Zurück nach Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Kapitel 1 Am Anfang
Kapitel 2 Sprache und Schenken
Kapitel 3 Reziprozitt
Kapitel 4 Definition und Tausch
Kapitel 5 Die Kategorie des Menschen
Kapitel 6 ,Marksistische" Kategorien
Kapitel 7 Die kollektive Quelle
Kapitel 8 Kastrationsneid
Kapitel 9 Is = $
Kapitel 10 Wert
Kapitel 11 Der übergang zum Tausch
Kapitel 12 Wie dem Tausch Wert geschenkt wird
Kapitel 13 Markt und Geschlecht
Kapitel 14 Zu existieren verdienen
Kapitel 15 Das Zeigen und das Patriarchat
Kapitel 16 Das Zeigen des Egos
Kapitel 17 Was reprsentiert die Demokratie?
Kapitel 18 Die nicht-maskulisierten Protagonistinnen gesellschaftlichen Wandels
Kapitel 19 Traum und Realitt
Kapitel 20 Schenken und Liebe
Kapitel 21 Vom Garten zum Gral
Kapitel 22 Kosmologische Spekulationen
Kapitel 23 Nach den Wörtern - die Theorie in der Praxis
Zurück nach Homepage
|
|
|
Vorwort
Ich widme
dieses Buch der Erde, welche Mutter, Tochter, Freundin und Geliebte ist, damit
alle Menschen einen Weg finden werden, sowohl sie als auch einander mehr zu
lieben.
Ich widme
dieses Buch weiters der gyptischen Göttin Sachmet, die das antike Bild der weiblichen
Kraft ist und uns helfen kann, die Wege der Mütterlichkeit zu beschützen und
frei von Abhngigkeiten und falschen Vorstellungen eine bessere Gesellschaft zu
schaffen.
Vorwort
von Robin Morgan
Das Buch, das ihr in euren Hnden haltet, ist
ein Geschenk – von einer Autorin an ihre LeserInnen und von einer Frau an
die Frauenbewegung (und an Mnner mit entsprechendem Bewusstsein).
In einem gewissen Sinne trifft dies wohl auf
jedes Werk authentischer feministischer Theorie zu. Doch was Genevieve Vaughan
uns geschenkt hat, ist etwas Einzigartiges – eine Arbeit, die genauso
emotional leidenschaftlich ist wie analytisch durchdacht, eine, in der genaueste
Forschung und Gelehrsamkeit sich mit den feinsten Empfindungen des menschlichen
Herzens verbindet, anstatt zu diesen in Gegensatz zu stehen.
Eine so kompromisslose Demonstration des
Sowohl-als-auch – sowohl den Intellekt herauszufordern als auch die Seele
zu wrmen – ist nicht leicht in einer Welt des Entweder-oder. Alleine
schon der Versuch verlangt eine selbstbewusste Kühnheit. Gen Vaughan betont
richtigerweise, dass Feministinnen heute wagen, "jedes akademische System verdchtig"
zu finden – sie selbst geht darüber jedoch noch hinaus und hlt uns dazu
an, unsere "Naivitt" wieder zu finden; zu wagen, alles in Frage zu stellen. Doch macht
keine Fehler! Unter Naivitt versteht sie nicht Sentimentalitt oder
verblendete Romantik – auch wenn sie auf erfrischende Weise den Altruismus
wiederbelebt und ihm Raum verschafft. Ihre "naiven" Theorien sind enorm
differenziert im besten Sinne des Wortes: intelligent, ethisch, pragmatisch,
interkulturell und ebenso relevant für persönliche Beziehungen wie für globale
Politik. Mit anderen Worten, Gen Vaughans Theorien regen zu effektiver Vernderung an.
Verschiedene LeserInnen werden hier
verschiedene Geschenke finden. SemiotikerInnen, LinguistInnen, ökonomInnen und
PolitikwissenschaftlerInnen werden auf radikale feministische intellektuelle
Herausforderungen treffen, zu denen es in ihren elitren Disziplinen selten
kommt. Gleichzeitig ist es nicht notwendig, etwas über Semiotik oder andere
akademische Disziplinen zu wissen, um dieses Buch lesen und von ihm bereichert
werden zu können.
AktivistInnen werden eine zugngliche
politische Analyse finden, die auf das Geld ebenso anwendbar ist wie auf die Maskulisierung,
Anorexie, Aufrüstung oder Architektur – eine Theorie mit Implikationen
für geschlossene und kosmische Systeme.
Mnnliche Leser werden eine Theorie finden, die
Mnnern nicht auf simplifizierende Weise die Schuld zuschiebt, die allerdings
auch nicht davor zurückschreckt, das Patriarchat zu entblößen und auf
individuelle moralische Verantwortlichkeit wie auf systematische Vernderung zu
bestehen.
Allgemein gesagt, werden LeserInnen, die Lust
an intellektueller Auseinandersetzung anstatt pedantischer Marotten oder
wichtigtuerischer Klischees haben, in diesen Seiten ein Denken finden, dass
viele populre Konzepte mit spielerischer Leichtigkeit ins Wanken bringt, etwa
jene der Dekonstruktion, der Postmoderne, der Philanthropie oder der co-dependency (um nur einige zu nennen).
