Ich widme dieses Buch der Erde, welche Mutter, Tochter, Freundin und Geliebte ist, damit alle Menschen einen Weg finden werden, sowohl sie als auch einander mehr zu lieben.
Ich widme dieses Buch weiters der ägyptischen Göttin Sachmet, die das antike Bild der weiblichen Kraft ist und uns helfen kann, die Wege der Mütterlichkeit zu beschützen und frei von Abhängigkeiten und falschen Vorstellungen eine bessere Gesellschaft zu schaffen.
Vorwort
von Robin Morgan
Das Buch, das ihr in euren Händen haltet, ist ein Geschenk – von einer Autorin an ihre LeserInnen und von einer Frau an die Frauenbewegung (und an Männer mit entsprechendem Bewusstsein).
In einem gewissen Sinne trifft dies wohl auf jedes Werk authentischer feministischer Theorie zu. Doch was Genevieve Vaughan uns geschenkt hat, ist etwas Einzigartiges – eine Arbeit, die genauso emotional leidenschaftlich ist wie analytisch durchdacht, eine, in der genaueste Forschung und Gelehrsamkeit sich mit den feinsten Empfindungen des menschlichen Herzens verbindet, anstatt zu diesen in Gegensatz zu stehen.
Eine so kompromisslose Demonstration des Sowohl-als-auch – sowohl den Intellekt herauszufordern als auch die Seele zu wärmen – ist nicht leicht in einer Welt des Entweder-oder. Alleine schon der Versuch verlangt eine selbstbewusste Kühnheit. Gen Vaughan betont richtigerweise, dass Feministinnen heute wagen, „jedes akademische System verdächtig“ zu finden – sie selbst geht darüber jedoch noch hinaus und hält uns dazu an, unsere „Naivität“ wieder zu finden; zu wagen, alles in Frage zu stellen. Doch macht keine Fehler! Unter Naivität versteht sie nicht Sentimentalität oder verblendete Romantik – auch wenn sie auf erfrischende Weise den Altruismus wiederbelebt und ihm Raum verschafft. Ihre „naiven“ Theorien sind enorm differenziert im besten Sinne des Wortes: intelligent, ethisch, pragmatisch, interkulturell und ebenso relevant für persönliche Beziehungen wie für globale Politik. Mit anderen Worten, Gen Vaughans Theorien regen zu effektiver Veränderung an.
Verschiedene LeserInnen werden hier verschiedene Geschenke finden. SemiotikerInnen, LinguistInnen, ÖkonomInnen und PolitikwissenschaftlerInnen werden auf radikale feministische intellektuelle Herausforderungen treffen, zu denen es in ihren elitären Disziplinen selten kommt. Gleichzeitig ist es nicht notwendig, etwas über Semiotik oder andere akademische Disziplinen zu wissen, um dieses Buch lesen und von ihm bereichert werden zu können.
AktivistInnen werden eine zugängliche politische Analyse finden, die auf das Geld ebenso anwendbar ist wie auf die Maskulisierung, Anorexie, Aufrüstung oder Architektur – eine Theorie mit Implikationen für geschlossene und kosmische Systeme.
Männliche Leser werden eine Theorie finden, die Männern nicht auf simplifizierende Weise die Schuld zuschiebt, die allerdings auch nicht davor zurückschreckt, das Patriarchat zu entblößen und auf individuelle moralische Verantwortlichkeit wie auf systematische Veränderung zu bestehen.
Allgemein gesagt, werden LeserInnen, die Lust an intellektueller Auseinandersetzung anstatt pedantischer Marotten oder wichtigtuerischer Klischees haben, in diesen Seiten ein Denken finden, dass viele populäre Konzepte mit spielerischer Leichtigkeit ins Wanken bringt, etwa jene der Dekonstruktion, der Postmoderne, der Philanthropie oder der co-dependency (um nur einige zu nennen).
Ich, eine sprachverliebte Poetin, finde enorme Freude in Gen Vaughans Witz und Wortspiel (das vor allem Mary-Daly-LiebhaberInnen erfreuen sollte). Es finden sich auf diesen Seiten Konstruktionen – „erzwungene Reziprozität“ (constrained reciprocity) zum Beispiel –, von denen ich mir sicher bin, dass sie in unserem Sprachgebrauch bald so selbstverständlich sein werden wie „Reproduktionsrechte“, „Date Rape“ oder die denkwürdige „Zwangsheterosexualität“ Adrienne Richs. Als Feministin bin ich von den Momenten der Bewusstwerdung, zu denen es beim Lesen dieses Buches kommt, begeistert – es sind so viele, dass sich selbst noch in den Fußnoten besondere Feinheiten finden lassen. Als Internationalistin bin ich vor allem für Vaughans interkulturelle Sensibilität dankbar, die sich im Heranziehen von Beispielen aus der ganzen Welt ausdrückt. Als Autorin genieße ich ihre kreativen Bezugnahmen auf Märchen, Mythen, Archetypen und Stereotypen. Als politische Theoretikerin bewundere ich ihren Mut im Zurückfordern von Werten, die von der politischen Rechten vereinnahmt worden sind. Als Frau, die sich für Metaphysik interessiert, bin ich fasziniert von den Implikationen des Schenkprinzips: angefangen bei den Vergleichen mit Ergebnissen der Gehirnforschung bis hin zur Präsentation alternativer Existenzmöglichkeiten. Und als politische Aktivistin schätze und bewundere ich den Weg, in dem Gen Vaughans Leben ein Beispiel ihrer Theorie in der Praxis ist; tatsächlich war sie viele Jahre lang so mit dem Unterstützen feministischer Projekte auf der ganzen Welt beschäftigt, dass es schwierig war, sie dazu zu bringen, sich lange genug hinzusetzen, um dieses Buch fertig zu schreiben.
