Überarbeitete Version eines Artikels, der als “Communication and Exchange” veröffentlicht wurde in Semiotica 29-1/2 (1980), Mouton Publishers, The Hague.
Kommunikation und Tausch
Genevieve Vaughan
Übersetzung: Gabriel Kuhn
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In jüngerer Zeit ist in zunehmendem Maße der kommunikative Tausch mit dem ökonomischen verglichen worden. Dies hat sich als fruchtbar erwiesen für die Arbeit von AnthropologInnen, PsychologInnen und PhilosophInnen. Lévi-Strauss, Lacan, Godelier, Rossi-Landi, Goux und andere haben dabei wesentliche Beiträge geleistet. Ihr Verständnis des ökonomischen Tauschs war dabei zum größten Teil von Marx beeinflusst; ihr Verständnis des kommunikativen Tauschs von der zeitgenössischen Linguistik. Aus marxistischer Perspektive stellt die Identifikation der Strukturen ökonomischen Tauschs mit jenen des kommunikativen Tauschs allerdings ein grundlegendes Problem dar. Wenn die Struktur des Tauschs in der Sprache gefunden werden kann, während die Sprache, wie Marx und Engels in der Deutschen Ideologie schreiben, „so alt wie das Bewußtsein” ist (30), dann muss dies auch für den Tausch gelten. Marx hat wiederholte Male davor gewarnt, die Warenproduktion und den Tausch, bzw. das sie durchdringende Prinzip der Wertform des Arbeitsprodukts, als „die einzige Form gesellschaftlicher Produktion“ bzw. als Naturgesetz zu betrachten. Tun wir dies, so stützen wir den Status quo, indem wir ihn als unveränderbar festlegen. Es ist demnach schwierig, Parallelen zwischen der sprachlichen und der ökonomischen Kommunikation aufrechtzuerhalten oder gar zu suggerieren, sie seien „dasselbe“, wenn wir gleichzeitig behaupten, dass weder Sprache noch Tausch ein unveränderliches Teil menschlicher Natur seien. Die Schwierigkeit mag jedoch dadurch bewältigt werden, ökonomische Beziehungen zu studieren, die außerhalb des Tauschprinzips liegen.
Historisch mag es ungerechtfertigt erscheinen, linguistische Strukturen auf dem Hintergrund von Warenproduktion und Warentausch bzw. kapitalistischer Produktion zu betrachten, da die Sprache um vieles älter ist als die gegenwärtige Produktionsweise. Trotzdem sind einige auffällige Parallelen festgestellt worden in Vergleichen von linguistischem Wert mit ökonomischem (Saussure), von Verwandtschaftssysteme mit linguistischer Kommunikation und ökonomischem Tausch (Lévi-Strauss), sowie von der Sprache mit Aspekten von Arbeit, Kapital und Geld (Rossi-Landi). Wenn diese Ähnlichkeiten nicht bloß konstruiert wurden, sind sie vielleicht ein Indiz für eine Korrespondenz zwischen den linguistischen und den ökonomischen Aktivitäten von Menschen. Um dies herauszuarbeiten, ohne auf den Tausch zurückgreifen zu müssen, werden wir die Bedingungen der Geschichte und Entwicklung der Sprache betrachten, wie sie im Feuerbach-Kapitel der Deutschen Ideologie beschrieben werden; gleichzeitig werden wir einen Blick werfen auf den Inhalt des Tauschs, der „außerhalb seiner ökonomischen Bestimmung“ liegt, wie es Marx in den Grundrissen ausgeführt hat (168).
In der Deutschen Ideologie werden Aspekte sozialer Tätigkeit beschrieben, „die vom Anbeginn der Geschichte an und seit den ersten Menschen zugleich existiert haben und sich noch heute in der Geschichte geltend machen“ (29). In den Grundrissen geht es um die „einfachsten ökonomischen Verhältnisse …, die, selbständig gefaßt, reine Abstraktionen sind“ (173). Es gibt in diesen beiden theoretischen Konzepten Gemeinsamkeiten, was Kommunikation betrifft. Erstens ist Sprache, wenn sie als eine Art „ökonomisches System“ gesehen wird, in vielerlei Hinsicht abstrakt und ideell. Zweitens sehen aufgrund der Trennung in Kopf- und Handarbeit viele „KopfarbeiterInnen“ ökonomische Beziehungen im reflektierenden Licht ihres Hauptarbeitsmittels, der Sprache.
Der Grund dafür, diese beiden Passagen zusammen zu lesen, ist der, dass sie beide ein Indiz dafür sind, wie menschliche Beziehungen außerhalb von Vertragsbeziehungen aussehen. Wenn es wahr ist – so wie manche behaupten, die sich gegen eine Interpretation der Sprache in ökonomischen Begriffen wehren –, dass es in der Sprache kein Privateigentum gibt, dann müssen wir den Vertrag als Ausgangspunkt unserer Untersuchungen vermeiden, da dieser Privateigentum impliziert. (1)
In der Deutschen Ideologie machen Marx und Engels einen vielfachen Gebrauch des Begriffs „Verkehr“, der – sowohl in materiellem wie geistigem Sinne – Geschlechtsverkehr, Transport, Verbindung oder Handel bedeuten kann. Es ist ein Begriff, der – auch wenn er Tausch beinhalten mag – mehr als Tausch ist. Er beinhaltet ein Moment von Zusammenarbeit und, allgemein gesprochen, gegenseitiger Bedürfnisbefriedigung. Die menschliche Lebensweise, in der Menschen „ihre Lebensmittel produzieren“, bzw. die menschliche Produktionsweise „tritt erst ein mit der Vermehrung der Bevölkerung. Sie setzt selbst wieder einen Verkehr der Individuen untereinander voraus. Die Form dieses Verkehrs ist wieder durch die Produktion bedingt“ (21).
Marx und Engels nennen vier grundlegende Aspekte historischer Entwicklung: die Produktionsmittel des Lebens; die „Produktion neuer Bedürfnisse“; die Reproduktion des Lebens und der entsprechenden sozialen Beziehung, der Familie; und schließlich das Entstehen einer natürlichen und sozialen Gemeinschaft: ein „materialistischer Zusammenhang der Menschen untereinander, der durch die Bedürfnisse und die Weise der Produktion bedingt … ist“ (ebda., 31). An dieser Stelle stoßen wir auf die berühmte Passage zum Bewusstsein und zur Sprache:
„Der ‚Geist’ hat von vornherein den Fluch an sich, mit der Materie ‚behaftet’ zu sein, die hier in der Form von bewegten Luftschichten, Tönen, kurz der Sprache auftritt. Die Sprache ist so alt wie das Bewußtsein – die Sprache ist das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein, und die Sprache entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen. Wo ein Verhältnis existiert, da existiert es für mich, das Tier ‚verhält’ sich zu Nichts und überhaupt nicht. Für das Tier existiert sein Verhältnis zu andern nicht als Verhältnis. Das Bewußtsein ist also von vornherein schon ein gesellschaftliches Produkt und bleibt es, solange überhaupt Menschen existieren“ (ebda., 30f).
In den Grundrissen bietet Marx eine Darstellung vom außerökonomischen Inhalt des Tauschs. Er abstrahiert dabei vom Akt des Tauschs, um Schritt für Schritt darzustellen, wie er in der von bourgeoisen Ökonomen ebenso wie von Sozialisten vom Schlage Proudhons erklärt wird:
„Dieser, der Inhalt des Austauschs, der ganz außerhalb seiner ökonomischen Bestimmung liegt, so, weit entfernt, die soziale Gleichheit der Individuen zu gefährden, macht vielmehr ihre natürliche Verschiedenheit zum Grund ihrer sozialen Gleichheit. Wenn das Individuum A dasselbe Bedürfnis hätte wie das Individuum B und in demselben Gegenstand seine Arbeit realisiert hätte wie das Individuum B, so wäre gar keine Beziehung zwischen ihnen vorhanden; sie wären gar nicht verschiedne Individuen, nach der Seite ihrer Produktion hin betrachtet. Beide haben das Bedürfnis zu atmen; für beide existiert die Luft als Atmosphäre; dies bringt sie in keinen sozialen Kontakt; als atmende Individuen stehn sie nur als Naturkörper zueinander in Beziehung, nicht als Personen. Die Verschiedenheit ihres Bedürfnisses und ihrer Produktion gibt nur den Anlaß zum Austausch und zu ihrer sozialen Gleichsetzung in ihm; diese natürliche Verschiedenheit ist daher die Voraussetzung ihrer sozialen Gleichheit im Akt des Austauschs und dieser Beziehung überhaupt, worin sie zueinander als produktiv treten. Nach dieser natürlichen Verschiedenheit betrachtet, ist das Individuum [A] als Besitzer eines Gebrauchswerts für B und B als Besitzer eines Gebrauchswerts für A. Nach dieser Seite setzt die natürliche Verschiedenheit sie wieder wechselseitig in das Verhältnis der Gleichheit. Demnach sind sie aber nicht gleichgültig gegeneinander, sondern integrieren sich, bedürfen einander, so daß das Individuum B als objektiviert, in der Ware ein Bedürfnis für das Individuum A ist und vice versa; so daß sie nicht nur in gleicher, sondern auch in gesellschaftlicher Beziehung zueinander stehn. Dies ist nicht alles. Daß das Bedürfnis des einen durch das Produkt des andren und vice versa befriedigt werden kann und der eine fähig ist, den Gegenstand dem Bedürfnis des andren zu produzieren und jeder dem andren als Eigentümer des Objekts des Bedürfnisses des andren gegenübersteht, zeigt, daß jeder als Mensch über sein eignes besondres Bedürfnis etc. übergreift und daß sie sich als Menschen zueinander verhalten; daß ihr gemeinschaftliches Gattungswesen von allen gewußt ist. Es kömmt sonst nicht vor, daß Elefanten für Tiger oder Tiere für andre Tiere produzieren“ (168).
In beiden zitierten Passagen werden Menschen mit Tieren verglichen unter Betonung von Eigenschaften, die Menschen zukommen, Tieren aber nicht. In der ersten Passage kommt die Sprache vom „Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen“. Indem sie ein solches Bedürfnis befriedigt, schafft bzw. vermittelt sie Beziehung. (Es gibt eine gestrichene Stelle im Manuskript: “Mein Verhältnis zu meiner Umgebung ist mein Bewußtsein“, welche – auch wenn Marx und Engels sichtlich nicht mit ihr zufrieden waren – die Richtung anzeigt, in die sich ihr Denken bewegte.) In der Passage aus den Grundrissen wird eine soziale Beziehung zwischen zwei Menschen geschaffen, indem sie das Objekt der Bedürfnisse des jeweils anderen darstellen; mit anderen Worten, aufgrund der Tatsache, „daß jeder als Mensch über sein eignes besondres Bedürfnis etc. übergreift“. Ihre Beziehung zueinander als Menschen definiert sich also über ihre gegenseitige Bedürfnisbefriedigung.
