die für den Markt produzieren, verdienen eine Belohnung.
Tauschende erhalten den Wert, als gleiche KonkurrentInnen definiert zu werden, als
der gleichen Klasse angehörend. Sie werden als denen überlegen angesehen, die
keine Arbeit haben oder unanstellbar sind, denen, die nicht verkaufen oder kaufen
können. Die Gleichsetzung ihrer Produkte mit Geld scheint eine (wechselseitig
ausschließliche) Gleichheit zwischen ihnen zu implizieren – genauso wie
die Fhigkeit, dieselben Wörter für gleiche Dinge zu gebrauchen, eine
(zusammenführende) Gleichheit zwischen Kommunizierenden impliziert.
Wenn unsere
gemeinschaftlichen Selbst durch Sprache und materielles Schenken entwickelt
werden, dann muss der Tausch – die materielle Interaktion des
Nicht-Schenkens – als die Basis einer anderen Art von Selbst verstanden
werden. Materiell entwickelt diese Art einen Privatbesitzer, whrend sie
psychologisch ein Ego entwickelt, das dem Besitzen angepasst ist:
wettbewerbsorientiert, immer mehr haben wollend, darauf abzielend, das Definiendum
zu haben und/oder zu sein, danach
strebend, das maskulisierte, privilegierte Eine zu werden.
Diejenigen, deren
Ego an den Tausch angepasst ist, treten in die Klasse der selbstzentrierten
Vielen ein, von denen alle versuchen, privilegierte Eine zu werden. Der individuelle
Macho-Wettbewerb geht einher mit der Logik des Ersetzens, die das Schenken von
seinem Platz verdrngt, genauso wie die maskulisierten Nationen, Klassen, Rassen
oder Religionen den Platz derjenigen einnehmen, die von ihnen dazu gezwungen
werden, ihnen Wert und Güter zukommen zu lassen. Selbstzentrierte (und
Mann-zentrierte) Gruppen nehmen die Pltze von Gruppen ein, die auf Andere
ausgerichtet sind, und werden von diesen versorgt. Die Egos, die im Tausch
produziert werden, definieren ihre Verbreitung und die Verbreitung des
Marktsystems dann als "Zivilisation".
Die Definition als
Modell: Ein weiterer Dreh der selbsthnlichen Schraube
Geschlecht ist
etwas, das wir konstruieren und uns selbst auferlegen, und trotzdem wird es Kulturen
als biologisch und somit als unvernderbar prsentiert. Wir neigen dazu,
Geschlechterrollen als konstant zu sehen und individuelle Anpassungen als Variablen.
Individuelle Persönlichkeitsunterschiede werden in diesem Sinne als
Geschlechtsunterschiede interpretiert. Von einem aggressiven Mdchen heißt es,
"sie verhlt sich wie ein Bube", whrend sich ein unterwürfiger Bube "wie ein
Mdchen verhlt". Die Vorstellung, dass ein Charakteristikum von uns in unserer
Natur (Biologie) liegt, bringt uns dazu, tief in uns zu suchen, um es zu
finden. Wenn es aber in Wirklichkeit ein kulturelles Konstrukt ist, das wir
suchen, dann finden wir – zumindest am Anfang – nichts; wir müssen das,
was vermeintlich in uns ist, erst schaffen, gemß den Modellen und
Definitionen, die uns dafür prsentiert werden. Die Sprache spielt hier eine
wichtige Rolle. Kommen wir noch einmal darauf zurück, welche Rolle sie in der
Maskulisierung einnimmt:
Wir erkennen die
Bedeutung kultureller Faktoren für die Geschlechtsdefinition nicht, da die Form
der Definition im Inhalt des Geschlechts verheddert ist und seine Geschichte
von seiner gegenwrtigen Form verschleiert wird. Es sind komplexe und
verwirrende Faktoren, mit denen wir es hier zu tun haben. Die Geschlechtsdefinition
reproduziert die ersetzende Struktur der Definition sogar in ihrem Inhalt, wenn
nmlich "mnnlich" den Platz von "weiblich" einnimmt. Mnnliches Verhalten
strebt danach, die allgemeine, übernehmende Position des Definiendums zu
besetzen. Wir interpretieren dieses Verhalten als etwas, das auf das Wort
"mnnlich" bezogen ist, und leiten es zurück in die ursprüngliche Gleichung,
wobei wir eine soziale selbsthnliche Struktur produzieren. Vielleicht sind wir
uns dieser Meta-Ebene gar nicht bewusst, doch nachdem wir die Form der
Definition das bestimmen lassen, was für uns Geschlecht ist, leiten wir unser
Verstndnis des Geschlechts zurück in die Form der Definition.
Nachdem sie so
stark mit der Sprache verwoben sind, sind Geschlechternamen als solche nicht
wahrnehmbar und sehen wie alle andere Wörter aus. Diese Verdeckung trgt zu
ihrem Potential als self-fulfilling
prophecy bei. Aufgrund der Selbsthnlichkeit der
Geschlechtsbegriffe – mit ihren aggressiven und übernehmenden
Konnotationen im Falle der mnnlichen Begriffe bzw. mit ihren ausweichenden
Konnotationen im Fall der weiblichen – scheinen die Verhaltensanforderungen,
die sie implizieren, in den Begriffen selbst zu liegen. (Siehe Graphik 22.) Tatschlich
hngen sie jedoch von einem ußeren Kontext ab, der bereits seit Generationen
von ihnen beeinflusst wird. So wurde das Geschlechtsmodell des Vaters bereits
vom selbst erfüllenden Begriff "mnnlich" beeinflusst, bevor der Sohn diesen
als Modell annahm, und so weiter. Gleichzeitig reproduziert die Mutter nur den
Fehler, den ihre eigene Mutter bereits begangen hat, wenn sie ihre eigene Beispielrolle
für den Buben aufgibt, weil sie weiblich ist, und in diesem Moment zu einem Beispiels
des Aufgebens und Ausweichens für die Tochter wird.
Der Vater, der sich
allgemein auf das Wort "mnnlich" als den Prototyp seiner Kategorie bezieht,
nimmt innerhalb der Familie die Position des Prototyps (bzw. des Worts) selbst
ein. Gleichzeitig tritt das auf dieses mnnliche Wort bezogene "Ding" –
die Mutter – als Prototyp beiseite und wird zu einer der Vielen, deren
Position relativ zum Prototypen ist. Whrend die Tochter ihrem Beispiel folgt,
wird der Sohn bald in den Fußstapfen des Vaters wandeln. Die Analogie, die sich
hier zum Kategorieformationsprozess auftut, liegt vor allem in dem Moment, in
dem das Wort den Platz des Prototyps einnimmt, der dann selbst nicht lnger als
Vergleichspunkt notwendig ist, um die gemeinsame Qualitt der relativen Objekte
zu bestimmen.
Die Mutter gibt
also die Position des Prototypen auf und nimmt die Position eines Dings unter
vielen ein, die auf das Vater-Wort bezogen sind, das jetzt die Polaritt für
die entsprechende Kategorie aufrechterhlt. Die (selbst reflektierende) Prototypposition
des Vaters geht mit dem Wort einher, da er – wie das Wort das Ding
– die Mutter als Prototyp ersetzt. Diese Familienkonstellation entspricht
wieder der Struktur der Definition selbst. In dieser nimmt das Definiens die
Rolle der Mutter ein, da es anderen einen Dienst erweist und ausweicht, whrend
das Definiendum als ein permanentes quivalent und ein permanenter Ding-Ersatz die
Rolle des Vaters ein- und die Kontrolle in der Kategorie übernimmt. Der Vater
besitzt den Phallus, er besitzt die Mutter und er
ist der verkörperte Wort-Prototyp für die Kategorie des Buben (und vielleicht
der für alle Kategorien – zumindest mag es Kindern beider Geschlechter so
erscheinen). Noch einmal,
die Art und Weise, in der "mnnlich" den Platz von "weiblich" einnimmt (und
patriarchale Werte den von weiblichen), reproduziert die Art und Weise, in der
der Prozess des Tausches insgesamt den Platz des Schenkens einnimmt.
Frauen dienen und
treten zur Seite genauso wie die Schenkökonomie zur Seite tritt, whrend Mnner
sich in den Vordergrund drngen, im Mittelpunkt stehen und die Rolle des
quivalents übernehmen. Auch dieses Muster kann in der Definition wiedergefunden
werden. Wenn der Inhalt mnnlich ist, reflektiert das Definiendum zurück auf
das Definiens. Wenn der Inhalt weiblich ist, bleibt das Definiendum alleine
weiblich. Zum Beispiel tritt im Satz "Frauen sind das schwache Geschlecht" das
Definiens "das schwache Geschlecht" zur Seite (zeigt sich also als "schwach")
und "Frauen" übernimmt als das Definiendum. So spiegelt der Inhalt (Frauen als
Dinge oder Wesen, die ausweichen) die ausweichende übergangsfunktion des
Definiens wider. Die Dinge (Frauen), die auf das Definiendum bezogen sind,
haben in diesem Fall Charakteristika des Definiens. Gleichzeitig funktioniert der
Satz: "Mnner sind das starke Geschlecht", auf gegenteilige Weise. Hier wird den
übernehmenden Charakteristika des Definiendums entsprochen. Sie sind es, die
hier reproduziert werden, und die Dinge, die in diesem Fall auf das Definiendum
bezogen sind (also die Mnner), haben die Charakteristika des Definiendums. So
wird in der Definition von der Selbsthnlichkeit eine Brücke gebildet zwischen
den Ebenen des Inhalts und der Form. Keine der Ebenen mag an sich so sein, doch
werden sie sich gleich, wenn sie an der Funktion gemessen werden, die sie in
der sozialen Konstruktion des Geschlechts spielen. Nachdem die Definition in
maskulisiertem, übernehmenden Verhalten vergegenstndlicht wurde, entspricht
die Geschlechtsdefinition ihrem eigenen Bild heterosexuellen Verhaltens. Die
epistemologische Ebene, die gemß dem schenkenden und empfangenden Saatkorn
konstruiert wird, wird zwangslufig von unseren Definitionsweisen beeinflusst
und mit unseren kulturellen Fehlinterpretationen des Geschlechts infiziert.