Nunmehr kann ihr Werk jedoch sein Publikum finden und ich hoffe, dass es ein großes sein wird. Denn dieses Buch wird euch nicht nur zum Denken bringen, sondern es wird euch Hoffnung geben; es wird euch an eure Fähigkeit erinnern, die Verhältnisse ändern zu können. Und dies wird euch auf eine ganz bestimmte Weise glücklich machen – selbst inmitten des so gierigen, tödlich ausbeuterischen Geists des Patriarchats. Dieses Buch bietet einen Dritten Weg an, in seiner Ablehnung des gegenwärtigen Denkens, das nur in unhaltbaren Dichotomien denkt – zum Beispiel, Selbstzentriertheit gegen Selbstlosigkeit. Dieser Dritte Weg wird euch einen Sinn eurer Macht geben – nicht Macht über, sondern Macht zu. Wenn ihr je eine Mutter wart, werdet ihr diese Macht wieder erkennen: es ist die Macht des Schenkens, ob es sich um die Geburt handelt, um Fürsorge, Zeit, Pflege oder Aufmerksamkeit. Und wenn ihr je verliebt wart, werdet ihr diese Macht ebenso wieder erkennen: als die Macht der Leichtigkeit, des Überflusses, des vollendeten Glücks, der Worte Juliets: „Je mehr ich dir gebe, desto mehr habe ich, da beides ohne Ende ist“, des Feierns der Wunderbarkeit, die wir täglich erfahren.
Wie auch immer ihr auf dieses Buch zugehen werdet, es wird euch den Weg zu einem weiseren Selbst – und einer weiseren Gesellschaft – zeigen. Ob wir wirklich dorthin gelangen werden, hängt von uns allen ab. Dieses Buch hilft, die Karte für unsere Reise zu zeichnen; dieses Buch hilft, diese große Aufgabe zu bewältigen.
Ein wirkliches Geschenk.
Das vorliegende Buch ist nicht immer leicht zu lesen. Dies ergibt sich wohl zwangsläufig aus der Kombination sprachanalytischer Studien und intellektueller Innovation. Um den LeserInnen den Zugang zum Text zu erleichtern, Referenzhilfen zur Verfügung zu stellen und auf zentrale Begriffe des englischen Originals zu verweisen, wurde das folgende Glossar zusammengestellt, das einige der wichtigsten Begriffe der Arbeit erklärt.
schenken / geben – to give
Dieser für den Text zentrale Begriff bereitete insofern Schwierigkeiten bei der Übersetzung, als dass das deutsche Verb „schenken“ als spezifische Form eines Gebens kein Äquivalent im Englischen hat. To give wurde schließlich immer dann mit „schenken“ (anstelle des allgemeineren „geben“) übersetzt, wenn sein Schenkcharakter zu betonen war.
empfangen / erhalten – to receive
Die andere Seite des Prozesses des Schenkens/Gebens. To receive kann im Kontext der Arbeit das aktive An- bzw. Aufnehmen eines Geschenks meinen, aber auch ein allgemeines Entgegennehmen. Der Unterscheidung zwischen „schenken“ und „geben“ folgend, wurde hier zwischen „empfangen“ (als Pendant zu „schenken“) und „erhalten“ (als Pendant zu „geben“) unterschieden. Gelegentlich auch als „beschenkt werden“ übersetzt (wenn der aktive Charakter des Empfangens keine ausdrückliche Betonung erforderte).
ausweichen – to give way
Kann buchstäblich als „Weg schenken“ oder „Platz schenken“ verstanden werden; bezeichnet das (widerstandslose) Zur-Seite-Treten der sozial Unterprivilegierten.
Platz einnehmen – to take the place of / übernehmen – to take over
Bezeichnet das Besetzen der sozialen Positionen derjenigen, die ausweichen.
Schenkprinzip / Tauschprinzip – gift paradigm / exchange paradigm
Das deutsche „Paradigma“ ist enger gefasst als das englische paradigm. Während Letzteres auch ein anleitendes Bild oder Beispiel meinen kann, wird der Begriff im Deutschen meist nur in Zusammenhang mit einer etablierten wissenschaftlichen Hypothese angewandt. Insofern schien die Übersetzung als „Prinzip“ hier angemessener. Von „Paradigmen“ bzw. einem „Paradigmenwechsel“ bleibt dort die Rede, wo es um die weltanschaulichen Systeme geht, die sich um beide Prinzipien ranken.
Fürsorge – nurturing
Das englische nurturing bzw. to nurture ist schwierig ins Deutsche zu übersetzen. Der Begriff bezeichnet die Pflege, die jemandem/etwas zuzukommen hat, um wachsen bzw. sich entwickeln zu können, und vereint Aspekte von Aufmerksamkeit, Zuneigung und materieller Hilfe.