Wir können uns fragen, ob diese Beziehung immer Reziprozität verlangt. Die Passage erinnert stark an eine andere von Marx, in der er beschreibt, was passieren würde, wenn Menschen wirklich „als Menschen“ produzierten:
“Gesetzt, wir hätten als Menschen produziert: Jeder von uns hätte in seiner Produktion sich selbst und den andren doppelt bejaht. Ich hätte 1. in meiner Produktion meine Individualität, ihre Eigentümlichkeit vergegenständlicht und daher sowohl während der Tätigkeit eine individuelle Lebensäußerung genossen, als im Anschauen des Gegenstandes die individuelle Freude, meine Persönlichkeit als gegenständliche, sinnlich anschaubare und darum über allen Zweifel erhabene Macht zu wissen. 2. In deinem Genuß oder deinem Gebrauch meines Produkts hätte ich unmittelbar den Genuß, sowohl des Bewußtseins, in meiner Arbeit ein menschliches Bedürfnis befriedigt, also das menschliche Wesen vergegenständlicht und daher dem Bedürfnis eines andren menschlichen Wesens seinen entsprechenden Gegenstand verschafft zu haben, 3. für dich der Mittler zwischen dir und der Gattung gewesen zu sein, also von dir selbst als eine Ergänzung deines eignen Wesens und als ein notwendiger Teil deiner selbst gewußt und empfunden zu werden, also sowohl in deinem Denken wie in deiner Liebe mich bestätigt zu wissen, 4. in meiner individuellen Lebensäußerung unmittelbar deine Lebensäußerung geschaffen zu haben, also in meiner individuellen Tätigkeit unmittelbar mein wahres Wesen, mein menschliches, mein Gemeinwesen bestätigt und verwirklicht zu haben“ (Auszüge aus James Mills Buch… 462).
Wie in den Grundrissen ist es hier die Produktion zur Bedürfnisbefriedigung Anderer, die das „Gattungswesen“ der Individuen bestätigt. Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Passagen ist jedoch, dass in der einen die Produktion zur Bedürfnisbefriedigung Anderer alleine stehen kann, während sie in der anderen notwendigerweise reziprok ist. Das würde uns erlauben, die Bedürfnisbefriedigung Anderer als die grundlegendere menschliche Beziehung zu sehen und den Tausch – oder die Befriedigung von Bedürfnissen, die von Reziprozität abhängig ist – als eine Verkomplizierung bzw. eine Art Verdoppelung dieser Beziehung.
Für sich selbst genommen mag die Befriedigung des Bedürfnisses eines Anderen einfach erscheinen und damit wenig aussagen. Wenn wir dies allerdings in einen gesellschaftlichen Kontext stellen (2), in dem neue Bedürfnisse produziert werden, können wir unmittelbar sehen, dass die Befriedigung aller gesellschaftlich bestimmten Bedürfnisse folgender Komponente bedarf: eines Wissens um diese Bedürfnisse in ihrer jeweiligen Spezifität; eine Anteilnahme an einer Produktionsweise, die diesem Bedürfnis entspricht; sowie Zugang zu den Produktionsprozessen, Produktionsmitteln und Produktionsmaterialien. Darüber hinaus wird auch der Gebrauch des Produkts seitens der Empfangenden bestimmt von deren Verhältnis zur spezifischen Produktionsweise. Damit die Produzierenden ihre Aufgabe erfüllen können, müssen die Empfangenden des Produkts die Fähigkeit haben, dieses anzuwenden. (3) Dies bedeutet, dass eine Person, die zur Bedürfnisbefriedigung Anderer produziert, nicht nur deren Gattungswesen bestätigt im Gegensatz zum Tier, das nicht für andere Tiere produziert, sondern auch deren Gattungswesen in Zusammenhang mit einer bestimmten Produktionsweise.
Es ist besonders interessant zu sehen, dass die Befriedigung von gesellschaftlich bestimmten Bedürfnissen durch eine andere Person diese Resultate unabhängig von jeder Reziprozität hat. Wenn das Bedürfnis bestimmt und spezifisch ist, dann gibt es keine Möglichkeit, es zu befriedigen, außer auf der Ebene der Entwicklung der Produktionsprozesse und Produktionsmittel, an denen die individuellen KonsumentInnen und ProduzentInnen teilhaben können. Um diese Beziehung als menschliche Beziehung zu behaupten, ist es nicht notwendig, dass die Empfangenden den Produzierenden etwas „zurückzahlen“. Es ist jedoch notwendig, dass beide derselben Produktionsweise angehören. Für die Ausbildung und Spezifizierung ihrer Bedürfnisse ist es wesentlich, dass Andere, die dieser Produktionsweise angehören, sie in der Vergangenheit produziert haben. Außerdem: Nachdem Menschen Produzieren durch Produzieren lernen, und nachdem das erste produzierte Produkt mangelhaft sein kann, müssen die Produzierenden das Produkt bereits in der Vergangenheit produziert haben – entweder für sich selbst oder für Andere.
Das menschliche Kleinkind ist von Anderen abhängig und es ist ihm nicht möglich, für sie zu produzieren. Es ist abhängig davon, dass Andere seine Bedürfnisse befriedigen, und diese Bedürfnisse stehen in jeweils spezifischen Zusammenhängen mit den Objekten oder Produkten, anhand derer sie befriedigt werden. Am Anfang sind Kleinkinder der Reziprozität unfähig und damit notwendigerweise Empfangende in einer einseitigen Beziehung von Bedürfnisbefriedigung. Ihr Leben hängt von der Fähigkeit Anderer ab, für sie zu produzieren – ohne Reziprozität. Später, wenn sie unabhängig werden, lernen sie, aktiv zu konsumieren und selbst zu produzieren (für sich und für Andere) innerhalb der Produktionsweise, in der sich ihre spezifischen Bedürfnisse entwickelten. Wenn jedoch ihre Beziehung zu Anderen immer noch die einer einseitigen Bedürfnisbefriedigung wäre – was, zumindest zu bestimmten Zeiten ihres späteren Lebens der Fall sein kann –, würde immer noch nicht zwangsläufig Reziprozität verlangt. Das heißt nicht zu verleugnen, dass Reziprozität ein bestimmendes Moment unseres Lebens und oft genug die Norm ist. Als isolierte soziale Beziehung betrachtet, verlangt die Befriedigung von Bedürfnissen Anderer jedoch keine unmittelbare oder aufgeschobene Reziprozität. (4)
Es muss hinzugefügt werden, dass die Beziehung zwischen Personen, die auf diese Weise geschaffen wird, nicht „rein“ ist, das heißt: sie besteht nicht nur zwischen ihnen. Es ist auch eine Beziehung zu dem Objekt, anhand dessen ein Bedürfnis befriedigt wird. Es ist dasselbe materielle Objekt für beide Personen, auch wenn es für die eine ein Produkt ist, das sie nicht verwendet, und für die andere ein Bedürfnisobjekt, das sie nicht produziert hat. Die produzierende Person sieht es zwar auch als Objekt eines spezifischen Bedürfnisses, aber nicht in Zusammenhang mit ihren eigenen Bedürfnissen. Die empfangende Person sieht es als direkt auf die produzierende Person bezogenes. Für beide Personen ist das Objekt ein spezifisches gesellschaftliches Objekt, sowohl aufgrund ihrer Vertrautheit mit ähnlichen Objekten als auch aufgrund ihres Umgangs mit dem Objekt im Augenblick in einem gesellschaftlichen Rahmen. Es kommt somit zu einer Verbindung durch einen gemeinsamen Bezug auf das Objekt.
Während wir oben gesagt haben, dass Reziprozität in einer solchen Beziehung nicht notwendig ist, beinhaltet sie zwangsläufig ein reziprokes Moment, in dem Sinne, dass die Beziehung der Produzierenden zu den Empfangenden gleichzeitig eine Beziehung der Empfangenden zu den Produzierenden ist. Die Abhängigkeit der Empfangenden von den Produzierenden ist eine persönliche Beziehung – zumindest wenn die Produzierenden als Quelle der Bedürfnisbefriedigung von den Empfangenden anerkannt werden. Dies fällt umso leichter, je mehr Erfahrung die Empfangenden selbst als Produzierende haben. Wenn zwei Personen in einer Beziehung sowohl als Produzierende als auch als Empfangende fungieren, kann die interne Opposition zwischen Produzieren und Empfangen aufgehoben werden durch gegenseitige Bedürfnisbefriedigung. Indem sie füreinander produzieren, nehmen die beiden Personen gewissermaßen unentwegt die Position der jeweils anderen ein. (Wenn Empfangende die Quelle der Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht anzuerkennen vermögen, bleibt es bei einer von Abhängigkeit gekennzeichneten Beziehung.)
Wir wollen nun zur Analyse der Sprache zurückkehren, wie sie in der Deutschen Ideologie formuliert wird. Sprache wird dort verstanden als Instrument für Bedürfnisbefriedigung: „Die Sprache entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen.“ Zunächst können wir festhalten, dass jede gesellschaftliche oder objektive Notwendigkeit auf einer individuellen Ebene als Bedürfnis erscheint, wenn das Individuum von dieser Notwendigkeit tangiert wird. (5)
Verkehr mit Anderen ist notwendig für alle. Es gibt jedoch kein spezifisches Bedürfnis, das alle zur gleichen Zeit gemeinsam haben, schlicht weil die Notwendigkeit individueller Bedürfnisbefriedigung jeweils unterschiedlich stark ausfällt in unterschiedlichen Momenten. Die Notwendigkeit individueller Bedürfnisbefriedigung hängt ab von Zeit, Raum, Körper, Umwelt, gesellschaftlicher Position, Arbeit, usw. Die Arten des Verkehrs, derer ein Individuum bedarf, variieren mit seinen Bedürfnissen und den damit zusammenhängenden Objekten. Wenn die individuellen Bedürfnisse einer Person in der Vergangenheit durch Austausch mit Anderen befriedigt wurden, wird dieser Austausch selbst zu einem Bedürfnis – was sich zwangsläufig auf die Art der Bedürfnisbefriedigung niederschlägt. Dies gilt für jede Beziehung, die der Befriedigung individueller Bedürfnisse dient. Dadurch dass der Austausch selbst zum Bedürfnis wird, wird die Dimension der Bedürfnisbefriedigung eine über das Individuum hinausgehende, da es ohne gegenseitige Bedürfnisbefriedigung keinen Austausch geben kann. Außerdem ist eine gesellschaftliche oder objektive Notwendigkeit, die als individuelles Bedürfnis erkannt wird, ein Bedürfnis nach Austausch – zum Beispiel, wenn das Bewegen von etwas Schwerem Zusammenarbeit verlangt. Das Bedürfnis nach Austausch wird zur Bedingung für das Befriedigen individueller Bedürfnisse – dies ist, was ein Bedürfnis zu einem „objektiven“ bzw. (in der Regel) zu einem „gesellschaftlichen“ macht.
Wenn die Sprache von individuellen Bedürfnissen kommt (unseren eigenen oder den von Anderen, materiell oder instrumentell), sowie von der gesellschaftlichen bzw. objektiven Notwendigkeit des Austauschs mit Anderen, dann kann sie als Mittel gesehen werden, diesen Austausch zu bewerkstelligen.
Die Frage ist: Wie funktioniert dieses Mittel? Wie gestaltet sich dieser Austausch? Wenn Austausch mit Anderen als Mittel zur Befriedigung der Bedürfnisse betrachtet wird, die in einer Gesellschaft existieren, dann kann Sprache als das Mittel eines Mittels verstanden werden – als ein instrumentelles Bedürfnis.