Ich, eine sprachverliebte Poetin, finde enorme
Freude in Gen Vaughans Witz und Wortspiel (das vor allem Mary-Daly-LiebhaberInnen
erfreuen sollte). Es finden sich auf diesen Seiten Konstruktionen –
"erzwungene Reziprozitt" (constrained reciprocity) zum Beispiel –, von denen
ich mir sicher bin, dass sie in unserem Sprachgebrauch bald so
selbstverstndlich sein werden wie "Reproduktionsrechte", "Date Rape" oder die
denkwürdige "Zwangsheterosexualitt" Adrienne Richs. Als Feministin bin ich von
den Momenten der Bewusstwerdung, zu denen es beim Lesen dieses Buches kommt,
begeistert – es sind so viele, dass sich selbst noch in den Fußnoten besondere
Feinheiten finden lassen. Als Internationalistin bin ich vor allem für Vaughans
interkulturelle Sensibilitt dankbar, die sich im Heranziehen von Beispielen
aus der ganzen Welt ausdrückt. Als Autorin genieße ich ihre kreativen
Bezugnahmen auf Mrchen, Mythen, Archetypen und Stereotypen. Als politische
Theoretikerin bewundere ich ihren Mut im Zurückfordern von Werten, die von der
politischen Rechten vereinnahmt worden sind. Als Frau, die sich für Metaphysik
interessiert, bin ich fasziniert von den Implikationen des Schenkprinzips:
angefangen bei den Vergleichen mit Ergebnissen der Gehirnforschung bis hin zur
Prsentation alternativer Existenzmöglichkeiten. Und als politische Aktivistin
schtze und bewundere ich den Weg, in dem Gen Vaughans Leben ein Beispiel ihrer
Theorie in der Praxis ist; tatschlich war sie viele Jahre lang so mit dem
Unterstützen feministischer Projekte auf der ganzen Welt beschftigt, dass es
schwierig war, sie dazu zu bringen, sich lange genug hinzusetzen, um dieses Buch
fertig zu schreiben.
Nunmehr kann ihr Werk jedoch sein Publikum
finden und ich hoffe, dass es ein großes sein wird. Denn dieses Buch wird euch
nicht nur zum Denken bringen, sondern es wird euch Hoffnung geben; es wird euch
an eure Fhigkeit erinnern, die Verhltnisse ndern zu können. Und dies wird euch
auf eine ganz bestimmte Weise glücklich machen – selbst inmitten des so
gierigen, tödlich ausbeuterischen Geists des Patriarchats. Dieses Buch bietet
einen Dritten Weg an, in seiner Ablehnung des gegenwrtigen Denkens, das nur in
unhaltbaren Dichotomien denkt – zum Beispiel, Selbstzentriertheit gegen
Selbstlosigkeit. Dieser Dritte Weg wird euch einen Sinn eurer Macht geben
– nicht Macht über, sondern Macht zu. Wenn ihr je eine Mutter wart, werdet ihr diese Macht wieder erkennen: es
ist die Macht des Schenkens, ob es sich um die Geburt handelt, um Fürsorge,
Zeit, Pflege oder Aufmerksamkeit. Und wenn ihr je verliebt wart, werdet ihr
diese Macht ebenso wieder erkennen: als die Macht der Leichtigkeit, des überflusses,
des vollendeten Glücks, der Worte Juliets: "Je mehr ich dir gebe, desto mehr
habe ich, da beides ohne Ende ist", des Feierns der Wunderbarkeit, die wir
tglich erfahren.
Wie auch immer ihr auf dieses Buch zugehen
werdet, es wird euch den Weg zu einem weiseren Selbst – und einer
weiseren Gesellschaft – zeigen. Ob wir wirklich dorthin gelangen werden,
hngt von uns allen ab. Dieses Buch hilft, die Karte für unsere Reise zu
zeichnen; dieses Buch hilft, diese große Aufgabe zu bewltigen.
Ein wirkliches Geschenk.
Das vorliegende Buch ist nicht immer leicht zu
lesen. Dies ergibt sich wohl zwangslufig aus der Kombination
sprachanalytischer Studien und intellektueller Innovation. Um den LeserInnen
den Zugang zum Text zu erleichtern, Referenzhilfen zur Verfügung zu stellen und
auf zentrale Begriffe des englischen Originals zu verweisen, wurde das folgende
Glossar zusammengestellt, das einige der wichtigsten Begriffe der Arbeit
erklrt.
schenken / geben – to give
Dieser für den Text zentrale Begriff bereitete
insofern Schwierigkeiten bei der übersetzung, als dass das deutsche Verb "schenken"
als spezifische Form eines Gebens kein quivalent im Englischen hat. To give wurde schließlich immer dann mit
"schenken" (anstelle des allgemeineren "geben") übersetzt, wenn sein Schenkcharakter
zu betonen war.
empfangen /
erhalten – to receive
Die andere Seite
des Prozesses des Schenkens/Gebens. To receive kann
im Kontext der Arbeit das aktive An- bzw. Aufnehmen eines Geschenks meinen,
aber auch ein allgemeines Entgegennehmen. Der Unterscheidung zwischen
"schenken" und "geben" folgend, wurde hier zwischen "empfangen" (als Pendant zu
"schenken") und "erhalten" (als Pendant zu "geben") unterschieden. Gelegentlich
auch als "beschenkt werden" übersetzt (wenn der aktive Charakter des Empfangens
keine ausdrückliche Betonung erforderte).
ausweichen – to give way
Kann buchstblich als "Weg schenken" oder "Platz
schenken" verstanden werden; bezeichnet das (widerstandslose) Zur-Seite-Treten
der sozial Unterprivilegierten.