Mütterlichkeit – mothering
Auch für den Begriff des mothering gibt es im Deutschen kein geeignetes Äquivalent. „Bemuttern“ wäre schon alleine aufgrund der negativen Konnotationen des Begriffs unangemessen. „Mutter-Sein“ mag dem mothering in vielen Aspekten nahe kommen, doch haftet ihm als Seins-Begriff eine Statik an, die der im Partizip ausgedrückten Dynamik nicht gerecht wird. „Mütterlichkeit“ erschien deshalb als beste Lösung. Es geht um einen Begriff, der alle Aktivitäten in sich vereint, die verlangt werden, um Kinder zu ernähren, zu schützen, ihnen zu helfen, sich in der Welt zurechtzufinden, und sie auf ein selbständiges Leben vorzubereiten.
Maskulisierung – masculation
Beschreibt den Prozess des „Männlich-Werdens“ bzw. der männlichen Sozialisierung. Hier stark verbunden mit der:
Kategorisierung – categorization / concept formation
Bezeichnet das Ordnen der Welt in Kategorien. Als an sich gewöhnlicher, unserer Orientierung in der Welt dienender Prozess, wird er problematisch, sobald diese Kategorien festgeschrieben und hierarchisiert werden.
Benennen, Definieren (auch: Definition, Definitionsprozess oder Definitionsstruktur) – naming, definition
Der Prozess sprachlichen Ersetzens in Form einer Gleichung: x = y (z.B.: Hose, die zum Schwimmen angezogen wird = Badehose), wobei y zum Namen von x wird. Von der Autorin als überbetonter Prozess unseres Sprachgebrauchs gesehen. Diese Überbetonung lässt ihn von einem kommunikativen Hilfsmittel zu einem Mittel kategorischer Festschreibung werden und damit zur Bedingung für das auf diesen Festschreibungen und den mit ihnen verbundenen Gleichungen aufbauende Tauschprinzip.
Definiens, Definiendum – [unübersetzt]
Vgl. Kapitel 4, Fußnote 2: „Ich werde den Begriff Definiens als Namen für die Phrase verwenden, die den Zuhörenden erlaubt, das zu identifizieren, was das neue Wort repräsentiert, und Definiendum für das neue Wort selbst (das, das definiert wird) bzw. für den Namen. In: ‚Eine Hauskatze ist ein Haustier mit einem langen Schwanz und spitzen Ohren’ ist ‚Hauskatze’ das Definiendum und ‚ein Haustier mit einem langen Schwanz und spitzen Ohren’ das Definiens.“
Prototyp – sample (auch: Kategorieprototyp – concept sample)
Objekt, das als Modell für das Formen einer Kategorie fungiert, z.B. der „Protoball“ als Modell aller Bälle. Ursprünglich nur temporär als Modell fungierend und nach der Formierung der Kategorie wieder seinen Platz als einfaches Exemplar der Kategorie einnehmend (also etwa vom „Protoball“ wieder zu „einem Ball unter vielen“ werdend), behält der Prototyp im Kontext von Maskulisierung und Tausch seinen besonderen Status und wird zu einem Herrscher über die ihm zugeordneten Objekte. In diesem Falle wird der Prototyp ein:
Eines – the one
dem
Viele – the many
als ihm untergeordnete Objekte gegenüberstehen.
have und have-nots – [unübersetzt]
Weitere terminologische Unterscheidung zwischen Einen und Vielen bzw. Privilegierten und Nicht-Privilegierten.
privilegierte Kategorie – privileged category (auch: überlegene Kategorie – superior category)
Soziale Kategorie, der die Prototypen/Einen/haves angehören.
Objekt / Ding – thing
Gegenstand oder Person, der/die kein Prototyp, sondern auf einen solchen bezogen ist. Teil der Vielen.
Old Boys Network – [unübersetzt]
Vgl. Kapitel 7, Fußnote 5: „Ein Begriff, der ursprünglich in Zusammenhang mit Männerbunden verwendet wurde, die exklusiven britischen Bubenschulen entstammten, bezeichnet das Old Boys Network heute im Englischen allgemein Netzwerke, in denen Männer sich gegenseitig in ihren sozialen, politischen und ökonomischen Machtpositionen stützen.“
Kennzeichen – mark
Bezeichnet das Charakteristikum einer Person oder eines Dings, dem besondere Bedeutung verliehen wird und das Definitions- und Kategorisierungsmacht erhält bzw. die betreffenden Personen oder Dinge zu einem Prototypen bzw. Einen machen kann.
ego-orientiert – ego-oriented
Charakteristikum der maskulisierten Persönlichkeit.
auf Andere ausgerichtet bzw. das Auf-Andere-Ausgerichtet-Sein – other-oriented bzw. other-orientation
Charakteristikum der schenkenden, bedürfnisbefriedigenden Persönlichkeit.