Wir haben oben gesagt, dass die Befriedigung gesellschaftlich determinierter Bedürfnisse, die sich in anderen Individuen manifestieren, Beziehungen zwischen Produzierenden und Empfangenden schafft. Das Gleiche kann gelten für die Befriedigung eines instrumentellen Bedürfnisses. Die Produktion eines Instruments für Andere, die dieses Instrument für ihre Bedürfnisbefriedigung verwenden können, schafft die gleiche Beziehung wie die Produktion eines Objekts, das direkter materieller Bedürfnisbefriedigung dient. Wenn wir Anderen eine Axt geben, mit der sie Bäume fällen können, um ein Haus zu bauen, dann ist das Bedürfnis nach der Axt sogar noch stärker gesellschaftlich bestimmt als das Bedürfnis nach etwas, das direkt konsumiert werden kann. Wenn Menschen als Gattungswesen Beziehungen über Objekte formen, die der Bedürfnisbefriedigung dienen, kann dies selbst der Grund für die Bedürfnisbefriedigung werden. Mit anderen Worten, wir können die Bedürfnisse Anderer nicht nur befriedigen, um ihre Bedürfnisse befriedigt zu wissen, sondern auch, um eine Gattungsbeziehung mit ihnen herzustellen in Form einer gemeinsamen Beziehung zu einem bestimmten Objekt. (6)
Dies spielt sich auf einer materiellen Ebene ab. In der Sprache sind die materiellen Objekte, die von den Sprechenden erzeugt werden, Töne, „bewegte Luftschichten“. Die Bedürfnisse, die sie befriedigen, sind einerseits Bedürfnisse nach Austausch mit Anderen, und andererseits Bedürfnisse nach Beziehungen, die diesen Austausch erleichtern. Sicherlich sind die Bedürfnisse, die von der Sprache befriedigt werden, in einem gewissen Sinne ideelle Bedürfnisse, sodass die Beziehungen, die aus ihrer Befriedigung resultieren, in Marx’ Analyse nicht den Status materieller Produktion haben. Trotzdem bleibt auch die linguistische Bedürfnisbefriedigung befähigt, eine Beziehung zwischen Menschen als Gattungswesen herzustellen.
Während über die Befriedigung gesellschaftlich bestimmter Bedürfnisse Anderer menschliche Beziehungen etabliert werden können, gibt es auch viele Arten von menschlichem Austausch, welche die unmittelbare Konsumtion eines Objekts verunmöglichen. Die Sprache hingegen erlaubt uns, stets eine menschliche Beziehung zu etablieren durch gemeinsame Bezugnahme auf ein Objekt. Kommunikative Bedürfnisse können immer befriedigt werden. Das Objekt der Bedürfnisbefriedigung selbst kann in der Zukunft liegen (zum Beispiel Essen, das noch zubereitet werden muss), es kann nicht konsumierbar sein (etwa ein schwerer Stein, der nur gemeinsam mit Anderen bewegt werden kann – ein „objektives“ Bedürfnis), oder es kann sich sogar menschlicher Einflussnahme entziehen (zum Beispiel die Sonne – auch wenn es in Bezug auf sie zu rituellem Austausch kommt in so genannten „primitiven“ Völkern).
Die Sprache bietet unmittelbare Bedürfnisbefriedigung – und menschliche Verbindung – in Bezug auf ein verbales Objekt. In gewisser Hinsicht ersetzt das verbale Objekt das nonverbale für das Schaffen menschlicher Beziehung. Der Austausch mit anderen Menschen überwiegt als Bedürfnis jedoch oft die direkte materielle Bedürfnisbefriedigung in der gemeinsamen Bezugnahme auf ein Objekt. In diesem Sinne ist das verbale Objekt nicht nur Ersatz, sondern Mittel. Mit anderen Worten, das verbale Objekt hat als Objekt, das dem Austausch zwischen Menschen dient, einen instrumentellen Wert oder Gebrauchswert. Was Marx im Kapital in Bezug auf die Biene und den Architekt sagt – nämlich dass der Letztere seine Paläste zunächst in seinem Kopf konstruiert, bevor es zur materiellen Produktion kommt –, dann können wir dasselbe sagen hinsichtlich vieler menschlicher Beziehungen oder Praxen (die wir auch als menschliche „Produkte“ sehen können). Viele dieser Beziehungen werden auch zunächst – mittels der Sprache – ideell geformt, bevor sie tatsächlich existieren. Die Tatsache, dass sprachlich etablierte Beziehungen alle Bereiche unserer Gesellschaft und die meisten Formen menschlichen Austauschs prägen, hat auch zu neuen Arten von Austausch geführt, die in erster Linie sprachliche sind. Während diese auch als Praxen gesehen werden können, werden wir hier versuchen, uns auf direkte materielle Praxen zu beschränken, die von der Sprache vermittelt werden, um einige grundlegende Unterscheidungen aufrechtzuerhalten.
In jeder Gesellschaft gibt es viele Arten von Austausch (wir können auch von „Interaktion“ sprechen). Diese können bezogen sein auf beinahe jede Art von Objekt, das in der gesellschaftlichen und physischen Umwelt gegenwärtig ist. In dieser Hinsicht erscheint das Objekt als eine Konstante, während die Arten von Austausch oder Interaktion als Variablen erscheinen (auch davon abhängend, welche Arten von Objekten involviert sind). Das Bedürfnis nach Austausch mit anderen Menschen, um sich mit dem Objekt auseinanderzusetzen, wird ein Bedürfnis, das in seinem Verhältnis zum Objekt spezifisch ist. Es bedarf daher eines Mittels, um Beziehungen einzurichten und den Austausch zu administrieren, damit dieses spezifische Bedürfnis befriedigt werden kann. Das Bedürfnis entsteht als gesellschaftliches, weil das fragliche Objekt wiederholt Gegenstand von zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Personen ist (die alle Austausch verlangen in Verbindung zu dem Objekt). Es entsteht als individuelles, weil die Auseinandersetzung mit Anderen eine eigene Auseinandersetzung mit dem Objekt verlangt. Wir können sagen, dass gesellschaftlich ein sprachliches Mittel geschaffen wird, um ein allgemeines gesellschaftliches Bedürfnis zu befriedigen. Dieses Mittel ist dann dem Individuum zur Befriedigung eines individuellen – wenn auch immer noch gesellschaftlich bestimmten – Bedürfnisses dienlich.
An dieser Stelle würde ich gerne den Begriff des „kommunikatives Bedürfnisses“ als eine terminologische Vereinfachung und Alternative einführen. Ein kommunikatives Bedürfnis ist ein Bedürfnis nach Austausch mit anderen Menschen in Hinsicht auf einen bestimmten Teil der gemeinsamen Umwelt, sowohl auf einer gesellschaftlichen als auch auf einer individuellen Ebene. Zur gleichen Zeit ist es das Bedürfnis nach einem Mittel, um diesen Austausch gestalten zu können. Es hat daher zwei konstante Aspekte: einen Bezug zu anderen Menschen bzw. einen Austausch mit ihnen; und einen spezifischen Bezug zu einem spezifischen Objekt (oder einer spezifischen Klasse von Objekten). Dazu kommen die Variablen verschiedener Arten von Aktionen und Interaktionen, die in Bezug auf dieses Objekt ausgeführt werden können – multipliziert durch die verschiedenen Klassen von Objekten, die diese Aktionen und Interaktionen beinhalten mögen. Es sind diese Variablen, ihre Anzahl, Qualität, Bezugsformen, welche die Bedeutung bestimmen, die sie für das Schaffen von menschlichem Austausch einnehmen. Anders gesagt, ist es das Spannungsfeld zwischen Verhaltensweise und Objekt, das die Bedeutung des Objekts für menschliche Beziehungen – und damit für die Notwendigkeit sprachlicher Zuschreibungen bzw. „Namen“ – bestimmt.
Während die Verhaltensweisen variieren, wird das Objekt dabei zu einer Konstante, auf die sich alle Verhaltensweise in ihrer Unterschiedlichkeit beziehen können. Während die Verhaltensweisen (inklusive neuer Formen von Gebrauch, Produktion und Interaktion) durch ihre Kombinationsmöglichkeiten enorm vielfältig sind, bleibt der Charakter des Bedürfnisses, das mit dem Objekt verbunden ist, und auf das sich die Verhaltensweisen beziehen, so konstant wie das Objekt selbst: es ist ein Bedürfnis nach menschlicher Verbindung und nach menschlichem Austausch. Wenn wir nun zur Sprache zurückkehren, dann wird deutlich, dass Sprechen als Verhaltensweise in Bezug auf jedes existierende Objekt möglich ist. In Bezug auf jedes Objekt gibt es eine Sache, die wir immer tun können, nämlich uns über dieses Objekt sprachlich auszutauschen bzw. zu kommunizieren. Eine spezielle Art von sprachlichem Verhalten erscheint damit als Konstante im Vergleich zu allen anderen Verhaltensweisen.
Das kommunikative Bedürfnis – als ein bipolares Bedürfnis, das auf der einen Seite von der Notwendigkeit herrührt, sich auf eine gesellschaftlich bestimmte Art zu einem Objekt (oder zu einer Klasse von Objekten) in Beziehung zu setzen, und auf der anderen Seite von dem Bedürfnis nach einem Mittel, um dies zu ermöglichen – schafft damit eine Verbindung zwischen dem Objekt und dem Mittel, die Austausch bzw. Kommunikation in Bezug auf das Objekt erlauben. Dieses Mittel ist das Wort.
Wenn ein kommunikatives Bedürfnis für uns entsteht, entsteht es als Bedürfnis nach einer Verbindung mit einer anderen Person in Beziehung zu etwas Drittem. Gleichzeitig ist es immer auch ein gesellschaftlich bestimmtes Bedürfnis nach Austausch selbst. Wir können es auch als das Bedürfnis einer anderen Person nach einer Verbindung mit uns in Beziehung zu etwas Drittem sehen. Wenn wir beide derselben sprachlichen Gruppe angehören, wissen wir, dass unsere kommunikativen Bedürfnisse und die Mittel, um sie zu befriedigen, einander entsprechen. Wir sind uns der Bedürfnisse der anderen Person nach einer Verbindung mit uns bewusst, bevor sie das selbst ist, da wir bereits ein Bedürfnis nach Verbindung mit ihr haben. Wir befriedigen ihr Bedürfnis, indem wir ihr gesellschaftlich-sprachliche Produkte zukommen lassen (die innerhalb des Satzes wiederum verschiedene Beziehungen zueinander haben), die sie aufgrund vergangener spezifischer Anwendungen erkennt. Diese Produkte erlauben ihr, das Objekt oder die Situation zu identifizieren, die in Zusammenhang mit unserem kommunikativen Bedürfnis stehen und über die wir uns austauschen. (Es kann sich dabei auch um einen zukünftigen Diskurs handeln.)
So wird eine Beziehung zwischen Sprechenden und Zuhörenden etabliert auf der Grundlage der Produktion und des Gebrauchs der sprachlichen Produkte. Außerdem wird eine Beziehung der Zuhörenden zu dem Objekt etabliert, das von den Sprechenden zum Anlass ihres aktuellen kommunikativen Bedürfnisses genommen wurde. Nachdem es dasselbe verbale Produkt ist, das diese beiden Beziehungen vermittelt, können sie als gleichartig betrachtet werden. Das kommunikative Bedürfnis der Sprechenden wurde dabei insofern befriedigt, als dass es ein Bedürfnis nach einer Beziehung zwischen den Zuhörenden und dem fraglichen Objekt war. Dies verdoppelt ihre eigene Beziehung zu diesem Objekt. Die eigene Beziehung der Sprechenden zu dem Objekt findet demnach ein Äquivalent in der Beziehung der Zuhörenden zu ihm. (Sowohl für die Sprechenden als auch für die Zuhörenden existiert die Beziehung bereits für Andere. Für die Sprechenden als Bedürfnis Anderer, eine Beziehung zu dem Objekt herzustellen, und für die Zuhörenden als bereits existierende Beziehung der Sprechenden.)