Menschen werden künstlich in "mnnliche" und "weibliche" Rollen gezwungen, da
wir flschlicherweise unser körperlich Gegebenes so interpretieren, das
impliziert wird, dass wir drastisch unterschiedlichen Kategorien angehören,
beinahe unterschiedlichen Spezies. Indem er einige Schritte der Kategorisierung
wiederholt, schafft der Mann dann seinem Geschlecht einen künstlichen Inhalt, was
wiederum die linguistischen Mechanismen, mittels derer uns die Kategorisierung
auferlegt wurde, rückwirkend strkt. Frauen fördern die Reproduktion dieses
Musters, indem sie ihm dienen. Dies bedeutet auch, dass sie in es eintreten, da
es sich hier um ein asymmetrisches Muster von Fürsorge und
Kategorisierungsherrschaft handelt.
Der Weg des
Schenkens ist damit in eine Beziehung mit der Kategorisierung gesperrt, die ihm
feindlich gegenübersteht. Er weicht als mögliches Prinzip in unserem
Bewusstsein aus und wird von der Herrschaft verdrngt, die in einem
selbsthnlichen Schritt die Kontrolle übernimmt. Doch ergnzen sich die beiden
Prinzipien weiter, sowohl auf der Ebene der Objekte als auch auf der Meta-Ebene.
Die Benennung des Buben als mnnlich wird etwa in die menschlichen Beziehungen der
Gesellschaft projiziert, die diese Benennung besttigen. (Siehe Graphik 23.) So
wird jede Definition zu einem Ausdruck der sozialen Projektionen der
Geschlechtsdefinition und dem entsprechenden artifiziellen Heterosexismus. Die
Geschlechtsdefinition wird durch unser Sprechen, sowie durch unsere Fhigkeit,
uns selbst und andere zu definieren, stndig in unser individuelles Bewusstsein
zurückprojiziert. Damit wird die Definition selbst zur Norm und wertet nicht
nur den Dienst ihres eigenen weiblichen Definiens ab, sondern die Bedeutung und
sogar des Existenzrecht derer, die nicht ihren heterosexuellen Mustern
entsprechen.
Zum Beispiel haben
reaktionre Vorurteile einen selbst besttigenden Aspekt, da die heterosexuelle
Form der Definition (und des Benennens) bestehende Herrschaftsnormen besttigt
und diejenigen abwertet, die ausweichen und definiert werden. Dies zeigt sich
überall: von den Wörtern, mit denen Jungen Mdchen dominieren ("Schlampe",
"Hure") bis zu den Urteilen, die Frauen von Vorgesetzten, Ehemnnern oder
anderen Autoritten erfahren ("inkompetent", "dumm"). überall werden Frauen gezwungen,
dem übernehmenden Definiendum auszuweichen, wenn es vom maskulisierten Mann
ausgesprochen wird, dem sie dienen.
Sexuelle, ethnische,
ideologische, religiöse oder behindertenfeindliche Abwertungen führen oft genug
auch zu physischer Gewalt. Die Definierenden übernehmen und die Definierten weichen
aus. Oder anders gesagt: Die übernehmenden Definierenden sind zum Definiendum
geworden, whrend die Definierten zum Definiens oder zum Ding, das ausweicht,
geworden sind.
Wir erkennen die
Heterosexualisierung der Definition zum Teil deshalb nicht, weil wir ihr einen
Prototypen gegeben haben, der uns erlaubt, ihre Geschlechtsfunktion zu
ignorieren. Dieser Prototyp ist die abstrakte Gleichung, die die Form oder das
"Wesen" der Definition selbst zu sein scheint. Das Verwenden alphabetischer Variablen
(A = B) ersetzt Wörter oder Werte mit inhaltsleeren Platzhaltern. Diese haben
keine Allgemeinheit (im Gegensatz zu Wortgeschenken, deren Allgemeinheit in
ihrer Konstruktion als Ersatzprototypen impliziert ist), sondern scheinen
stattdessen in ihrer Inhaltsleere reziproke Ersetzbarkeit zu implizieren: wenn
A = B ist, dann ist B = A.
Darüber hinaus kann die Gleichung auch einfach als eine kompliziertere Version
der (absolut reziproken) Tautologie A = A gesehen werden. Die Gleichung, die
eine simplifizierte und abstrakte Imitation der Definition ist, als den Prototyp
aller Definitionen zu nehmen bzw. als deren Modell oder Form, erlaubt es uns,
das übernehmen und Ausweichen, die sich eigentlich in der heterosexualisierten
Definition ausdrücken, als belanglos zu vernachlssigen.
Tatschlich kommt
es soweit, dass die reziproke, neutrale (sollen wir sagen: "sterile"?)
Gleichung vollstndig den Platz der Definition einnimmt, und zwar auf ziemlich
gleiche Weise, auf die der monetre Tausch den Platz des direkten Tausches oder
des Schenkens, ja sogar den der Leibeigenschaft einnimmt. In Folge schenken wir
diesem Bild von Neutralitt und Gleichheit Wert, und die Prozesse des
übernehmens, Schenkens und Ausweichens beginnen von Neuem. Es wir nur jenen
Produkten auf dem Markt vergleichbarer Wert zugeschrieben, die (wie
maskulisierte Mnner im Old Boys Network) bereits
zur mit Wert ausgestatteten Kategorie gehören. Relevant ist nur die Quantitt des
Werts. Es sind ausschließlich Dinge von Interesse, die bereits als tauschbar
angesehen werden. Obwohl der Vergleich zwischen einem Produkt und seinem Preis
neutral erscheint, wird das Geld zum vergegenstndlichten Definiendum, das
physisch übernimmt, whrend das Produkt physisch ausweicht. Gleichzeitig nimmt
der gesamte Prozess des monetren Tausches den Platz des Schenkens ein.
Das Zurückwirken
der heterosexualisierten Form der Definition auf die Definition selbst
produziert selbsthnliche patriarchale Bilder auf verschiedenen sozialen
Ebenen. Die unterlegene Position der Frau (wie die des Definiens) dient dabei
der Form der Definition: da diese Position nicht wahrgenommen wird, kann sich
die Definition wieder rücklufig auf sie beziehen (und sie dabei auslöschen).
Gleichzeitig schreibt die verleugnete Schenkaktivitt, die von dieser Position
kommt, der Form der Definition und der Gleichung Wert zu und weicht ihr als dem
Modell für menschliche Beziehungen aus. Eine Multiplizierung der selbsthnlichen
Bilder ist die Folge. Frauen, die unteren Klassen, die Vielen, die Kinder, die
Vergangenheit, die Zukunft – alles außer der Gegenwart und den beschenkten
und dominanten Mnnern selbst – spielen die Rolle des Definiens für das
Definiendum dieser Mnner. Auf einer makroskopischen Ebene werden diese
Beziehungen zwischen Nationen reproduziert: einige herrschen – und viele
andere dienen. Zum Beispiel dominieren die USA die Nationen in ihrem
Einflussbereich, die ihrerseits ausweichen und somit die kulturelle wie
ökonomische Hegemonie der USA strken. Diese Beziehungen (die verdeckte
Schenkbeziehungen der Vielen an die Einen sind) sind der Mehrheit der Menschen
in den USA nicht bewusst.
Selbsthnliches vs.
auf Andere ausgerichtetes Selbstverstndnis
Die Definition
(gemeinsam mit ihrem sterilen Spiegel: der Gleichung) manifestiert sich in uns
in Form unseres Egos. Das Ego ersetzt zunchst das auf Andere ausgerichtete
Schenken und schenkt sich selbst Wert, bevor es auch andere dazu bringt, ihm Wert
zu schenken, da es (wie jede Definition) Wert benötigt, der ihm von außen
geschenkt wird, um sich behaupten zu können.
Auf der Mikroebene
des Marktes gibt es in jedem Tausch einen Wechsel nach oben. Dieser nimmt den
Platz des Schenkens ein. Jeder Tausch – mit seiner Wertgleichung, der
sich über das Schenken legt – funktioniert auf eine Weise, die auch der
Makroebene des Marktes entspricht, auf der das Schenken als Verteilungsweise
ersetzt wird. Die Mikro- und Makro-Ebenen besttigen sich also gegenseitig. (Gleichheit
wirkt immer als Besttigung.) Gleichzeitig kommt dem Markt, der aus unzhligen
Geschenken besteht, als übernehmender Totalitt aber auch viel Wert von außen
zu. Jedem Tauschakt wird somit mehr Wert zugeschrieben als dem Schenken. Auf
hnliche Weise entspricht im Denken des maskulisierten Egos die Mikroebene der
Gleichung und Definition in ihrer Struktur der Makroebene der selbstzentrierten
und selbsthnlichen mnnlichen Identitt, die übernimmt.
Die Inkarnationen
des Wortes und der Definition im Tausch und den Hierarchien, sowie in
kommerziellen Unternehmen und sozialen, religiösen und politischen
Institutionen, stellen Makroebenen dar, die wiederum die Mikroebenen des
maskulisierten Egos und die Form der (heterosexualisierten) Definition (bzw.
der ihr entsprechenden Urteile) besttigen. Diese Institutionen schaffen auch
Nischen für maskulisierte Egos, um deren soziale Erwartungen auszuleben und
Herrschaftsketten zu schaffen. Wir haben also selbsthnliche soziale Strukturen
auf verschiedenen Ebenen geschaffen, auf denen sie sich widerspiegeln und
gegenseitig besttigen können. Die Struktur der Definition und der
Maskulisierung wiederholt sich damit immer und immer wieder und legitimiert die
Herrschaft der Gleichheit über die Differenz bzw. der normierten Strukturen des
Einen und der Vielen über schenkende und bedürfnisorientierte Zusammenhnge.
Nachdem dem
Schenken selbst keine erklrende Kapazitt zugestanden wird, werden
Aktivitten, die auf ihm beruhen (so wie die Zuschreibung von Wert), von "wertgeschtzten"
Professoren als etwas erklrt, das von den Kategorien kommt, von den Systemen
sich wechselseitig ausschließlicher Elemente, von Hierarchien marginaler
Wahlmöglichkeiten im Mangel oder von psychologischen oder physiologischen
Prozessen sui generis – manchmal bleiben sie aber
einfach auch unerklrbare Geheimnisse.
