Das Zeigen und das Patriarchat
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Der Prozess des engendering – was in etwa „in die Wirklichkeit bringen“ bedeutet (aber auch das englische Wort für Geschlecht, gender, beinhaltet – Anm. d. Übers.) – ist ein Akt des Schenkens, der der Geschlechtsformation vorangeht. Das Geschenk ist dabei das Kind. Erst später werden manche Kinder als Buben von der Mutter aufgegeben, weil diese ein materielles „Geschenk“ (den Penis) zu haben scheinen, das den Mädchen fehlt. Es ist dieses Geschenk, das den Buben Wert verleiht. Würden wir Freuds Ödipustheorie aus der Perspektive des Schenkprinzips neu lesen, würden wir dies bestätigt finden. Gleichzeitig ist das Kind, das zum Buben wird, in dem frühen Stadium, in dem dies geschieht, noch nicht wirklich in der Lage, eine sozial dominante Position einzunehmen. Wie Freud richtig annahm, stellt dies den Buben zunächst vor zahlreiche Schwierigkeiten.
Die logischen Implikationen des „Geschenks“ des Penis und seiner Quelle sind hochproblematisch. Wenn er von der Mutter kommt, heißt das, dass sie etwas schenkte, das sie selbst nicht hatte, oder etwas, das sie selbst aufgab. Wenn er vom Vater kommt, schenkte er etwas, das er selbst nicht aufgab. In jedem Fall gibt der Bube viel für das Eigentum des Penis auf, da ihn dieses seiner schenkenden Mutter entfremdet und er sein menschliches Schenkpotential verliert.
Es ist die Fürsorge, die den Kategorien und der Identität, die der Bube formt, ihren Inhalt gibt. Ihm zu vermitteln, dass er einer Geschlechtskategorie angehört, die nicht fürsorglich ist, definiert ihn als außerhalb des Lebensprozesses stehend, den er erfährt. Definitionen und Modelle der Maskulinität sind Versuche, der männlichen Geschlechtskategorie einen Inhalt zu geben, der ohne die Fürsorge auskommt. Die Struktur der Definition und des Benennens werden zum Rückgrat der maskulisierten Identität als sozialem Ideal.
Es gibt viele individuelle Variationen dieses Prozesses und zum Glück ändern sich die Dinge. Der Feminismus hat mittlerweile viele Männer dazu gebracht, Aufgaben der Kinderpflege zu übernehmen. Stärkere Mütter mit mehr Bewusstsein, weniger Betonung auf Maskulinität innerhalb der Familie und die zunehmende Zahl fürsorglicher männlicher Rollenbilder ändern die Erziehung von Kindern in den USA und in anderen Ländern.
Das Vermächtnis der Maskulisierung in der Gesellschaft ist jedoch stark und wird nach wie vor in sozialen Strukturen ausgespielt und dadurch in die Familie zurückprojiziert. Themen männlicher Gewalt und Herrschaft kennzeichnen sowohl Fernsehen und Film als auch unsere Wirklichkeit. Frauen und Kinder werden nach wie vor geschlagen, vergewaltigt und ermordet. Heimliche Verbrechen werden hinter Fassaden vermeintlicher Glückseligkeit begangen. Vermeintlich liebenswürdige Väter vergewaltigen und quälen ihre Kinder zuhause. Die School of the Americas bildet fremde Soldaten zu Folter und Faschismus aus. Die CIA destabilisiert Länder durch (natürlich verleugnete) Bestechung, Folter und Mord. Weit verbreitete Armut, die im Tod von Millionen resultiert, wird produziert, indem nur den Wenigen geschenkt wird. Kriege werden geführt und schaffen enormes Leid. Die Natur wird täglich erniedrigt durch die Zerstörung, die von Geschäftsinteressen und Krieg geschaffen werden.
Auch wenn es also auf der individuellen Ebene zu einem Abbau maskulisierten Verhaltens kommen mag, bedroht der soziale Mechanismus des Patriarchats allgemein unser Leben weiterhin und muss radikal geändert werden. Es ist daher dieser Mechanismus, auf den sich die Aufmerksamkeit der Frauen und ihrer Verbündeten unter den fürsorglichen Männern richten muss. Wir müssen zunächst verstehen, wie dieser Mechanismus funktioniert, um ihn erfolgreich ändern zu können. Um ihn verstehen zu können, müssen wir ihn wiederum genau betrachten, obwohl dies so manches Unbehagen in uns auslösen mag. Aber wenn wir das nicht tun, wenn wir nicht genau hinsehen, dann riskieren wir, den Mechanismus mitsamt all seiner Bestandteile und Strukturen zu reproduzieren, selbst wenn wir die besten Intentionen haben. Sogar bewusste Männer mögen beispielsweise als Hilfsmittel unwissentlich Formen jener Eines-Viele-Strukturen vorschlagen, die so tief in unsere Gesellschaft verankert sind. Egal wo Männer den Platz der Frauen als Modell einnehmen, reproduzieren sie die Struktur unserer Probleme. Wenn Frauen das weiterhin zulassen, unterwerfen sie sich einmal mehr.
Ikone und Index
Vor Jahren, als ich über die Kategoriestrukturen des Einen und der Vielen nachdachte, stieß ich auf die Arbeit von Tran Duc Thao , einem vietnamesischen Philosophen, der glaubte, Sprache käme von der Geste des Zeigens. Als ich diese Theorie auf die Fragen anwandte, mit denen ich mich beschäftigte, wurde mir endlich klar, was eigentlich schon immer offensichtlich gewesen war: Ich erkannte, dass das Zeigen eine Geste des Einen und der Vielen ist und dass es ein Objekt in den Vordergrund rückt, nämlich den Zeigefinger, während es andere Objekte derselben Art in den Hintergrund rückt, nämlich die restlichen Finger. Auf diese Weise ist der Zeigefinger tatsächlich eine Ikone: eine visuelle, sensorische und kinästhetische Repräsentation der Beziehung zwischen dem Prototypen und den Objekten in der Kategorie. Zeigt einfach einmal mit dem Finger und ihr werdet verstehen, was ich meine!