Die LeserInnen mögen an dieser Stelle verwundert darüber sein, dass ich die Bedürfnisbefriedigung Anderer so stark betone in Zusammenhang mit kommunikativen Bedürfnissen. Zwar scheint es offensichtlich, dass wir die Bedürfnisse Anderer befriedigen, wenn wir ihnen Information geben, die sie noch nicht haben, oder wenn wir Kindern sprechen lernen, aber es gibt viele Fälle, in denen wir eher unser eigenes kommunikatives Bedürfnis zu befriedigen scheinen. Es gibt hier zwei mögliche Erklärungen:
1. Wenn die Sprache tatsächlich eine Verbindung zwischen Menschen in Bezug auf etwas Drittes schafft, dann beinhaltet eine solche Verbindung, per definitionem, mehr als eine Person. Wir können keine solche Verbindung haben, wenn eine andere Person sie nicht auch hat. Daher impliziert unser eigenes Bedürfnis nach einer Verbindung mit anderen Personen notwendigerweise das Bedürfnis, dass diese ein ebensolches Bedürfnis haben, bzw. wir müssen wissen, dass die Personen, denen wir unsere verbalen Mittel zukommen lassen, diese anwenden können, um eine solche Beziehung herzustellen. Eine fehlende Beziehung Anderer zu einem Objekt wird demnach durch das Fehlen von Mitteln erklärt bzw. durch ein, wie wir oben gesehen haben, unbefriedigtes instrumentelles Bedürfnis. Wir können auch sagen, dass das Objekt, auf das sich die Sprechenden beziehen, eine gewisse gesellschaftlich bestimmte Relevanz bzw. Wichtigkeit für die Zuhörenden haben muss; eine Relevanz bzw. Wichtigkeit, die von den Sprechenden erkannt wird, wenn auch vielleicht nicht immer unmittelbar von den Zuhörenden. Dies gilt für jeden Aspekt unserer sozio-physischen Umwelt, inklusive der „Innerlichkeit“ der Sprechenden. Die Sprechenden können die Zuhörenden während dieses Prozesses ständig als Personen mit einem instrumentellen (kommunikativen) Bedürfnis betrachtet werden.
2. Wenn die linguistische Forschung vom Tauschprinzip geprägt scheint – aufgrund der Ähnlichkeit zwischen der Tauschbeziehung und der kommunikativen Beziehung, in dem Sinne, dass beide auf die Befriedigung von Bedürfnissen ausgerichtet sind –, dann müssen wir achtsam sein, damit unsere Thesen nicht entstellt werden. Schließlich leben wir einer Gesellschaft, die von Tauschbeziehungen beherrscht wird. Es ist demnach leicht für uns, den Fehler zu machen, die Art von menschlichen Beziehungen, die für das Tauschprinzip charakteristisch sind, auf die Sprache zu übertragen. Für den Tausch ist Reziprozität wesentlich, und Produzierende sind nur daran interessiert, im Rahmen einer Gleichung selbst Produkte von Anderen zu erhalten. Wenn wir die kommunikative Beziehung in diesem Sinne verstehen wollen, betonen wir die sprachlichen Produzierenden und ihre eigenen Bedürfnisse zu stark, weil wir annehmen, dass sie – genauso wie die materiell Produzierenden – nur produzieren, um ihre eigenen Bedürfnisse (über Tauschakte) zu befriedigen. Tatsächlich stehen die Bedürfnisse, die im Tausch befriedigt werden, in keiner Beziehung zueinander – genauso wenig wie die Produkte, von denen sie befriedigt werden. In der sprachlichen Produktion gibt es jedoch eine „Entäußerung“ des Produkts, ohne dass es dabei verloren geht, da mit seiner Hilfe wechselseitige Beziehungen etabliert werden. Die Zuhörenden können jederzeit zu Sprechenden werden, aber obwohl dies die Beziehung bereichert, stellt es keine Voraussetzung für das Funktionieren des sprachlichen Prozesses dar, nachdem der wechselseitige Wert der Beziehung gleichzeitig ihr Effekt ist. Die Zuhörenden zeigen, dass sie die Sprechenden als die Quelle der Befriedigung ihres kommunikativen Bedürfnisses anerkennen, indem sie den Prozess wiederholen und selbst zu Produzierenden werden. Sie befriedigen damit das Bedürfnis der vormals Sprechenden nach einer Beziehung zu dem Produkt, das von ihnen gerade produziert wurde. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen, haben sich die Zuhörenden also schlicht als Produzierende zu zeigen – selbst die Andeutung der (Re)Produktion des Produkts ist dabei genug, sogar eine inartikulierte Vokalisierung mag genügen. (7)
Das Etablieren von Beziehungen durch sprachliche Produktion kann nunmehr unterschieden werden von Tauschverhältnissen bzw. Vertragsbeziehungen, wie sie von Marx in den Grundrissen beschrieben werden:
„Jedes [Individuum] entäußert sich desselben freiwillig. Aber dies ist nicht alles: Das Individuum A dient dem Bedürfnisse des Individuums B vermittelst der Ware a, nur insofern und weil das Individuum B dem Bedürfnis des Individuums A vermittelst der Ware b dient und vice versa. Jedes dient dem andren, um sich selbst zu dienen; jedes bedient sich des andren wechselseitig als seines Mittels. Es ist nun beides in dem Bewußtsein der beiden Individuen vorhanden: 1) daß jedes nur seinen Zweck erreicht, soweit es dem andren als Mittel dient; 2) daß jedes nur Mittel für das andre (Sein für andres) wird als Selbstzweck (Sein für sich); 3) daß die Wechselseitigkeit, wonach jedes zugleich Mittel und Zweck, und zwar nur seinen Zweck erreicht, insofern es Mittel wird, und nur Mittel wird, insofern es sich als Selbstzweck setzt, daß jeder sich also als Sein für andres setzt, insofern er Sein für sich und der andre als Sein für ihn, insofern er Sein für sich – daß diese Wechselseitigkeit ein notwendiges fact ist, vorausgesetzt als natürliche Bedingung des Austauschs, daß sie aber als solche jedem der beiden Subjekte des Austauschs gleichgültig ist und ihm diese Wechselseitigkeit nur Interesse hat, soweit sie sein Interesse, als das des andren ausschließend, ohne Beziehung darauf, befriedigt. D.h., das gemeinschaftliche Interesse, was als Motiv des Gesamtakts erscheint, ist zwar als fact von beiden Seiten anerkannt, aber als solches ist es nicht Motiv, sondern geht sozusagen nur hinter dem Rücken der in sich selbst reflektierten Sonderinteressen, dem Einzelinteresse im Gegensatz zu dem des andren vor. (169)“
Wenn wir die Befriedigung eines gesellschaftlich bestimmten Bedürfnisses Anderer als die grundlegende Handlung sehen, die eine Verbindung zwischen Gattungswesen schafft, können wir sehen, wie Tausch, Reziprozitätzwang und rein egoistische Bedürfnisbefriedigung – kurz, die Behandlung anderer Personen als Mittel – die ursprünglich geschaffene Verbindung entstellt, sie aber nicht völlig auslöscht. (Tatsächlich liegt der größte Widerspruch der Tauschenden darin, eine Handlung, die ihr Gattungswesen offenbaren und menschliche Verbindung schaffen könnte, nur für sich selbst zu nutzen, wie es das obige Zitat beschreibt.) Die Kette von egoistisch motivierten Beziehungen von Selbstinteresse, die vom Tausch geschaffen wird, ist länger als die Kette von kommunikativ geschaffenen Beziehungen, da diese mit einer einfachen, gemeinsamen Beziehung zum Objekt enden. Allerdings können die gemeinsamen Beziehungen, die in sprachlicher Kommunikation geschaffen werden, qualitativ variieren hinsichtlich der kommunikativen Bedürfnisse, die befriedigt werden, und der dazu verwendeten sprachlichen Produkte. Im Tausch gibt es nur „das selbstsüchtige Interesse, kein darüberstehendes“, bzw. „das allgemeine Interesse ist eben die Allgemeinheit der selbstsüchtigen Interessen“ (Grundrisse, 167). Der individuelle Tausch und die Reflektierung von Beziehungen finden auf der Grundlage der Quantität einer speziellen Qualität statt. Die spezielle Qualität, die in allen Waren gefunden wird – und in Hinsicht auf welche die Tauschenden ihre reziproken egoistischen Beziehungen formen – ist die abstrakte Arbeit. Die Tauschenden gestalten demnach ihre spezifischen Beziehungen zueinander in Bezug auf die Quantität dieser Qualität, die in den Produkten, die sie tauschen, enthalten ist.
Es gibt eine interessante Korrespondenz zwischen einem Teil des obigen Zitats aus den Grundrissen und einer früher zitierten Stelle aus der Deutschen Ideologie. Hier wird „jedes nur Mittel für das andre (Sein für andres) … als Selbstzweck (Sein für sich)“, während in der Deutschen Ideologie „die Sprache … das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein“ ist. Die dialektische Bewegung scheint hier mit anderen Personen zu beginnen und erst nachher das Subjekt mit einzuschließen. In der Passage von den Grundrissen, ist „Sein für andres“ eine Erklärung dafür, zu einem „Mittel für das andre“ zu werden. Dies verweist auf einen Prozess, der – aufgrund der notwendigen Reziprozität des Tauschs – mit dem Interesse des Individuums alleine beginnt und, indem das „Sein für andres“ als Mittel verwendet wird, zum Individuum zurückkehrt. Der Widerspruch hier liegt darin, dass ein Prozess, der eigentlich mit Anderen beginnen sollte („Sein für andres“), mit dem isolierten Individuum beginnt und wieder zu diesem zurückkehrt.
In der Sprache beginnen mehrere dialektische Prozesse, die beim Individuum enden, mit anderen Menschen. Zunächst ist Sprache das Produkt von früheren Generationen. Dies macht sie dem Individuum in all ihren Aspekten zugänglich. Zweitens ist Sprache etwas, das wir von anderen Menschen erwerben, die unsere kommunikativen Bedürfnisse auf jene Weise befriedigen, auf die ihre befriedigt wurden. Drittens hat Lew Wygotski (1986) in seiner Auseinandersetzung mit der Verinnerlichung der Sprache (der Entwicklung des sprachlichen Denkens) gezeigt, dass Sprache, nachdem sie zunächst auf Andere ausgerichtet ist, zu einem Monolog (für einen selbst) und danach (als „Denkwerkzeug“) internalisiert wird. Schließlich befriedigt unser Sprechen die kommunikativen Bedürfnisse von Anderen und daher auch unsere eigenen. Allgemein kann dies als ein Sozialisierungsprozess gesehen werden, in dem das Individuum Teil einer bereits existierenden Gruppe wird. Diese Gruppe existiert sowohl sprachlich (ideell) wie materiell. Sie erhält sich durch die gegenseitige Bedürfnisbefriedigung ihrer Mitglieder. Die Erfahrung individueller Bedürfnisbefriedigung durch Andere bereitet die Individuen darauf vor, selbst die Bedürfnisse Anderer zu befriedigen.
