Uberarbeitete Version eines Artikels, der als “Saussure and Vygotsky via Marx” veröffentlicht wurde in Ars Semiotica IV: 1. 57-83 (1981). (c) John Benjamins B.V., Amsterdam.
Saussure und Vygotski via Marx
Genevieve Vaughan
Übersetzung: Gabriel Kuhn
Download a PDF
Wenn wir Saussures Vergleich von linguistischem und ökonomischem Wert folgen wollen, dann ist das Verständnis des ökonomischen Werts von besonderer Bedeutung für unsere Theorie der Sprache. Vor einigen Jahren verwies Piaget (1973) auf den Einfluss der marginalistischen Schule von Lausanne auf Saussure. Später wurde dieser Einfluss im Detail von Augusto Ponzio (1977) nachgezeichnet.
Ponzio meint, dass die Unterscheidung zwischen Diachronie und Synchronie, sowie die zwischen langue und parole den Unterscheidungen, die von den Marginalisten im ökonomischen Bereich gemacht wurden, sehr ähnlich sind. Interessant ist vor allem die Parallele, die Ponzio zwischen der langue als Wertesystem und dem Markt gezogen wird, der in seinem statischen Aspekt als ein System wechselseitig abhängiger Beziehungen gesehen wird. In dem vorliegenden Aufsatz werden wir versuchen herauszufinden, welche Konsequenzen die marxistische Analyse des ökonomischen Werts für Saussures Theorie des linguistischen Werts hat.
Für Saussure ergibt sich Wert in der langue aus einer Position von Objekten innerhalb eines Systems von ähnlichen, aber qualitativ unterschiedlichen Einheiten. In diesem Sinne gleicht die Sprache einem Markt, in dem Geld als der Ausdruck des Tauschwerts von Waren fungiert bzw. als ein System sowohl von qualitativ wie von quantitativ unterscheidbaren Einheiten. Was in Saussures System präsentiert wird, ist eine Reihe qualitativ verschiedener Werte mit reziproken Effekten, die von ihren jeweiligen Positionen abhängig sind – in ihrem Verhältnis zueinander wie im Gesamtzusammenhang aller Werte.
Für Marx hat das Konglomerat qualitativ verschiedener Gebrauchswerte eine gemeinsame Qualität, die es erlaubt, sie mit Geld zu messen, wobei das Geld selbst diese Qualität beinhaltet: den abstrakten Arbeitswert. Die Beziehung zwischen Geld und Waren erlaubt den Vergleich von verschiedenen Quantitäten, wie sie in den qualitativ ähnlichen aber quantitativ unterschiedlichen Einheiten des Geldmaterials ausgedrückt werden. Die Position der Waren, deren Beziehung von Geld vermittelt wird, wird grundsätzlich von der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit bestimmt, die für sie innerhalb des Produktionszweigs, zu dem sie gehören, aufgewandt wird. Dies wird wiederum vom Grad der Entwicklung der Produktionsmittel bestimmt, genauso wie von der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität innerhalb eines Arbeitszweiges im Verhältnis zu anderen Arbeitszweigen innerhalb der Gesamtheit der gesellschaftlichen Produktion. Änderungen in den Arbeitszweigen verursachen Änderungen in den reziproken Systemen der Tauschwerte von Waren, wie sie im Geld ausgedrückt werden.
Saussures Konzeption des linguistischen Werts und Marx’ Konzeption des ökonomischen Werts sind asymmetrisch. Für Marx gibt es quantitativ geteilten Wert, während es für Saussure eine große Anzahl qualitativ verschiedener Werte gibt. Für Marx ist Wert motiviert, für Saussure und die Marginalisten ist er es nicht. Um zur Wurzel des Unterschieds vorzudringen, wollen wir damit beginnen, Saussures Vorstellung des Tausches zu betrachten und Vermutungen anzustellen, was Marx dazu sagen würde. In der berühmten Passage des Course meint Saussure:
„Selbst außerhalb der Sprache werden alle Werte anscheinend von demselben paradoxen Prinzip reguliert. Sie bestehen immer 1) aus einem ungleichen Ding, das für ein Ding getauscht werden kann, dessen Wert zu bestimmen ist, und 2) aus einem ungleichen Ding, das mit dem Ding, dessen Wert zu bestimmen ist, verglichen werden kann. Beide Faktoren sind für die Existenz des Werts notwendig. Um zu bestimmen, was ein Fünf-Franc-Stück wert ist, müssen wir daher wissen, 1) dass es für eine fixierte Quantität eines anderen Dings, z.B. Brot, getauscht werden kann, und 2) dass es mit einem gleichen Wert innerhalb des gleichen Systems, z.B. einem Ein-Franc-Stück verglichen werden kann, oder mit Münzen eines anderen Systems (einem Dollar, etc.). Auf dieselbe Weise kann ein Wort für etwas Ungleiches getauscht werden, eine Idee. Außerdem kann es mit etwas derselben Art getauscht werden, einem anderen Wort. Sein Wert ist daher nicht fixiert, solange wir einfach sagen können, dass es ‚getauscht’ werden kann für etwas Gegebenes, das heißt, dass es diese oder jene Signifikation hat. Wir müssen es mit ähnlichen Werten vergleichen, mit anderen Wörtern, die zu ihm in Opposition stehen. Sein Gehalt wird von allem bestimmt, was außerhalb seiner selbst ist. Als Teil eines Systems ist es nicht nur mit einer Signifikation ausgestattet, sondern auch, und vor allem, mit einem Wert, und dies ist etwas anderes“ (115).
Nun lasst uns sehen, was marxistische Theorie gegen die Saussursche Beschreibung des Tauschs einzuwenden hat. Beginnen wir mit der ersten Aussage Saussures. Marx meint im ersten Band des Kapitals, dass unähnliche Dinge nur dann gleichgesetzt und quantitativ verglichen werden können, wenn sie mit derselben Einheit ausgedrückt werden. Sie müssen Dinge derselben Art sein, auch wenn die Gemeinsamkeit eine versteckte sein mag; ihr Wert ist eine rein gesellschaftliche Einheit, nämlich menschliche Arbeit.
Aufgrund der Gemeinsamkeiten, die Marx zwischen Geld und Waren sieht, würde in seinen Begriffen Saussures Vergleich zwischen dem Tausch von Worten und dem Tausch von Ideen nicht gelten – außer wenn gezeigt werden kann, dass auch Wörter und Ideen etwas gemeinsam haben. Saussure betont, dass, um den Wert eines Dings festzustellen, es mit gleichen Dingen verglichen werden muss. Dies gilt etwa für Münzen innerhalb desselben Währungssystems. Betrachten wir in diesem Zusammenhang, was Marx zum Geld sagt, dem „Material, worin die Wertgrößen der Waren sich gesellschaftlich ausdrücken“:
„Adäquate Erscheinungsform von Wert oder Materiatur abstrakter und daher gleicher menschlicher Arbeit kann nur eine Materie sein, deren sämtliche Exemplare dieselbe gleichförmige Qualität besitzen. Andrerseits, da der Unterschied der Wertgrößen rein quantitativ ist, muß die Geldware rein quantitativer Unterschiede fähig sein, also nach Willkür teilbar und aus ihren Teilen wieder zusammensetzbar sein.“ (Kapital, 104)
Hier wird die qualitative Identität von Gold mit sich selbst betont. Wenn Saussure diesem Hinweis gefolgt wäre, hätte er Münzen desselben Nennwerts vielleicht mit verschiedenen Anwendungen desselben Worts verglichen. Dies hätte allerdings seine Analogie fragwürdig gemacht, nachdem er die Anwendungen desselben Worts mit Exemplaren desselben Fünf-Franc-Stücks hätte gleichsetzen müssen – und während dieselben Fünf-Franc-Stücke einmal für Brot, einmal für Zucker usw. austauschbar sind, mag das Gleiche nicht für dieselben Anwendungen eines Worts gelten.