Platz einnehmen – to take the place of
/ übernehmen – to take over
Bezeichnet das Besetzen der sozialen Positionen
derjenigen, die ausweichen.
Schenkprinzip / Tauschprinzip – gift
paradigm / exchange paradigm
Das deutsche "Paradigma" ist enger gefasst als
das englische paradigm. Whrend Letzteres auch ein anleitendes Bild oder Beispiel meinen kann,
wird der Begriff im Deutschen meist nur in Zusammenhang mit einer etablierten
wissenschaftlichen Hypothese angewandt. Insofern schien die übersetzung als
"Prinzip" hier angemessener. Von "Paradigmen" bzw. einem "Paradigmenwechsel"
bleibt dort die Rede, wo es um die weltanschaulichen Systeme geht, die sich um
beide Prinzipien ranken.
Fürsorge – nurturing
Das englische nurturing bzw. to nurture ist schwierig ins Deutsche zu übersetzen.
Der Begriff bezeichnet die Pflege, die jemandem/etwas zuzukommen hat, um
wachsen bzw. sich entwickeln zu können, und vereint Aspekte von Aufmerksamkeit,
Zuneigung und materieller Hilfe.
Mütterlichkeit – mothering
Auch für den Begriff des mothering gibt es im Deutschen kein
geeignetes quivalent. "Bemuttern" wre schon alleine
aufgrund der negativen Konnotationen des Begriffs unangemessen. "Mutter-Sein"
mag dem mothering in vielen Aspekten nahe kommen,
doch haftet ihm als Seins-Begriff eine Statik an, die der im Partizip
ausgedrückten Dynamik nicht gerecht wird. "Mütterlichkeit" erschien deshalb als
beste Lösung. Es geht um einen Begriff, der alle Aktivitten in sich vereint,
die verlangt werden, um Kinder zu ernhren, zu schützen, ihnen zu helfen, sich
in der Welt zurechtzufinden, und sie auf ein selbstndiges Leben vorzubereiten.
Maskulisierung
– masculation
Beschreibt den
Prozess des "Mnnlich-Werdens" bzw. der mnnlichen Sozialisierung. Hier stark
verbunden mit der:
Kategorisierung
– categorization / concept formation
Bezeichnet das
Ordnen der Welt in Kategorien. Als an sich gewöhnlicher, unserer Orientierung
in der Welt dienender Prozess, wird er problematisch, sobald diese Kategorien
festgeschrieben und hierarchisiert werden.
Benennen, Definieren
(auch: Definition, Definitionsprozess oder Definitionsstruktur) – naming,
definition
Der Prozess
sprachlichen Ersetzens in Form einer Gleichung: x = y (z.B.: Hose, die zum
Schwimmen angezogen wird = Badehose), wobei y zum Namen von x wird. Von der
Autorin als überbetonter Prozess unseres Sprachgebrauchs gesehen. Diese
überbetonung lsst ihn von einem kommunikativen Hilfsmittel zu einem Mittel
kategorischer Festschreibung werden und damit zur Bedingung für das auf diesen Festschreibungen
und den mit ihnen verbundenen Gleichungen aufbauende Tauschprinzip.
Definiens,
Definiendum – [unübersetzt]
Vgl. Kapitel 4,
Fußnote 2: "Ich werde den Begriff Definiens als
Namen für die Phrase verwenden, die den Zuhörenden erlaubt, das zu
identifizieren, was das neue Wort reprsentiert, und Definiendum für das neue Wort selbst (das, das definiert wird) bzw. für den Namen.
In: ‚Eine Hauskatze ist ein Haustier mit einem langen Schwanz und spitzen
Ohren' ist ‚Hauskatze' das Definiendum und ‚ein Haustier mit einem langen
Schwanz und spitzen Ohren' das Definiens."
Prototyp –
sample (auch: Kategorieprototyp – concept sample)
Objekt, das als
Modell für das Formen einer Kategorie fungiert, z.B. der "Protoball" als Modell
aller Blle. Ursprünglich nur temporr als Modell fungierend und nach der
Formierung der Kategorie wieder seinen Platz als einfaches Exemplar der
Kategorie einnehmend (also etwa vom "Protoball" wieder zu "einem Ball unter
vielen" werdend), behlt der Prototyp im Kontext von Maskulisierung und Tausch
seinen besonderen Status und wird zu einem Herrscher über die ihm zugeordneten
Objekte. In diesem Falle wird der Prototyp ein:
Eines –
the one
dem
Viele –
the many
als ihm
untergeordnete Objekte gegenüberstehen.
have und
have-nots – [unübersetzt]
Weitere terminologische
Unterscheidung zwischen Einen und Vielen bzw. Privilegierten und
Nicht-Privilegierten.
privilegierte
Kategorie – privileged category (auch: überlegene Kategorie –
superior category)
Soziale Kategorie,
der die Prototypen/Einen/haves angehören.
Objekt / Ding
– thing
Gegenstand oder
Person, der/die kein Prototyp, sondern auf einen solchen bezogen ist. Teil der
Vielen.