Die Geste des Zeigens hat zwei Funktionen: Sie animiert uns zunächst dazu, ein Objekt aus einer Gruppe von Objekten auszuwählen, und weiters dazu, das ausgewählte Objekt als definierbar und repräsentativ wahrzunehmen, als Eines innerhalb einer Gruppe von Vielen. Das Zeigen schafft somit eine Beziehung zwischen dem Einen und den Vielen, die soviel sagt wie: „dies ist hier und dort“. Es handelt sich um eine Projektion des Bildes des Einen. (Siehe Graphik 24.) Das In-den-Vordergrund-Rücken eines bestimmten Objekts wird dadurch bestätigt, dass es verständlich und repräsentativ wird: es steht für andere Objekte derselben Art bzw. für seinen Hintergrund. Wir können das ausgewählte Objekt auch teilen, da wir ihm alle gleichzeitig unsere Aufmerksamkeit schenken können, nachdem es im Vordergrund steht. Die Außenwelt produziert die Eines-Viele-Ikone, die von der Hand gebildet wird. Es scheint fast so, als würde der Gegenstand, auf den gezeigt wird, zurückzeigen. Ich denke etwa an Michelangelos Gott und Adam. (Siehe Graphik 25.)
Diese Gedanken führten mich zu der Überlegung, dass wir den Penis vielleicht mit dem Zeigefinger identifizieren und er ebenso als Index funktioniert („Zeigefinger“ im Englischen: index finger – Anm. d. Übers.). Der Bube erhält dann den Namen „männlich“, da er diesen Index besitzt, während Frauen, inklusive seiner Mutter, das nicht tun. Wir sagen, dass der Bube ein Teil der männlichen Kategorie ist, weil er wie der Vater ist bzw. weil er denselben Index wie der Vater hat. Vielleicht ist einer der Gründe für die Vormachtstellung des Phallus, dass wir (fälschlicherweise) die Charakteristika des Zeigens dem Penis zuschreiben. Wenn der Penis des Buben als ein Objekt gekennzeichnet wird bzw. wenn auf ihn als einen Zeiger gezeigt wird, dann mag er als Prototyp erscheinen, der sich bereits in einer Eines-Viele-Beziehung zu anderen Objekten derselben Art befindet.
Natürlich ist der Penis des Vaters anders und größer als der des Buben. Er ist der Prototyp und der Penis des Buben eines der auf ihn bezogenen Objekte. Die Beziehung zwischen verschiedenen Penissen wird dann zu einer Wettbewerbsbeziehung zwischen Prototypzeigern und Prototypindexen – zwischen Dingen, die andere Prototypen anzeigen und die Wirklichkeit in ihrem Bild schaffen.
Wenn wir bedenken, dass der Phallus sozial mit der Überlegenheit des Kennzeichens der privilegierten Kategorie ausgestattet ist, dann können wir die Bedeutung erkennen, die die Gleichheit zwischen den Genitalien des Vaters und des Buben hat. Der Zeigefinger, der Penis und der Kategorieprototyp (im besonderen der Prototyp von „männlich“ und „menschlich“) sind in eins zusammengefallen. Der Gleichheit wird zuviel Wert geschenkt – im Speziellen, was die Gleichheit mit dem Vater betrifft, da das Instrument für das Auswählen von Prototypen (der Index, der eine Ikone seiner eigenen Aktivität ist) mit dem Kennzeichen identifiziert wird, das vor einem Hintergrund von Frauen Männer auswählt.
Der Penis wird die Ikone des Index und des Prototypen. Damit wird er gleichzeitig zur Ikone aller Prototypen und zur Kategorie. Während es zwischen den Fingern einer Hand eine Eines-Viele-Beziehung gibt, befindet sich der Penis ursprünglich nicht in einer solchen. Der Zeigefinger kann sich mit den Fingern seiner eigenen Hand vergleichen. Der Penis muss sich mit den Penissen anderer Männer vergleichen. Es etabliert sich somit ein Wettbewerb um die Rolle des Kennzeichens der Überlegenheit bzw. des Prototypstatus unter den Penissen – ein Wettbewerb, der gleichzeitig ein Wettbewerb um die Position des Prototypen der Prototypen ist. Es ist, als würde gefragt werden: „Welcher Finger ist der Zeigefinger?“
Die Überlegenheit des Prototyps ist freilich eine konstruierte. In Wygotskis Experiment könnte theoretisch jeder Teil der Kategorie als Prototyp fungieren. Die Polarität, die in der Kategorie etabliert wird, dient einfach dem Finden gemeinsamer Qualitäten. Der Prototyp muss den anderen Gegenständen zu diesem Zwecke gleich und darf ihnen nicht überlegen sein.
Eine entscheidender Moment ereignet sich, wenn Männer beim Sex ihren Penis-Zeiger auf das „Fehlen“ des Penis-Zeigers der Frau richten und er dabei im Zuge der Erektion größer wird. Dies scheint die Gleichsetzung von Haben mit dem Haben des Penis (des Zeigers) sowie die Gleichsetzung des Nicht-Habens mit dem Nicht-Haben des Penis zu bestätigen. Dies wiederum untermauert den Ausschluss der Nicht-Habenden aus der Kategorie der Prototypen und die Vorstellung, dass sie des kategorischen Denkens nicht fähig sind. (Das Fehlen des Zeigerprototypen scheint zu implizieren, dass wir Frauen Prototypen nicht entsprechen erkennen, nicht entsprechend „aufzeigen“ können.) Beides wird für Männer erotisiert, die ihre maskulisierte Geschlechtsrolle in einem Szenarium des Übernehmens und Ausweichens ausleben.
Anm. d. Übers.: Die School of the Americas, gegründet 1946 als The Latin American Training Centre, 1963 umbenannt in die US Army School of the Americas und seit 2000 offiziell das Western Hemisphere Institute for Security Cooperation ist eine spanischsprachige Ausbildungsstätte der US Army. Es gibt historisch eine enge Verbindung zwischen der Institution und rechtsgerichteten Regierungen bzw. konterrevolutionären Organisationen in Lateinamerika.