Um den Wert eines Fünf-Franc-Stücks bestimmen zu können, sucht Saussure nach etwas, wofür es getauscht werden kann. Er sieht, wie das allgemeine Äquivalent, Geld, für die relative Ware getauscht wird. Marx hingegen sagt, dass wir, wenn wir wirklich den Wert des Geldes bestimmen wollen, eine Preisliste aller Waren brauchen. Das allgemeine Äquivalent “besitzt keine mit den andren Waren gemeinschaftliche relative Wertform, sondern sein Wert drückt sich relativ aus in der endlosen Reihe aller andren Warenkörper” (ebda., 83). Wenn sich Saussure daher fragt, was der Wert eines Fünf-Franc-Stücks ist, dann liegt er gewissermaßen von Anfang an falsch. Aus Marx’ Perspektive könnte die Frage nur beantwortet werden anhand einer Liste von all den Waren, die zu einer bestimmten Zeit mit einem Fünf-Franc-Stück gekauft werden können. Indem er dies übersieht, gelingt es Saussure nicht, den allgemeinen Charakter des Geldes und damit den allgemeinen Charakter des Worts zu fassen. Seine These, die auf der „gegeben Quantität“ einer einzelnen Ware aufbaut, verschärft das Problem. Saussure lässt den gesamten ökonomischen Komplex unberücksichtigt, der eine solche Quantität erst zu einer „gegeben“ macht; und damit bleibt auch der gesamte epistemologische Komplex unberücksichtigt, der eine Idee zu einer „gegeben“ macht.
Marx’ Analyse des Geldes ist eine dialektische. Er beschäftigt sich direkt mit der Frage nach der Beziehung zwischen dem Allgemeinen und dem Partikulären. Obwohl diese Frage für jede Analyse der Sprache entscheidend ist – vor allem für eine, die über einen Vergleich zwischen Geld und Wörtern geformt wird –, berührt Saussure sie nicht. Marx diskutiert, was er den „polaren“ Charakter der Gleichung von Ware und Geld nennt. Das allgemeine Äquivalent steht hier „in der Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit allen andren Waren oder in unmittelbarer gesellschaftlicher Form, weil und sofern alle andren Waren sich nicht darin befinden“ (ebda., 82). Während wir den relativen Wert einer Ware im allgemeinen Äquivalent ausdrücken, können wir den Wert des allgemeinen Äquivalents nicht in einer einzelnen Ware ausdrücken, da das allgemeine Äquivalent das gesellschaftliche Charakteristikum hat, sowohl allgemein zu sein als auch das Äquivalent bzw. die direkt tauschbare Ware. Wenn Wörter mit Geld vergleichbar sind und daher allgemeine Äquivalente für ein Ding (oder eine Klasse von Dingen), dann gilt hier dieselbe Polarität. Das Wort ist allgemein, während alles, was zu ihm relativ ist (wofür das Wort steht), in diesem Sinne partikulär ist. Wenn wir daher die Gleichung umdrehen – wie Saussure es zu tun scheint –, und das Wort relativ und die Idee äquivalent machen, übersehen wir den Charakter der Allgemeinheit des Worts und überbewerten die Allgemeinheit der Idee. Wir müssen uns immer der verschiedenen Anwendungen desselben Worts bewusst bleiben, das heißt: das Wort muss seine Allgemeinheit behalten. Dies gilt selbst für Grenzfälle wie anschauliche Definitionen. Immer werden Wörter verwendet, um Ideen auszudrücken, nicht Ideen, um Wörter auszudrücken – genauso wie Geld verwendet wird, um den Wert von Waren auszudrücken, und nicht Waren, um den Wert des Geldes auszudrücken. Das Wort „Pferd“ kann beispielsweise nur deshalb dazu verwendet werden, auf ein bestimmtes Pferd zu verweisen, weil es in anderen Anwendungen auch auf andere Pferde verweisen kann (oder immer wieder auf dasselbe Pferd).
V.N. Volosinov trifft eine wichtige Unterscheidung zwischen dem „abstrakten objektivistischen“ Weg, Sprache zu studieren und der Interpretation von toten oder fremden Sprachen. „Die ersten Philologen und die ersten Linguisten waren immer und überall Priester. Die Geschichte kennt keine Nation, deren heilige Schriften oder deren mündliche Traditionen nicht in einer bestimmten Weise eine fremde Sprache waren, unverständlich im profanen Leben. Das Mysterium der heiligen Worte zu entziffern, war die Aufgabe der Priester-Philologen.“ (142) Volosinov unterscheidet zwischen dem Erkennen von normativ identischen Einheiten und dem Verstehen, und sagt, dass selbst im Lernen einer fremden Sprache, „eine Form nicht in ihrer Beziehung zum abstrakten System einer Sprache assimiliert werden soll, das heißt, nicht als eine Form, die mit sich selbst identisch ist, sondern nur in der konkreten Struktur des Ausdrucks, also als veränderbares und modifizierbares Zeichen.“ (273)
Der Charakter eines Worts als allgemeinem Äquivalent wird deutlich, wenn das Wort aus dem Kontext seines Gebrauchs genommen und in „seiner Beziehung zum abstrakten System einer Sprache“ gesehen wird. Der Signifikant kann von seinen verschiedenen Signifikaten gelöst und als ein physisches Objekt behandelt werden, das in einem bestimmten Verhältnis zu anderen physischen Objekten (oder Signifikanten) steht bzw. durch einen anderen Signifikanten derselben oder einer anderen Sprache ersetzt werden kann, während die Dinge, für die er steht, unverändert bleiben. Dies gilt auch für das Studium der Sprache und die Struktur der Definition.
In den Grundrissen schreibt Marx:
„Das Geld mit der Sprache zu vergleichen ist … falsch. Die Ideen werden nicht in die Sprache verwandelt, sodaß ihre Eigentümlichkeit aufgelöst und ihr gesellschaftlicher Charakter neben ihnen in der Sprache existierte, wie die Preise neben den Waren. … Ideen, die aus ihrer Muttersprache erst in eine fremde Sprache übersetzt werden müssen, um zu kursieren, um austauschbar zu werden, bieten schon mehr Analogie; die Analogie liegt dann aber nicht in der Sprache, sondern in ihrer Fremdheit“ (96).