Old Boys Network
– [unübersetzt]
Vgl. Kapitel 7,
Fußnote 5: "Ein Begriff, der ursprünglich in Zusammenhang mit Mnnerbunden verwendet
wurde, die exklusiven britischen Bubenschulen entstammten, bezeichnet das Old
Boys Network heute im Englischen allgemein Netzwerke, in
denen Mnner sich gegenseitig in ihren sozialen, politischen und ökonomischen
Machtpositionen stützen."
Kennzeichen
– mark
Bezeichnet das
Charakteristikum einer Person oder eines Dings, dem besondere Bedeutung
verliehen wird und das Definitions- und Kategorisierungsmacht erhlt bzw. die
betreffenden Personen oder Dinge zu einem Prototypen bzw. Einen machen kann.
ego-orientiert
– ego-oriented
Charakteristikum
der maskulisierten Persönlichkeit.
auf Andere
ausgerichtet bzw. das Auf-Andere-Ausgerichtet-Sein – other-oriented bzw.
other-orientation
Charakteristikum
der schenkenden, bedürfnisbefriedigenden Persönlichkeit.
Ersatzgeschenk
– substitute gift
Geschenke, deren
Funktion es ist, auf etwas anderes zu verweisen. In diesem Sinne sind Wörter
beispielsweise Ersatzgeschenke für die Objekte, die sie bezeichnen.
verbales
Ersatzgeschenk – verbal substitute gift
Einfach gesagt, ein
Wort oder eine Phrase. Es geht hier um die Betonung des Schenkcharakters
sprachlicher Kommunikation.
verbales
Schenken – verbal (auch: linguistic) giving
Einfach gesagt, das
Sprechen. Wiederum wird der Schenkcharakter der Sprache betont.
verbales
Bedürfnis – verbal need
Bedürfnis nach
einem Wort/einer Phrase, um verbal schenken und empfangen (mit anderen Worten:
sprechen und verstehen) zu können.
materielle Ebene
– material plane
Einfach gesagt, die
materielle (Außen)Welt. Meist in Abgrenzung zur (verbalen) Welt der Sprache
verwendet.
materielle
Kommunikation – material communication
Das Schaffen
menschlicher Verbindungen durch das Schenken materieller Objekte. Meist im
Unterschied zum verbalen Schenken verwendet.
allgemeine /
soziale Bedürfnisse – general / social needs
Bedürfnisse, die
Menschen gemeinsam teilen. Unterschieden von individuellen Bedürfnissen.
selbsthnlich /
Selbsthnlichkeit – self-similar / self-similarity
Bezieht sich auf
Strukturen bzw. Prototypen, die sich selbst reproduzieren – im Kontext
dieser Arbeit vor allem im Rahmen der Maskulisierung und des Tauschprinzips.
Weitere
Anmerkungen zur übersetzung:
Eine stilistische
Besonderheit des Textes liegt in der oftmaligen Verbindung zweier oder mehrerer
Substantiva. Z.B.
"Geld-Wort" (money-word) oder "Sohn-Ware" (son-commodity). Es handelt sich hier um
die Betonung struktureller Entsprechungen auf unterschiedlichen Ebenen.
Des öfteren werden
von der Autorin auch etymologisch wichtige Aspekte von Wörtern stilistisch hervorgehoben.
Wo diese Hervorhebungen im Deutschen nicht reproduzierbar waren (z.B. im Falle
von "for-getting" (forgetting = "vergessen"; for
getting = "für das Erhalten/Nehmen sein"), wurden sie
in einer Anmerkung/Fußnote erklrt. Ansonsten wurden sie dort reproduziert, wo
sie von der Autorin zum ersten Mal vorgenommen wurden bzw. die Betonung der von
ihnen angezeigten Konnotationen von besonderer Bedeutung erschien. Die
wichtigsten der betreffenden Wörter sind: Ko-muni-kation,
Re-prsent-ation, Verdienen, Vergeben.
Schließlich stellen
sich bei übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche immer die
Schwierigkeiten der geschlechtlichen Spezifizierung deutscher Substantiva, die
es im Englischen nur in wenigen Ausnahmefllen gibt. Im Kontext dieser Arbeit wurde
die weibliche Form dort gewhlt, wo explizit von Frauen bzw. Frauengruppen die
Rede ist; die mnnliche Form in Verbindung mit ausschließlich oder beinahe
ausschließlich mnnlichen Domnen (z.B. wurde owners beinahe durchgehend als "Eigentümer" übersetzt); und eine
geschlechtsneutrale Form, wo auf Frauen und Mnner gleichermaßen Bezug genommen
wird (z.B. receivers als "Empfangende" oder
(seltener) "EmpfngerInnen").
Ich möchte allen deutschsprachigen Menschen
danken, die sich auf die ein oder andere Weise der Idee der Schenkökonomie
geöffnet haben – insbesondere jenen, die die vorliegende Ausgabe von For-Giving ermöglichten. Ich bedanke mich bei
Heide Göttner-Abendroth und Claudia von Werlhof für ihre Schwesterlichkeit und
ihre Hilfe, als es darum ging, die übersetzung in die Wege zu leiten und einen
geeigneten Verlag zu finden. Dank auch an Veronika Bennholdt-Thomsen für ihre
Unterstützung und ihr Verstndnis und an Uschi Madiesky für ihr freies Fördern
der Idee des Schenkens.
Ich danke weiterhin meinen Töchtern, Amelia,
Beatrice und Emma Rossi-Lanid, die nie aufgehört haben, mir zuzuhören, und mich
über die Jahre, an denen ich an diesem Buch gearbeitet habe, bestrkten und
unterstützten.