SemiotikerInnen unterscheiden zwischen drei Arten von Zeichen: die Ikone korrespondiert mit dem Objekt durch Isomorphismus oder Ähnlichkeit; der Index stellt eine Abhängigkeitsbeziehung zwischen einem Zeichen und einem Objekt dar; und das Symbol bezieht sich auf ein Objekt durch Assoziationen von Ideen. Vgl. Kirsten Malmkjaer, The Linguistics Encyclopedia.
Tran duc Thao, Recherches sur l’Origine du Langage et de la Conscience.
Obwohl sein phallischer Charakter etwas verschleiert ist, scheint mir der schwarze Monolith in 2001: Odyssey im Weltraum eine Ikone des Prototypen zu sein, und ich denke, dass die weitreichenden Effekte, die der Monolith im Film hat, mit den Effekten, die von menschlicher Entwicklung (mit ihren phallisch ausgestatteten Kategorie formenden kognitiven Prozessen) verursacht werden, verglichen werden können. Die Entwicklung von Werkzeugen, Waffen und Raumschiffen mag tatsächlich von unserem übertriebenem Gebrauch dieses phallischen Kategorieprototypen kommen. Die phallische Ausstattung des Prototypen selbst ist künstlich und fremd und leitet sich von der Auferlegung des Geschlechts durch die Maskulisierung her. Eine nicht-wettbewerbsmäßige, fürsorgliche, nicht-phallische Technologie wäre nur dann vorstellbar, wenn sie auf einem Prototypen beruhen würde, der sich auf die Mutter oder die Brust bezieht. (Fliegende Untertassen?) Vielleicht könnten wir aber auch unsere geschlechtlichen Projektionen überhaupt überwinden.
Den Zeiger zu haben, der mit dem Index korrespondiert und seinen Einfluss ständig auszudehnen vermag, schafft die physische und psychische Basis der Besessenheit mit Messungen und Quantifizierungen sowie mit der Betonung der Frage quantitativer Gleichheit und Ungleichheit.
So bestärkt männliche Lust die Art des Denkens, die in die Definition (inklusive der Definition des Geschlechts) involviert ist und vom im Mann dominierten Sexakt ausgelebt wird. (Diesen Hinweis verdanke ich Susan Bright.) Die Tatsache, dass Sexualität nicht immer so funktioniert, schafft Hoffnung auf die Befreiung von der Maskulisierung – oder zumindest macht sie diese menschlicher.
Das Fehlen des Zeigers
Wenn Frauen so gesehen werden, dass ihnen der Penis-Zeiger fehlt, dann erscheinen sie als non- oder präverbal, als präkategorisch. Sie scheinen keinen (körperlichen) Kategorieprototypen zu haben und somit auch kein Wort. Frauen werden somit als Viele auf den Penis als Einen bezogen – wie im Falle des Don Juan, der zeigen muss, wie viele Frauen er „gehabt“ hat.
Aufgrund ihrer Präverbalität erscheinen Frauen gleichzeitig als Vertreterinnen abhängiger Glückseligkeit – als Objekte, im Gegensatz zum verkörperten Wort, das der Mann darstellt. Dieser verdrängt die Mutter als Prototyp des verbal kompetenten Menschen. Ihr wird damit selbst die Fähigkeit abgeschrieben, ihren Kindern Sprache zu lehren (zu schenken). Vielleicht ist sie – so wie es die alten Patriarchen glaubten – Eigentum des Vaters, seine Habe, ein rein mechanischer Vermittler von Kultur, ein leeres Gefäß, ein Mechanismus, der das Wort, die Kultur und das Gesetz des Vaters an andere weiterreicht.
Als Objekt kann sie sich auf ein Wort beziehen, wenn sie dem Mann schenkt und auffällt – wenn sie Aufmerksamkeit auf sich zieht und den Mann dazu bringt, auf sie zu zeigen. Als sein Eigentum erlaubt sie ihm dann selbst, als Prototyp und privilegiertes Eines aufzufallen. Ihre Schönheit, die andere Männer dazu bringt, auf sie zu zeigen, verleiht ihrem Mann als ihrem Besitzer Bedeutung. Die Mutter als präverbal erscheinen zu lassen, ist insofern wichtig, um damit das Schenken als kindisch („weibisch“) diskreditieren zu können. Vielleicht ist dies sogar ein Aspekt des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Denken wir etwa an Marilyn Monroes Babygesicht.
Das Gleichnis zwischen dem Penis und dem Zeigefinger trägt zur Bestätigung der Männer als Prototypen der Kategorie des Menschen bei und bestätigt gleichzeitig, dass Frauen keine Prototypen sein können, weil ihnen der Zeiger fehlt. In Wirklichkeit jedoch ist der Penis kein Index und er ist auch nicht für kategorisches Denken notwendig. Der Zeigefinger leistet hier viel bessere Arbeit. Er ist eine viel bessere Ikone. Die anderen Objekte der Kategorie, also hier: die Finger, werden als Teil derselben Hand zurückgezogen, um dem Zeigefinger (dem Index) zu erlauben, zu zeigen. Gleichzeitig rücken wir Objekte in unserer Umgebung (diejenigen, auf die nicht gezeigt wird) in den Hintergrund. Darüber hinaus lässt sich das Ausstrecken des Zeigefingers von unserem Willen kontrollieren – die Erektion des Penis tut das nicht.
Da der Penis mit den Penissen anderer verglichen werden muss – innerhalb einer Kategorie bzw. als Prototyp – muss er sich auf diese als Konkurrenten beziehen. (Siehe Graphik 27.) Nachdem dies für alle Männer gilt, und nachdem die Anforderung, ein Prototyp zu sein, Teil der männlichen Geschlechtskategorie ist, werden andere Männer (Penisse) als gefährlich empfunden, als etwas, das damit droht, einen selbst zu verletzen oder zu kastrieren und somit vom Wettbewerb auszuschließen. Vielleicht ist es das, was mit den Frauen passiert ist.