Ersatzgeschenk – substitute gift
Geschenke, deren Funktion es ist, auf etwas anderes zu verweisen. In diesem Sinne sind Wörter beispielsweise Ersatzgeschenke für die Objekte, die sie bezeichnen.
verbales Ersatzgeschenk – verbal substitute gift
Einfach gesagt, ein Wort oder eine Phrase. Es geht hier um die Betonung des Schenkcharakters sprachlicher Kommunikation.
verbales Schenken – verbal (auch: linguistic) giving
Einfach gesagt, das Sprechen. Wiederum wird der Schenkcharakter der Sprache betont.
verbales Bedürfnis – verbal need
Bedürfnis nach einem Wort/einer Phrase, um verbal schenken und empfangen (mit anderen Worten: sprechen und verstehen) zu können.
materielle Ebene – material plane
Einfach gesagt, die materielle (Außen)Welt. Meist in Abgrenzung zur (verbalen) Welt der Sprache verwendet.
materielle Kommunikation – material communication
Das Schaffen menschlicher Verbindungen durch das Schenken materieller Objekte. Meist im Unterschied zum verbalen Schenken verwendet.
allgemeine / soziale Bedürfnisse – general / social needs
Bedürfnisse, die Menschen gemeinsam teilen. Unterschieden von individuellen Bedürfnissen.
selbstähnlich / Selbstähnlichkeit – self-similar / self-similarity
Bezieht sich auf Strukturen bzw. Prototypen, die sich selbst reproduzieren – im Kontext dieser Arbeit vor allem im Rahmen der Maskulisierung und des Tauschprinzips.
Weitere Anmerkungen zur Übersetzung:
Eine stilistische Besonderheit des Textes liegt in der oftmaligen Verbindung zweier oder mehrerer Substantiva. Z.B. „Geld-Wort“ (money-word) oder „Sohn-Ware“ (son-commodity). Es handelt sich hier um die Betonung struktureller Entsprechungen auf unterschiedlichen Ebenen.
Des Öfteren werden von der Autorin auch etymologisch wichtige Aspekte von Wörtern stilistisch hervorgehoben. Wo diese Hervorhebungen im Deutschen nicht reproduzierbar waren (z.B. im Falle von „for-getting“ (forgetting = „vergessen“; for getting = „für das Erhalten/Nehmen sein“), wurden sie in einer Anmerkung/Fußnote erklärt. Ansonsten wurden sie dort reproduziert, wo sie von der Autorin zum ersten Mal vorgenommen wurden bzw. die Betonung der von ihnen angezeigten Konnotationen von besonderer Bedeutung erschien. Die wichtigsten der betreffenden Wörter sind: Ko-muni-kation, Re-präsent-ation, Verdienen, Vergeben.
Schließlich stellen sich bei Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche immer die Schwierigkeiten der geschlechtlichen Spezifizierung deutscher Substantiva, die es im Englischen nur in wenigen Ausnahmefällen gibt. Im Kontext dieser Arbeit wurde die weibliche Form dort gewählt, wo explizit von Frauen bzw. Frauengruppen die Rede ist; die männliche Form in Verbindung mit ausschließlich oder beinahe ausschließlich männlichen Domänen (z.B. wurde owners beinahe durchgehend als „Eigentümer“ übersetzt); und eine geschlechtsneutrale Form, wo auf Frauen und Männer gleichermaßen Bezug genommen wird (z.B. receivers als „Empfangende“ oder (seltener) „EmpfängerInnen“).
Ich möchte allen deutschsprachigen Menschen danken, die sich auf die ein oder andere Weise der Idee der Schenkökonomie geöffnet haben – insbesondere jenen, die die vorliegende Ausgabe von For-Giving ermöglichten. Ich bedanke mich bei Heide Göttner-Abendroth und Claudia von Werlhof für ihre Schwesterlichkeit und ihre Hilfe, als es darum ging, die Übersetzung in die Wege zu leiten und einen geeigneten Verlag zu finden. Dank auch an Veronika Bennholdt-Thomsen für ihre Unterstützung und ihr Verständnis und an Uschi Madiesky für ihr freies Fördern der Idee des Schenkens.
Ich danke weiterhin meinen Töchtern, Amelia, Beatrice und Emma Rossi-Lanid, die nie aufgehört haben, mir zuzuhören, und mich über die Jahre, an denen ich an diesem Buch gearbeitet habe, bestärkten und unterstützten.
Ich danke meinem Bruder Ben Vaughan, der mir großzügige materielle Unterstützung zukommen ließ, und der, ohne meine Ideen zu kennen, ein wundervolles Beispiel für einen fürsorglichen Vater ist.
Ich danke meinen Eltern und Großeltern, von denen ich die Ressourcen des Tausches erhielt, die mir zu schenken erlaubten.
Ich danke all den Frauen der Foundation for a Compassionate Society für ihre Schwesterlichkeit und Unterstützung sowie für das Verständnis, das ich während meiner Arbeit an dem Buch erfuhr. Ich danke ihnen weiters für ihr Bekenntnis zum Frieden für alle auf der Basis der Werte der Frauen.
Ich danke schließlich allen Menschen, die versuchen, durch das Schenken von Zeit, Geld, Ideen, Vorstellungskraft, gutem Willen und harter Arbeit einen Paradigmenwechsel und damit eine bessere Welt herbeizuführen. Den Leserinnen und Lesern dieses Buch danke ich im Besonderen für ihre Bereitschaft, sich seinen Ideen zu öffnen und seinen Inhalt in die Praxis umzusetzen. Ohne euch würde das Geschenk ungeschenkt bleiben.