Der Prozess endet nicht mit einem „reifen“ Individuum. Das Individuum setzt ständig damit fort, mittels gegenseitiger Bedürfnisbefriedigung Beziehungen zu Anderen zu formen, sowohl sprachlich als auch materiell. Wenn wir oben behauptet haben, dass die Befriedigung des Bedürfnisses Anderer die Bestätigung sowohl von deren Gattungswesen wie von unserem eigenen ist – sowohl sprachlich als auch materiell –, so wird dies immer mehr bestätigt je komplexer das System gesellschaftlich bestimmter Bedürfnisse wird. Dabei wird auch deutlich, wie Tausch – der die Befriedigung der Bedürfnisse Anderer nur als Mittel zur Befriedigung eigener Bedürfnisse (der Bedürfnisse isolierter Individuen) sieht – hinter dem Schaffen einer Gattungsbeziehung oder einem Sozialisierungsprozess zurückbleibt. Er schafft stattdessen – um es so zu sagen – eine „neue Gattung“ (8): eine Gattung isolierter Individuen nämlich, deren wichtigste gemeinsame soziale Beziehung die Beziehung gegenseitigen Ausschlusses ist. Aufgrund der Arbeitsteilung und der Spezifizierung von Bedürfnissen sind zwar auch die Mitglieder dieser Gattung voneinander abhängig, was die Befriedigung ihrer gesellschaftlich bestimmten Bedürfnisse betrifft, aber der einzige Weg, auf dem sie sich näher kommen (die Bedürfnisse Anderer befriedigen), besteht darin, ein System gegenseitigen Ausschlusses zu bestärken.
Wenn wir also aus marxistischer Perspektive die Sprache mit der Warenproduktion und dem Tausch vergleichen, können wir sie als eine Art ideellen Austausch begreifen, über den Menschen sich verbinden, wechselseitige Bedürfnisbefriedigung leisten und sich als Gattungswesen konstituieren. Die Sprache macht kollektive menschliche Bezugnahmen auf Objekte möglich. In ihrem materiellen Austausch folgen Menschen nicht diesem Modell. Hier besteht ihre Gattungsbeziehung darin, sich als isolierte Individuen zu konstituieren. Die einzige Verbindung, die existiert, ist die eines gegenseitigen Ausschlusses – bei gleichzeitiger gegenseitiger Abhängigkeit. Unser „materieller Austausch“, die „Sprache des wirklichen Lebens“, ist damit selbstwidersprüchlich und qualitativ auf ein Minimum reduziert. Gleichzeitig konstituieren wir uns in unserem sprachlichen Austausch immer noch als Gattungswesen: hier gelingt es, verschiedene Beziehungsformen zu gestalten und zu vermitteln, inklusive solcher, die auf unsere („nicht-gattungsmäßigen“) materiellen Beziehungen verweisen.
Sowohl sprachliche als auch nicht-sprachliche materielle Produkte können dazu verwendet werden, Gattungsbeziehungen zu formen, wenn sie der Bedürfnisbefriedigung Anderer dienen. Diese zwei Arten von Produkten lassen sich im Kapitalismus aufgrund der Tatsache unterscheiden, dass nicht-sprachliche materielle Produkte verwendet werden, um eine besondere Art von Nicht-Gattungsbeziehung oder Anti-Gattungsbeziehung zu formen. Gleichzeitig können sie auch unterschieden werden hinsichtlich der Art von Bedürfnissen, die sie befriedigen. Während die Sprache kommunikative Bedürfnisse befriedigt, befriedigen nicht-sprachliche materielle Produkte materielle Bedürfnisse. Indem sie kommunikative Bedürfnisse befriedigt, erlaubt Sprache die Etablierung von menschlichen Beziehungen, bevor diese Beziehungen durch materiellen Gebrauch etabliert werden.
Die neu geschaffene „Gattung“ isolierter Individuen löst ihre wechselseitige Abhängigkeit durch das Errichten eines enormen Systems reziproker Befriedigung gesellschaftlich bestimmter Bedürfnisse ein. Qualitativ bleiben ihre Beziehungen arm. Sie schließen einander als Besitzende (von Privateigentum) und Tauschende aus. Der eine Akt, den sie gemeinsam ausführen, ist der Tausch. Die Verallgemeinerung dieser Situation und das Verlangen nach einem „gleichen“ Tausch (damit keine Seite etwas „verliert“) machen es notwendig, dass ihre Beziehung, die in diesem Akt zum Ausdruck kommt – und damit ihre Beziehung zum Objekt des Akts – strukturiert wird. Der Tausch selbst kann als etwas gesehen werden, das ein kommunikatives Bedürfnis impliziert.
In der Warenproduktion und im Tausch nimmt das kommunikative Bedürfnis allgemein die Form eines Bedürfnisses nach Austausch mit anderen Menschen an in Bezug auf alle Produkte, die von anderen Menschen produziert werden und der Befriedigung gesellschaftlich bestimmter Bedürfnisse dienen. Um diesen Austausch zu ermöglichen, müssen die Individuen untereinander Beziehungen schaffen. Wir haben in diesem Zusammenhang bereits von einer „neuen Gattung“ sich gegenseitig ausschließender „unabhängiger“ Individuen gesprochen, deren Kommunikation materielle Kommunikation ist. Trotz der Unterschiede zwischen der „ideellen“ sprachlich vermittelten Gattung und der „materiellen“ Gattung der Tauschenden, handelt es sich in beiden Fällen um menschliche Lebensformen, in denen kommunikative Bedürfnisse auf eine ähnliche Weise befriedigt werden.
Die reziproke Unabhängigkeit der Individuen ist die Kehrseite ihrer reziproken Abhängigkeit. Jedes Individuum ist unabhängig als ein produzierendes, das etwas produziert, das es selbst nicht verwendet. Wie in der sprachlichen Kommunikation sind seine Produkte dazu bestimmt, von Anderen verwendet zu werden. Seine Produktion dient dazu, Beziehungen zu Anderen herzustellen, die Austausch mit ihnen – im eigenen Interesse – erlauben. Das eigene Produkt dient gewissermaßen als kommunikatives Instrument.
Nachdem im Tausch die Bewegung der Dialektik mit dem Individuum beginnt, können wir sagen, dass das kommunikative Bedürfnis, das es zu befriedigen sucht, sein eigenes kommunikatives Bedürfnis ist (sein Bedürfnis nach einem Mittel, um mit Anderen zu tauschen). Es handelt sich zwar um ein materielles Bedürfnis, aber das Individuum muss dennoch Beziehungen mit Anderen aufbauen, die es Anderen ermöglichen, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Es ist daher ein materielles Bedürfnis, dessen Befriedigung eines kommunikativen Instruments bedarf, um Beziehung herzustellen. Es ist ein materielles Bedürfnis, das gleichzeitig ein kommunikatives Bedürfnis ist. Das Individuum produziert demnach, um mit Anderen Beziehungen zu etablieren, die diesen erlauben für das Individuum zu produzieren. Wie in der sprachlichen Dialektik erhält hier das Produkt seine Bestimmung von der der Art des Gebrauchs, das Andere von ihm machen. Dadurch beginnt es auch für das Individuum zu existieren. Alle Individuen stehen im Tausch freilich unter dem Zwang der Reziprozität und ihr Empfang des Produkts eines anderen Individuums bedeutet die notwendige Entäußerung eines eigenen. Alle Individuen verwenden die Bedürfnisbefriedigung eines anderen Individuums anhand eines Produkt dazu, dieses Individuum zur Entäußerung eines eigenen Produkts zu zwingen.
Wir haben oben gesagt, dass es, wenn die Befriedigung des gesellschaftlich bestimmten Bedürfnisses Anderer eine Gattungsbeziehung zwischen Menschen schafft, auch rein zu diesem Zwecke zur Bedürfnisbefriedigung kommen kann. Das in der allgemeinen Form des Tauschs implizierte kommunikative Bedürfnis wird um vieles deutlicher, wenn es von Geld vermittelt wird, da hier die „Gattung“ der Tauschenden klarer zum Vorschein kommt. Die Ware selbst beinhaltet zwei Aspekte: den des Gebrauchswerts und den des Werts. Als Gebrauchswert befriedigt sie ein gesellschaftlich bestimmtes Bedürfnis. Als Wert ist sie ein Produkt abstrakter menschlicher Arbeit und wird ausgedrückt in bzw. ersetzt von einer anderen Ware: dem Geld als allgemeinen Äquivalent.
Als austauschbares Produkt menschlicher Arbeit sind alle Waren qualitativ gleich, auch wenn sie sich quantitativ unterscheiden. Wir können annehmen, dass Tauschwert wie Wert die Aspekte der Produktion-für-Andere sind, über die eine Gattungsbeziehung hergestellt wird. Mit anderen Worten, sie machen den Teil der Ware aus, der als materielles kommunikatives Instrument verstanden werden kann. Es ist der gegenseitig ausschließende Charakter des Tauschs, der die Trennung von Gebrauchswert und Tauschwert schafft. Wenn die Etablierung der Gattungsbeziehung nur dem isolierten Individuum dient, dann ist das, was das Individuum von den Anderen erhält, nur eine andere Form seines ursprünglichen Produkts, nur etwas, das ein materielles Bedürfnis befriedigt. (Wenn ein Produkt getauscht wurde, verschwindet es aus der Zirkulation und ist nicht länger Ware, sondern nur noch Gebrauchswert.) Die Produzierenden verwenden ihre Fähigkeit, mithilfe ihrer Produkte Beziehungen zwischen Gattungswesen zu etablieren, um ein eigenes Produkt in Gebrauchswert umzuwandeln – das ist alles, was nach dem Tausch übrig bleibt. Das Produkt ist nur dann eine Ware, wenn es Tauschwert ist, und es ist nur dann Tauschwert, wenn es „für Andere“ ist. Für Andere ist es, wenn es zirkuliert, das heißt, wenn es nicht mehr „nur für das Individuum“ ist. Der kommunikative Charakter der Ware liegt daher in dem Nutzen, den sie für Andere hat. Wie gestaltet sich dieser Prozess?
Wir sahen oben, dass der dialektische Prozess der Sprache mit Anderen beginnt, um schließlich beim Individuum zu enden. Es ist daher anzunehmen, dass der kommunikative Aspekt des Warentauschs einem ähnlichen dialektischen Prozess folgt. Marx diskutiert den Wertausdruck im ersten Band des Kapitals: „x Ware A = y Ware B“ (63). Der Wertausdruck hat hier einen relativen und einen äquivalenten Pol, die „polare Gegensätze“ sind. Der Wert der relativen Ware wird in der äquivalenten Ware ausgedrückt aufgrund der Beziehung, in der beide zueinander stehen. Beide Warenformen sind Produkte abstrakter Arbeit. In unseren Begriffen wurden beide „für Andere“ produziert. Im Wertausdruck allerdings gilt für das Äquivalent, dass es „in der Wertgleichung vielmehr nur als bestimmtes Quantum einer Sache“ figuriert (ebda., 70). Als solches ist es der Ausdruck des Werts der relativen Ware.