Messer, Pfeile, Gewehre und andere tödliche Phallussymbole haben die Fähigkeit, Konkurrenten um den Prototypstatus zu eliminieren. Wenn wir uns anschauen, wie Gewehre gemacht werden, können wir sehen, dass der Zeigefinger zurück bewegt wird, um den Abzug zu drücken. Dabei wird der Zeigefinger für einen Moment den anderen Fingern gleich und erlaubt dem phallischen Gewehr, seinen Platz als tödliches Index-Projektil zu übernehmen und den Tod eines Gegners anzuzeigen. Dem Gewehr wird erlaubt, das Wort zu sprechen, das andere in die fremde nicht-kommunikative und nicht-zeigende Kategorie der Toten rückt. (Dieser Prozess folgt der Logik des Benennens des Geschlechts.)
Ich habe mich immer über die Doppeldeutigkeit des englischen arms gewundert (im Deutschen sowohl „Arme“ als auch „Waffen“ – Anm. d. Übers.). Jetzt kann ich sehen, dass arms die Dinge sind, die als tödliche Zeiger enden, aber in unserer Verleugnung verstehen wir das nicht (we do not get the point).
Der Hitlergruss ist vielleicht die negativste Apotheose der Beziehung zwischen dem einen (überlegenen) Prototyp-Penis und den Vielen. Hitler verwendete dieses Kennzeichen, um den Prozess des Einen und der Vielen dazu zu nutzen, sich zu einem selbst stilisierten Prototypen der Kategorie „Deutsch“ bzw. „Arisch“ zu machen. Er tat dies, um die auf ihn bezogenen Vielen dazu zu bewegen, sich zu vereinen, um andere menschliche Gruppen auszulöschen und zum alleinigen Kategorieprototyp der menschlichen Rasse zu werden. (Siehe Graphik 28.)
Im Rahmen linker Politik mag die hochgereckte Faust vielleicht den Zusammenhalt der Vielen symbolisieren – doch ich sehe sie immer noch als ein phallisches Symbol. Der auf einen gerichtete Finger ist autoritär, anklagend. In diesem Sinne hat er in der Tat viel gemeinsam mit dem gewaltsamen Penis – beide „penetrieren“ den Platz anderer. (Siehe Graphik 29.) Anstelle dessen könnten wir vielleicht einfach unseren Zeigefinger als Bestätigung sehen, dass wir als Menschen die Fähigkeit teilen, einen Finger aus der Gruppe unserer Finger auszuwählen bzw. einen Gegenstand aus der Gruppe gleicher Gegenstände auszuwählen. Dies würde bedeuten, dass uns die Fähigkeit des Zeigens vereinen würde, anstatt Konkurrenz zu schaffen.
Symbolisches Zeigen
Brüste sind zwei mit sich identische Körperteile – so wie unsere Hände oder unsere Zeigefinger. Die Brüste zeigen auf andere, um Milch zu schenken. Das Bild zweier identischer schenkender Zeiger ist ein machtvoller sozialer Archetyp. Mit dem Bild unserer zwei Zeigefinger hat sich dieser in symbolische Zeiger verwandelt, von denen manche durchaus gefährlich sind. Das seit langem heilige Symbol der Hörner etwa mag zwei identische (und gefährliche) symbolische Penisse auf dem Kopf eines Bullen präsentieren – auch wenn sich die Hörner auch auf dem Kopf der Kuh finden lassen (was wenigstens die Geschlechterdifferenz auflöst). Hörner zeigen nach außen, um zu verletzen. Flügel – die sowohl männliche als auch weibliche Vögel haben – können als eine symbolische Repräsentation von Gleichheit gesehen werden. Der Schnabel wiederum ist ein weiteres phallisches Symbol und „Vogel“ ist in manchen Sprachen ein umgangssprachlicher Ausdruck für den Phallus (vgl. auch „vögeln“ im Deutschen – Anm. d. Übers.).
Vielleicht halfen diese und andere synkretistische Symbole, die Beklemmung von Kindern im Altertum zu erleichtern, die vielleicht von der Maskulisierung genauso geschädigt waren wie wir es heute sind. Die Brüste von Frauen zeigen auf andere, um sie zu versorgen, während die Penisse maskulisierter Männer auf andere zeigen, um ihre eigene Identität zu finden bzw. diese anderen aufzuerlegen. Männer müssen sich selbst mit anderen messen, um ihre Gleichheit mit ihnen bzw. ihre Überlegenheit zu bestätigen. Indem sie der Prototyp werden, penetrieren sie, um immer noch größer, immer noch „mehr“ zu werden – manchmal, um anderen Vergnügen zu bereiten, aber manchmal einfach auch, um diese gewaltsam zu verletzen, oder zu töten (auch in symbolischer Form: als Gewehre oder Raketen).
Ein Beispiel für ein wirkliches, von einem Zeiger kommendes Geschenk ist die Milch der Brustwarzen – dies ist die erste Erfahrung des Kindes, in der mithilfe der Sinne des Sehens, Tastens, Schmeckens und Riechens etwas in den Vordergrund und etwas anderes in den Hintergrund gerückt wird. Nicht nur ist die Brustwarze erektil, sondern sie schenkt auch tatsächlich Milch. Unsere Aufmerksamkeit wird nicht von unserem Zeigefinger geleitet. Wir haben Füllfedern entwickelt, aus denen Tinte rinnt, damit nicht nur die Prototypen draußen in der äußeren Welt sichtbar sind, sondern auch die Prototypwörter.
Der Zeigefinger hat teil an verschiedenen Signifikationsformen. Er ist sowohl der prototypische Index als auch eine physische Ikone der Eines-Viele-Kategorien auf der Ebene der Metapher, womit er im menschlichen Körper eine Unterscheidung wiederholt, die auch in der äußeren Welt gemacht wird. Gleichzeitig kann der Zeigefinger aber auch angewandt werden, um das Objekt der Aufmerksamkeit zu berühren, potentielle Beziehungen zu ihm herzustellen und metonymisch zu wirken.