Jean-Joseph Goux meint zu dieser Passage, dass „das linguistische Zeichen immer schon Übersetzungscharakter hat“, und dass „die Unterscheidung zwischen ‚innersprachlicher’ Übersetzung und ‚zwischensprachlicher’ Übersetzung nicht angemessen ist“ (198). Es ist zu bezweifeln, dass das linguistische Zeichen immer schon Übersetzungscharakter hat. Dieser Charakter kann eher als momentaner beschrieben werden, der das Resultat bestimmter Anwendungen von Sprache und einer bestimmten Auffassung des Studiums von Sprache ist. Volosinov meint: „Linguistik studiert eine lebende Sprache als wäre sie eine tote Sprache, und die Muttersprache als wäre sie eine fremde Sprache“ (274). Dies erlaubt uns, Goux’ zweite Aussage so umzuformulieren, dass der Vergleich zwischen innersprachlicher und zwischensprachlicher Übersetzung angemessen ist, insofern, als dass es einen sensiblen Bereich innerhalb der Sprache gibt, nämlich den der Definition, in dem das Wort aus dem Kontext seines Gebrauchs genommen wird.
Priester, als Verwahrer und Übersetzer der fremden Sprache der Götter, waren die ersten „Kopfarbeiter“ der Arbeitsteilung. Ohne auf die Unterschiede zwischen dem Wort der Götter und der Sprache der Gemeinde einzugehen, können wir festhalten, dass Priester modernen Linguisten ähnlich waren, wenn sie Wörter von ihren Kontexten isolierten und ihre Bedeutungen zu bestimmen bzw. für Andere zu interpretieren suchten – es handelt sich hier um die Struktur der Definition. Im ökonomischen Feld lässt sich diese Struktur mit dem vergleichen, was Sohn-Rethel die „Tauschabstraktion“ genannt hat (1970).
Es ist gezeigt worden, wie Geld als das einzige „Wort“ gesehen werden kann (als ein materielles Wort mit einer gesellschaftlichen Funktion), das Menschen im Tausch von Privateigentum zur Verfügung steht. Dies deutet auf eine Art entfremdete Kommunikation hin, die auf dem Hintergrund wahrer sprachlicher Kommunikation entsteht. Wir können in diesem Zusammenhang eine „Gemeinschaft von Sprechenden“ einer „Gemeinschaft von Tauschenden“ gegenüberstellen.
Sohn-Rethel hat den Effekt der „Tauschabstraktion“ auf die Naturwissenschaft beschrieben und sieht die Quantifikation der Natur als Resultat ökonomischer Reflexionen im menschlichen Bewusstsein bzw. der Verkehrung des Gebrauchswert in statische Einheiten auf dem Markt, was Gebrauchswerte aus ihrem „gesellschaftlichen Nexus“ löst. Auf die Gefahr hin zu vereinfachen, kann dasselbe über Sozialwissenschaften gesagt werden – Wirtschaftswissenschaften ebenso wie die Linguistik. Die Statik des Markts und der langue dienen beide der Erforschung der Gesetze „gegenseitiger Abhängigkeit“ – einmal ökonomisch und einmal sprachlich. Es ist bezeichnend, dass der marginalistische Ökonom Walras das Konzept der Zahlen verwendet: „Eine Ware wird zu einer Zähleinheit. Dies verweist jedoch nicht unmittelbar auf das Geld im umgangssprachlichen Sinne, da Walras die Zahlen ausschließlich als Zähleinheit sieht und ihnen keine Bedeutung verleiht außer derjenigen, die sich aus ihren nicht-monetären Eigenschaften ergibt“ (Roll, 399). Es wird deutlich, dass Walras Geld auf die Ebene anderer Waren reduziert, um ein homogenes System zu schaffen.
Saussure tut dasselbe, geht dabei aber in eine andere Richtung. Mit seiner Trennung zwischen langue und parole reduziert er die Gesamtheit der langue auf die Ebene eines einzelnen Worts, das aus seinem Kontext genommen wird. Die Unterscheidung zwischen Synchronie und Diachronie negiert den historischen Kontext, während die Unterscheidung zwischen langue und parole den Kontext der Sprechenden negiert und das Gesellschaftliche vom Individuellen trennt. Mit Bezug auf Sohn-Rethel könnten wir sagen, dass Saussure die langue als einen Art Markt sieht, auf dem alle Waren statisch darauf warten, von der Ware zum Gebrauchwert überzugehen bzw. vom Eigentum von Personen, für die sie keinen Gebrauchswerts haben (und denen sie nur als etwas dienen, das getauscht werden kann) zum Eigentum von Personen, für die es einen Gebrauchswert gibt. Wir haben gesehen, dass Wörtern, die aus ihrem Kontext genommen werden, der Charakter des allgemeinen Äquivalents zukommt. Geld in seiner „normativen Identität“ ist damit ein materieller Korrespondent der Tauschabstraktion.
Saussures Unterscheidungen rücken daher die langue nicht in die Position von Waren auf dem Markt, sondern in die Position von Geld. Marx nennt das Geld das „entäußerte Vermögen der Menschheit“ (Manuskripte, 565). Es ist vielleicht aus diesem Grunde, dass Goux die Sprache insgesamt als das allgemeine Äquivalent anderer Zeichen beschreibt (1973). Die gesamte langue hat Übersetzungscharakter angenommen.
Marx schreibt im Kapital:
„Als Maß der Werte und als Maßstab der Preise verrichtet das Geld zwei ganz verschiedne Funktionen. Maß der Werte ist es als gesellschaftliche Inkarnation der menschlichen Arbeit, Maßstab der Preise als ein festgesetztes Metallgewicht. Als Wertmaß dient es dazu, die Werte der bunt verschiednen Waren in Preise zu verwandeln, in vorgestellte Goldquanta; als Maßstab der Preise mißt es diese Goldquanta“ (113).
Preisen können bestimmt werden, weil Gold ein qualitativ homogenes Material ist, intern teilbar in reziproke vergleichbare Einheiten. Diese Einheiten werden quantitativ gemessen und in quantitativen Reihen organisiert, da das, was sie zu messen dienen, Quantitäten von Arbeitswert sind. Es gibt Unterschiede in der Art der Materialität des Geldes und der Sprache bzw. in ihren Funktionen: das Geld vermittelt den Tausch von Privateigentum, die Sprache vermittelt die Ausdehnung des ideellen gemeinschaftlichen „Eigentums“ der Kommunikation Nichtsdestotrotz kann die langue mit Geld verglichen werden. Sie kann gesehen werden als ein System qualitativ ähnlicher Einheiten (gebildet von einer gegebenen Gruppe von Phonemen für jede Sprache), die sich wiederum qualitativ unterscheiden.