Die Wertgleichung ergibt sich aus der Perspektive der Produzierenden, die wissen wollen, was ihre Produkte wert sind. Daher sehen sie ihre Produkte in Beziehung zu den Produkten jener, mit denen sie tauschen können. Was ist dabei die Perspektive der Anderen? Auf welche Weise existiert das eigene Produkt für sie? Es existiert für sie nur in der Form eines ihnen eigenen Produkts, gegen das sie es tauschen können (“…dein eigner Gegenstand ist dir nur die sinnliche Hülle, die verborgne Gestalt meines Gegenstandes; denn seine Produktion bedeutet, will ausdrücken: den Erwerb meines Gegenstandes“ (Auszüge aus dem Buch James Mills…, 462)). Wenn wir also danach fragen, was die Produkte der Produzierenden für die Anderen sind, dann gilt die Antwort: Sie sind die Produkte der Anderen. Damit ist auch aus der Perspektive der Produzierenden das, was ihre Produkte für Andere sind, das, was ihre Produkte für sie selbst sind. Mit anderen Worten, die Produkte der Produzierenden erhalten vor dem Tausch ihre Bestimmung in Form einer bestimmten Art (und Quantität) von kommunikativem Interesse, das in Beziehung zu den Produkten derer steht, mit denen getauscht wird.
Für sich selbst genommen hat eine Ware Gebrauchswert und Wert, aber nicht Tauschwert. Dieser existiert nur in Beziehung zu etwas Anderem. Wie Marx in den Grundrissen erklärt, ist die Ware nur Tauschwert, insofern sie in einer anderen Ware, also in einer Beziehung, ausgedrückt wird. Im gegenseitigen Ausschluss des Privateigentums erhält die Ware ihre Bestimmung zuerst durch das, was Andere in ihren Händen (oder Taschen) haben bzw. in der Beziehung der Ware zu dem, was (noch) das Eigentum Anderer ist. Es ist also für ihre Produzierenden das, was es für Andere ist. Es kann nichts sein, was die Anderen nicht haben (ein Gebrauchswert, den sie nicht produzieren), und es kann nicht für mehr getauscht werden als für das, was die Anderen bereit sind herzugeben. Nachdem die Produzierenden Warenproduzierende sind, existiert die Ware für sie auch nicht als Gebrauchswert und hat keinen bestimmten Charakter außer ihrem potentiellen Tauschwert, der von Anderen bestimmt wird (je nachdem, was sie in ihren eigenen Händen haben). Die Ware erhält wirklichen Tauschwert für die Produzierenden dann (bzw. beginnt wirklich für sie zu existieren), wenn sie ihren Wert in etwas ausdrückt, das das Eigentum Anderer ist.
Die Tauschenden müssen sich als Mitglieder einer Gattung von Individuen beweisen, die sich einerseits gegenseitig ausschließen und andererseits voneinander abhängig sind, indem sie einen gemeinsamen Akt, den des Tauschs, ausführen. (Die Tatsache, dass sie dies als Produzierende vereint, die Bereiche der gesellschaftlichen Gesamtproduktion gemeinsam haben, ist wichtig für unser Argument, kann aber erst später besprochen werden.) Sie bestätigen dies, indem sie für Andere produzieren. Schließlich bedarf es der Befriedigung der Bedürfnisse Anderer (oder zumindest der Übertragung des Gebrauchswerts), damit ein Produkt zu einer Ware werden kann. Denn ein Produkt, das nicht gekauft wird, fällt aus der Zirkulation und hat keine Existenz, weder als Gebrauchswert noch als Tauschwert – selbst wenn es eigentlich für Andere produziert wurde.
Im ursprünglichen Sinne sind die Tauschenden nicht Mitglieder derselben Gattung, da ihre Produktion für Andere letztlich nur Produktion für sie selbst ist. Sie sind gewissermaßen nur vorübergehende Mitglieder der Gattung, auf der Ebene der Produktionsmittel und ihrer Anwendung. Denn jedes Mal, wenn das Individuum für Andere produziert, beweist es seine Fähigkeit, Mitglied der Gattung zu sein, auch wenn es nur eine Tauschbeziehung vorbereitet. Wenn es jedoch sein Produkt tauscht, um ein anderes zu erhalten, demonstriert es, dass seine Produktion „für Andere“ in Wirklichkeit nur eine Produktion „für sich selbst“ war; damit schließt es sich aus der Gattung aus.
Wenn für die Gattung M(ensch) gilt, dass ihre Mitglieder gegenseitig Bedürfnisse befriedigen (während eine nicht-menschliche Gattung das nicht tut), dann muss nun für die Gattung T(auschende) gelten, dass sie gleichzeitig M und nicht-M sind (T = M und nicht-M), da sie einerseits für Andere produzieren, dies aber andererseits nur in ihrem eigenen Interesse tun. Die Möglichkeit, durch die Bedürfnisbefriedigung Anderer sich selbst als Gattungswesen zu bestätigen, bleibt immer. Genauso gibt es immer die Möglichkeit einer Bezugnahme auf ein Objekt, die nicht der Bedürfnisbefriedigung dient. Im Fall des Tauschs wird das Objekt auf eine Weise als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung verwendet, das der Etablierung einer Gattungsbeziehung letztlich widerspricht. Individuen werden Gattungswesen, um nicht Gattungswesen sein zu müssen. Letzten Endes wollen sie als ausschließliche und herrschaftliche Subjekte existieren. In dieser Hinsicht gibt es im Verhältnis zu dem Objekt nichts, was über seine unmittelbare Anwendung als Tauschobjekt hinausgehen würde – etwa eine Identifikation mit den Bedürfnissen Anderer.
Auf der Ebene der Produktionsmittel beginnen die Bedürfnisse aller Individuen freilich zusammenzufallen, da alle Mittel brauchen, um ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können. Ihre eigenen Produkte dienen als dieses Mittel. Vorübergehend brauchen sie das Bedürfnis Anderer nach ihren Produkten, was die einzige Sache ist, die ihnen erlauben wird, zu Mitteln zu werden. Sie brauchen dazu – zumindest vorübergehend – die Bedürfnisse Anderer nach ihren Produkten, da diese ansonsten keine Mittel werden können. Dies impliziert ein Bedürfnis danach, dass Andere ihre Produkte als tauschbar betrachten (und dass sie die Produkte Anderer als tauschbar betrachten). Es ist in diesem geteilten Bedürfnis nach der Bedeutung des eigenen Produkts für Andere (als Mittel), dass sich der Tauschwert vom Gebrauchswert trennt. Wenn das eigene Produkt im Tausch für Andere wirklich wird und ihrer Bedürfnisbefriedigung dient, wird es gewissermaßen die realisierte Transformation ihres eigenen Produkts in etwas Nützliches (Gebrauchswert). Gleichzeitig wird es auch, was es ursprünglich für diejenigen war, die es produziert haben: ein Tauschwert bzw. ein Mittel, um die Befriedigung eigener Bedürfnisse durch Andere zu bewirken.
Dies wird wiederum deutlich in Zusammenhang mit dem Geld und der Unterscheidung der Momente des Tauschs in Kauf und Verkauf. Die Eigenschaft des Produkts, das Gattungswesen derer zu bestätigen, die es produzieren, bzw. seine Einsetzbarkeit als Mittel, um eine Beziehung – bzw. einen (Aus)Tausch – mit Anderen zu etablieren, erhält eine eigene Form. Diese unterscheidet sich von der Eigenschaft des Produkts, ein materielles Bedürfnis zu befriedigen (hier ist das Produkt nur die Transformation des getauschten Produkts). Im einfachen monetären Tausch produziert der Produzent A für einen anderen Produzenten B, der sein Produkt kauft, um A den „Für-Andere-Charakter“ seines Produkts monetär zurückzuerstatten. Der ursprüngliche Produzent A reicht diese monetäre Rückerstattung dann an einen weiteren Produzenten C weiter, mit einem Gebrauchswert als Gegenleistung. Dieselbe Geldsumme hat nunmehr den „Für-Andere-Charakter“ des Produkts von Produzenten (Verkäufer) C ersetzt, usw. In den Grundrissen meint Marx: “Das Individuum kann das Geld nur brauchen, indem es sich seiner entäußert, es als Sein für andres setzt, in seiner gesellschaftlichen Bestimmung“ (153). Wenn Geld „Sein für andres“ ist, muss es ein Bedürfnis von Anderem bzw. Anderen befriedigen. Doch was für ein Bedürfnis ist das? Es ist das Bedürfnis nach einem Mittel, Gattungsbeziehungen mit Anderen zu etablieren, um Tausch zu ermöglichen. Innerhalb der Logik des Warentauschs haben alle dieses Bedürfnis. Der Käufer befriedigt dieses Bedürfnis, sobald er dem Verkäufer Geld gibt. Dies erlaubt dem Verkäufer, den “Für-Andere-Charakter“ seines Produkts zu behalten, während er den „Nur-für-sich-selbst-Charakter“ an Andere weitergibt. Der Käufer steht jetzt in einer widersprüchlichen Beziehung zu dem Produkt, das er zuvor als Verkäufer entäußert hat: reines „Sein für Andere“, das nunmehr „Sein nur für sich selbst“ ist.
Die Institution des Geldes schafft Eigentumsbeziehungen sich gegenseitig ausschließender Eigentümer mit Bezug auf etwas, das nur Anderen zukommt. Das Bedürfnis nach Geld mag charakterisiert werden als kommunikatives Bedürfnis, als ein Bedürfnis nach (einem Mittel für die) Etablierung von Gattungsbeziehungen. Allerdings muss daran erinnert werden, dass im Tausch das Etablieren von Gattungsbeziehungen nur ein Mittel ist, um nicht-gattungsmäßige Beziehungen zu etablieren bzw. den materiellen Austausch von Privateigentum. (Die sprachliche Dialektik auf das Geld anzuwenden bedeutet, dass dieses für Andere – und damit auch für uns selbst – immer wieder für Andere ist.) Die allen gemeinsame Beziehung bleibt die Beziehung gegenseitigen Ausschlusses.
Wenn die Kaufenden den Verkaufenden Geld überlassen und deren kommunikatives Bedürfnis befriedigen, veranlassen sie die Verkaufenden dazu, aus zuvor potentiellen Beziehungen zu ihren Produkten aktuelle Beziehungen zu machen. Die Verkaufenden produzieren ihre Produkte „für Andere“, aber die Produkte müssen erst zu Produkten Anderer werden, um beweisen zu können, dass sie diesen Charakter haben. Außerdem muss dies dadurch bewiesen werden, dass dieser Charakter in der Form von Geld ausgedrückt werden kann. Die Verkaufenden beziehen sich also nach dem Verkauf auf den „Für-Andere-Charakter“ ihres Produkts über das Geldäquivalent. Diese besondere gesellschaftliche Qualität ist von einem Potential zu einer Aktualität geworden und bestimmt nunmehr die Beziehung der Verkaufenden zu diesem Produkt. Gleichzeitig bleibt das Produkt der Verkaufenden etwas, das potentiell nur für sie selbst existiert. Wenn sie ihr Geld an jemand Anderen geben und zu Kaufenden werden bzw. kommunikative Bedürfnisse Anderer befriedigen, wird ihre zuvor potentielle Beziehung zu ihrem eigenen Produkt („nur für sie selbst“) zu einer aktuellen Beziehung, die sich über den neu erhaltenen Gebrauchswert definiert. Das heißt, dass im Tausch für alle Tauschenden aus zuvor potentiellen Beziehungen zu ihren Produkten aktuelle Beziehungen werden. Aus ihrer jeweils individuellen Perspektive gibt es eine Serie von Beziehungen zu dem Produkt, die mit den Beziehungen Anderer identisch sind. Allgemein betrachtet sind die Beziehungen jedoch unterschiedlich bzw. schließen einander sogar aus. In dem Moment, in dem die Kaufenden ihr Geld entäußern (ihr eigenes Produkt, das für Andere ist) und damit den Verkaufenden erlauben, eine rein gesellschaftliche Beziehung zu ihrem Produkt herzustellen (bzw. eine Beziehung zu einem rein gesellschaftlichen Produkt), wechselt ihre eigene Beziehung zu diesem in eine rein private. Mit anderen Worten, wenn die Verkaufenden als aktiv betrachtet werden, können wir sagen, dass sie die Beziehung der Kaufenden zu ihrem Produkt von einer rein gesellschaftlichen zu einer rein privaten machen, indem sie diesem einen Gebrauchswert geben.