Der Akt, einige Finger zurückzuziehen, um einen nach vorne zu richten, wiederholt metaphorisch den sozialen Prozess, in dem einige Menschen ihre Positionen aufgeben, um anderen zu erlauben, Prototypen zu sein. In beiden Fällen dienen die Vielen dem Einen, indem sie ausweichen und ihr Ausweichen selbst kontrollieren. Die Kombination bzw. das Wechseln von Formen hat einen beinahe mechanischen Prozessaspekt, genauso wie der Tausch oder die Definition, was den Anschein einer automatischen Wertzuschreibung durch Ersetzung erwecken mag.
Der Wechsel zum Tausch ersetzt die Logik des Schenkens vollständig mit der Logik des Ersetzens. Der Wechsel von der Ikone zum Index, von der Metapher zur Metonymie und von der Repräsentation zur Einrichtung der Kategorie, die die Möglichkeit beinhaltet, den äußeren Prototyp tatsächlich zu berühren (oder ihm zu bedeuten, nach vorne zu treten), ist jedoch kein Ausdruck dieses vollständigen Wechsels. Die ikonische Repräsentation der Kategorie durch die Eines-Viele-Beziehung der Finger ersetzt den Prototypen, auf den gezeigt wird, nicht, sondern dient nur dazu, ihn für einen Moment in den Vordergrund zu rücken. Sie kann damit die Ebenen des Schenkens und der verbalen Kommunikation um eine neue Dimension bereichern und ihnen in dieser Hinsicht dienen.
Anm. d. Übers.: Im Original: Missing the Point – dies kann sowohl (wie hier übersetzt) „das Fehlen des Zeigers“ bedeuten als auch „das Wesentliche nicht verstehen“. Diese Doppeldeutigkeit kann im Deutschen nicht wiedergegeben werden.
Tatsächlich mag die von Linguisten und Philosophen so geschätzte Type-Token-Unterscheidung als etwas gesehen werden, dass von der Tatsache kommt, dass jedes ausgesprochene Wort aufgrund der gleichzeitigen Abwesenheit der Wörter derselben Art zu einem Prototypen wird. Außerdem ist das geschriebene Wort jedes Mal ein Prototyp, wenn wir es ansehen, da es in Bezug auf die Außenwelt konstant bleibt. So gesehen wäre auch das Token (wie der Index oder der Phallus), das eigentlich nur eines der Vielen ist, ein Prototyp und wir würden es als etwas verstehen, das für eine abstrakte Gruppe oder eine Type steht. Dann identifizieren wir diese gleichzeitig mit den Dingen, die aufgrund ihrer Materialität als Objekte präsent sein mögen, wie mit dem Ding, das wir Äquivalent und Prototyp sein lassen. Die Type scheint dann eine abstrakte Kategorie zu sein (da wir alle ihrer Objekte als Prototypen sehen), die wir einer gewissen Art des Denkens zurechnen mögen (auch hier wechseln wir Ebenen).
Die Ebene der Metapher funktioniert gemäß der Gleichheit und Ersetzung, während die Ebene der Metonymie durch Serialität funktioniert (die als Kontext für etwas anderes dient). Siehe Roman Jakobsons Darlegung dieser grundlegenden Unterscheidung in On Language, Kapitel 7, „Two Aspects of Language and Two Types of Aphasic Disturbances“.
Der Index ist Eines – wie Geld, das auf jedes Ding als das einer bestimmten Kategorie zeigt und ihm den Marktpreis dieser Kategorie zuschreibt.
Verbale und nonverbale Zeiger
Die Aktivitäten des In-den-Vordergrund- bzw. In-den-Hintergrund-Rückens, die in das Versorgen mit der Brust involviert sind, werden von der zweiten Brust wiederholt und von beiden Brüsten immer wieder im Laufe der Zeit. Vielleicht dienen die beiden fürsorglichen Zeiger der Brüste als frühe Ikonen des kommunikativen Charakters der Wiederholung von Lauten. Es mag ein Zusammenhang bestehen zwischen den Brüsten als identifizierbaren materiellen Geschenkquellen, die Teil des Körpers der Mutter sind, und des Wortes „Mama“ für die Mutter und „Papa“ für den Vater. Für Babys, die nicht gestillt werden, mögen Babyflaschen auf ähnliche – wenn auch weniger poetische Weise – ikonisch sein.
Die Wörter „Mama“ und „Papa“ kommen in verschiedenen Sprachen vor, wie Roman Jakobson in seinem berühmten Aufsatz „Warum ‚Mama’ und ‚Papa’?“ gezeigt hat. Jakobson erklärt die Tatsache, dass diese Wörter dadurch zustande kommen, dass es Kindern zu Beginn des Sprechens am leichtesten fällt, nur wenige Konsonanten zu verwenden und diese zu wiederholen. Außerdem suggeriert er, dass die Laute „m“ und „n“ von den Lauten und Bewegungen des Kindes beim Saugen an der Brust herrühren.
Für mich ist das Interessanteste an diesen Wörtern jedoch die Wiederholung der Phoneme. Diese Wiederholung gibt es in vielen Wörtern, die wir mit Kindern verwenden, Wörter, die psychologisch wichtig für sie sind (zum Beispiel: „Heia-heia“, „Gaga“, „Baba!“). Viele Kinder verändern Wörter, während sie zu sprechen lernen, und schaffen damit doppelte Silben: „Bus-Bus“. Jakobson sagt, dass die Wiederholung der Silben das Wort inmitten nonverbaler Laute als Wort identifiziert und ein Ausdruck der Wiederholbarkeit selbst ist.
Vielleicht können wir die Wiederholung von Lauten innerhalb eines Wortes tatsächlich als Ikone der Wiederholbarkeit des Wortes betrachten. Das heißt, dass das Wort „Mama“ in seinen verschiedenen einzelnen Anwendungen ein Beispiel der Tatsache ist, dass Laute einander gleich sein können und dass sie aus diesem Grunde wichtig sind. (Dinge, die Geschenke sind, können auch aufgrund ihrer Wiederholbarkeit wichtig sein.) Dieselbe Beziehung von Gleichheit, die zwischen „ma“ und „ma“ besteht, besteht zwischen dem Wort „Mama“ und einzelnen Anwendungen des Wortes. Das Wort „Mama“ ist wie ein Koffer, der zwei Koffer enthält und damit beweist, dass der größere Koffer nicht einzigartig ist – es gibt andere Objekte derselben Art. Wie die Flasche, die Alice im Wunderland findet, auf der „Trink mich!“ steht, impliziert das Wort „Mama“: „Wiederhole mich!“ (Siehe Graphik 30.)