Das Geld selbst ist ein System von qualitativ ähnlichen Einheiten, die sich quantitativ unterscheiden. Marx zufolge misst Geld eine Art von Wert, den abstrakten Arbeitswert. Die Sprache – um den Vergleich fortzusetzen – misst nicht eine einzelne Art von Wert, sondern eine große Bandbreite von qualitativ verschiedenen Werten. Hier stoßen wir auf einen entscheidenden Punkt in unserem Vergleich: Für Saussure und die Marginalisten ist der Geldwert willkürlich. Dies gilt auch für sprachliche Werte. Für Marx ist der Geldwert jedoch nicht willkürlich, da er der Ausdruck abstrakter Arbeit ist (die er auch beinhaltet). Wenn wir daher eine konsistente Theorie der Sprache auf Marx’ Analyse der Ware und des Geldes aufbauen wollen, können sprachliche Werte nicht als willkürlich betrachtet werden, zumindest nicht in der Funktion mancher ihrer Elemente als allgemeines Äquivalent. Dies ist nicht der Ort, um diese Frage in gebührender Tiefe zu erläutern, aber wir können festhalten, dass Wörter und die kulturellen Elemente, die sie ausdrücken, eine bestimmte Relevanz für die Gemeinschaft und die Kommunikation haben. Diese Relevanz kann in dem Wert gesehen werden, der sowohl der langue als Ganzes zugrunde liegt als auch einzelnen Wörtern, wenn sie übersetzt oder definiert werden. Relevanz für die Gemeinde und die Kommunikation kann daher als Wertkategorie gelten, die breit genug ist, um sowohl sprachlichen als auch ökonomischen Wert zu beinhalten. Der Vergleich der Sprache mit der ökonomischen Quantifizierung des Werts kann als Resultat der Semiotisierung begriffen werden. Das heißt, dass ein kulturelles Element relevant genug wird, um auf ein Wort bezogen zu sein, das selbst ein Wert unter anderen Werten ist.
Wenn wir diesen Schritt getan haben, können wir unseren Vergleich wieder umdrehen und das Geld als eine Sprache von nur einem Wort betrachten. Dies entspricht der Rolle eines einzigen relevanten kulturellen Werts im Tausch von Privateigentum, nämlich dem abstrakter Arbeit. Dieses kulturelle Element ist aufgrund seiner Singularität eher relevant in seinen verschiedenen Quantitäten als in verschiedenen Qualitäten. Es gibt nichts in der Gesellschaft, das die Wichtigkeit hat (oder dieselbe Art von Wichtigkeit), wie Arbeitswert und Geld. Also gibt es nichts, was mit dem Geld gemeinsam auf einer Ebene ein Wertsystem bilden könnte (auch wenn es Beziehungen zu anderen Geldern außerhalb nationaler Grenzen gibt). So gesehen ist das Geld wie ein Wort, das gewissermaßen aufgeblasen wurde, um in sich selbst eine widersprüchliche Struktur (ähnlich der langue) zu bilden. Das System und die Bandbreite qualitativer Werte, die in der Sprache präsent sind, werden im Geld in ein quantitatives System gepresst, das quantitative Bestimmungen bzw. Zahlen anwendet, die wie die Wörter in Saussures langue funktionieren, also auf dem Prinzip wechselseitigen Ausschlusses.
Ein Preis ist, was er ist, weil er nicht ist, was die anderen Preise sind, genauso wie sich ein Wort aus seinen Gegensätzen zu anderen Wörtern bestimmt. Marx nennt Preise den „Geldnamen“ des von einer Ware verkörperten Werts. Er vergleicht Preise mit tatsächlichen Namen und sagt: „Ich weiß nichts vom Menschen, wenn ich weiß, daß ein Mensch Jacobus heißt“ (Kapital, 115). Wie Eigennamen können Preise voneinander getrennt werden. Keiner von ihnen ist wie ein anderer. Allerdings können wir genauso sagen, dass der Unterschied zwischen 6 und 5 ein anderer ist als der zwischen 100 und 5. Das heißt, wir können sagen, dass manche Preise gewissen Preisen näher sind als anderen. Wir können auch sagen, dass aus einem Preis von 5 eher einer von 6 wird als einer von 100. Außerdem ist ein Preis von 25 auf einen von 5 anders bezogen als auf einen von 6 (weil er im ersten Fall eine fünfmal so große Quantität andeuten kann) etc. Beziehungen zwischen Wörtern in der Sprache sind ähnlich. Saussure gibt uns ein Beispiel einer assoziativen Reihe in Bezug auf „enseignement“: enseignement-enseigner, enseignons, etc.; apprentissage, éducation, etc.; changement, armement, etc.; élément, justement, etc. All diese Wörter sind miteinander verbunden, aber gleichzeitig sind sie alle von „enseignement“ unterschieden. Saussure lokalisiert solche assoziativen Ketten im Gehirn und sagt, dass „die assoziative Beziehung Begriffe in absentia in einer potentiell mnemonischen Reihe vereint“ (123). Solche Beziehungen erinnern an den Preis als „imaginäres Gold“, wenn das Geld als „Standardpreis“ fungiert.
Nachdem die langue die Gesamtheit von aus jedem Kontext genommenen Wörtern ist (die damit als allgemeine Äquivalente fungieren), und nachdem Geld als ein einzelnes Wort gesehen werden kann, können wir das Verhältnis umdrehen und sagen, dass in der langue jedes Wort ein eigenes Geld (eine eigene Währung) darstellt. Ein Geld würde dann darüber bestimmt, welche Gelder es nicht ist, und es wäre schwierig, Ähnlichkeiten festzustellen außer rein physischen. Gelder würden dann als „verwandt“ betrachtet werden, wenn sie beide – beispielsweise – lang und dünn sind. Die Unterschiede zwischen ihnen, was ihre relative Positionierung innerhalb aller Gelder betrifft, wären jedoch immer wichtiger als die zwischen rundem, quadratischem oder sphärischem Geld. Wenn die Theorie des Arbeitswerts ignoriert würde, könnte versucht werden, den Geldern einen positiven Charakter über eine Ware zuzuschreiben, für die sie getauscht werden können, oder über andere Gelder, mit denen sie sich tauschen lassen oder in die sie „übersetzt“ werden können. Würden wir von der Geschichte, der Tauschpraxis und den Waren abstrahieren, dann wären wir wie Saussure auf ein rein differentielles System angewiesen.
Für Saussure „gibt es in der Sprache nur Unterschiede ohne positive Begriffe“, aber das „ist nur wahr, wenn das Signifikat oder der Signifikant als getrennt betrachtet werden; wenn wir das Zeichen in seiner Totalität betrachten, haben wir etwas, das in seiner eigenen Klasse positiv ist“ (120). Als ein System von Differenzen ist die langue wie eine Sammlung von verschiedenen Geldern, getrennt von Waren und Arbeit. Jedes Geld hat Wert, weil es von menschlicher Arbeit geschaffen wird, und jedes Geld hat den spezifischen Gebrauchswert, gesellschaftlich zu dienen, indem es die Werte von Waren ausdrückt.
Was Saussure sucht, ist der Wert oder der Preis des Geldes in anderem Geld. Wenn er sich dem Denken zuwendet, sagt er, dass Denken ohne Sprache „ein vages, unerforschtes Ganzes ist“ (112), und dass „das Konzept ursprünglich nichts ist außer ein Wert, der von seinen Beziehungen zu anderen ähnlichen Werten bestimmt wird“ (117). Der Vergleich, der hier gemacht werden kann, ist der zwischen Arbeitswert (getrennt von seinen Produkten) und Ware (die in reziproken Beziehungen mit anderen Waren gesehen wird, ohne fixe Maßeinheit).