Ich hatte viel Glück, was die Ereignisse anlangt, die mir das Leben gebracht hat.
1963 heiratete ich einen italienischen Philosophieprofessor und zog nach Italien, wo ich an einer Reihe intellektueller Bewegungen Anteil haben durfte. 1964 fragten einige Professoren aus Bologna, die eine neue Zeitschrift gründen wollten, meinen Mann, ob er ihnen nicht helfen könnte, die Marxsche Analyse von Ware und Geld auf die Sprache anzuwenden. Die Fragestellung faszinierte mich. Ich begann damals über die Frage nachzudenken – und dieses Nachdenken hält bis heute an.
Zu der Zeitschrift kam es letztlich nie, doch mein Mann begann trotzdem über die Beziehungen zwischen Sprache und Tausch zu schreiben. Ich stimmte mit seinen Ideen nicht überein, aber es dauerte Jahre, bis ich begriff, warum.
1975 und ´76 hielt ich mich in den USA auf und hatte endlich Zeit, darüber wirklich nachzudenken. 1977 und ´78 schrieb ich einige akademische Aufsätze, die in den frühen 90er Jahren veröffentlicht wurden. Sie sind in der Bibliographie angegeben und ich ermutige akademisch interessierte LeserInnen dazu, sie sich anzusehen. In „Saussure and Vigotsky via Marx“ betrachte ich beispielsweise die Analogie, die Saussure zwischen seiner Idee des linguistischen Werts und dem Tausch zieht, in Verbindung mit der Marxschen Theorie des Tauschwerts. In „Communication and Exchange“ führe ich die Idee des kommunikativen Bedürfnisses ein, identifiziere Tausch als abweichende Form der Kommunikation und analysiere Geld als „Ein-Wort-Sprache“. All diese Themen finden sich in diesem Buch wieder.
1978 ließ ich mich scheiden und begann zu den Treffen einer feministischen Gruppe zu gehen. Viele der Frauen in der Gruppe arbeiteten in der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen, die ihren Sitz in der Nähe meines Hauses in Rom hatte. Frauen kamen von überall her, um mit uns über Probleme zu reden, die von Protesten rund um die Greenham Commons zu den jelly babies reichten, die das Resultat radioaktiver Tests im Pazifik waren. Frauen- und Entwicklungsfragen standen immer besonders im Vordergrund. Viele der Frauen in der Gruppe reisten 1980 zur Weltfrauenkonferenz nach Kopenhagen und erzählten den anderen darüber.
Zu jener Zeit fanden in der feministischen Bewegung Italiens viele interessante philosophische Diskussionen statt. Ich nahm an einigen Kursen am Virginia-Woolf-Kulturzentrum (Centro Culturale Virginia Woolf) teil, einer unabhängigen Frauenuniversität in Rom, die von der feministischen Philosophin Alessandra Bochetti gegründet wurde. Zu jener Zeit begriff ich auch, dass die freie Arbeit der Frauen das große nicht wahrgenommene Element war, dass die Grundlage einer neuen Philosophie bilden könnte. Ich hatte in meinem eigenen Leben viel geschenkt, sowohl als Mutter zweier Töchter als auch als Ehefrau. Mir begann klar zu werden, dass meine Werte und die der meisten Frauen andere waren als die der meisten Männer, die ich kannte, egal ob sie Akademiker oder Bürokraten, Arbeiter oder Aktivisten waren. Es wurde mir klar, dass die freie Arbeit der Frauen als die ökonomische Grundlage für einen alternativen Überbau verstanden werden könnte, ein System von Ideen und Werten, das sich von herrschenden patriarchalen Ideen und Werten unterschied.
1983 kehrte ich in die USA zurück, um zu versuchen, die Werte des Schenkens außerhalb des eigenen Heims zu praktizieren. Das letzte Kapitel des vorliegenden Buches berichtet über diesen Versuch, der weiterhin anhält. Die Praxis, die ich entwickelte und die sich nach dem Rahmen meiner spezifischen persönlichen Situation richtete, ließ mir nicht viel Zeit, theoretisch zu arbeiten (das Schenken kann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, wie das Praktizieren der Mütterlichkeit belegt). Ich war Teil vieler Frauenorganisationen und diskutierte die Idee einer Schenkökonomie mit so vielen Leuten wie möglich, da ich die Idee „normalisieren“ wollte. Eine der Frauen, mit denen ich dabei sprach, war Sonia Johnson, die die Idee (mich zitierend) in ihrem Buch Wildfire verwendete. Ich denke, dass ihr Zugang in den Widersprüchen zwischen dem Ego und der Ausgerichtetheit auf die Anderen gefangen lag und somit nicht zu der Art gesellschaftlichen Wandels für alle führen konnte, den ich als notwendig erachte.
1988 begann ich schließlich an dem vorliegenden Buch zu arbeiten. Allerdings nicht die ganze Zeit und ohne die Vorteile (aber auch ohne die Nachteile), die eine akademische Position für solche Arbeiten zu bieten hat. Das Buch wurde sehr lange, und dann wieder kürzer. Die Datei, unter der ich es auf meinen Computer habe, heißt „kurzes Buch“. Ich habe versucht, die meisten meiner Ideen in den Text und die Fußnoten zu integrieren, aber viele mussten unerwähnt bleiben.