Ich danke meinem Bruder Ben Vaughan, der mir
großzügige materielle Unterstützung zukommen ließ, und der, ohne meine Ideen zu
kennen, ein wundervolles Beispiel für einen fürsorglichen Vater ist.
Ich danke meinen Eltern und Großeltern, von
denen ich die Ressourcen des Tausches erhielt, die mir zu schenken erlaubten.
Ich danke all den Frauen der Foundation for
a Compassionate Society für ihre Schwesterlichkeit und Unterstützung sowie für das Verstndnis,
das ich whrend meiner Arbeit an dem Buch erfuhr. Ich danke ihnen weiters für
ihr Bekenntnis zum Frieden für alle auf der Basis der Werte der Frauen.
Ich danke schließlich allen Menschen, die
versuchen, durch das Schenken von Zeit, Geld, Ideen, Vorstellungskraft, gutem
Willen und harter Arbeit einen Paradigmenwechsel und damit eine bessere Welt
herbeizuführen. Den Leserinnen und Lesern dieses Buch danke ich im Besonderen
für ihre Bereitschaft, sich seinen Ideen zu öffnen und seinen Inhalt in die
Praxis umzusetzen. Ohne euch würde das Geschenk ungeschenkt bleiben.
Ich hatte viel Glück, was die Ereignisse
anlangt, die mir das Leben gebracht hat.
1963 heiratete ich einen italienischen
Philosophieprofessor und zog nach Italien, wo ich an einer Reihe
intellektueller Bewegungen Anteil haben durfte. 1964 fragten einige Professoren
aus Bologna, die eine neue Zeitschrift gründen wollten, meinen Mann, ob er
ihnen nicht helfen könnte, die Marxsche Analyse von Ware und Geld auf die
Sprache anzuwenden. Die Fragestellung faszinierte mich. Ich begann damals über
die Frage nachzudenken – und dieses Nachdenken hlt bis heute an.
Zu der Zeitschrift kam es letztlich nie, doch
mein Mann begann trotzdem über die Beziehungen zwischen Sprache und Tausch zu
schreiben. Ich stimmte mit seinen Ideen nicht überein, aber es dauerte Jahre,
bis ich begriff, warum.
1975 und '76 hielt ich mich in den USA auf und
hatte endlich Zeit, darüber wirklich nachzudenken. 1977 und '78 schrieb ich
einige akademische Aufstze, die in den frühen 90er Jahren veröffentlicht
wurden. Sie sind in der Bibliographie angegeben und ich ermutige akademisch
interessierte LeserInnen dazu, sie sich anzusehen. In "Saussure and Vigotsky
via Marx" betrachte ich beispielsweise die Analogie, die Saussure zwischen
seiner Idee des linguistischen Werts und dem Tausch zieht, in Verbindung mit
der Marxschen Theorie des Tauschwerts. In "Communication and Exchange" führe
ich die Idee des kommunikativen Bedürfnisses ein, identifiziere Tausch als
abweichende Form der Kommunikation und analysiere Geld als "Ein-Wort-Sprache".
All diese Themen finden sich in diesem Buch wieder.
1978 ließ ich mich scheiden und begann zu den
Treffen einer feministischen Gruppe zu gehen. Viele der Frauen in der Gruppe
arbeiteten in der Welternhrungsorganisation der Vereinten Nationen, die ihren
Sitz in der Nhe meines Hauses in Rom hatte. Frauen kamen von überall her, um
mit uns über Probleme zu reden, die von Protesten rund um die Greenham Commons
zu den jelly babies reichten, die das Resultat
radioaktiver Tests im Pazifik waren. Frauen- und Entwicklungsfragen standen
immer besonders im Vordergrund. Viele der Frauen in der Gruppe reisten 1980 zur
Weltfrauenkonferenz nach Kopenhagen und erzhlten den anderen darüber.
Zu jener Zeit fanden in der feministischen
Bewegung Italiens viele interessante philosophische Diskussionen statt. Ich nahm
an einigen Kursen am Virginia-Woolf-Kulturzentrum (Centro Culturale Virginia
Woolf) teil, einer
unabhngigen Frauenuniversitt in Rom, die von der feministischen Philosophin
Alessandra Bochetti gegründet wurde. Zu jener Zeit begriff ich auch, dass die
freie Arbeit der Frauen das große nicht wahrgenommene Element war, dass die
Grundlage einer neuen Philosophie bilden könnte. Ich hatte in meinem eigenen
Leben viel geschenkt, sowohl als Mutter zweier Töchter als auch als Ehefrau.
Mir begann klar zu werden, dass meine Werte und die der meisten Frauen andere
waren als die der meisten Mnner, die ich kannte, egal ob sie Akademiker oder
Bürokraten, Arbeiter oder Aktivisten waren. Es wurde mir klar, dass die freie
Arbeit der Frauen als die ökonomische Grundlage für einen alternativen überbau
verstanden werden könnte, ein System von Ideen und Werten, das sich von
herrschenden patriarchalen Ideen und Werten unterschied.
1983 kehrte ich in die USA zurück, um zu
versuchen, die Werte des Schenkens außerhalb des eigenen Heims zu praktizieren.