Saussure versucht, wie wir oben sahen, die Gleichung des allgemeinen Äquivalents umzudrehen und der Idee mehr Allgemeinheit zu geben als sie verdient, indem er sie zu einem Äquivalent macht und dann sagt, dass ihre Existenz als Wert vom Wert des Worts abhängt. Die Wahrheit ist, dass weder das Wort noch die Idee allgemein sind – außer sie werden dazu gemacht, wenn sie aus ihrem Kontext genommen werden. Die Idee muss zusätzlich als Äquivalent des Worts betrachtet werden. Keine Frage, dass die dauernde Möglichkeit dieser priesterlichen Aktivität den Gebrauch der Sprache beeinflusst und über dem Sprechen schwebt wie ein Schutzengel.
Genauso wie das Oppositionssystem der Preise ohne Geldmaßstab der Werte nicht bestehen kann, so kann das Oppositionssystem zwischen physischen Wörtern nicht bestehen ohne die Totalität von Signifikanten, die es rechtfertigen. Und genauso wie Preise als Teil eines abstrakten Systems betrachtet und ihre Grundlage in den physischen Quantitäten des Geldes als Preisstandard gefunden werden können (was auch dazu führen mag, die erste Stufe des Geldes als Wertmaßstab zu ignorieren), so wird, wenn Wörter als System betrachtet werden, das Augenmerk auf ihre physischen Qualitäten gerichtet unter Vernachlässigung ihrer Existenzgründe.
Marx’ Analyse von Ware und Geld lokalisiert die Bedeutung des Geldes als Mittel der ökonomischen Kommunikation in der abstrakten Arbeit. Auch Saussures langue kann, allgemein gesprochen, eine Bedeutung – etwas, das eine gemeinsame Qualität ausdrückt – zugesprochen werden. Gleichzeitig mag jedes Wort als Ausdruck eines relevanten kulturellen Elements betrachtet werden. Die Tatsache, dass ein kulturelles Element auf ein Wort als sein Name bezogen ist bzw. der Prozess seiner Semiotisierung ist nicht willkürlich, sondern hängt von der allgemeinen Relevanz des kulturellen Elements ab. Es ist nur das spezifische phonetische Muster, auf welches das kulturelle Element bezogen wird, das willkürlich ist und nach dem Prinzip gegenseitigen Ausschlusses funktioniert.
II
Ein Experiment von Lev Wygotski zur Bildung von begrifflichen Kategorien (1962) erlaubt uns, Saussures Unterscheidungen zwischen langue und parole und zwischen Signifikant und Signifikat aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Das Experiment verwendet gewissermaßen eine langue, die aus vier sich gegenseitig ausschließenden Signifikanten besteht, die keinen Kontext haben. Es sind Wörter, die nichts bedeuten, im Experiment jedoch als Namen verwendet werden. Die Signifikanten unterschieden sich im Experiment von ihren Signifkaten, dass sie den TeilnehmerInnen am Experiment unbekannt sind. Die Signifikanten sollen den TeilnehmerInnen dabei helfen, relevante von nicht-relevanten Eigenschaften einer Reihe von Blöcken zu unterscheiden und darüber Kategorien zu formen. Nach Abschluss der Kategorienbildung werden die TeilnehmerInnen gebeten, die Wörter, die sie gerade gelernt haben, dazu zu verwenden, auch Objekte zu beschreiben, die nicht Teil des Experiments waren; das heißt, sie werden dazu aufgefordert, diese Wörter in ihren gewöhnlichen Sprachgebrauch einzugliedern. Es kommt damit zu einer dynamischen Beziehung zwischen den Signifikanten und den Signifikaten genauso wie zwischen langue und parole.
Das Experiment zeigt, wie die wechselseitige Ausgeschlossenheit der Signifikanten in der langue dem Aussondern der Signifkaten dient – auch wenn wir hinzufügen müssen, dass dies zunächst auf die Blöcke (Objekte) zutrifft und nicht auf die Kategorien selbst. Bevor es Kategorien gibt, denen Eigenschaften zugeschrieben werden können, können solche nur einzelnen Blöcken zugeschrieben werden. Die Kategorien gehen im Experiment der langue voraus, alleine schon deshalb, weil sie von den LeiterInnen vorherbestimmt sind. Während also für die individuellen TeilnehmerInnen die Signifikanten von den Signifikaten anfänglich getrennt sind, gilt gleichzeitig, dass in den Köpfen der LeiterInnen die Signifikate bereits existieren und gewissermaßen das Ziel des Experiments ausmachen.
Wygotskis Experiment ist eine Modifikation von Achs Experimenten zur Bildung von Kategorien und wurde entwickelt von L. S. Sakharoc. Wygotski nennt es die „Methode doppelter Stimulation“. Er meint damit, dass es sowohl Objekte als auch Zeichen beinhaltet. Um die Diskussion klarer zu machen, folgt eine ausführliche Beschreibung des Experiments von E. Hanfmann und J. Kasamin, den Herausgebern von Wygotskis Conceptual Thinking in Schizophrenia, da Wygotski selbst keine solche Beschreibung vorgenommen hat (die Beschreibung entstammt der Einleitung des Bandes):
„Das Untersuchungsmaterial, das im Kategorisierungsexperiment verwendet wird, sind 22 Holzblöcke verschiedener Farbe, Gestalt, Höhe und Größe. Es gibt fünf verschiedene Farben, sechs verschiedene Gestalten, zwei Höhen (hoch und nieder) und zwei Größen (groß und klein). Auf der Unterseite jeder Figur – die von der Testperson nicht gesehen werden kann – steht eines der vier folgenden Nonsense-Wörter geschrieben: „lag“, „bik“, „mur“, „cev“. Unabhängig von Farbe oder Gestalt steht „lag“ auf allen hohen und großen Figuren, „mur“ auf allen hohen und kleinen, und „cev“ auf allen niederen und kleinen.
Zu Beginn des Experiments werden alle Blöcke gut gemischt auf einem Tisch ausgebreitet. Die ExperimentsleiterInnen heben einen der Blöcke auf (den Prototyp), zeigen ihn, lesen der Versuchsperson den auf der Unterseite stehenden Namen vor und fragen sie daraufhin, all jene Blöcke auszuwählen, von denen sie meint, dass sie zur selben Kategorie gehören. Nachdem die Versuchsperson das getan hat, heben die ExperimentsleiterInnen einen der falsch ausgewählten Blöcke auf, zeigen der Versuchsperson, dass dies ein Block mit einem anderen Namen ist, und bitten sie um eine neue Auswahl. Nach jedem weiteren Versuch wird wieder ein falsch ausgewählter Block gezeigt, und so weiter. Mit der Zeit beginnt die Versuchsperson dann zu begreifen, auf welche Eigenschaften der Blöcke sich die Wörter beziehen.
Sobald die Versuchsperson diese Entdeckung macht, beginnen die Wörter also für bestimmte Eigenschaften der Objekte zu stehen (z.B. „lag“ für große hohe Blöcke, „bik“ für große flache, usw.) und neue Kategorien – für die es in der Sprache der Versuchspersonen bisher keine Namen gegeben hat – werden gebildet. Die Versuchsperson kann nunmehr die vier verschiedenen Arten von Blöcken so aufteilen, dass sie den von den Nonsense-Wörtern bestimmten Kategorien entsprechen. Dies zeigt, dass dem Gebrauch von Kategorien ein für die Lösung der Testanforderung funktionaler Wert innewohnt.