Während meiner Zeit in Italien fühlten wir die starken Einflüsse, die aus Frankreich kamen, wo sich viele DenkerInnen mit Fragen der Kommunikation, der Ökonomie, der Semiotik und der Psychoanalyse beschäftigten. Die Schule Jacques Lacans hatte Neuland eröffnet und Anthropologen wie Claude Lévi-Strauss oder Maurice Godelier hatten die Untersuchungen ausgeweitet, die von Marcel Mauss und Emile Durkheim begonnen worden waren. Georges Bataille, Michel Foucault und Jacques Derrida untersuchten Sprache, Kultur und das Unbewusste. Der für mich Interessanteste all dieser Denker war Jean Joseph Goux, der, wie ich, die Marxsche Analyse der Ware und des Geldes auf verschiedene soziale Strukturen anwendete, dabei jedoch zu Resultaten gelangte, die sich von den meinen unterschieden (unter anderem deshalb, da meine Marx-Lektüre eine andere war).
Die feministischen Denkerinnen Luce Irigaray und Julie Kristeva mussten sich in einem schwierigen patriarchalen Kontext bewegen und kamen manchmal nach Italien, um Unterstützung unter italienischen Philosophinnen zu finden. Die Semiotik-Konferenzen, die jeden Sommer in Urbino stattfanden, waren intellektuell ergiebige Zusammenkünfte, wo sich viele der französischen und italienischen SemiotikerInnen (und – zu jener Zeit – „Vor-PostmodernistInnen“) genauso einfanden wie DenkerInnen aus den USA und Osteuropa. So hörte ich dort Jean Baudrillard oder Jean-François Lyotard, genauso wie Umberto Eco, Massimo Bonfantini, Augusto Ponzio, Luis Prieto, meinen Ex-Mann Ferrucio Rossi-Landi und viele andere. Ich schrieb einen Beitrag über „Fürsorge und Kommunikation“ für das letzte Treffen, an dem ich teilnahm, aber nachdem ich es vernachlässigt hatte, durch die entsprechenden bürokratischen Kanäle zu gehen, präsentierte ich ihn nur vor einer kleinen Gruppe, die sich zu dem Zweck zusammenfand. Ich gehörte auch dem Centro Romano di Semiotica an und war bei Vorträgen vieler lokaler und internationaler TheoretikerInnen zugegen.
Als ich 1983 in die USA zurückzog, entdeckte ich Lewis Hydes Buch The Gift. Imagination and the Erotic Life of Property. Während es ermutigend war, das Schenken positiv beschrieben zu sehen, erlaubte das Fehlen einer Schenktheorie der Sprache dem Buch nicht, über einen literaturkritischen Rahmen hinauszugehen (innerhalb dessen die Besprechungen von Ezra Pounds antisemitischen Ausfällen außerdem um einiges zu lang gerieten). Malinowskis Argonauten des westlichen Pazifik hatte ich bereits im College gelesen, und später auch Marcel Mauss’ Die Gabe. In diesen Büchern las ich über den Potlatch, den die indigenen Kulturen des Nordwestens der heutigen USA praktizierten und habe seither diese Formen des „Weggebens“ nicht nur mit AnthropologInnen diskutiert, sondern auch mit Menschen, für die sie ein noch immer lebendiger traditioneller ökonomischer Weg sind. Schließlich zeigten mir Bücher wie Jean Baker Millers Toward a New Psychology of Women, Nancy Chodorows The Reproduction of Mothering, Carol Gilligans In a Different Voice oder später Sara Ruddicks Maternal Thinking wie Frauen in den USA sich mit Differenzen zwischen ihren Werten und jenen des Patriarchats auseinandersetzten. Auch in Italien war es zu jenem Zeitpunkt zu einer breiten feministischen Bewegung gekommen, die versuchte, diese Differenzen positiv zu deuten.
Die postmoderne Kritik des „Phallogozentrismus“ wirft viele wichtige Fragen auf. Ich denke, dass das Erkennen der grundlegenden Wichtigkeit des Schenkens das Mittel ist, den Phallogozentrismus auf der materiellen Ebene zu überwinden, was sich auch wesentlich auf die psychologischen und verbalen Ebenen auswirken wird. Ich hoffe, dass meine Anwendung von Wygotskis Experiment zur Kategorieformierung verdeutlichen kann, wie es zum Patriarchat kommt, wie Männer „logofiziert“ und Frauen verdinglicht werden. Wygotskis Experiment zeigt, dass die Kategorieformierung ein dynamischer Prozess mit fließenden Grenzen und kein statisches Bild von Gleichheiten und Unterschieden ist. Das Experiment übertragt ein Thema auf die Ebene kognitiver Psychologie, das für die Philosophie seit je her ein Thema ist: von Aristoteles’ Auseinandersetzung mit dem Einen und den Vielen bis hin zu Derridas Beschäftigung mit der Exemplarität. Ich sehe dieses Thema als das Resultat Jahrhunderte langer patriarchaler Fehl-Konzeptionen.