Das letzte Kapitel des vorliegenden Buches berichtet über diesen Versuch, der
weiterhin anhlt. Die Praxis, die ich entwickelte und die sich nach dem Rahmen
meiner spezifischen persönlichen Situation richtete, ließ mir nicht viel Zeit,
theoretisch zu arbeiten (das Schenken kann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen,
wie das Praktizieren der Mütterlichkeit belegt). Ich war Teil vieler
Frauenorganisationen und diskutierte die Idee einer Schenkökonomie mit so
vielen Leuten wie möglich, da ich die Idee "normalisieren" wollte. Eine der
Frauen, mit denen ich dabei sprach, war Sonia Johnson, die die Idee (mich
zitierend) in ihrem Buch Wildfire verwendete. Ich denke, dass ihr Zugang in den
Widersprüchen zwischen dem Ego und der Ausgerichtetheit auf die Anderen
gefangen lag und somit nicht zu der Art gesellschaftlichen Wandels für alle
führen konnte, den ich als notwendig erachte.
1988 begann ich schließlich an dem vorliegenden
Buch zu arbeiten. Allerdings nicht die ganze Zeit und ohne die Vorteile (aber
auch ohne die Nachteile), die eine akademische Position für solche Arbeiten zu
bieten hat. Das Buch wurde sehr lange, und dann wieder kürzer. Die Datei, unter
der ich es auf meinen Computer habe, heißt "kurzes Buch". Ich habe versucht,
die meisten meiner Ideen in den Text und die Fußnoten zu integrieren, aber
viele mussten unerwhnt bleiben.
Whrend meiner Zeit in Italien fühlten wir die
starken Einflüsse, die aus Frankreich kamen, wo sich viele DenkerInnen mit
Fragen der Kommunikation, der ökonomie, der Semiotik und der Psychoanalyse
beschftigten. Die Schule Jacques Lacans hatte Neuland eröffnet und
Anthropologen wie Claude Lévi-Strauss oder Maurice Godelier hatten die
Untersuchungen ausgeweitet, die von Marcel Mauss und Emile Durkheim begonnen
worden waren. Georges Bataille, Michel Foucault und Jacques Derrida
untersuchten Sprache, Kultur und das Unbewusste. Der für mich Interessanteste
all dieser Denker war Jean Joseph Goux, der, wie ich, die Marxsche Analyse der
Ware und des Geldes auf verschiedene soziale Strukturen anwendete, dabei jedoch
zu Resultaten gelangte, die sich von den meinen unterschieden (unter anderem
deshalb, da meine Marx-Lektüre eine andere war).
Die feministischen Denkerinnen Luce Irigaray
und Julie Kristeva mussten sich in einem schwierigen patriarchalen Kontext
bewegen und kamen manchmal nach Italien, um Unterstützung unter italienischen
Philosophinnen zu finden. Die Semiotik-Konferenzen, die jeden Sommer in Urbino stattfanden,
waren intellektuell ergiebige Zusammenkünfte, wo sich viele der französischen
und italienischen SemiotikerInnen (und – zu jener Zeit – "Vor-PostmodernistInnen")
genauso einfanden wie DenkerInnen aus den USA und Osteuropa. So hörte ich dort
Jean Baudrillard oder Jean-François Lyotard, genauso wie Umberto Eco, Massimo
Bonfantini, Augusto Ponzio, Luis Prieto, meinen Ex-Mann Ferrucio Rossi-Landi
und viele andere. Ich schrieb einen Beitrag über "Fürsorge und Kommunikation"
für das letzte Treffen, an dem ich teilnahm, aber nachdem ich es vernachlssigt
hatte, durch die entsprechenden bürokratischen Kanle zu gehen, prsentierte
ich ihn nur vor einer kleinen Gruppe, die sich zu dem Zweck zusammenfand. Ich
gehörte auch dem Centro Romano di Semiotica an und war bei Vortrgen vieler lokaler und
internationaler TheoretikerInnen zugegen.
Als ich 1983 in die USA zurückzog, entdeckte
ich Lewis Hydes Buch The Gift. Imagination and the Erotic Life of Property. Whrend es ermutigend war, das
Schenken positiv beschrieben zu sehen, erlaubte das Fehlen einer Schenktheorie
der Sprache dem Buch nicht, über einen literaturkritischen Rahmen hinauszugehen
(innerhalb dessen die Besprechungen von Ezra Pounds antisemitischen Ausfllen
außerdem um einiges zu lang gerieten). Malinowskis Argonauten des westlichen
Pazifik hatte ich
bereits im College gelesen, und spter auch Marcel Mauss' Die Gabe. In diesen Büchern las ich über den
Potlatch, den die indigenen Kulturen des Nordwestens der heutigen USA
praktizierten und habe seither diese Formen des "Weggebens" nicht nur mit
AnthropologInnen diskutiert, sondern auch mit Menschen, für die sie ein noch
immer lebendiger traditioneller ökonomischer Weg sind. Schließlich
zeigten mir Bücher wie Jean Baker Millers Toward a New Psychology of Women, Nancy Chodorows The Reproduction of Mothering, Carol Gilligans In a Different Voice oder
spter Sara Ruddicks Maternal Thinking wie Frauen in den USA sich mit Differenzen
zwischen ihren Werten und jenen des Patriarchats auseinandersetzten. Auch in
Italien war es zu jenem Zeitpunkt zu einer breiten feministischen Bewegung gekommen,
die versuchte, diese Differenzen positiv zu deuten.