Ob die Versuchsperson tatsächlich kategorisches Denken anwendet, wenn sie das Problem zu lösen versucht, kann sowohl von der Art der Gruppen, die sie bildet, eruiert werden, als auch von der Weise, auf die sie diese bildet. Beinahe jeder Denkschritt der Versuchsperson wird vom Gebrauch der Blöcke reflektiert: die erste Herangehensweise an das Problem, der Gebrauch des Prototyps, die Reaktion auf die Korrekturen, das Finden der Lösung – all diese Stufen des Experiments stellen Informationsmaterial zur Verfügung, das es erlaubt, die Denkschritte der Versuchsperson nachzeichnen zu können“ (9f).
Wygotski beschreibt mehrere Stufen im Gruppieren der Objekte, bis es zur Kategorie selbst kommt. Er sagt, dass „der Prozess der Kategorienbildung, wenn er in seiner ganzen Komplexität gesehen wird, als eine Bewegung des Denkens innerhalb der Pyramide von Kategorien erscheint, die dauernd zwischen zwei Polen hin- und herwechselt: vom Partikulären zum Allgemeinen, und vom Allgemeinen zum Partikulären“ (80). Wir haben im ersten Teil dieses Aufsatzes gesehen, dass für Marx das Geld die „ausgeschlossene Ware“ ist, welche dieselbe Qualität hat (abstrakten Arbeitswert) wie andere Waren und dies durch seine direkte Tauschbarkeit bestätigt. Es gibt also eine Polarität zwischen der ausgeschlossenen Ware und allen anderen, zwischen dem Äquivalent und der relativen Seite der Gleichung. “Man sieht es der Form allgemeiner unmittelbarer Austauschbarkeit in der Tat keineswegs an, daß sie eine gegensätzliche Warenform ist, von der Form nicht unmittelbarer Austauschbarkeit ebenso unzertrennlich wie die Positivität eines Magnetpols von der Negativität des andren“ (Kapital, 82). Ich glaube, dass Wygotskis Experiment uns Entwicklungsstufen einer ähnlichen polaren Beziehung zeigt; in diesem Fall zwischen dem Prototyp und den Objekten, die auf ihn bezogen werden – außerdem zwischen dem Wort und all den Objekten einer Kategorie, die auf es bezogen werden.
Tatsächlich sind zwei Polarisierungsprozesse für die Kategorienbildung notwendig: jener zwischen dem Prototyp als äquivalent und den anderen Objekten als relativ; und jener zwischen den relevanten und nicht-relevanten Eigenschaften des Prototyps sowie den anderen Objekten. Der zweite Prozess wird unterstützt vom gegenseitigen Ausschluss der Objektsnamen. Nachdem einige abgelegt werden, werden ihre Eigenschaften, und die mit ihnen verbundenen Namen, als nicht-relevant erachtet. Geld, zumindest innerhalb der Grenzen eines einzelnen Landes, existiert nicht innerhalb einer langue von anderen Geldern. Es steht alleine, drückt aber eine einzelne, ungemein wichtige, gemeinsame Qualität aus, nämlich den Arbeitswert. Im Tauschakt schließen Menschen Produkte aus, die diese Qualität nicht haben, genauso wie solche, die keinen Gebrauchswert haben (die Arbeitszeit, die für diese Produkte aufgewandt wurde, wird damit nicht mit gesellschaftlichem Wert ausgestattet). Die Polarität zwischen dem allgemeinen Äquivalent und den relativen Waren impliziert also eine Polarität zwischen diesen Waren und allen Objekten, die keine gemeinsame Qualität haben. Im Tausch mögen wir die Faktoren von Äquivalenz und Ersetzbarkeit finden, quasi verdoppelt. Tausch mag in der Tat beschrieben werden als doppelte Ersetzung. Erstens, da zumindest zwei Personen in ihn involviert sind, und zweitens, da der Tausch für alle zumindest zweimal stattfindet: einmal im Verkaufen und einmal im Kaufen. Es ist die gegenseitig ausschließende Beziehung des Privateigentümer, die diese Doppelheit auferlegt. Marx erklärt uns, dass der gemeinsame Ausschluss einer Ware, anhand derer alle privaten Waren gemessen werden können, die Antwort auf ein gemeinsames Bedürfnis ist. Sowohl im sprachlichen als auch im ökonomischen Kontext können Äquivalenz und Ersetzung als Elemente des Tauschs erkannt werden, wenn wir nur eine Perspektive einnehmen, die weit genug ist.
In Wygotskis Experiment ist die erste Stufe auf dem Weg der Kategorienbildung der „unorganisierte Haufen“. „Der Haufen, der aus verschiedenen Objekten besteht, die, ohne gemeinsame Grundlage, zusammengruppiert sind, offenbart eine diffuse, unkontrollierte Ausdehnung der Bedeutung des Zeichens (des künstlichen Worts) hin zu (nicht aufeinander bezogenen) Objekten, die per Zufall von Kindern in ihrer Wahrnehmung verbunden werden“ (59). Das Kind schafft subjektive Verbindungen zwischen den Objekten. Die erste Ebene dieser Stufe ist die von einfachem trial and error. Hier sondert das Kind die Objekte aus, die ihm mit anderen Namen gezeigt werden, aber das hat nichts zu tun mit der Relevanz bzw. Nicht-Relevanz oder den Eigenschaften dieser Objekte (oder dieser Art von Objekten) für die Kategorie, die es zu konstruieren gilt. Die nächste Ebene wird geformt mit Hinsicht auf die „Organisation des visuellen Felds des Kindes“, und eine weitere mithilfe von „Elementen, die von verschiedenen Gruppen oder Haufen genommen werden, die bereits vom Kind geformt wurden“ (60f). In dieser frühesten „Haufen-Phase“ scheint es so, dass es weder eine Polarität zwischen dem Prototyp und den anderen Objekten gibt noch eine zwischen Arten von Eigenschaften. Wir können es Nominalismus nennen, wenn das Kind die Haufen von Objekten, die es konstruiert, auf das Wort als deren Namen bezieht. Dieser Prozess gründet sich auf die Tatsache, dass die Objekte, die andere Namen haben, ausgeschlossen werden. Man könnte auch sagen, dass für das Kind die Objekte dieselben sind, weil sie denselben Namen haben.
Die zweite Phase in der Kategorienbildung ist die des „assoziativen Komplexes“. Hier besteht bereits eine Polarität zwischen dem Prototyp und den anderen Objekten, aber dies impliziert keine Polarität zwischen relevanten und nicht-relevanten Eigenschaften. Außerdem gilt, dass der Prototyp zwar wiederholte Male zum Äquivalent anderer Objekte wird, dass dies aber nicht zu einer Beziehung reziproker Äquivalenz zwischen den Objekten selbst führt (außer vielleicht zu einer nominalen Beziehung, die der obigen ähnlich ist). In dieser Phase werden „faktische Verknüpfungen“ zwischen den Objekten gebildet. „Wenn ein assoziativer Komplex gebildet wird, mag das Kind einen Block zum Prototyp hinzufügen, weil er dieselbe Farbe hat, einen anderen, weil er eine ähnliche Form oder Größe hat, und einen weiteren aufgrund irgendeiner anderen gemeinsamen Eigenschaft, die ihm auffällt. Jede Verknüpfung zwischen dem Prototyp und einem anderen Objekt reicht, um das Kind dazu zu bringen, das Objekt in die Gruppe zu inkludieren und es mit dem gemeinsamen ‚Familiennamen’ auszustatten“ (62).