Unsere Gesellschaft ist in einem Spiegelsaal gefangen und diese Spiegel finden
sich nicht nur in unseren Handtaschen, sondern auch in unseren Köpfen und
Organisationen.
Das auf Andere
ausgerichtete Selbst des Schenkens ist nicht davon abhngig, zu denken, um zu
sein, da die Praktizierenden in dem Moment eine soziale Identitt formen, in
dem sie die Bedürfnisse anderer befriedigen bzw. ihre eigenen Bedürfnisse von anderen
befriedigt werden. Wahrscheinlich rührt auch vieles an der maskulisierten
Identitt daher, am unanerkannten Schenken und Empfangen zu partizipieren.
Dennoch wird die Identitt formende Kapazitt alleine dem Denken zugeschrieben,
der quivalenz, den Spiegeln und dem "Sich-Selbst-Finden", und es wird nicht
beachtet, dass sich die Identitt der Schenkenden und Empfangenden in ihrer
Praxis des materiellen Schenkens selbst schafft – und nicht durch das ausschließliche
(oder zumindest überwiegende) Praktizieren seiner Entsprechung in der Sprache
wie im Denken.
Nachdem die
Bedürfnisse derjenigen, die ihre Identitt vom Denken erhalten, von den
Schenkenden befriedigt werden, werden sie (meist, aber nicht notwendigerweise,
sind es Mnner) von diesen auch als diejenigen besttigt, die die Befriedigung
ihrer Bedürfnisse durch andere "verdienen". Wenn Einzelne unter ihnen eine
besonders hohe soziale Position erlangen, kann es sein, dass das Schenken
derer, die sie versorgen, als ein Schenken an die Gesellschaft insgesamt
interpretiert wird, das transitiv durch die privilegierte Person luft. (Dies
kann generell für Personen gelten, die im Rahmen von Hierarchien diejenigen in
höheren Positionen beschenken.)
Frauen versorgen
Mnner ebenso wie deren Spiegelbilder. Aber eher als an alle Spiegel zu
verteilen, müssen wir die Spiegel abmontieren und konkreten Einzelnen schenken,
und zwar allen. Wir müssen unser Schenken auf die Lösung der sozialen Probleme richten,
die die Mnner geschaffen haben. Wir Frauen müssen uns dabei dieser Probleme
und ihrer Lösungen selbst annehmen und dürfen die Autoritt nicht an maskulisierte,
selbstzentrierte Mnner abtreten. Wir müssen uns um die Gesellschaft als Ganze
kümmern und das Schenkmodell auf eine allgemeine Ebene ausdehnen – es
muss allen zugute kommen! Neben dem Praktizieren schenkender Fürsorge in
unserem persönlichen Leben und seiner Ausdehnung auf die Lösung allgemeiner sozialer
Probleme (was z.B. dadurch geschieht, dass wir Geld, Zeit und Vorstellungskraft
einsetzen, um allgemeine soziale, ökonomische, pazifistische und ökologische
Bedürfnisse zu befriedigen) müssen wir dabei wirklich einen Paradigmenwechsel
vorantreiben, um das Schenkmodell wieder zum leitenden Prinzip für uns alle
(Frauen wie Mnner) zu machen.
Denken und Sein
"Ich denke, also
bin ich" sind die Worte des Tauschenden als privilegierten Besitzerprototyps.
Descartes' Cogito verleugnete die Wichtigkeit der Existenz anderer, der Mutter,
der Gesellschaft und der Natur für die Existenz des Individuums. Descartes nahm
die Position eines radikalen Skeptizismus ein – er akzeptierte nichts als
gegeben (geschenkt). Sein erster Schritt war, sich vom Schenken und Empfangen
zu dekontextualisieren und nach der unanzweifelbaren Grundlage seines Seins zu
suchen. Da die Disqualifikation des Auf-Andere-Ausgerichtet-Seins dem
Tauschenden nicht erlaubt, die Besttigung seiner Existenz in der Befriedigung
der Bedürfnisse anderer bzw. in deren Existenz und Wohlergehen zu finden, muss
er seinen Ursprung in seinem eigenen Spiegelbild suchen. Der fehlende Dank der
Beschenkten den Schenkenden gegenüber resultiert auch in dem Verkennen anderer
als des Ursprungs unser selbst.
Es gibt einen
selbsthnlichen Aspekt in diesem Prozess, der die Formation des Egos
beeinflusst, und insbesondere die Formation des maskulisierten Egos im Cogito.
Wie im Tausch gibt es hier einen Wechsel zur Logik des Ersetzens, die den Platz
der Logik des Schenkens einnimmt. Ein Aspekt der Logik des Ersetzens, nmlich
"das Denken", wird dann dazu verwendet, den Gebrauch des Verbs "sein" ("ich bin")
zu legitimieren. Gleichzeitig findet ein Wechsel von Diskurs zu Definition und
Selbstdefinition statt, wobei kontingente kommunikative Bedürfnisse beiseite
gelassen werden. Da es dekontextualisiert wird (oder sich selbst
dekontextualisiert) muss das Ego gewöhnlich weiterhin besttigt und mit
besonderem Wert ausgestattet werden, um existieren zu können. Descartes schuf
eine interne Besttigung des Egos, indem er auf seine Selbsthnlichkeit verwies.
Das Cogito folgt der Gleichung und der Selbsthnlichkeit des Tausches und
schreibt der Gleichheit (sogar der Tautologie) und der logischen Folgerung mehr
Wert zu als dem Bedürfnis. Die Gleichheit von Denken und Sein kommt tatschlich
von derselben Quelle: einer Sprache, die das Schenken verleugnet.
Welch Unterschied zu einem Verstndnis des Selbst, das auf Beziehungen mit anderen
beruht!
Descartes' Geschenk
an das Patriarchat war die Befriedigung des kommunikativen Bedürfnisses des Egos
nach einem logischen Beweis für seine Existenz. Dieses Bedürfnis kommt von der
Verleugnung des Schenkens und des Empfangens, der Aktivitten, die menschliche
Existenz an sich materiell schaffen und besttigen. Selbsthnlichkeit im Denken
konstruiert eine Norm, eine Art Spiegel, der alles abzudecken versteht, auf den
wir uns stndig beziehen können und der uns ein Selbst reflektiert, das sein Produkt
ist. Dieses Selbst ist wie ein Echo in einer Funkleitung, das wir mit einer
Nachricht aus dem Universum verwechseln und als Besttigung unserer Kommunikationsstrukturen
und unseres Selbstverstndnisses interpretieren – sie scheint der Beweis
zu sein, dass die Quelle des Selbst tatschlich nichts anderes als das Selbst selber
ist. Wie in der mnnlichen Kategorie, in der der Prototyp-Mann auf das Wort
"mnnlich" bezogen ist, ist "Ich denke, also bin ich" selbsthnlich und selbstbezogen.
Descartes setzte Denken mit Definieren gleich und die Definition wurde
daraufhin selbst zur tautologischen Besttigung ("Ich bin ich") des "Ich denke,
also bin ich". Die Quelle der Definition wird ein "übernehmer": Descartes
selbst.
Das definitorische
Denken, das in der Gleichung reflektiert wird, wird das Kennzeichen des Einen,
der das Beispiel für die Kategorie der Existenz ist. Beide sind überbewertet,
wie der Tausch. Wie der Phallus, das selbsthnliche Kennzeichen, das Mnner in
die privilegierte Kategorie rückt, rückt die Art des Denkens, die Descartes mit
seiner unsterblichen Aussage demonstriert, diejenigen, die es praktizieren, in
eine privilegierte Kategorie als "Existierende". Das cartesianische Denken
nimmt somit den Platz des Schenkens als Erklrung des Seins ein. Definitorisches
Denken und das Verb "sein" funktionieren beide über Ersetzungen. "Sein" macht außerdem
das Denken (die Akte der Ersetzung, die auf ein Wort bezogen sind) prsent. Das
Denken wird dann als definitorisch, vergleichend und logisch folgernd definiert
("wenn A, dann B"). Das Schenken spielt keine Rolle mehr.
Aber das "Sein" von
etwas bedeutet nur, dass es sozial wertvoll genug ist, um (für andere) auf
Wörter bezogen zu werden, durch einen Akt, der vom Verb "sein" ersetzt werden
kann. Damit ist das Denken eine sozial wertvolle Aktivitt und das soziale
Subjekt, das denkt, "ist" – besonders wenn es ihm gelingt, das Denken (für
andere) wertvoll zu machen. Wenn Descartes sagt, dass er denkt, dann rückt er
ein eigentlich allgemeines Charakteristika des Denkens in den Vordergrund, das
er dann ausschließlich mit sich selbst identifiziert. "Ich denke" ist selbstbezogen
und scheint evident, weil es selbsthnlich ist – wir nennen die Aktivitt,
die sich in Phrasen wie "ich denke", "ich bin" oder "ich denke, also bin ich"
ausdrückt, "denken". Es gibt einen Wechsel hin zur Ersetzung im Satz selbst, so
wie es ihn das Verb "sein" bereits vorgenommen hat. Descartes gelingt es, die Bedürfnisse
anderer nach einer Existenzbesttigung ihres Egos zu befriedigen, wenn sie sein
Buch lesen. Was für ein "Geschenk"!
Natürlich war
Descartes nie wirklich alleine, egal wie sehr er sich selbst dekontextualisierte.
Das Denken musste bereits für andere wertvoll gewesen sein, sonst htte es gar
keinen Namen gehabt. Wie die Wörter ist also auch das Denken selbst Beweis der
Existenz anderer und des Kontexts, in dem die (angeblich dekontextualisierten)
Denkenden denken. Der Wert des Denkens rührt daher, dass er ihm in der Vergangenheit
von den Vielen zugeschrieben wurde.