Wie der Index wechseln „Mama“ und „Papa“ ihre Formen. Es gibt einen Wechsel vom Inneren des Wortes „Mama“ zum Äußeren seiner einzelnen Anwendungen. Ein induktiver Sprung muss getan werden, um von den einzelnen Anwendungen des Wortes in unterschiedlichen Zusammenhängen zum Verständnis zu gelangen, dass es sich hier um ein Wort (ein Ding) handelt, das wiederholt wird. Die internen Wiederholungen von „Mama“ und „Papa“ erleichtern diesen Sprung. Die Wiederholbarkeit von „Mama“ korrespondiert mit der zunehmenden Erfahrung des Kindes, dass bestimmte Objekte konstant sind. In Bezug auf die Mutter heißt das, dass das Kind zu erwarten beginnt, dass die Erfahrung der mütterlichen Präsenz wiederholbar ist und sie in ihrer Abwesenheit zu existieren fortsetzt. Das Wort, das immer zugänglich ist, wird dann zur Möglichkeit, die Mutter immer in einer bestimmten Form erfahren zu können. Es gibt einen weiteren Wechsel von der Ikone zum Index: die Ikone der Wiederholbarkeit in „Mama“ wird der Index für die Mutter und ruft sie bzw. bringt sie dazu, auf das Wort und damit auf das Kind zu zeigen, indem sie kommt. Das Kind wird ihr Ziel, das Ziel ihres Prototypen.
Es gibt andere Beispiele für den Gebrauch von Wiederholungen. So werden sie in vielen Gesten verwendet – zum Beispiel im Schütteln oder Nicken des Kopfes. In diesem Sinne sind Gesten den frühen Wörtern von Kindern ähnlich. Manche Sprachen verwenden Wiederholungen von Silben in den Wörtern, die „Menschen“ bedeuten – etwa „Shoshone“ oder „Mau-Mau“ (das Englische people selbst kann als Beispiel gelten). Es ist so, als würden diese Wörter sagen: „Dies ist eine Gruppe von Menschen, für die Wiederholungen Wert haben.“ Lautmalerische Wörter, die auf Tiere bezogen werden, so wie „Wau-Wau“ oder „Piep-piep“, bestehen auch aus Wiederholungen. Vielleicht mögen Kinder diese Wörter deshalb so sehr, weil es so scheint, als wären auch die Tiere Kinder, die ihre ersten Wörter sagen.
Der selbstbezogene, interne repetitive Charakter von „Mama“ und „Papa“ stellt einen Art Schlüssel zur Sprache dar, ein minimalistisches Anleitungsbuch, um Sprache zu lernen. Die Beziehung, die dem Wort innewohnt, ist ikonisch in Hinsicht auf die äußere Beziehung auf das Wort bzw. seine einzelnen Anwendungen und den Implikationen, die die Konstanz oder die Wiederholbarkeit von Dingen in der Außenwelt betreffen. Auf ähnliche Weise impliziert die Geste des Zeigens eine Beziehung von Dingen zueinander, die außerhalb dieser selbst liegen. Sowohl die Geste des Zeigens als auch die Wörter der Kinder sind, um Bedeutung zu erlangen, auf einen gemeinschaftlichen Kontext angewiesen, sodass „Mama“ von anderen gehört und wiederholt werden kann.
Während das Kind aufwächst, wird es von der Tatsache, dass es eine wiederholbare Lautähnlichkeit gibt, die für etwas geschenkt und empfangen werden kann, dazu geführt, seine Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Erfahrung zu richten und diese in den Vordergrund zu rücken (womit das Kind die Erfahrung dazu bringt, „zurückzuzeigen“). Dies ist eine Bestätigung von Wichtigkeit, eine Zuschreibung von Wert. Die Gleichheit der Laute mag an sich selbst wichtig erscheinen, erhält jedoch seine eigentliche Bedeutung erst von der Tatsache, dass wir die wiederholbaren Laute als Ersatzgeschenke verwenden. Dem Wechseln der Ebenen des Wortes und der Geste von innen nach außen und von Ikone zu Index wird auch von der Tatsache Wert geschenkt, dass andere sie ebenso vollziehen.
Geld wiederholt den Wechsel des Zeigefingers von Ikone zu Index. Es gleicht dem Zeigefinger darin, dass es auch eine Ikone der Eines-Viele-Beziehung ist, wenn auch auf einer viel komplexeren Ebene. Es ist das allgemeine Äquivalent, das eine Gut, das für alle anderen steht. Doch auch als solches wechselt es Ebenen, um wirksam zu werden, und schafft Verbindungen, indem es unentwegt seinen Bezug auf eine bestimmte Person ändert und Ersetzung praktiziert, indem es den Platz der Produkte, die diese jeweiligen Personen für es hergegeben haben, einnimmt. In seiner Wiederholbarkeit und präsenten Singularität ist das Geld wie das Wort. Wie das Wort kann es an mehreren Orten zur selben Zeit sein. Jede Einheit (denomination – im Englischen vor allem für den Nennwert einer Geldeinheit in Form von Münze oder Schein verwendet: $1, $5, usw.; Anm. d. Übers.) ist sowohl eine Sache als auch viele. Während ich diesen Satz schreibe, hebe ich eine US-Münze auf, um wieder einmal die Wörter, die auf sie gedruckt sind, zu lesen: E pluribus unum – aus Vielen Eines.