Wenn wir alle, die am Tausch Anteil haben, als kommunikativ bzw. aktiv betrachten, können wir sagen, dass sich, wenn sich die Beziehung der Anderen zu deren Produkten ändert, auch unsere eigene Beziehung zu unseren Produkten ändert. Wir haben oben gesehen, dass Ähnliches in der Sprache passiert. Indem die kommunikativen Bedürfnisse der Anderen mit einem verbalen gesellschaftlichen Objekt befriedigt werden, ändern sich auch die Beziehungen zu den materiellen Objekten, die diese Bedürfnisse verursachten.
Bis jetzt haben wir die Produktion und den Tausch als kommunikative Prozesse und die Tauschenden in ihrer reziproken Unabhängigkeit betrachtet. Marx sagt uns aber, dass diese reziproke Unabhängigkeit nur die Kehrseite vollständiger reziproker Abhängigkeit ist. Niemand innerhalb der Warenproduktion kann nur für sich selbst produzieren, das heißt, dass alle voneinander abhängig sind, um ihre gesellschaftlich bestimmten Bedürfnisse befriedigen zu können. Also ist der materielle Austausch, der hier stattfindet, eine besondere Art von Austausch. Die materiellen Bedürfnisse des Individuums müssen von Anderen befriedigt werden, da es selbst hilflos und unfähig ist, dies zu tun. Die „unabhängig“ Produzierenden produzieren ihre Produkte nur für Andere, um von deren eigener Produktion zu profitieren.
Wenn wir dies als kommunikatives Mittel oder Instrument betrachten, dann sind die Produzierenden nur „frei“ und „unabhängig“ in ihrer kommunikativen Kapazität. Als materiell Konsumierende sind sie zur Gänze abhängig von Anderen und in einer Situation, die der eines neugeborenen Kindes gleicht, dem nur das Weinen als Kommunikationsmittel dient und dessen Bedürfnisse von allen befriedigt werden müssen. Gleichzeitig sind sie auch wie der König, dessen Bedürfnisse von allen befriedigt werden und der selber nur kommunikativ produziert.
Die Konzentration auf das Individuum reflektiert die gesellschaftlichen Beziehungen, die im Privateigentum verankert sind. Hier ist das Individuum auf sein Eigentum nur gesellschaftlich bezogen – dies deshalb, da alle Anderen die gleiche Beziehung zu ihrem Eigentum haben (bzw. eine ausschließende Beziehung zum Eigentum Anderer). Die Beziehung eines Individuums zu seinem Eigentum impliziert eine bestimmte Beziehung von Anderen zu ihm selbst ebenso wie eine Beziehung seiner selbst zum Eigentum aller anderen Individuen (den „allgemeinen Anderen“, die einander alle in ihren Beziehungen zueinander und zu ihrem jeweiligen Eigentum gleichen). Was die Eigentumsbeziehungen betrifft, erscheint jedes Individuum anderen Individuen als ein „allgemeiner Anderer“. Geld als kommunikatives Instrument ist besonders nützlich, da es Kommunikation mit „allgemeinen Anderen“ erlaubt, von denen bestimmte Individuen nur als momentane RepräsentantInnen gesehen werden.
In dieser Hinsicht produziert das Individuum nicht für ein anderes Individuum und konsumiert auch nicht das Produkt eines anderen Individuums. Es produziert eher für „allgemeine Andere“ und konsumiert die Produkte von „allgemeinen Anderen“. Auf dieser abstrakten Ebene haben die Individuen eine gemeinsame Beziehung zueinander. Erstens deshalb, weil sie alle produzieren, was die Anderen auch produzieren. Und zweitens, weil sie alle dasselbe konsumieren: einen Teil abstrakter Arbeit im Rahmen der gesellschaftlichen Produktion für Andere.
Das Geld als allgemeines Äquivalent offenbart die Beziehung zwischen, wie Marx im Kapital sagt, „Privatarbeiten“ und der „gesellschaftlichen Gesamtarbeit“ der Individuen. Insofern als dass das Geld eine allgemeine Beziehung sowohl zwischen allen Individuen zueinander als auch zwischen zwei spezifischen Individuen (die wiederum ihre Beziehungen zu allen anderen teilen) ausdrückt, drückt es eine gesellschaftliche Beziehung aus. Als Vermittler eines Tauschs zwischen isolierten Individuen, die miteinander in direkten Kontakt kommen, dient es als kommunikatives Mittel und erlaubt ihnen als sich gegenseitig ausschließende Nicht-Gattungswesen weiterzubestehen. Trotz der in den Tausch eingebundenen egoistischen Absicht der Individuen leisten sie gegenseitige Bedürfnisbefriedigung im Rahmen gesellschaftlicher Produktion. (Dies gilt zumindest für die Ebene der Produktionsmittel – wo Produktion als Mittel zur eigenen Bedürfnisbefriedigung dient –, welche die Warenproduktion prägt und sich auf alle ökonomischen Beziehungen niederschlägt.) Sie sind „Gattungswesen“ als Produzierende und Konsumierende derselben Sache, des allgemeinen gesellschaftlichen Produkts. Diese Gattung ist jedoch sehr eingeschränkt, und es gibt in einem gewissen Sinne keine Arbeitsteilung. Alle produzieren und konsumieren dasselbe. Die Unterschiede ihrer Produktion sind rein quantitativ. Die Gattungsbeziehung besteht aus einer quantitativen Messung des Beitrags zum gesellschaftlichen Gesamtprodukt. Alle müssen beweisen, wirklich dasselbe zu produzieren und zu konsumieren. Geld, als quantitativ teilbare Einheit für Andere, schafft diese Messung.
Wenn Geld als der Tauschwert der Ware gesehen wird, ist es ein kommunikatives Mittel, das die Ware ersetzt und ihr eine unabhängige Existenz (für Andere) schafft. Dies erlaubt eine Reihe von Änderungen in den Beziehungen der Produzierenden (Verkaufenden) und Konsumierenden (Kaufenden) zu ihren eigenen Produkten. Obwohl sich niemand direkt auf das Produkt spezifischer Anderer bezieht, beziehen sich alle auf spezifische Andere als Repräsentanten allgemeiner Anderer bzw. auf ein produzierendes Individuum im Rahmen der gesellschaftlichen Gesamtproduktion. Der Geldtransfer befriedigt das kommunikative Bedürfnis der Verkaufenden nach ihren eigenen Produkten (für Andere) und fungiert als Mittel, um sie in ihr Gegenteil zu verkehren bzw. sie mit einem eigenen Gebrauchswert auszustatten. Sobald sie mit Geld gemessen wird, wird die Ware nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ von dem Rest des gesellschaftlichen Gesamtprodukts getrennt. Dies geschieht auf der Grundlage eines Systems von Gegensätzen, die dem System des Werts in Saussaures Konzeption der Sprache gleicht. Das heißt, dass jede Geldsumme oder jeder Preis, seinen bestimmten positiven Charakter hat, der sich aus all den Summen oder Preisen bestimmt, die sie nicht sind. (Siehe auch Jakobson (1962) zum phonetischen Wert.)
In dieser Hinsicht kann Geld als eine Art quantitative langue gesehen werden, die auch die Teilung von größeren Elementen in kleinere enthält, welche die größeren ausmachen. Diese langue ist in quantitative Sequenzen eingeteilt, die ihren eigenen Elementen eine stabilere (relative) Position verleihen als sie den Elementen der eigentlichen langue zukommen. Darüber hinaus schafft diese langue auch die Möglichkeit, den positiven Gehalt des Preises eines bestimmten Artikels zu erklären, indem die Preise ihrer Teile, Produktionsmittel, Materialien, Arbeiten usw. analysiert werden – etwas, dass das komplexe System sprachlicher Beziehungen nicht kann.
Dieser Aspekt des Geldes ist direkter und eindeutiger mit der Sprache verbunden der Aspekt des qualitativen Äquivalents. Marx selbst weist auf den sprachlichen Charakter der Preise hin und nennt sie „ideelles Geld“ oder den „Geldnamen“ des Werts, der in den Waren enthalten ist. Geld als qualitatives Äquivalent bestätigt und repräsentiert die Ware (für Andere – und als Teil des gesellschaftlichen Gesamtprodukts). Als quantitatives Äquivalent repräsentiert es eine Ware als besondere Quantität (für Andere) bzw. als besonderer quantitativer Teil des gesellschaftlichen Gesamtprodukts. Als qualitatives Äquivalent erlaubt es den Tauschenden, „gleiche“ qualitative Gattungsbeziehungen zu schaffen. Als quantitatives Äquivalent erlaubt es den Tauschenden besondere quantitative Beziehungen zu etablieren. Der spezifische Charakter dieser quantitativen Beziehungen ergibt sich aus all den quantitativen Beziehungen, die sie nicht sind. Indem er das kommunikative Bedürfnis mit Bezug auf Geld (Summen von Geld – wobei das Geld selbst ein materielles Objekt ist, das materielle kommunikative Bedürfnisse befriedigt), gibt der Preis dem Warenwert einen ideellen Ausdruck und bereitet den Weg für ihren realen Ausdruck im Geld bzw. im materiellen kommunikativen Akt.