Wert wird Denkenden
aber auch in der Gegenwart zugeschrieben, nicht nur von ihnen selbst, sondern
von allen, die sie sowohl als Mitglied der Gemeinschaft versorgen als auch
individuell als Person, die sie kennen. Die Formel scheint zu sein: fasse das
Denken als die zentrale Qualitt (die sensorische Invariante?) des Dings auf,
das der Prototyp ist; behaupte, dass du denkst; setze dich damit mit dem
Prototyp gleich; lass dich vom Prototyp ersetzen; lass dich von den Wörtern
ersetzen, die den Prototyp ersetzen; lass alle deine Handlungen vom Verb "sein"
ersetzen – und damit existieren deine Handlungen, und damit existierst
du. Wiederum ist es ein "Haben", das uns unsere Existenz "verdienen" lsst. In
diesem Sinne "entsprechen wir der Existenz". Vielleicht sollte es um eine
anti-cartesianische Linguistik gehen. Denn alles, was Descartes tut, ist "Sein"
als "Denken" neu zu schreiben und (wie Chomsky und die vielen anderen DenkerInnen,
die die Maskulisierung auf die falsche Bahn gebracht hat) alle Aufmerksamkeit
auf diesen Prozess des Umschreibens (Umbenennens) zu richten.
Das Sein ist
mnnlich
Aufnahme in die
privilegierte Kategorie ist eine Voraussetzung, um eines Tages vielleicht
selbst zu ihrer Norm werden zu können. Für Buben bedeutet dies, eines Tages möglicherweise
ein Mann, ein Vater zu werden, ein Prototyp für die Familie und den Menschen
überhaupt. Sowohl für Buben als auch für Mdchen mag es heute bedeuten, eines
Tages eine Spitzenposition in einem Beruf zu erreichen. Ein Mitglied der
privilegierten Kategorie zu sein, schafft ein Bedürfnis danach, sich in ihr zu
behaupten, die privilegierte Definition zu "verdienen". Für Buben (und andere Tauschende)
beinhaltet dies das Bedürfnis, eine maskulisierte (Tausch)Identitt zu
konstruieren, die auf dem Prinzip des übernehmens bzw. auf der Aufgabe der
Mutter und des Schenkens beruht.
Das Geschenk, das
der Bube (oder der Tauschende) aufgibt, ist seine "weibliche" (tatschlich
menschliche) fürsorgliche Identitt. Als Konsequenz wird er von anderen
besttigt (zumindest ökonomisch) und mit dem Selbstvertrauen belohnt, das denen
zusteht, die der maskulisierten Norm entsprechen und im maskulisierten System erfolgreich
sind. Diese Erfolgreichen scheinen mehr zu existieren bzw. ihre Existenz mehr zu
verdienen als die Nicht-Erfolgreichen. Wir nehmen das Tauschprinzip an, genauso
wie wir alle zu einem früheren Zeitpunkt die Sprache angenommen haben oder wie die
Buben die mnnliche Identitt annehmen. Wir erklren uns das damit, dass dies
"einfach so ist, wie es ist".
Wir haben oben davon
gesprochen, dass das Verb "sein" die Ersetzungsakte in der Definition ersetzt
und das Sein in gewisser Form mit der Maskulisierung und dem Wechsel hin zum
Tausch gleichsetzt. Is wird $ gleich. Die Existenz
der Mnner scheint jener der Frauen überlegen, so wie diejenige mancher Klassen
und Rassen derjenigen anderer überlegen scheint. Wenn wir die Vorstellung des
Verdienens hinzufügen, können wir sehen, wie die verschiedenen Wechsel zu einer
"höheren" Ebene alle die vermeintliche überlegenheit der reichen weißen Mnner
besttigen, die es zu verdienen scheinen, mehr als andere zu existieren.
Indem sie die Rolle
des Definiendums in der Tautologie ("ich bin ich", oder: "ich bin ein denkendes
Wesen") einnehmen, ersetzen Mnner den Ersetzungsakt hier auf die gleiche
Weise, auf die das Verb "sein" den Ersetzungsakt in der Definition ersetzt. "Sein"
scheint "mnnlich sein" zu implizieren, und die Maskulisiertesten (oder am
öftesten Maskulisierten) nehmen den Platz anderer ein und verdienen es, mehr
als sie zu existieren. Dies kann deshalb geschehen, da hier das Sein, wie die
Maskulisierung, mit der Ersetzung und dem Tausch verbunden ist.
Die maskulisierten
Egos sind Kategorisierende, die sich selbst zu den Prototypen der Kategorien
machen und sowohl vom Verb "sein" besttigt werden als auch vom Geld (so
verwenden sie etwa "selbstverstndlicher Weise" Geld, um ihre eigene Existenz zu
sichern). Dies hat eine gewisse Logik. Denn wie könnten sie verdienen,
Kategorisierende zu sein, wenn sie nicht zu existieren verdienen?
Die Frauen, sowie
die Klassen, Rassen oder sexuellen Minderheiten, die dazu gebracht wurden zu
glauben, dass sie ihre Existenz nicht verdienen (dass sie nicht "gut genug"
sind), müssen ihre eigene Existenz darüber legitimieren, dass sie diejenigen,
die ihre Existenz angeblich verdienen, versorgen und ihnen dienen. (Dies gilt
auch für alle Einzelnen, die – aus welchen Gründen auch immer – von
denen, die die Definitionsmacht haben bzw. von den "Verdienenden" in die
Kategorie der "Unverdienenden" verwiesen wurden.) "Existenz" wird somit
schlicht und einfach zu einer weiteren privilegierten Kategorie.
Reprsentierte
Existenz
Der Tausch rückt
Menschen und Dinge in eine spezielle Kategorie, die ihren Wert von außen
erhlt. In ihrer Rolle, dieser Kategorie Wert zu schenken, verdienen auch die
Vielen, da sie zu einem gewissen Grad an der privilegierten Kategorie Anteil
haben aufgrund der Verdienenden, die von ihnen gepflegt werden und sie
gewissermaßen in dieser Kategorie reprsentieren. Indem wir dem System Wert
schenken und einer anderen Person helfen, in ihm erfolgreich zu sein, machen
wir uns also zum Teil einer transitiven Kette, sodass durch die Tauschenden,
die wir versorgen, Güter auch zu uns fließen. Dies ist zum Beispiel so im Falle
"arbeitslose" Ehefrauen, die die Krümel des Tausches erhalten. Paradoxerweise
lsst die Tatsache, dass manche Güter auf diese Weise zu uns gelangen, es so
erscheinen, als wre der Tausch tatschlich die Quelle der Geschenke und der
große Fürsorgende.
Dies ist ein Grund,
warum Frauen damit fortfahren, den Tausch und die Tauschenden mit ihrer Treue
und Liebe zu unterstützen – und natürlich mit ihrer nicht-monetarisierten
Arbeit: das Modell der Maskulisierung erscheint attraktiver und verdienender
als das Modell der Mütterlichkeit und so versorgen wir es. In der Pubertt
verleihen wir dem maskulisierten Modell mehr Wert als dem mütterlichen. Viele
Töchter verlassen ihre Mütter (zumindest im Geiste), weil sie glauben, dass die
Maskulisierung menschlich ist und es ihre Pflicht ist, jemanden in dieser
Kategorie zu versorgen oder jemand in dieser Kategorie zu werden –
jemand, der "beitrgt", und der daher verdient zu existieren und versorgt zu
werden.
Die Person, der es
nicht gelingt, sich ihre Existenz auf diese Weise zu verdienen, bleibt gewissermaßen
eine Nicht-Person. Ihr fehlendes Selbstbewusstsein beruht auf der Besetzung der
Existenz durch erfolgreiche maskulisierte Frauen und Mnner und deren HelferInnen.
Sowohl das "Verdienen" als auch das "Existieren" bringen die Ersetzung des Schenkens
durch die Maskulisierung und den Tausch mit sich. Wollen wir existieren, so
müssen wir entweder Teil der privilegierten Kategorie werden und das Schenken
aufgeben, oder wir müssen diejenigen pflegen, die Teil dieser Kategorie sind.
Ausgeglichenheit
Es mag für Frauen
so aussehen, als könnten sie Arbeit und Familie ausgleichen, das heißt, weiter
für ihre Ehemnner sorgen, whrend sie gleichzeitig in der Tauschökonomie
arbeiten. Ein solcher Ausgleich besttigt jedoch die Maskulisierung. Indem wir
dem Schenken und dem Tausch gleichen Wert zuschreiben, negieren wir die
Kreativitt und die Fruchtbarkeit des Schenkens und beschrnken es auf einen
Vergleich, der den Prinzipien des Tausches folgt, die Möglichkeiten des Schenkens
als Modell auslöscht und dabei den Schenkenden ihre Energie raubt. Wir
besttigen den Tausch, indem wir seine Prinzipien verwenden, um das Schenken zu
regulieren.
Mnner werden
manchmal dazu ermutigend, "das Weibliche wiederzuentdecken" oder die negativen
Extreme der Maskulisierung auszugleichen. Dabei ist jedoch nie davon die Rede, vom
Tausch- zum Schenkprinzip zu wechseln. Es handelt sich um reinen Reformismus.
Wie die Politik der Wohlttigkeit, machen solche Unternehmen das Patriarchat
höchstens für manche ein wenig lebbarer. Besonders die Forderung nach einer
"Ausgeglichenheit" hören wir oft. Privilegierte Gruppen "gleichen ihre
mnnlichen und weiblichen Seiten aus", whrend ihr Leben auf der Ausbeutung des
maskulisierten ökonomischen und ideologischen Systems beruht, in dem wir leben,
und das die Vielen ihnen gegenüber in eine Position des Schenkens zwingt.
Gleichungen werden überbewertet und Bedürfnisse ignoriert. Die "goldene Mitte" ist
nichts anderes als eine Quantifizierung der Fürsorge und ein Ausgleich zwischen
ihr und der Nicht-Fürsorge. Sie tut niemandem etwas Gutes.
Alles, was sie tut, ist, privilegierten Gruppen zu erlauben, zufriedener zu
sein. Kein einziges unserer wirklichen Probleme wird dadurch gelöst.
Das Modell des
Ausgleichs diskreditiert den originellen und kreativen Aspekt des Schenkens und
Empfangens genauso wie dies das Modell der Maskulisierung im Allgemeinen tut.