Symbolische Artefakte
Die Übergänge, die zwischen unterschiedlichen Ebenen bestehen, sind von Bedeutung. Wir könnten sie vielleicht als Stufen sehen und unsere Traumstufen in den REM (Rapid Eye Movements) als Wechsel zwischen Ebenen. Auch die Musik schafft einen Rhythmus von Wechseln, von Betonungen, von In-den-Vordergrund- und In-den-Hintergrund-Rücken. Der Taktstock des Dirigenten winkt und die Musik zeigt zurück. Der Index wird leicht zu einem Zeichen seiner selbst. Im Dirigieren wird jedes Mal, wenn der Finger oder Taktstock bewegt wird, ein Prototyp erzeugt, der einen neuen Prototyp erzeugen kann.
Unsere Besuchenden von einem anderen Planeten könnten Artefakte sammeln, um unsere Gesellschaft zu verstehen. Sie würden Uhren finden, die mit zwei oder drei Indexen ausgestatte sind, die verschiedene Zeiteinheiten anzeigen. Das zeigende Messer wird von den Fingern der Gabel unterstützt, die gleichsam eine Hand bildet. Es gibt die Sense, die Heugabel und die Hacke, alles Variationen desselben Themas. Im Teleskop und Mikroskop können wir sogar durch den Index hindurch sehen. Alle phallischen Symbole entsprechen dem Index und es ist schwierig zu sagen, was genau was ist. Zum Beispiel ist die Rute, mit der das Kind geschlagen wird, ein phallischer Übernehmer, der anzeigen soll, was es tun darf und was nicht.
Es ist interessant, die Mechanismen verschiedener Arten von Waffen als Verschiebungen der Geste des Zeigens zu betrachten. Zum Beispiel dient im Falle des Bogens eine Hand metaphorisch als Finger und zieht die Sehne zurück, um daraufhin den Pfeil als Index fliegen zu lassen, der auf einen Prototyp in der Welt jenseits der Hände abzielt und mit ihm eine Verbindung eingeht ... indem er ihn penetriert bzw. tötet. (Die Zielscheibe sieht mit ihrem Bull’s Eye wie eine zweidimensionale Brust aus, die „zurückzeigt“.) Am Abdruck eines Gewehres zu drücken, bringt den Index zurück in die Gruppe der anderen Finger und rückt diese in den Hintergrund, während es einen anderen Index in den Vordergrund rückt, nämlich den Lauf des Gewehres, der wiederum die Bedeutung des Index noch einmal verschiebt, nämlich auf die Kugel.
Im Zeigen wählen wir etwas in der Außenwelt als besonderen Teil einer Gruppe aus. Die Finger können sowohl alle für sich alleine als auch als Teil der Hand betrachtet werden. Um unsere Finger zu zählen, können wir entweder einen nach dem anderen aufheben oder mithilfe des Index der anderen Hand auf einen nach dem anderen zeigen. (Siehe Graphik 31.)
Der Übergang zur Gemeinschaft
Manchmal wird die Geste des Zeigens als etwas gesehen, das vom Greifen kommt. Doch sehe ich das Greifen eher als Teil des Schenkens und Empfangens. Wir können sowohl die Rolle der Schenkenden wie der Empfangenden einnehmen, und das Objekt, auf das gezeigt wird, wird zu etwas, das potentiell geschenkt und empfangen bzw. auf Wörter bezogen wird (die ihrerseits geschenkt und empfangen werden). Wenn sich das Objekt, auf das gezeigt wird, dann von seinem Hintergrund absetzt, werden seine Singularität oder Pluralität relevant für die Geste der Schenkenden wie für den Griff der Empfangenden. Die Geste des Zeigens bringt uns nicht direkt dazu, zu sehen, aber sie tut das durch einen Analogieschluss: wir sehen, was die andere Person sieht durch diese Person. Etwas wird in den Vordergrund gerückt, zugänglich gemacht und um einen neuen Charakter, einen interpersonellen Wert, ergänzt. Zeigen identifiziert das Objekt als für andere und uns selbst wertvoll – was auch ein Geschenk ist, da wir in der Lage sind, es kreativ zu empfangen.
Zeigen ist ein Zeichen mit vielen Ebenen. Es ist selbst bestärkend in seiner Fähigkeit, sich auf andere zu beziehen. Der Zeigefinger ist sowohl eine Repräsentation wie ein aktiver Produzent von Kategorien. Dies ist er als Prototyp, der andere Prototypen (Eine) anzeigt. Das Zeigen mag manchmal als der ursprüngliche Moment und die ursprüngliche Motivation des Geschenks erscheinen und die Illusion schaffen, dass das Geschenk ein Resultat oder ein Ableger der Geste des Selbstausdrucks ist und nicht der Motivation, die Bedürfnisse anderer zu befriedigen. Wir mögen glauben, dass die Selbstbestärkung und ihre Produkte die Grundlage von Geschenken sind, die existieren, um sie sich im Zuge dieser Selbstbestärkung anzueignen, anstatt dass wir sie als die Resultate individueller oder kollektiver bedürfnisorientierter Arbeit sehen würden. So schreiben wir dem selbst reflektierenden Moment und Ebenenwechsel im Prozess der zeigenden Person Wert zu.
Das mit der Maskulisierung auftretende Problem der falsch identifizierten Quelle durchdringt alle unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Hier mag der Transfer von Aufmerksamkeit von einer Form in eine andere, von der Ikone zur Aktion, von der Metapher zur Metonymie so erscheinen, als würde er automatisch den Gebrauchswert von etwas für uns erhöhen. Das Steigern des Gebrauchswerts käme dann daher, dass die Geste andere Gesten auf anderen Ebenen bewirkt. In diesem Sinne ist das Zeigen sowohl dem Tausch als auch der objektivierten Definition gleich, in denen es einen Transfer an Bedeutung oder Wert von einem Begriff zu einem anderen ohne menschliche VermittlerInnen zu geben scheint. Im Tausch und in der Definition wird ein materielles bzw. kommunikatives Bedürfnis individuell befriedigt, indem Dinge angewandt werden, die auch andere für diesen Zweck anwenden. Gesten, Wörter und Geld als Kommunikationsmittel sind das Resultat von Prozessen, die Einfluss auf andere nehmen und die Grundlage für weitere Prozesse sind.