Es ist interessant, dass dieser Komplex der „assoziativen Reihe“ bei Saussure sehr ähnlich ist. Wie wir gesehen haben, verwendet Saussure „enseignement“ als Fallbeispiel und zeigt verschiedene Möglichkeiten relativer Objektreihen. Es ist nicht klar, ob Saussure die assoziierten Wörter als komplette Zeichen versteht, das heißt, als Zeichen, die ihre Signifikate beinhalten. Er scheint Ebenen zu wechseln, wenn er Wörter aufgrund gleicher Präfixe oder Suffixe verbunden sieht, vor allem, wenn er dann auch noch die inkludiert, die ähnliche Signifikate, aber ganz unterschiedliche Signifikante haben. Auch wenn betont wird, dass die Signifikate eine gemeinsame Qualität besitzen (über gleiche Präfixe, Suffixe oder Wurzeln), so gibt es keinen Grund, auf eine abstrakte Ebene zu überzugehen. Erstens ist „enseignement“ wirklich nur teilweise ersetzbar mit den verschiedenen Wörtern, die mit ihm assoziiert werden – schließlich ist es ist nicht deren Name. Und zweitens zeigt Wygotski, dass das Denken in Kategorien sehr verbreitet ist, nicht nur unter Kindern, sondern auch unter Erwachsenen. Wygotski gibt dafür mehrere Beispiele, auch in Hinsicht auf die Sprache, vor allem, was die Ableitung von Wörtern betrifft. Trotzdem stehen Linguisten und Philosophen vor der Sprache ziemlich so wie die TeilnehmerInnen in Wygotski Experiment vor den Blöcken mit verschiedenen Farben, Formen und Größen stehen. Dies gilt für Wörter wie für Ideen. Wittgenstein zum Beispiel wich davor zurück, Kategorienbildung um jeden Preis zu fordern. Die Beziehung, die er als „Familienähnlichkeit“ und anhand von Fasern in einem Faden beschrieb, sind Komplexen ähnlich, die in Wygotskis Experiment gefunden werden, vor allem dem „Kettenkomplex“, der weiter unten beschrieben wird.
Der nächste Komplex, der von Wygotski genannt wird, ist jener der „Sammlung“. Dies ist gewissermaßen eine Alternative zur Kategorie, in der ein Aspekt des Prototyps als dessen wichtigster bestimmt wird, wodurch zwar eine Polarität geschaffen wird zwischen den relevanten und nicht-relevanten Aspekten des Prototyps, aber keine Beziehung von Äquivalenz oder Ersetzbarkeit zwischen dem Prototyp und den anderen Objekten. Diese werden nicht relativ zum Prototyp als Äquivalent, da sie sich nicht auf einen gewissen Aspekt beziehen; das bedeutet auch, dass sie nicht (als gleich) aufeinander bezogen werden können. Trotzdem hat diese Form der Gruppierung ihre eigene Kohärenz. Die Sammlung basiert darauf, dass unterschiedliche Objekte vereint werden, weil sie einer gewissen Gruppierungsvorstellung des Kindes entsprechen: zum Beispiel eine Gruppe verschiedenfarbiger Objekte zu schaffen. Dies verbindet sich freilich leicht mit dem assoziativen Komplex, in dem mehr als nur ein Aspekt für das Formen einer Sammlung ausschlaggebend ist. Wygotski nennt diese Art von Gruppierung „funktionelles Gruppieren“ – ein Beispiel ist die Kombination von Tasse, Tassenteller und Teelöffel. Wygotski schreibt: „Wir mögen sagen, dass es zur Sammlung auf der Basis der Partizipation von Objekten mit derselben praktischen Bedeutung im Sinne funktioneller Kooperation kommt“ (63). Dies erinnert an Wittgenstein: “Denk an die Werkzeuge in einem Werkzeugkasten: es ist da ein Hammer, eine Zange, eine Säge, ein Schraubenzieher, ein Maßstab, ein Leimtopf, Leim, Nägel und Schrauben. – So verschieden die Funktionen dieser Gegenstände, so verschieden sind die Funktionen der Wörter. (Und es gibt Ähnlichkeiten hier und dort)” (Philosophische Untersuchungen, Nr. 11).
Der nächste Komplex ist der „Kettenkomplex“. Hier bleibt der Prototyp eher partikulär als allgemein ersetzbar und wird schließlich als Prototyp selbst ersetzt. „Wenn beispielsweise der experimentelle Prototyp ein gelbes Dreieck ist, dann mag das Kind ein paar dreieckige Blöcke auswählen, bis seine Aufmerksamkeit gefangen wird von, sagen wir, der blauen Farbe eines Blockes, den es gerade hinzugefügt hat. Dies führt dazu, dass das Kind von nun an blaue Blöcke auswählt, egal ob eckig, rund oder halbrund. An einem bestimmten Punkt mag das Kind das Interesse an der Farbe verlieren und beginnen, runde Blöcke auszuwählen. Der ursprüngliche Prototyp hat damit seine zentrale Bedeutung verloren. Jede Verbindung im Kettenkomplex ist so wichtig wie die erste und kann als Bezugspunkt dienen für weitere Reihen von Objekten“ (Wygotski, 64). Die Organisation des Materials, die aus dieser Vorgangsweise resultiert, ist vergleichbar mit der Art der Organisation, die Wittgenstein in verschiedenen Arten von Spielen sieht, wenn er nichts Gemeinsames zwischen ihnen allen entdeckt, aber verschiedene Ähnlichkeiten zwischen individuellen Spielen. Er schreibt: “Ich kann diese Ähnlichkeiten nicht besser charakterisieren als durch das Wort »Familienähnlichkeiten«; denn so übergreifen und kreuzen sich die verschiedenen Ähnlichkeiten, die zwischen den Gliedern einer Familie bestehen: Wuchs, Gesichtszüge, Augenfarbe, Gang, Temperament, etc. etc. – Und ich werde sagen: die ›Spiele‹ bilden eine Familie“ (Philosophische Untersuchungen, Nr. 67).
Wir wollen nicht behaupten, dass Wittgenstein von Wygotski beeinflusst war. Eher war es so, dass es schlicht eine Parallele gibt zwischen dem, was Wygotski in seinen Experimenten sah und auf die Sprache anwandte (vor allem hinsichtlich der Ableitung von Wörtern), und den Beziehungen, die Wittgenstein zwischen „Subkategorien“ sah. Wittgenstein betont den Komplex als Erklärungsmodell und mindert die Bedeutung der Kategorie, die damit nicht mehr als alleiniger Standard sprachlicher Organisation fungiert. Dieser Prozess ist jenem ähnlich, den wir oben in Zusammenhang mit Walras sahen, der den Status des Geldes als allgemeinem Äquivalent auf Zahlen reduzierte, die mit allen anderen Waren gleichgesetzt wurden. Ähnliches gilt für Saussure, der aus allen Wörter ein einzelnes Wort zum allgemeinen Äquivalent macht. Wittgenstein betrachtet nun die Kategorie im Kontext des Komplexes und nimmt ihr das Privileg, das ihr im Studium der Sprache zukam.