Es bringt gleichzeitig alles durcheinander, indem es das Weibliche in den mnnlichen
Standard einschließt und uns davon abhlt, die Bedürfnisse zu erkennen, die
danach schreien, befriedigt zu werden. Zu diesen Bedürfnissen zhlt zuallererst
ein Meta-Bedürfnis, weiter als bis zu einem bloßen Ausgleich zu gelangen, um
wirklich die Bedürfnisse aller befriedigen zu können. Aber natürlich gilt dies
nicht als "ausgeglichene Sichtweise". Die Prinzipien der Maskulisierung und der
Mütterlichkeit kmpfen stattdessen miteinander und schaffen eine absurde
Situation: wir werden zu Personen, die von einem Fuß auf den anderen treten und
nie unausgeglichen genug werden, um einen Schritt nach vorne tun zu können
– oder nach oben auf eine wirkliche Meta-Ebene. Ja wir können noch nicht
einmal einen Fuß absetzen, um einen Schritt wenigstens irgendwohin tun zu
können, um die Zerstörung des Planeten aufzuhalten.
Alle nehmen das
maskulisierte Modell an. Töchter bewundern ihre Vter und Freunde, whrend sie
die Mutter als selbstverstndlich erachten. Mütter verleihen ihren Söhnen und
Ehemnnern extremen Wert, whrend sie ihren eigenes Schenken sowohl für sich
selbst als auch für ihre Töchter abwerten. Die Töchter werden spter oft genau
dasselbe tun. Der Feminismus vermag dies zu einem gewissen Grad zu ndern und dem
fürsorglichen Denken und Handeln von Frauen wird in Gedichten und Geschichten
– und zunehmend auch in soziologischen Studien – Tribut gezollt,
aber wir schreiben ihm nach wie vor nicht den Wert zu, den wir dem Tausch und
dem maskulisierten Denken und Handeln zuschreiben.
Am Anfang unserer
Spezies steht die Fürsorge und nicht der Wettbewerb oder die Hierarchie oder das
überleben des Strkeren. Mütter garantieren, dass die Allerschwchsten der
menschlichen Gemeinschaften überleben: die Neugeborenen. Doch sind wir alle in
vielerlei Hinsicht schwach: unsere weiche Haut, unser sensibler Magen, unsere
kurzen Zhne oder unsere unterschiedlichen Ernhrungsweisen machen uns alle Tiere
mit vielen Bedürfnissen, die von den Geschenken anderer befriedigt werden müssen
– und können. Unsere Anpassungsfhigkeit erlaubt uns dabei eine
Vermehrung und Spezifizierung von Bedürfnissen und Begierden. (So kann ich etwa
nicht nur auf irgendetwas Essbares Lust haben, wenn ich hungrig bin, sondern ich
mag mir ganz spezifisch tamales wünschen, und zwar
genauso wie sie im Süden Texas gemacht werden, obwohl ich sie noch nicht einmal
selber zubereiten kann. Mein Bedürfnis – oder meine Begierde – ist
spezifisch und beruht auf meiner persönlichen Geschichte.)
Der Prozess,
Bedürfnisse zu identifizieren und zu befriedigen – whrend dem wir uns
eine große Menge an kulturell spezifischen Variationen von Gütern und Diensten
aneignen, mit denen Bedürfnisse und Begierden befriedigt werden können – ist
die Basis menschlicher Gemeinschaftsbildung. Dem Schenken mehr Wert zu geben (bzw.
in diesem Fall dem Weiterreichen von Kultur), wird uns erlauben, einen allgemeinen
Wert zu etablieren, der nicht dort verortet ist, wo wir ihn heute finden. Es
wird uns möglich sein, Wert jenseits des Geldes und der sozialen Strukturen des
Einen und der Vielen zu sehen, in denen das künstliche Bedürfnis nach dem
Tausch verallgemeinert wurde und dem Tausch damit einen allgemeinen Wert
zuspricht, dem nur der von Staatsoberhuptern gleichkommt (deren Bilder dem
Tausch und seinem Mittel – dem Geld – bezeichnenderweise
aufgedruckt sind).
Das Schaffen des
Mangels durch die Verdienenden
Der Tausch macht es
schwierig für uns, Bedürfnisse anderer zu befriedigen, da er unser eigenes
überleben davon abhngig macht, "stark" genug zu sein, um uns in dem
unnatürlichen Auswahlprozess, den der Tausch impliziert, behaupten zu können.
Manche Spezies von Tieren entwickeln in Zeiten des Mangels Hierarchien, whrend
diese in Zeiten des überflusses wieder gelockert werden und sich das Essen oder
Paaren in weniger strukturierten Formen vollzieht. Auch in menschlichen
Gemeinschaften gibt es einen Zusammenhang zwischen Mangel und sozialen
Hierarchien: auch hier werden soziale Hierarchien in Zeiten des Mangels als
überlebensnotwendig erachtet. In diesem Sinne fallen wir wieder in die Muster
tierischen Verhaltens zurück, über das uns das fürsorgliche Prinzip der
Mütterlichkeit eigentlich bereits hinaus geholfen hatte. Der von der
Mütterlichkeit verursachte evolutionre Sprung wird zwar in der Sprache noch
auf einer abstrakten Ebene aufrechterhalten, doch auf einer konkreten Ebene haben
wir ihn wieder rückgngig gemacht, indem wir die Fürsorge so weit als möglich
eingeschrnkt haben und auf grausame, parasitre und zerstörerische Weisen
handeln.
Verschiedene
Technologien, inklusive ökologisch freundlicher, haben das Potential, Reichtum
für alle zu schaffen. Aber dieser Reichtum würde den Tausch gefhrden, indem er
ihn unnotwendig und uninteressant machen würde. Das Schenken im überfluss kann
alle versorgen, whrend der überfluss selbst für effektives, lebensbereicherndes
Schenken notwendig ist. Im überfluss hat erzwungenes Schenken – wie es im
Tausch und in Hierarchien vorkommt – keinen Grund zu existieren, da
Bedürfnisse immer auf vielfltige Weisen befriedigt werden können.
Hierarchien werden
dazu genutzt, den Mangel stndig durch das Abziehen des überflusses zu
reproduzieren. Sie halten damit den Tausch als die Verteilungsweise für alle
aufrecht. Kriege werden geführt, um die eigenen Hierarchien und Mrkte gegen
Angriffe von anderen Hierarchien und Mrkten zu verteidigen. Diese Kriege zerstören
Ressourcen, schaffen Mangel und versichern somit die Fortsetzung einer Welt,
die dem Tausch angemessen ist. Sich auf Kriege vorzubereiten und das Geld
auszugeben, das für High-Tech-Bewaffnung und den Erhalt riesiger Streitkrfte
notwendig ist, belastet die zivile ökonomie auch in "friedlichen Zeiten",
sodass es zu keinem überfluss kommen kann.
Dabei wird uns
freilich Glauben gemacht, es wre umgekehrt: eine Anstellung in den nationalen
Kriegsindustrien hat hohes Prestige, erscheint lukrativ und trgt angeblich positiv
zur ökonomie bei. Doch sind dies Arbeiten, die nichts produzieren – sie
sind Geschenke von der öffentlichkeit an diejenigen, die diese Arbeit machen
und einen Job haben, dem ein von allen in der Gesellschaft angestrebter
allgemeiner Wert und entsprechende soziale Bedeutung zukommt, da er von
Steuergeldern finanziert wird und angeblich dem Schutz der Gemeinschaft und des
Systems dient. Der Inhalt dieses allgemeinen Werts ist jedoch nichts anderes
als die Multiplizierung des Todes. Mit Fürsorge haben die besagten Arbeiten
nichts zu tun – sie dienen ausschließlich dazu, den potentiellen Reichtum
der lokalen und globalen Kommunalitt zu zerstören.
Die erhöhten
Regierungsausgaben, die in Kriegszeiten notwendig sind (und die Geschenke von
Zeit, Energie und Enthusiasmus, die den nationalen Bemühungen von patriotischen
BürgerInnen geschenkt werden), erfordern auch mehr Geschenke für die ökonomie
insgesamt, was sie erstens weiter antreibt (und mehr Profit schafft) und zweitens
– aufgrund der Zerstörung, die jeder Krieg unweigerlich bringt – ökonomische
Konsequenzen erzeugt, die die Produktion von überfluss und somit ein Unnötigwerden
des Tauschsystems unmöglich machen.
Kolonien und
eroberte Territorien stellen die (manchmal zu einem minimalen Grad
monetarisierte) Schenkarbeit und die Ressourcen zur Verfügung, die einigen Wenigen
in den kolonialistischen Lndern das Abschöpfen exzessiven Profits erlauben,
der dann als Kapital in die Kriegsindustrien dieser Lndern reinvestiert werden
kann. Da diese Geschenke von woanders kommen, kann der so erzeugte überfluss
die monetre ökonomie nicht bedrohen, da er sofort produktiv verarbeitet wird
– meist zu Waffen.
Dieser Tage schafft
der Norden im Süden Mangel durch die Politik der Weltbank und die Kredite des
Internationalen Whrungsfonds
sowie durch strukturelle Anpassungen und ökologischen Raubbau. Die
geographischen Distanzen sind dabei kein Hindernis. Es geht darum, die
Geschenke der Vielen mit immer genauerer Przision zu kontrollieren, damit sie
nicht dazu verwendet werden können, den überfluss zu produzieren, der das
Tauschsystem zerstören würde.
Anstelle dessen schafft
der Strom der Geschenke, der über billige Arbeit (bzw. Arbeit, die zu einem
großen Teil geschenkt ist) und billige Rohstoffe (die wiederum zu einem großen
Teil geschenkt sind) luft, einen überfluss an Konsumgütern, zu denen nur diejenigen
Zugang haben, die auf einer bestimmten Ebene in der Tauschökonomie arbeiten (da
sie die so genannte effektive Nachfrage bestimmen). Das Haben dieser
Konsumgüter trennt wiederum die haves von den have-nots. Auch die "freie" Information, die Musik und die Bilder, die von der Kommunikationsindustrie
(Radio, Fernsehen, Computer) gesendet werden, sind Produkte unserer erzwungenen
Geschenke. Und auch diese Produkte enden irgendwann am Markt und helfen gewöhnlich
nicht nur dabei, andere Produkte zu verkaufen (indem sie Bedürfnisse und
Begierden modifizieren), sondern auch einen positiven Konsens zu schaffen, was
das Marktsystem selbst betrifft.