Wygotski glaubte, dass Kinder erst in der Pubertät fähig sind, Kategorien zu formen. Wenn die Kategoriestruktur die Gesellschaft durchzieht, wie ich glaube, dass sie das tut, dann verändert sie den Kontext, in dem Kinder beider Geschlechter geboren werden, und erschwert es diesen ihre eigenen kognitiven Prozesse zu verstehen – zumindest bis diese in der Pubertät auf einer anderen Ebene reproduziert werden. Diese Überlegung brachte mich zu einer epistemologischen Theorie, die ich Nel blu dipinto di blu nenne („Im Blauen, blau gemalt“), nach dem Lied „Volare“ von Domenico Modugno. Ich glaube, dass wir, wenn wir etwas in unserem eigenen Leben tun, eher geneigt sind, dies auch in der Welt um uns herum zu sehen. Zum Beispiel entwickelte sich die evolutionäre Theorie des Überleben des Stärkeren zeitgleich mit dem Aufstieg des Kapitalismus als einer Form des Überlebens des Stärkeren. Damit will ich nicht sagen, dass das, was gesehen wird, nicht wahr ist; was ich sagen will, ist, dass es so nie gesehen worden wäre, wenn Menschen nicht begonnen hätten, diese Vorstellungen auf einer anderen Ebene auf ähnliche Weise zu entwickeln.
Vielleicht wurde die Beziehung zwischen dem Einen und den Vielen philosophisch so wichtig, weil Männer in ihrem Leben seit langem eine solche Beziehung praktizieren und sie auf die Gesellschaft projizieren. Wygotski war davon nicht mehr ausgenommen als alle anderen. Darüber hinaus – aus verschiedenen Gründen, die mit dem Praktizieren des Tauschs zusammenhängen und die ich in diesem Buch besprechen werde – erkennen wir das Schenken nicht, auch wenn es viele von uns tagtäglich praktizieren. Ich hoffe, dass dieses Buch Frauen und Männern nicht nur erlauben wird, mehr zu schenken, sondern auch zu erkennen, dass sie bereits jetzt auf vielfache Weise schenken – zu erkennen, dass sie bereits „blau gemalt“ und dementsprechend begreifen, dass sie in das Blau des Himmels passen, das sie umgibt.
Ich glaube, dass viele Momente antiautoritärer Bewegungen, sowohl von Frauen als auch von Männern, auch als anti-patriarchale Momente verstanden werden können. Der Wunsch, das Herz über den Kopf oder die Emotion über die Vernunft zu stellen, sind Projektionen des Wunsches, das Schenkprinzip über das Tauschprinzip zu stellen. Wir sollten dies nicht nur aus sentimentalen Gründen tun (die auch mit Schenken verbunden sind), sondern auch aus praktischen, die mit der Erhaltung des Lebens auf unserem Planeten zu tun haben. Ich habe For-Giving geschrieben, um das Patriarchat zu verstehen, damit wir – Frauen und Männer – die tiefen und weitreichenden Änderungen vornehmen können, die notwendig sind.
Irgendwann, während ich dieses Buch schrieb, fragte ich mich, ob ich wohl des Penisneids und der Versuch der Kastration bezichtigt werden würde. Wie es die Göttin haben wollte, erhielt ich jedoch genau in diesem Moment einen Anruf von einer Freundin aus Deutschland, die mir über die Situation der Frauen in Jugoslawien berichtete, und daraufhin einen Anruf von einer Freundin in den USA, die das Kind einer Vergewaltigung war und zu diesem Thema arbeitete. Es wird gesagt, dass alleine in Bosnien um die Zwanzigtausend Babys als Folge von Vergewaltigungen geboren wurden. Viele dieser Babys wurden ausgesetzt und verlassen. Was für Schreckensgeschichten!
Nachdem ich den Telefonhörer aufgelegt hatte und wieder schreiben wollte, begann ich zu weinen und zu schreien. Ich fühlte Schmerz, Frustration und Wut. Es heißt, dass die Männer manchmal zu den Vergewaltigungen gezwungen worden waren unter der Androhung, sonst aus der Armee entlassen zu werden. Mütter wurden vergewaltigt und vor den Augen ihrer Töchter ermordet. Diese wurden selbst vergewaltigt. Babys wurden aus den Bäuchen ihrer Mütter geschnitten und mit den Föten von Hunden ersetzt. Manche sagen, dass es sich hier nur um das frühere Jugoslawien handelt und dies nicht repräsentativ sei. Aber es gibt viele solcher Geschichten aus der ganzen Welt. Als die USA 1991 gegen den Irak in den Krieg zog, wurde berichtet, dass die Männer in den Bootcamps der Marines sangen: „Vergewaltigt die Frauen, tötet die Kinder, sonst gibt’s nichts zu tun...“
Es tut mir leid, meine Brüder. Diejenigen unter euch, die desertieren und den Tod riskieren würden, um dies zu vermeiden – euch betrifft das vielleicht nicht. Ich hoffe für uns alle, dass ihr unter diese zu zählen seid. Aber versteht ihr, wie viel Leid und unsprechbaren Schrecken diese „Überlegenheit“ von euch (bzw. von den Männern, die sie ausleben) verursacht? Ich hoffe, dass die Männer, die dieses Buch lesen, mit ihrem Schenken dort beginnen, wo es darum geht, anzuerkennen, dass es mir hier darum geht, die Sachen beim Namen zu nennen und dass dies wichtig ist. Wenn ihr dies nicht tut, wenn ihr meine Bemühungen abwertet, bestätigt ihr das oben beschriebene Verhalten.