Die postmoderne Kritik des "Phallogozentrismus"
wirft viele wichtige Fragen auf. Ich denke, dass das Erkennen der grundlegenden
Wichtigkeit des Schenkens das Mittel ist, den Phallogozentrismus auf der
materiellen Ebene zu überwinden, was sich auch wesentlich auf die psychologischen
und verbalen Ebenen auswirken wird. Ich hoffe, dass meine Anwendung von
Wygotskis Experiment zur Kategorieformierung verdeutlichen kann, wie es zum
Patriarchat kommt, wie Mnner "logofiziert" und Frauen verdinglicht werden. Wygotskis
Experiment zeigt, dass die Kategorieformierung ein dynamischer Prozess mit
fließenden Grenzen und kein statisches Bild von Gleichheiten und Unterschieden
ist. Das Experiment übertragt ein Thema auf die Ebene kognitiver Psychologie,
das für die Philosophie seit je her ein Thema ist: von Aristoteles'
Auseinandersetzung mit dem Einen und den Vielen bis hin zu Derridas
Beschftigung mit der Exemplaritt. Ich sehe dieses Thema als das Resultat Jahrhunderte
langer patriarchaler Fehl-Konzeptionen.
Wygotski glaubte, dass Kinder erst in der
Pubertt fhig sind, Kategorien zu formen. Wenn die Kategoriestruktur die Gesellschaft
durchzieht, wie ich glaube, dass sie das tut, dann verndert sie den Kontext,
in dem Kinder beider Geschlechter geboren werden, und erschwert es diesen ihre
eigenen kognitiven Prozesse zu verstehen – zumindest bis diese in der
Pubertt auf einer anderen Ebene reproduziert werden. Diese überlegung brachte
mich zu einer epistemologischen Theorie, die ich Nel blu dipinto di blu nenne ("Im Blauen, blau gemalt"),
nach dem Lied "Volare" von Domenico Modugno. Ich glaube, dass wir, wenn wir
etwas in unserem eigenen Leben tun, eher geneigt sind, dies auch in der Welt um
uns herum zu sehen. Zum Beispiel entwickelte sich die evolutionre Theorie des
überleben des Strkeren zeitgleich mit dem Aufstieg des Kapitalismus als einer
Form des überlebens des Strkeren. Damit will ich nicht sagen, dass das, was
gesehen wird, nicht wahr ist; was ich sagen will, ist, dass es so nie gesehen
worden wre, wenn Menschen nicht begonnen htten, diese Vorstellungen auf einer
anderen Ebene auf hnliche Weise zu entwickeln.
Vielleicht wurde die Beziehung zwischen dem
Einen und den Vielen philosophisch so wichtig, weil Mnner in ihrem Leben seit
langem eine solche Beziehung praktizieren und sie auf die Gesellschaft
projizieren. Wygotski war davon nicht mehr ausgenommen als alle anderen.
Darüber hinaus – aus verschiedenen Gründen, die mit dem Praktizieren des
Tauschs zusammenhngen und die ich in diesem Buch besprechen werde –
erkennen wir das Schenken nicht, auch wenn es viele von uns tagtglich
praktizieren. Ich hoffe, dass dieses Buch Frauen und Mnnern nicht nur erlauben
wird, mehr zu schenken, sondern auch zu erkennen, dass sie bereits jetzt auf
vielfache Weise schenken – zu erkennen, dass sie bereits "blau gemalt" und
dementsprechend begreifen, dass sie in das Blau des Himmels passen, das sie
umgibt.
Ich glaube, dass viele Momente antiautoritrer
Bewegungen, sowohl von Frauen als auch von Mnnern, auch als anti-patriarchale
Momente verstanden werden können. Der Wunsch, das Herz über den Kopf oder die
Emotion über die Vernunft zu stellen, sind Projektionen des Wunsches, das
Schenkprinzip über das Tauschprinzip zu stellen. Wir sollten dies nicht nur aus
sentimentalen Gründen tun (die auch mit Schenken verbunden sind), sondern auch
aus praktischen, die mit der Erhaltung des Lebens auf unserem Planeten zu tun haben.
Ich habe For-Giving geschrieben, um das Patriarchat zu verstehen, damit wir – Frauen
und Mnner – die tiefen und weitreichenden nderungen vornehmen können,
die notwendig sind.
Irgendwann, whrend ich dieses Buch schrieb,
fragte ich mich, ob ich wohl des Penisneids und der Versuch der Kastration
bezichtigt werden würde. Wie es die Göttin haben wollte, erhielt ich jedoch
genau in diesem Moment einen Anruf von einer Freundin aus Deutschland, die mir
über die Situation der Frauen in Jugoslawien berichtete, und daraufhin einen
Anruf von einer Freundin in den USA, die das Kind einer Vergewaltigung war und
zu diesem Thema arbeitete. Es wird gesagt, dass alleine in Bosnien um die
Zwanzigtausend Babys als Folge von Vergewaltigungen geboren wurden. Viele dieser
Babys wurden ausgesetzt und verlassen. Was für Schreckensgeschichten!
Nachdem ich den Telefonhörer aufgelegt hatte
und wieder schreiben wollte, begann ich zu weinen und zu schreien. Ich fühlte
Schmerz, Frustration und Wut. Es heißt, dass die Mnner manchmal zu den Vergewaltigungen
gezwungen worden waren unter der Androhung, sonst aus der Armee entlassen zu
werden. Mütter wurden vergewaltigt und vor den Augen ihrer Töchter ermordet.