All diese
verheerenden Entwicklungen dienen als Wiederbesttigung der Maskulisierung
durch eine Reihe sich überlappender, falsch interpretierter, selbsthnlicher
Strukturen. Diese Strukturen gleichen, wiederholen und besttigen sich von der
Regierung bis zur Sprache, von der ökonomie bis zur Religion, vom Militr bis
zur Universitt. Die Weisen, auf die wir unsere Ideen von Existenz, Sein und
dekontextualisiertem Denken formulieren, verleihen maskulisierten Mnnern
dadurch Besttigung, dass ihre Prozesse denen der Maskulisierung gleichen (die ihren
Ursprung ebenso im Benennen und Definieren haben).
Der Tausch –
als Ersatz der Logik, die das Schenken ersetzt – wirft die Frage des
Verdienens auf, sowie die Frage der Macht und des Einschlusses oder
Ausschlusses in die/von der Kategorie, der Wert geschenkt wird. Unsere Bild des
Seins (siehe oben) besttigt den Tausch und die Gleichheit (und umgekehrt),
nachdem dieser Ersatz stattgefunden hat (auch wenn er logisch und chronologisch
dem Tausch vorangegangen ist).
Viele der verschiedenen Ersetzungsprozesse – die Maskulisierung, das Verb
"sein", die Vorstellungen von Gleichheit und Verdienst; der Tausch selbst
– hngen zusammen, um eine selbst strukturierende und selbst reproduzierende
Wirklichkeit zu schaffen. Eine Art Hilfsmechanismus, der – auf vielen
Ebenen – den Platz einer ewig (wenn auch versteckt) prsenten und immer
noch möglichen Welt des Schenkens einnimmt und sie dominiert.
Diese neue
Wirklichkeit scheint legitimer ("wirklicher") zu sein als die frühere, welche
die neue nunmehr unterstützt. Wir haben bereits gesehen, dass es der
Schenkprozess ist, der die harte Wirklichkeit des Tausches mit seinen
Geschenken (zumindest etwas) lebensfhiger und menschlicher macht – auch
wenn dies niemand anerkennt. (Der Schenkprozess kann mit einer Auster
verglichen werden, die ein raues Sandkorn geschmeidiger macht.) Der
maskulisierte Status quo, mit seinen Hierarchien und seinen privilegierten
Einen, wird aufrechterhalten aufgrund der Geschenke, die ihm von Frauen und
Mnnern sowohl innerhalb als auch außerhalb seiner selbst zugetragen werden. So
erscheint die gegebene Wirklichkeit ihre Existenz mehr zu verdienen, als dies
ihre Alternativen tun würden (die Wirklichkeiten so genannter "primitiver"
Menschen zum Beispiel), und wir versorgen sie.
Manchmal versuchen
die Erfolgreichen der Tauschökonomie die Bedrohung des Schenkprinzips dadurch
weiter abzuwehren, dass sie ihren Egoismus auszugleichen versuchen, indem sie
etwas Geld (gewöhnlich keineswegs viel) an die Unverdienenden spenden oder plötzlich
dubiose (und meist wiederum eigennützige) Lösungen für jene sozialen Probleme
unterbreiten, die sie selbst geschaffen haben. Zum Beispiel habe ich vor kurzem
einen Vorschlag gehört, dem zufolge die Kinder von Müttern, die von der
Wohlfahrt leben, in Waisenheime geschickt werden sollten, so als wren bezahlte
professionelle "ExpertInnen" in einem institutionellen Rahmen besser für die Kinder
als deren Mütter, nur weil diese allein stehend und arm sind. Nachdem diese
Mütter also zu einer Armut gezwungen wurden, die ihnen fürsorgliches Handeln
beinahe verunmöglicht, schlagen PolitikerInnen und SozialwissenschaftlerInnen auch
noch vor, ihre mütterliche Rolle überhaupt mit einer paternalistischen,
monetarisierten Institution zu ersetzen.
Die Anerkennung,
die diesen "ExpertInnen" zukommt, liegt darin begründet, dass es ihnen gelingt
"zu beweisen", dass das maskulisierte Modell nicht nur effizienter als das der
Mütter ist, sondern tatschlich auch "fürsorglicher". In dieser Parodie der
Wirklichkeit wird nun sogar das Mutter-Sein selbst zu einer Arbeit gemacht, von
der Frauen ausgeschlossen werden können – die Macht über diese
Entscheidung (über die Kategorie der Mütterlichkeit) kommt maskulisierten Mnnern
und Institutionen zu, die die Identitt der Mutter als Schenkende nicht
anerkennen. Frauen können nunmehr also sogar von unbezahlter Arbeit ausgeschlossen werden. Mit ihren Kindern wird ihnen sowohl ihre
Identitt im Schenkprinzip als auch im Tauschprinzip genommen. Es wird ihnen
unmöglich, überhaupt eine Identitt zu formen und sich "ihre Existenz zu
verdienen". Was für eine Geschichte: Nachdem ihnen alle Möglichkeiten
vorenthalten wurden, maskulisiert und Teil der privilegierten Kategorie zu sein,
und nachdem sie dieser Kategorie stattdessen unentwegt als von ihr
Ausgeschlossene geschenkt haben, werden sie nun dafür bestraft, dass sie nichts
haben, weil eine solche Strafe die Furcht und den Neid der haves vor ihnen lindert und ihr angebliches Verbrechen sühnt, die
Möglichkeit eines Modells der Mütterlichkeit ohne Mnner zu suggerieren.
Der Staat kommt, um
den Vater zu ersetzen. Er verdrngt dabei einmal mehr den Weg der Frauen. Ob in
Form kapitalistischer Wohlfahrtseinrichtungen oder Ressourcemanagements in
einem kommunistischen oder sozialistischen Staat: das Gesetz und die "Wohlttigkeit"
der kollektiven Vter wertet die Wirklichkeit des schenkenden Lebens ab –
ja sie schrecken noch nicht einmal davor zurück, dieses zu verunglimpfen.
Unseren Besuchenden
von einem anderen Stern würde mit Sicherheit die Tatsache ins Auge fallen, dass
Frauen 60% der landwirtschaftlichen Arbeit in der Welt machen, aber nur etwa 1%
des Eigentums der Welt besitzen. Feministinnen sprechen über diese ungeheure
Unausgewogenheit meist in Begriffen von "Gerechtigkeit" – das heißt, sie
wollen die Dinge so ndern, dass Frauen genauso viel besitzen wie Mnner. Ich
aber würde behaupten, dass die Tatsache, dass Frauen so wenig besitzen, darin
begründet liegt, dass wir einen anderen Weg haben, uns zu unserer Umwelt zu
verhalten. Unser wirkliches Ziel würde demnach darin liegen, die Strukturen des
Patriarchats abzubauen – inklusive der Besitzstrukturen, die auf der
Maskulisierung beruhen – und ein weibliches Modell von Eigentum vorzuschlagen,
das auf dem Schenken beruht.
Existiert das
Schenken?
Geld ist das
Mittel, um kommunikative Bedürfnisse in der Gemeinschaft der Tauschenden bzw.
Privatbesitzenden zu befriedigen. Der Tauschwert steht für die Bedeutung
einzelner Produkte im Rahmen dieser widersprüchlichen Form von Kommunikation,
die Menschen voneinander trennt, anstatt sie zu vereinen. Wie in der Definition
das Verb "sein", ersetzt hier das Geld den Akt der Ersetzung; in diesem Fall
den eines Produktes für ein anderes.
Ich glaube, dass
der kommunikative Wert von Dingen in Wörtern ausgedrückt wird, die ihren Platz
als Geschenke in menschlichen Beziehungen einnehmen. Wörter können als etwas
gesehen werden, das einen positionellen Wert hat, der im System der langue relativ zu allem anderen ist.
Wenn bestimmte Dinge nicht von stndiger Wichtigkeit für Menschen wren, dann
würden sie nicht auf Worte als deren Namen bezogen werden (obwohl wir immer
noch über sie in Stzen sprechen könnten).
Somit liegt der Grund dafür, dass Menschen von anderen Menschen Wörter
geschenkt bekommen, darin, dass diese in einer Gemeinschaft verwendet werden.
(Viele der unzhligen Individuen, die diese Gemeinschaft ausmachen, werden wir
nie persönlich begegnen).
Der gemeinschaftliche
Wert von etwas liegt also außerhalb individueller Kommunikation – das
heißt, dass er auch außerhalb individueller monetrer Transaktion liegt. Der
gemeinschaftliche Wert ist ein Wert für andere.
Auch die Identitt eines kulturellen Objekts liegt demnach in der Gemeinschaft,
genauer: in seinem verbalen Ersatzgeschenk. Mit der quantitativen Bestimmung
des Preises verhlt es sich hnlich: der Preis wird bestimmt von dem Wert, den
er für andere in der Gesellschaft hat, die wir nie kennenlernen werden. Wenn
wir den qualitativen Wert von Dingen, wie er in Wörtern ausgedrückt wird, für unsere
Kommunikation betrachten bzw. den quantitativen Wert von Dingen, wie er im
Preis ausgedrückt wird, für die widersprüchliche Art der Kommunikation, die
materieller Tausch ist – dann können wir die Mechanismen von beiden
verstehen.