Die Selbstähnlichkeit unserer individuellen Gesten wird bestärkt von der Gleichheit der Gesten anderer. Das Wechseln der Formen des In-den-Vordergrund-Rückens, von der Ikone zum Index (die beide Strukturen des Einen und der Vielen sind), wird von einem Wechsel von der Repräsentation zur Einrichtung einer Kategoriebeziehung wiederholt, sowie von dem Wechsel von der persönlichen auf die zwischenmenschliche Ebene, auf der auch andere sie wiederholen. Das heißt, der Zeigefinger von einem selbst steht für und gemeinsam mit den Zeigefingern aller anderen, die – vielleicht gemeinsam mit allen Fingern, die nicht zeigen – als Viele in Bezug auf ein Eines funktionieren. Das kann erkannt werden, wenn die Tatsache, dass andere zeigen, auch erkannt wird. Alles andere, auf das als ein Thema gezeigt werden könnte, ist auch potentiell auf das präsente Thema und den Finger bezogen. Die Selbstähnlichkeit und der Wechsel mögen als die Quelle von neuem Wert erscheinen, aber diesen Wert gibt es nur, da andere bereits zeigen und damit individuell wie kollektiv Wert zuschreiben.
Selbstähnlichkeit mit dem Index wird auch in dem seriellen Charakter der Wörter suggeriert, von denen jedes für einen Moment im präsenten Vordergrund ist, um dann von einem anderen ersetzt zu werden, das wieder von einem anderen ersetzt wird, usw. (Jeder geschriebene Satz endet mit dem Zeiger des Punktes.) Jedes Wort befindet sich in einer exklusiven Eines-Viele-Beziehung mit all den Wörtern, die es nicht ist. Es behält somit seinen distinkten Charakter im Satz, der auf seinem Gegensatz zu den anderen Wörtern beruht, die sich gleichzeitig im Satz auch miteinander verbinden und einander schenken. Die Beziehungen jenseits des Wortes sind den Beziehungen jenseits des Zeigefingers ähnlich. Andere können nach Lust und Laune die gleichen Wörter oder Gesten verwenden. Wir zeigen auf etwas und andere können auch darauf zeigen. Wir sagen etwas und andere können dasselbe Wort verwenden, auf das dieselben Dinge bezogen sind.
Der Gemeinschaft formende Schenkweg besteht nicht in erster Linie aus dem Wechsel von Ebenen, sondern aus dem Zunutzemachen der Wechsel, der Ebenen, der Originale und/oder Ersetzungen für die gemeinsame Befriedigung von Bedürfnissen. Dieser Ikone-Index-Mechanismus entspricht der Kategoriestruktur, die sich auf einer anderen Ebene vollzieht. Auch das Ding, auf das gezeigt wird, scheint dieselbe Struktur zu haben. Der Wert des Prozesses kommt von seiner Beziehung zur Gemeinschaft. Da meist für andere gezeigt wird, wird das individuelle Zeigen bedeutungsvoll. Es gehört zur Motivation des Zeigens, andere in das eigene Schenken von Aufmerksamkeit (oder Wert), das auf ein bestimmtes Ding gerichtet ist, mit einzubeziehen – wir können auch sagen, dass wir unsere eigene Aufmerksamkeit kollektivieren.
Wie der Gebrauch eines Wortes schafft das Zeigen eine Verbindung mit anderen in Bezug auf etwas. Wir befinden uns in einem Zusammenhang: es gibt andere „da draußen“, die zeigen und auf unsere Gesten antworten können, die uns schenken und von uns empfangen können. Der Kommunikationsprozess geht durch einen selbstähnlichen Moment und schafft ein höheres Maß an Zusammenarbeit.
In Roman Jakobson, On Language, Kapitel 19.
Das Geld verunmöglicht die Neutralität der Gleichung zwischen ihm selbst und den Gütern, da es ein konstanter Standard ist. Auf ähnliche Weise ist die Gleichung zwischen Männern und Frauen nicht neutral, da die Männer hier der konstante Standard sind.
Wenn wir unsere gemeinsame Wirklichkeit damit vergleichen, was wir mit technologischen Hilfsmitteln sehen können, so entdecken wir, dass Atome keine Geschenke sind, sondern Sammlungen von Zeigern. Atome durch Nanotechnologie neu zu arrangieren, könnte eine Überflusssituation schaffen, in der alle unsere Bedürfnisse problemlos zu befriedigen wären. Materiell zu schenken, wäre dann so leicht, wie verbal zu schenken. Leider machen jedoch die künstlichen Bedürfnisse, die von der Maskulisierung geschaffen werden, das Manipulieren von Atomen extrem gefährlich. Denn auch Waffen, die die Bedürfnisse der Maskulisierung befriedigen, könnten dann mit einer Leichtigkeit erzeugt werden, mit der wir heute Brot erzeugen. In Nano, The Emerging Science of Nanotechnology, schildert Ed Regis mögliche individuelle maskulisierte Gebrauchsweisen der Nanotechnologie: „Wir wären Vierrad-getriebene Humanoide mit gigantischen Körpern, überproportionierten Muskeln und Penissen und nur Gott weiß, was noch“ (S. 18). Einen menschlichen Gebrauch der Nanotechnologie kann es nur im Rahmen einer Schenkökonomie geben, die auf den Werten der Frauen beruht.
Analog dazu mögen wir glauben, dass der männliche Sexakt mit seinen Wechseln von Ebenen, Vordergründen und Hintergründen die Quelle von Kindern ist, die dann einfach die Folgen selbst bestätigender männlicher Prozesse wären.
Zum Beispiel ist Brot das materielle Ding, das wir und andere dazu verwenden, um das kulturell spezifische materielle Bedürfnis nach Brot zu befriedigen, während „Brot“ das Wort ist, das wir und andere gewöhnlich verwenden, um das diesbezügliche kommunikative Bedürfnis unter deutschsprachigen Menschen zu befriedigen. Bestimmte Quantitäten an Geld, die den kollektiv bestimmten Preis des Brotes konstituieren, werden für dieses getauscht und befriedigen damit das kulturell spezifische und ökonomisch manipulierte kommunikative Bedürfnis nach den Mitteln des Tausches in Bezug auf dieses Produkt.
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