Diese wurden selbst vergewaltigt. Babys wurden aus den Buchen ihrer Mütter
geschnitten und mit den Föten von Hunden ersetzt. Manche sagen, dass es sich
hier nur um das frühere Jugoslawien handelt und dies nicht reprsentativ sei.
Aber es gibt viele solcher Geschichten aus der ganzen Welt. Als die USA 1991
gegen den Irak in den Krieg zog, wurde berichtet, dass die Mnner in den
Bootcamps der Marines sangen: "Vergewaltigt die Frauen, tötet die Kinder, sonst
gibt's nichts zu tun..."
Es tut mir leid, meine Brüder. Diejenigen unter
euch, die desertieren und den Tod riskieren würden, um dies zu vermeiden
– euch betrifft das vielleicht nicht. Ich hoffe für uns alle, dass ihr
unter diese zu zhlen seid. Aber versteht ihr, wie viel Leid und unsprechbaren
Schrecken diese "überlegenheit" von euch (bzw. von den Mnnern, die sie
ausleben) verursacht? Ich hoffe, dass die Mnner, die dieses Buch lesen, mit
ihrem Schenken dort beginnen, wo es darum geht, anzuerkennen, dass es mir hier
darum geht, die Sachen beim Namen zu nennen und dass dies wichtig ist. Wenn ihr
dies nicht tut, wenn ihr meine Bemühungen abwertet, besttigt ihr das oben
beschriebene Verhalten.
Dasselbe gilt auch für euch Mütter, die ihr
eure Söhne vor einem Schlag gegen ihr "Selbstbewusstsein" schützen wollt.
Schützt eure Söhne nicht vor mir, vor der Wahrheit, sondern vor einer Gesellschaft,
die sie in Monster und Vampire verwandelt, die ihre Liebe zu Hass verkehrt.
Schützt sie vor den phallischen Bildern und Spiegeln, die ihnen und ihrem
Verhalten gesellschaftliche Besttigung verleihen und euch davon abhalten, sie in
der Fortsetzung ihrer Herrschaft und Zerstörung aufzuhalten: sei es als
Soldaten, Waffenproduzenten oder ausbeuterische Kapitalisten. Mich hingegen
wertet ihr als "unrealistisch" ab.
Alle Vergewaltiger und Folterer hatten Mütter. Soll
ich sagen, dass es mir leidtut, dass ich diese Wahrheiten ausspreche? Was mir
leidtut, ist, dass es diese Wahrheiten gibt – das tut mir leid für uns
alle. Aber um sie ndern zu können, müssen wir sie uns zunchst eingestehen.
Dann muss alles, was uns helfen kann, sie zu ndern, in Betracht gezogen
werden. Bitte lest dieses Buch mit dem Wissen, dass es ihm darum geht.
Entschuldigung
Ich bitte um Vergebung für die lange Zeit, die es
gedauert hat, die Ideen dieses Buches zu formulieren. Ich versuchte, es früher
zu tun, aber es gelang mir nicht.
Ich bitte um Vergebung für all die
Unzulnglichkeiten und Ungenauigkeiten, die das Buch enthalten mag. Zu meiner
Verteidigung kann ich nur sagen, dass es schwierig wird, sich der Worte der
Apologeten der herrschenden Ordnung zu erinnern, wenn wir sie nicht lnger
ernst nehmen.
Ich bitte diejenigen meiner Bekannten um
Vergebung, die von meinen Ideen überrascht sein mögen. Ein Paradigma ist ein
Ganzes und muss als solches erklrt werden. Auch wenn ich viele meiner Ideen schon
früher zum Ausdruck gebracht habe, fehlte ihnen der Zusammenhang dieses Ganzen.
Das war der Grund, warum ich mich manchmal damit zurückhielt, sie zu artikulieren
(auch wenn ich sie immer zu praktizieren versuchte).
Wenn, liebe LeserInnen, meine anti-patriarchalen
Analysen in euch Unbehagen erzeugen mögen, dann denkt daran, dass mir alles
Leben heilig ist – das heißt, auch eures. Das Problem ist eine bestimmte
Logik und ein bestimmtes System, ein selbst besttigendes Herrschaftsparadigma,
das zugleich ein herrschendes Paradigma ist. Das Problem sind nicht Individuen
– Frauen oder Mnner. William Blake erklrt im Gedicht "London" aus den Songs
of Experience:
Im Schrei eines jeden Menschen,
Im Schrei eines jeden Kindes,
In jeder Stimme, in allen Verboten,
Höre ich die eisernen Fesseln des Verstandes.
Ich glaube, dass diese Fesseln nicht nur im
Verstand, sondern im Zuge eines Rückkoppelungsprozesses auch in der materiellen
Welt geschmiedet werden. Vielleicht können wir sie nicht brechen – dies
würde Gewalt verlangen, die Teil der patriarchalen Herrschaft ist. Wir können
sie jedoch öffnen. In diesem Buch werde ich versuchen, einen Schlüssel zu
finden, der so klein ist, dass er in den Verstand passt. Bitte verwendet ihn!
"Die
Sprache ist so alt wie das Bewußtsein – die Sprache ist das praktische, auch für andre
Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche
Bewußtsein..."
Karl Marx
"Wem dient
der Gral?"
La Folie
Perceval, 1330
|
|