Dasselbe gilt auch für euch Mütter, die ihr eure Söhne vor einem Schlag gegen ihr „Selbstbewusstsein“ schützen wollt. Schützt eure Söhne nicht vor mir, vor der Wahrheit, sondern vor einer Gesellschaft, die sie in Monster und Vampire verwandelt, die ihre Liebe zu Hass verkehrt. Schützt sie vor den phallischen Bildern und Spiegeln, die ihnen und ihrem Verhalten gesellschaftliche Bestätigung verleihen und euch davon abhalten, sie in der Fortsetzung ihrer Herrschaft und Zerstörung aufzuhalten: sei es als Soldaten, Waffenproduzenten oder ausbeuterische Kapitalisten. Mich hingegen wertet ihr als „unrealistisch“ ab.
Alle Vergewaltiger und Folterer hatten Mütter. Soll ich sagen, dass es mir leidtut, dass ich diese Wahrheiten ausspreche? Was mir leidtut, ist, dass es diese Wahrheiten gibt – das tut mir leid für uns alle. Aber um sie ändern zu können, müssen wir sie uns zunächst eingestehen. Dann muss alles, was uns helfen kann, sie zu ändern, in Betracht gezogen werden. Bitte lest dieses Buch mit dem Wissen, dass es ihm darum geht.
Anm. d. Übers.: Die Greenham Commons sind ein ehemaliger Luftwaffenstützpunkt der englischen Armee in der Nähe Londons. 1981 wurden sie der erste Stützpunkt für Cruise Missiles in Großbritannien, was die Errichtung von zahlreichen Women’s Peace Camps („Frauenfriedenscamps“) am Rande des militärischen Sperrgebiets zur Folge hatte. Obwohl der Stützpunkt 1993 geschlossen wurde, blieben die Camps bis ins Jahr 2000 bestehen, um eine Reaktivierung des Stützpunkts zu vermeiden und die Demilitarisierung der Greenham Commons sicherzustellen.
Anm. d. Übers.: Jelly babies (engl. jelly = „Gelee“) wurde ein gebräuchlicher Terminus für Kinder in nuklearen Testgebieten des Pazifik, die ohne oder mit nur minimal ausgebildeten Knochen geboren wurden. Manchmal fehlten auch ganze Gliedmassen oder Organe. Die Kinder wurden entweder tot geboren oder starben kurz nach der Geburt.
Entschuldigung
Ich bitte um Vergebung für die lange Zeit, die es gedauert hat, die Ideen dieses Buches zu formulieren. Ich versuchte, es früher zu tun, aber es gelang mir nicht.
Ich bitte um Vergebung für all die Unzulänglichkeiten und Ungenauigkeiten, die das Buch enthalten mag. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass es schwierig wird, sich der Worte der Apologeten der herrschenden Ordnung zu erinnern, wenn wir sie nicht länger ernst nehmen.
Ich bitte diejenigen meiner Bekannten um Vergebung, die von meinen Ideen überrascht sein mögen. Ein Paradigma ist ein Ganzes und muss als solches erklärt werden. Auch wenn ich viele meiner Ideen schon früher zum Ausdruck gebracht habe, fehlte ihnen der Zusammenhang dieses Ganzen. Das war der Grund, warum ich mich manchmal damit zurückhielt, sie zu artikulieren (auch wenn ich sie immer zu praktizieren versuchte).
Wenn, liebe LeserInnen, meine anti-patriarchalen Analysen in euch Unbehagen erzeugen mögen, dann denkt daran, dass mir alles Leben heilig ist – das heißt, auch eures. Das Problem ist eine bestimmte Logik und ein bestimmtes System, ein selbst bestätigendes Herrschaftsparadigma, das zugleich ein herrschendes Paradigma ist. Das Problem sind nicht Individuen – Frauen oder Männer. William Blake erklärt im Gedicht „London“ aus den Songs of Experience:
Im Schrei eines jeden Menschen,
Im Schrei eines jeden Kindes,
In jeder Stimme, in allen Verboten,
Höre ich die eisernen Fesseln des Verstandes.
Ich glaube, dass diese Fesseln nicht nur im Verstand, sondern im Zuge eines Rückkoppelungsprozesses auch in der materiellen Welt geschmiedet werden. Vielleicht können wir sie nicht brechen – dies würde Gewalt verlangen, die Teil der patriarchalen Herrschaft ist. Wir können sie jedoch öffnen. In diesem Buch werde ich versuchen, einen Schlüssel zu finden, der so klein ist, dass er in den Verstand passt. Bitte verwendet ihn!
ÑDie Sprache ist so alt wie das Bewuþtsein ñ die Sprache ist das praktische, auch f¸r andre Menschen existierende, also auch f¸r mich selbst erst existierende wirkliche Bewuþtsein...ì
Karl Marx
ÑWem dient der Gral?ì
La Folie Perceval, 1330
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