Wenn wir die Sprache als ein Mittel betrachten, soziale Beziehungen zwischen Menschen zu etablieren in Bezug auf Objekte, bevor individuelle Beziehungen in Bezug auf diese Objekte etabliert werden können, dann können wir sehen, dass Warenproduktion und Tausch durch Geld dasselbe bewirken. Die spezifischen Differenzen in den zwei Arten von Kommunikation kommen zum Ausdruck in den verschiedenen Arten von Austausch, die sie ermöglichen. Der Austausch, den ökonomischer Tausch vermittelt, ist in sich selbst widersprüchlich, da er eine Art gegenseitigen Einschlusses verlangt auf der Grundlage des gegenseitigen Ausschlusses des Privateigentums. Seine Dialektik kann erklärt werden wie folgt: Privateigentum (für Andere und daher nicht für mich); Kommunikation (für Andere und daher für mich); Privateigentum (für mich und daher nicht für Andere). Die Dialektik der Kommunikation kann in gewisser Weise als in die Dialektik des Privateigentums integriert gesehen werden. Sie schafft ihren eigenen Bereich in der Produktion und dem Tausch der Produkte für Andere. Dieser wurde ausgedehnt und verallgemeinert zu einem Grad, wo die ursprünglich „dominanten (bestimmten) Subjekte“ von ihm dominiert und bestimmt werden. (9)
Der materielle Austausch, der stattfindet, ist ein Austausch zwischen dem Individuum und allen Anderen – vermittelt von den kommunikativen Beziehungen zwischen ihm und einer Reihe spezifischer Anderer. Die Kommunikation, die im Tausch stattfindet, ist Kommunikation in Bezug auf ein spezielles gesellschaftliches Objekt: das Objekt abstrakter Arbeit (deren Gesamtheit im gesellschaftlichen Gesamtprodukt enthalten ist). Die „Gattung“ der Tauschenden kommuniziert und wird eine Gemeinschaft nur in Hinsicht auf ein Objekt. Es muss daher ein spezielles kommunikatives Bedürfnis und ein spezielles Wort geschaffen werden, um Beziehungen zu diesem Objekt ausdrücken und etablieren zu können. Dieses spezielle (materielle) Wort ist Geld. Jeder Vergleich zwischen Sprache und Warentausch muss die besondere Situation des Warentauschs berücksichtigen.
Als Wort ist das Geld in einem dauernden Entstehen begriffen, da die Gattung, die das Wort verwendet, nur eine einzige Art von vermittelndem Austausch kennt: die Forderung, es zu entäußern. Es ist daher ein Wort, das nicht gelernt werden kann. Aufgrund der Singularität des Austauschs, und aufgrund der Tatsache, dass nur ein einziges Ding, abstrakte Arbeit, relevant für den Austausch ist, können keine Sätze, die qualitativ verschiedene Elemente beinhalten, mit diesem Wort gebildet werden.
Die Absicht, Warenproduktion und Tausch in Begriffen der Kommunikation zu analysieren, war es, in der Warenproduktion und im Tausch Anhaltspunkte für eine integrative Konzeption von Sprache zu finden. Die entfremdete „Sprache des wirklichen Lebens“ kann als ein Hinweis auf den Charakter der Sprache selbst verwendet werden.
Um zu unserer ursprünglichen Frage zurückzukehren, ob es möglich ist, Warenproduktion und Tausch über die Struktur der Sprache erklären zu können, so ist es vielleicht besser, die Frage anders herum zu stellen: Die kommunikativen Formen, die zunächst in der Sprache entwickelt wurden, werden in der Warenproduktion und im Tausch genutzt. Das Hauptinstrument der Kopfarbeit wurde ausgedehnt auf die Handarbeit. Das dauernde Überbrücken und Rekonstruieren der Beziehungen gegenseitigen individuellen Ausschlusses im Privateigentum durch den Warentausch ist selbst entfremdete Sprache. Wenn wir uns an die Gründe für ihre Vielfalt erinnern, mögen wir sagen, dass eine Untersuchung der Sprache beginnen sollte mit dem spezifischen Charakter des Austauschs, zu der wir Sprache heranziehen. Dann wird deutlich, dass Sprache gesellschaftliches Produkt ist genauso wie die „Bestimmung der Gebrauchsgegenstände als Werte“ (Kapital, 88).
Aus semiotischer Perspektive mag die Betrachtung des Geldes als Wort einen nützlichen Vergleich ermöglichen zwischen dem, was gewöhnlich als nicht-verbales Kommunikationssystem gesehen wird (ökonomischer Tausch), und der Sprache selbst. Dies könnte uns erlauben – in einer Art chemischer Analyse –, ein Wort in eine Teströhre zu geben, die andere gesellschaftliche Bedingungen beinhaltet, um seinen versteckten Eigenschaften auf den Grund zu kommen. Obwohl dies nicht der Ort ist, die Resultate eines solchen Experiments zu besprechen, mag zumindest eine Vermutung angestellt werden: Für Marx ist Geld, als die ausgeschlossene Ware, kein konventionelles oder arbiträres Zeichen. (Außer im Fall von Papiergeld, für welches gilt, dass seine „funktionale Existenz“ aufgrund seiner schnellen Verbreitung seine „materielle“ überwiegt.)
Das Geld ist eine notwendige Folge der Verallgemeinerung des Warentauschs, da diese Verallgemeinerung ein Bedürfnis nach ihm schafft. Seine Funktionen ändern sich mit der historischen Situation und der Produktionsweise: von den Mitteln einfachen merkantilen Tauschs zu Gesamtkapital. Seine „natürliche“ physische Form findet es in Gold oder Silber: “Adäquate Erscheinungsform von Wert oder Materiatur abstrakter und daher gleicher menschlicher Arbeit kann nur eine Materie sein, deren sämtliche Exemplare dieselbe gleichförmige Qualität besitzen“ (Kapital, 104).
Marx zeigt außerdem eindrücklich, dass abstrakte Arbeit sowohl in der Ware als auch im Geld enthalten ist, was auch bedeutet, dass das Letztere den Wert der Ersteren ausdrückt – dies wird auch bedingt von der Polarität zwischen allgemeinem Äquivalent und besonderen Waren. Wenn wird das Geld als das signans nehmen und die Ware als das signatum, dann scheint abstrakte Arbeit eine „innere, ikonische Verbindung“ zwischen den beiden sein. In den Worten von Jakobson, „werfen die internen ikonischen Verbindungen des Signifikanten mit seinem Signifikat, und im Besonderen die engen Verbindungen zwischen den grammatikalischen Konzepten und ihrem phonologischen Ausdruck, einen Zweifel auf den traditionellen Glauben an die ‚willkürliche Natur des linguistischen Zeichens’, wie er im Course behauptet wird“ (1973, 18). Alfred Sohn-Rethel, dessen faszinierende Arbeit versucht, philosophische und wissenschaftliche Kategorien von Geld und Tausch aus der marxistischen Warenanalyse abzuleiten, schreibt, dass „immer und überall das grundlegende logische Muster der gesellschaftlich notwendigen Wissensform dasselbe ist wie das Muster des gesellschaftlichen Nexus“ (1965, 122). Wenn – wie wir versucht haben, in diesem Text zu zeigen – der „gesellschaftliche Nexus“ des Warentauschs sich vom Nexus der Sprache ableitet (und ihn inkludiert), dann sollten wir uns tatsächlich bemühen, einige „grundlegende logische Muster“ zu finden, die beiden gemeinsam sind.
Es lässt sich behaupten, dass Geld, als Typus, andere Waren „bedeutet“, da es deren allgemeines Äquivalent ist. Dies nicht nur deshalb, weil es die ausgeschlossen Ware ist (ein stabiler oder polarisierter Prototyp einer Kategorie), sondern auch weil seine Token sich auf bestimmte Waren beziehen, indem sie diese direkt und physisch wiederholte Male im Tausch ersetzen. Daher kommt seine Allgemeinheit.
Der semiotische Nutzen unserer Studie hat mit den Unterschieden zwischen Sprache und Tausch genauso zu tun wie mit ihren Ähnlichkeiten. Ob die Bestimmtheit des Geldes nun von seinem gesellschaftlichen und materiellen Charakter als „wirkliche“ Waren vermittelnde „Abstraktion“ abhängt oder nicht, ist keine semiotisch bedeutungslose Frage. Wie auch immer sie beantwortet wird, die Antwort wird in jedem Fall aufschlussreich sein, was den Vergleich des Geldes mit anderen Kommunikationsmitteln im Sinne von Marx’ dialektischer Analyse des Tauschs betrifft.
ußnoten
1 In seinen Erläuterungen zum Vertrag den Grundlinien der Philosophie des Rechts nennt Hegel das Geschenk einen formalen Vertrag. Diese Art des Geschenks existiert jedoch nur im Rahmen des Privateigentums.
2 Siehe Hegels Erläuterungen zu Bedürfnissen in den Grundlinien der Philosophie des Rechts.
3 Das reziproke Verhältnis von Produktion und Konsumtion wird in der Einleitung zu den Grundrissen beschrieben: „Die Konsumtion produziert die Produktion doppelt, 1) indem erst in der Konsumtion das Produkt wirkliches Produkt wird… 2) indem die Konsumtion das Bedürfnis neuer Produktion schafft… Die Produktion produziert die Konsumtion daher 1) indem sie ihr das Material schafft; 2) indem sie die Weise der Konsumtion bestimmt; 3) indem sie die erst von ihr als Gegenstand gesetzten Produkte als Bedürfnis im Konsumenten erzeugt“ (623f).
4 Marcel Mauss richtet in Die Gabe seine Aufmerksamkeit auf die Verpflichtung zur Reziprozität. Wenn wir Reziprozität jedoch als eine ursprüngliche gesellschaftliche Beziehung verstehen, verdunkelt dies die Tatsache, dass die einfache Befriedigung der gesellschaftlich bestimmten Bedürfnisse Anderer bereits eine gesellschaftliche Beziehung darstellt. Dasselbe kann wahrscheinlich in Bezug auf die Arbeit von Lévi-Strauss gesagt werden.
5 Wir werden uns hier nicht mit dem Bewusstsein beschäftigen, sondern nur mit der Sprache. Die Beziehungen zwischen Sprache und Bewusstsein sind komplex und liegen außerhalb des Rahmens dieses Textes – mit Ausnahme der Definition der Sprache als „praktisches Bewusstsein“.
6 Hegels Konzept der „List der Vernunft“, in dem natürliche Prozesse zur Gestaltung von Instrumenten und zur Arbeitserleichterung herangezogen werden, mag hier auch gelten. Lew Wygotski sagt Ähnliches in Bezug auf die Vermittlung im Gebrauch von Zeichen, „den die Menschen auf das Verhalten über Zeichen ausüben – als Stimuli, die sie zu einem Verhalten anregen, das mit ihrer psychologischen Verfasstheit übereinstimmt“. (Wygotski 1974, 137).
7 Wir werden nonverbale Zeichensysteme an einem anderen Ort besprechen. Dies ist von besonderer Bedeutung, da in vielen Fällen ihr Charakter als gesellschaftliche und individuelle Produkte weniger klar ist als der von verbalen Objekten.
8 Der Gebrauch dieser Phrase als Enthüllungsmittel wird durch die Tatsache gerechtfertigt, da, wenn wir den Menschen als eine Gattung sehen, die sich selbst im Prozess der Produktion und des gesellschaftlich-materiellen Austauschs schafft, die Institution einer speziellen Art von vollständig integrativem Austausch (der auf die gemeinsame gesellschaftliche Beziehung gegenseitigen Ausschlusses beruht) den Prozess entscheidend behindert und damit auch den Charakter der Gattung, die von ihm bestimmt wird. Die Tauschenden sind eine Gattung, die sich schafft, um sich selbst aufzulösen.
9 Wir haben hier nur zwei der Aspekte besprochen, die Marx im Geld sieht: Zirkulationsmittel und Wertmaßstab. Es müsste auch über andere – Akkumulationsmittel, Zahlungsmittel, Weltgeld oder den allgemeinen Äquivalenten – viel gesagt werden. Das Geld als allgemeines Äquivalent etwa scheint der Funktion des Worts in der Begriffs- bzw. Kategorienbildung zu entsprechen – doch muss dies woanders diskutiert werden. Dasselbe gilt für die Diskussion der Implikationen der Lohnarbeit, des Mehrwerts und des Kapitals in Bezug auf die Kommunikation.
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