Tatschlich ist es
in beiden Fllen die Wichtigkeit von Dingen für die Gemeinschaft, die ihnen
Bedeutung für unsere Kommunikation bzw. den Markt verleiht. Die Dinge sind für
uns, weil sie für andere sind. Katzen heißen auf Deutsch "Katzen", weil alle,
die Deutsch sprechen, sie so nennen. Eine Dose Kaffee kostet $4, weil alle, die
eine Dose Kaffee haben wollen, $4 dafür bezahlen. Wenn sich der Preis, den
andere für sie bezahlen, ndert, wird er sich auch für sie ndern. Wir können dabei
den Wert der verschiedenen Teile des Kaffees betrachten: den Preis, der den Bauern
für die Bohnen gezahlt wird, das Gehalt der ArbeiterInnen, die Transportkosten
für die Bohnen, die Kosten dafür, sie zu mahlen, den Preis der Dose, etc. Der
Wert all dieser Teile – und welche Subteile sie auch immer haben mögen
– hngt davon ab, was diese Teile anderen Wert sind bzw. was andere für
sie bezahlen. In jedem individuellen verbalen oder ökonomischen Austausch hngt
die Identifikation dessen, was ausgetauscht wird, davon ab, was es außerhalb
dieses individuellen Austauschs bzw. was es für die Gemeinschaft, für die
Vielen, ist.
Wir haben darüber
gesprochen, dass das Verb "sein" der Ersatz für den Akt des Ersetzens ist und
dass das Geld eine hnliche Rolle spielt. Sowohl in der Linguistik als auch in
der ökonomie ist etwas dann wertvoll, wenn es für die Gemeinschaft wichtig
genug ist, dass ein Wort seinen Platz (als sein Name) in der Sprache einnimmt
(bzw. dass ein "ist" diesen Akt des Ersetzens ersetzt) oder ein anderes Produkt
(bzw. das Geld als dessen quantitatives quivalent) seinen Platz im Tausch.
Sowohl Sprache als
auch Tausch verlieren das kommunikative Schenken aus ihrem Blickfeld (vor allem,
wenn der Tauschwert der Prototyp des Werts geworden ist). Dies geschieht
gemeinschaftlich. Der Schenkaspekt des Lebens existiert zwar weiter, wird
jedoch verleugnet und verdrngt. Sein Wert wird gemeinschaftlich nicht erkannt
und es ist sogar schwer, ihn zu benennen bzw. über ihn zu sprechen.
Die Geschenke selbst werden unter dem Einfluss der Maskulisierung vom Tausch (der
ein magnetisches Modell ist) sowie von der Definition assimiliert. Es scheint
demnach paradox zu sagen, dass das Schenken wertvoll ist, denn Wert setzt die
Existenz von etwas für die Gemeinschaft voraus.
Auf der anderen
Seite können wir – wenn wir sowohl das Verb "sein" als auch das Geld als
Ersatz für den Akt des Ersetzens betrachten – sehen, dass das Schenken
– das nichts ersetzt – weder der Sprache angemessen noch dem Tausch
wertvoll erscheint, weil sowohl Sprache als auch Tausch das Ersetzen als Besttigung
von Existenz und Wert verlangen. Im Gegenteil dazu scheint die Maskulisierung,
die auf selbsthnlichen Ersetzungen aufbaut, zu existieren und Wert zu haben.
So gesehen, überrascht es nicht, dass ihr viele Geschenke zukommen und dem
Schenken selbst keine.
Gleichzeitig werden
die Existenz (das Sein) genauso wie der monetre Tausch von der Maskulisierung
beeinflusst, was das Prinzip des übernehmens wieder in die Definition und die
ökonomie zurückleitet – sodass Sein und Wertvoll-Sein sowohl das Prinzip
des übernehmens als auch die Positionen des Einen und des Prototypen zu
implizieren scheinen. Nichts davon ist freilich unsere Schuld. Diese
Widersprüche basieren einzig auf logischem Gewirr.
Sowohl das Verb "sein"
als auch das Geld offenbaren die Macht, die wir der Sprache gegeben haben
– eine Macht, die stark genug ist, um uns unseren Müttern bzw. der Mutter
überhaupt wegzunehmen. Wir erkennen die Ersetzungsaspekte im Sein oder im Wert
nicht, da wir die Realitt dessen verleugnen, das ersetzt wird, genau so wie
wir die Mutter (und die Erde) als Rollenbilder verleugnen, die ersetzt werden.
Wir tun so, als würden sie nicht existieren (speziell wenn Existenz mit
Ersetzen zu tun hat). Wir vergessen, dass die Mutter aktiv ist und dass sie
aktiv schenkt und rücksichtsvoll ausweicht. Unser ursprüngliches Modell kommt
vom Schenken, aber dadurch, dass wir maskulisiert wurden (bzw. uns um die
gekümmert haben, die maskulisiert wurden – sowie um deren Prozesse),
haben wir gelernt, dem definitorischen Aspekt der Sprache und des Lebens Wert
zu schenken (Ersatz, Haben, Tausch und Sein) anstatt den Schenkaspekten und dem
Schenken.
Die Mutter muss jedoch
nicht ausweichen. Wenn sie nicht ausweichen würde, würden wir vielleicht unsere
Sichtweise der Welt ndern und erkennen, wie viel Schenken es eigentlich gibt. Wir
könnten Dinge als Geschenke von Mutter Erde sehen und nicht einfach als
Produkte von Adams herrschaftlichem Namen. Wir würden diese Geschenke mit der
Rücksicht behandeln, die notwendig ist, um sie nicht zu zerstören. Viele von
uns tun das bereits jetzt, wenn sie die Geschenke der Natur, der Kultur, der
Synchronizitt und des
guten Willens und des Lebens selbst schtzen. Was wir als die "Immanenz des Seins"
wahrnehmen, ist wirklich das Resultat unserer kreativ-empfnglichen Fhigkeit,
die sich dem Geschenk des Lebens und der Erde gegenüber dankbar zeigt, whrend
sie (zumindest für Augenblicke) die unglückliche Verbindung von Sprache und
Tausch aufhebt.
Vielleicht könnten
wir Gemeinschaft als einen Teil der Mutter sehen und Dingen Wert schenken (da
diese sowohl uns als auch anderen als auch ihren Namen Wert schenken) –
in etwa so, wie wir uns gegenseitig Wert schenken, wenn wir uns (in der
Kommunikation) die Namen der Dinge schenken. Die Erde würde mit uns durch ihre
Früchte und Vogelgesnge kommunizieren, durch unsere Körper und unser
schenkendes Selbst. Wir würden mit der Natur in einer kommunikativen Beziehung
stehen. Im Gegensatz dazu wird das gegenwrtige Modell der Gemeinschaft von sich
wechselseitig ausschließenden Eigentümern bestimmt, die die Rolle des Einen in
Eines-Viele-Strukturen einnehmen; eine Rolle, die ihrer eigenen Position Wert
verleiht und die have-nots abwertet.
Eigentum, das in
einer Verbindung zum Schenken steht ("schenkbares Eigentum"), ist verschieden
vom Privateigentum des Tausches. Eine fürsorgliche Beziehung zu unserem
Eigentum ist anstelle einer herrschaftlichen möglich. Das Schenkprinzip würde eine
sanftere Form von Besitz implizieren, demzufolge wir etwas so "besitzen"
würden, wie wir beispielsweise unserer Körper "besitzen". Wir würden Dinge
besitzen, die teilbar sind. (Auch wenn wir sie im Moment nicht teilen mögen,
weil wir sie verwenden.) Wir htten eine freundschaftliche Beziehung zu unserem
Eigentum, eine, die von Gebrauch, Dankbarkeit und Verantwortung gekennzeichnet
wre. Diese Beziehung wre nach dem Beispiel der Brust geformt, nicht nach dem des
Penis. Wir htten Eigentum, das stndig geschenkt werden kann, anstelle eines
Eigentums als penetrierendem Werkzeug, das uns Zugang zu einer privilegierten
Kategorie verschafft.
Das Modell der
Frauen würde Bedürfnissen Aufmerksamkeit schenken, die je vielfltiger und
spezifischer würden, je mehr wir ein Leben im überfluss für alle schaffen
könnten. Dies gilt auch für psychologische Bedürfnisse nach Sicherheit und einem
Eingebundensein in seine Umwelt, sodass diejenigen, die sich um etwas kümmern,
auch eine Verbindung mit dem. worum sie sich kümmern, eingehen. Im überfluss
würde das Bedürfnis nach Eigentum merklich schwcher sein als es jetzt ist, da
die Konsequenzen des Nicht-Habens nur die sein würden, eine Zeit lang Geschenke
zu erhalten, anstatt sie zu geben. Wo Haben und Nicht-Haben nicht mehr lnger
psychologisch von den Alptrumen der Kindheit besetzt sind, würden auch Gesetz
und Vergeltung nicht lnger gebraucht. Genauso wenig würde der Staat gebraucht und
ihm erlaubt werden, die Rolle des gemeinschaftliche Vater-Besitzers zu
übernehmen.
Heute ist es meist
den Reichen vorbehalten, ihr Eigentum mit Leichtigkeit teilen zu können oder in
den Genuss der Natur und ihrer vielen Ressourcen zu gelangen. Dies ist eine der
Belohnungen, die sie dafür erhalten, mehr zu haben als andere. Aber der Punkt
ist nicht, irgendjemanden – inklusive die Reichen – davon abzuhalten,
den Reichtum der Natur oder der Kultur zu genießen; der Punkt ist, diese Möglichkeit
auf alle auszudehnen. Doch dazu müssen wir zunchst begreifen, wie tief unsere
Gesellschaft unter dem Bann einer kollektiven Psychose steht. Diese – und
wir selbst – müssen dringend geheilt werden.
Die Kulturen vieler
indigener Völker waren weit mehr von der Mütterlichkeit und dem Schenken geprgt,
als dass in unseren Kulturen der Fall ist. Es wre interessant, herauszufinden,
zu welchem Grad diese Kulturen linguistische Mechanismen mit dem Schenken
verbanden und welche verschiedenen Arten des Eigentums es gab. Die Irokesen
– eine matriarchale Gesellschaft, in dem ein Frauenrat wichtige
Entscheidungskraft hatte und in dem das Wort für Frauen (anstelle des Wortes
für Mnner) dasselbe Wort wie jenes für Menschen war – gaben allen Angehörigen
der Gemeinschaft einen eigenen Namen. Dieser Name wurde erst dann wieder für andere
in der Gemeinschaft zugnglich, wenn die Person, die ihn trug, starb.
Die Namen der Gemeinschaft konstituierten so eine langue und alle Angehörige der Gemeinschaft wurden als sozial wertvoll angesehen,
da sie alle als "individuelle Dinge" (die zusammen eine Kultur oder eine Welt
konstituierten) auf ihr jeweils eigenes Wort bezogen waren. Im europischen
Patriarchat (Puerarchat) hingegen gibt es diese Einheit
von Ding und Wort in den Einzelnen nicht. Hier werden einige Menschen zu Dingen
gemacht (die Frauen) und andere zu Wörtern (die Mnner), um dann zwischen deren
sozial wertvollen "Eigenschaften/Besitztümern"
anhand des Geld-Worts zu vermitteln.
Das patriarchale
Modell ist mit Sicherheit nicht rationaler als das gynarchische, nach dem die
Irokesen ihre Gesellschaft organisierten. Doch wurden die meisten unserer Kulturen
vom weißen Mann überwltigt, zerstört und manipuliert und den Vielen wurde in
seiner ökonomie ihr Platz zugewiesen. Manche Kulturen schenken jedoch weiterhin
unbeirrt den Müttern und dem symbolischen und kommunikativen Schenken Wert. Sie
stellen heute die alternativen Lebensweisen dar, von denen wir lernen müssen.
In der Schenkweise
bedeutet Sein, mit der Erde und anderen Menschen zu kommunizieren. Davon ist
immer noch viel zu spüren, trotz unserer Involviertheit im Tausch. Unsere
Erfahrung beruht darauf, Sinneseindrücke und Informationen geschenkt zu bekommen
und der Welt EmpfngerInnen zu schenken. Wir können nach wie vor viele
Bedürfnisse selbst befriedigen, egal ob es sich um eigene Bedürfnisse handelt
oder um die anderer bzw. unserer Umgebung. Die Bedürfnisse entwickeln sich dabei
gemß der Weisen, auf die sie befriedigt werden. Das Ohr etwa gewöhnt sich an
die Art der Musik, die es hört. Manche Bedürfnisse sind dabei grundlegender als
andere, aber selbst diese vervielfltigen sich in Geschmcker und Vorlieben je
nach den Geschenken, die Mutter Fürsorge und Mutter Natur
zu ihrer Befriedigung zur Verfügung stellen.
Die eigentliche
Existenz der Frau besteht nicht darin, auszuweichen, besessen zu werden oder zu
besitzen, sondern in einer völlig anderen Beziehung zur Welt (und zum
Eigentum): einer Beziehung, die potentiell nicht wechselseitig ausschließlich
ist, sondern bedürfnisorientiert, auf Andere ausgerichtet. Grenzen werden nur
notwendig gemacht durch Kmpfe zwischen Einen, die danach streben, die jeweils
strksten Prototypen zu sein. Wenn wir Bedürfnissen Wert schenken und ihre
Komplexitt respektieren, dann können wir auch unsere gegenseitigen Bedürfnisse
nach persönlichen Gebrauchsgegenstnden und Unabhngigkeit respektieren und
befriedigen. Bedürfnissen auf allen Ebenen Wert zu schenken, heißt auch, allgemeinen
Bedürfnissen Wert zu schenken.
Gegenwrtig ist das
Bedürfnis, den Planeten zu heilen, ein allgemeines, und wir versuchen, es
allgemein zu befriedigen – doch wir berücksichtigen dabei das Beispiel
der Mütterlichkeit nicht. Viele, die sich um Mutter Erde sorgen, unterschtzen
immer noch die Bedeutung der Mütterlichkeit. Doch nur in dieser – und
darin, sie zu erfahren – können wir den Rahmen finden, der es uns
erlauben würde, in Frieden miteinander zu leben und der Beherrschung und
Zerstörung der Erde ein Ende zu setzen.
Wenn wir die
Tauschökonomie und ihre auf dem Kastrationsneid beruhende Fixierung auf das
Haben bzw. Nicht-Haben überwinden können, können wir in Harmonie mit der Art
des "halb-privaten" Eigentums leben, das dem Leben in einer wirklichen
Gemeinschaft angemessen ist. Der Wald wre nicht lnger für die Holzindustrie
wertvoll, sondern für die Menschen und Tiere, die in ihm leben und seine
direkten Geschenke respektvoll mit Dankbarkeit verwenden und wertschtzen. Die
Wlder, die in Holzscheite transformiert werden, befriedigen kein Bedürfnis einer
Gemeinschaft, sondern nur das Profitbedürfnis eines privaten Besitzers, der
gleichzeitig die Bedürfnisse der Kaufenden als effektive Nachfrage schaffen
muss. Egal ob die Bume in Klopapier transformiert werden, in Essstbchen oder
Baumaterial – es existieren Alternativen hierzu und die Bedürfnisse der
öffentlichkeit könnten sich auch auf diese beziehen, wenn sich nur die
Bedingungen ihrer Bedürfnisentwicklung ndern würden. Dies ist notwendig, wenn
es uns mit dem gemeinschaftlichen und ökologischen Wohl wirklich ernst ist.
Der kapitalistische
Tausch verwendet die Gemeinschaft nur als Mittel, um Bedürfnisse im Kontext
ökonomischer Kommunikation – also im Kontext des Geldes – zu
befriedigen. Das dahinter stehende Bedürfnis ist das nach Profit. Dieses ist
freilich abstrakt. Diesem Bedürfnis zufolge benötigen alle dasselbe: nmlich
Geld. Dieses gemeinsame Bedürfnis nach Geld (bzw. nach immer mehr Geld) verstellt uns die Sicht auf andere Bedürfnisse. Der Wert des
Geldes wird wie der linguistische Wert als Konsequenz von Ersatz und übernahme
gesehen –nicht als Wert, der vom Geschenk kommt.
Nichts ist nicht
das Gegenteil von Sein. Das Gegenteil von Sein wird durch eine Neuinterpretation
des Verbs "sein" geschaffen, die das Konzept einer zeichenlosen Kommunikation beinhaltet,
die sich über den bedürfnisbefriedigenden Schenkprozess mit der Sprache
verbindet und nichts mit übernehmen, Ersetzen oder Ausweichen zu tun hat. In
hnlichem Sinne ist das Gegenteil von Eigentumsbeziehungen zwischen Einen und
Vielen
nicht das Nicht-Haben, sondern das "sanfte Eigentum", das auf dem Beispiel der
Frauen beruht.
In der
Maskulisierung scheint es den privilegierten haves
zuzustehen, von Eigentum im überfluss versorgt zu werden. In hnlichem Sinne
scheint eine fürsorgliche Ehefrau eine Belohnung für einen Mann dafür zu sein,
dass er mnnlich ist. Wenn wir unser Eigentum jedoch anderen vorenthalten,
macht uns das unfhig, seinen Wert zu teilen bzw. der Gemeinschaft zukommen zu
lassen. Gemß der linguistischen Logik gehört es uns und damit nicht anderen. (Leider begreifen wir nicht, dass es damit
auch nicht wirklich uns gehört.) In jedem Fall: Wenn wir etwas innerhalb des
Systems des isolierenden und trennenden Privateigentums belassen, kann es mit
dem mütterlichen Modell nicht in Verbindung gebracht werden.
In den letzten
Jahren ist es in den USA zu einem immer strkeren Interesse an so genannten
"primitiven" Gesellschaften gekommen, da diese Lebensweisen beschreiben, die um
das Schenken kreisen und auf einer spirituellen Quelle beruhen. Die Geschichte
der australischen Aborigenes,
die ohne materielle Güter durch das Outback ziehen und sich für ihr überleben ganz
auf die Geschenke der Schöpferin verlassen (die sie auch erhalten), ist ein
Beispiel einer solchen auf dem Schenken basierenden Lebensweise (auch wenn sie
heute in einem Kontext der Armut stattfindet). Solchen Geschichten kommt in den
USA zusehends Interesse zu, da sie auf eine Einstellung verweisen, die für uns
heilend ist, obwohl wir eine ökonomie praktizieren, die ihr widerspricht.
Religionen und
New-Age-Therapien fördern Dankbarkeit für das, was wir erhalten, und machen uns
den Schenkkontext unserer Existenz bewusst. Die Fragen, die dabei auftauchen,
sind: Können wir individuell und spirituell heilen, wenn die Gesellschaft, an
der wir Teil haben, die Erde plündert und alle Menschen zerstört, deren Glauben
und alternatives Bewusstsein uns noch einen anderen Weg weisen könnten? Und: Kann
unsere individuelle Heilung einen Paradigmenwechsel herbeiführen anstatt nur
das Tauschprinzip zu strken, indem wir Alternativen auf einer rein
individuellen Ebene assimilieren?" Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass
sich unsere Versuche, individuell und spirituell zu heilen, mit Versuchen, die
Gemeinschaft und den Planeten zu heilen, verbinden müssen.
Umgekehrt müssen sich
aber auch Versuche, die Gemeinschaft zu heilen, mit Versuchen, sich individuell
zu heilen, verbinden. Dies muss im Bewusstsein der feministischen Bewegung
sowie progressiver Bewegungen für soziale und ökonomische Vernderungen
verankert sein. Das Modell der Mutter ist sowohl auf der individuellen wie auf
der kollektiven Ebene von Relevanz. Das Schenkprinzip, mit der Mütterlichkeit
als seinem Grundpfeiler, ist die funktionelle und poetische Norm, zu der die Gesellschaft
zurückfinden muss.
Selbst der Logik
des Tausches zufolge würde es die weibliche Form des Eigentums verdienen zu existieren,
wenn wir bedenken, was Frauen bereits zur Menschheit beigetragen haben. Wenn
unsere Prinzipien wirklich dem Beispiel der Frauen folgen sollen, dürfen wir
jedoch nicht den Tausch bzw. seine Vergeltungslogik zur Legitimation
heranziehen. Denn es ist das Vergessen der Mutter, das das Umarmen des
Tausches, das Sich-Wegwenden von der Mutter und das Etwas-anderes-an-ihre-Stelle-Setzen
beinhaltet. Wenn wir vergessen, vergeben wir der Mutter und ihrem Weg nicht. Doch wenn der Schenkweg
funktionieren soll, müssen wir alle Vergebende sein.
Unsere Definitionen müssen auf die verbale Ebene beschrnkt bleiben und dürfen
nicht verallgemeinert werden.
Kapitel 15>