Im Gegensatz zu Wittgenstein hält Wygotski die traditionale Hierarchie aufrecht und sieht Komplexe als primitivere Formen des Denkens im Vergleich zu Kategorien. Die abstrakten Beziehungen der Kategorienbildung werden den konkreten Beziehungen zwischen Objekten, die die Basis der Komplexe bilden, gegenübergestellt. In den Komplexen wird dem Wort in seiner „leitenden Funktion“ nur teilweise gefolgt, während in der Kategorie die Funktion des Worts vollständig ist. Wir haben beispielsweise den „Haufenkomplex“ besprochen, in dem die Wörter als Anleitung weder Rücksicht auf die Polarität des Prototyps noch auf die Eigenschaften legen. Außerdem haben wir den „assoziativen Komplex“ besprochen, in dem eine Polarität zwischen dem Prototyp und den anderen Objekten etabliert wird (dank der Tatsache, dass der Prototyp das einzige Objekt ist, dessen Name bekannt ist), aber keine zwischen seinen Eigenschaften, die alle selbst als Äquivalente für verschiedene andere Objekte gesehen werden können. Auch wenn Wygotski dies nicht explizit sagt, ist anzunehmen, dass dies auch gilt, wenn einige der falsch gewählten Blöcke unterschiedliche Namen haben. In diesem Fall könnten wir sagen, dass während die leitende Funktion des Worts als Name operiert, die leitende Funktion der Wörter in der „langue“ (die sich wechselseitig ausschließen) dies nicht tut.
Auch die „Sammlung“ bzw. die „funktionale Gruppierung“ stellen eine Alternative zur Kategorie dar. Hier mag die Hypothese aufgestellt werden, dass der Name des Objekts als ein Wort höherer Ordnung genommen und mit der Eigenschaft selbst verbunden wird – so wie das Wort „Farbe“ mit einer Sammlung von Farben. Dies mag sich allerdings ändern und es kann wieder der ursprüngliche Prototyp herangezogen werden, um eine weitere Eigenschaft zu wählen, hinsichtlich der es zu einer weiteren Sammlung kommen kann, sodass die Polarität zwischen dem Prototyp und den anderen Objekten nie vollständig verloren geht. Im Kettenkomplex schließlich wurde der Prototyp selbst ersetzt, indem jedes neue Objekt zu einem potentiell neuen Prototyp wird, so als würde der Name jeweils weitergereicht. Gewissermaßen wird hier mit jedem Schritt eine neue, partikuläre Polarität etabliert, in der eine Eigenschaft nur zwei, oder ein paar, Blöcken gemeinsam ist.
Wygotski beschreibt einen weiteren Komplex. Den „diffusen“ Komplex, der „von der Flexibilität der Eigenschaft markiert wird, die seine einzelnen Elemente verbindet“ (65). Hier, wie in der „Haufenphase“, scheint die Beziehung eine rein nominale zu sein. Dies kann zu einem Komplex führen, dem Wygotski große Bedeutung zukommen lässt und den er eine „Pseudokategorie“ nennt. Obwohl das Kind hier eine Eigenschaft des Prototyps und andere Objekte mit derselben Eigenschaft auswählt, gilt: „In Wirklichkeit wird das Kind geleitet von der konkreten, sichtbaren Ähnlichkeit und formt damit nur einen assoziativen Komplex, der auf eine bestimmte Art von Wahrnehmung begrenzt ist.“ (66) Ein Beispiel für so eine „Pseudokategorie“ ist gegeben, wenn ein Block, der den Eigenschaften des Prototyps zu entsprechen scheint, ausgewählt wird, obwohl er einen anderen Namen hat. Wiederum ist es der wechselseitige Ausschluss der Wörter, der Schwierigkeiten schafft. Während der Name, der auf dem Prototypblock steht, eine Polarität geschaffen hat, werden andere Namen nicht als Prototypen wahrgenommen. Es kommt sozusagen zu einem Mangel an sprachlicher Differenzierung. Ein Signifikant bleibt an ein Signifikat gebunden, und dieses ist selbst nicht voll entwickelt. Es mangelt an Abstraktionsniveau.
Ein höheres Abstraktionsniveau kann erreicht werden durch eine Umkehrung der allgemeinen polaren Gleichung. Der Prototyp und sein Name werden allgemein durch den wiederholten Vergleich der anderen Objekte zum Prototyp. Der Prototyp hat damit den Charakter des allgemeinen Äquivalents und ist ersetzbar durch jedes relative Objekt. Die Beziehung von jedem relativen Objekt zu dem allgemeinen Äquivalent impliziert eine Beziehung zwischen den relativen Objekten selbst. Die Abstraktion dieser Beziehung wird erreicht durch die Umkehrung der Gleichung. Nun gibt es ein relatives Objekt und verschiedene gleiche Objekte, die mit ihm verglichen werden.
Das relative Objekt hat nunmehr eine Eigenschaft, die es nicht hatte, bevor dieser Prozess begann. Diese Eigenschaft ist seine Allgemeinheit, die geteilt wird von dem Wort, seinem Namen. Der Prototyp ist daher etwas, das sowohl allgemein als auch partikulär ist. Seine Beziehung zu den Objekten beruht nicht nur auf seiner physischen Qualität, sondern auch auf seiner Allgemeinheit und Partikularität. Die wechselseitige Beziehung von den Objekten untereinander, die auf der Beziehung von jedem Objekt zu demselben Prototyp beruht, entwickelt nun eine Identität mit dem Prototyp auf der Grundlage einer gemeinsamen Eigenschaft. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, wird die Kategorie abstrahiert. Jedes Objekt beinhaltet die gemeinsame Eigenschaft, welche die Kategorie formt. Der Prototyp ist nunmehr vollständig bezogen auf das Wort als seinem Namen, weil er diese gemeinsame Eigenschaft beinhaltet; genauso wie jedes andere Objekt, das in die Kategorie fällt. Damit ist der Prototyp als Prototyp nicht länger notwendig. Das Wort selbst genügt nunmehr, um die Beziehungen zwischen den Objekten aufrechtzuerhalten. Es ersetzt den Prototyp als das, worauf alle Objekte bezogen sind. In seiner Allgemeinheit ist das Wort der Korrespondent der allgemeinen Eigenschaft, die von ihm abstrahiert wird. Außerdem ist es, wie der Prototyp, auch partikulär, aber aus anderen Gründen.
Der Prototyp ist partikulär aufgrund sinnlicher Wahrnehmung, während das Wort partikulär ist aufgrund unterschiedlicher Anwendungen desselben Worts bzw. aufgrund des wechselseitigen Ausschlusses im Verhältnis zu anderen Wörtern. Wenn das Wort nicht als „normativ identisch“ gesehen wird bzw. als in Beziehung stehend zu wechselseitigem Ausschluss, kann es nicht als das Äquivalent einer abstrakten gemeinsamen Eigenschaft oder einer Kategorie gesehen werden. (Dies ist, worauf sowohl Volosinov als auch Wittgenstein bestanden haben. Der eine hinsichtlich des Kontexts von Wörtern und deren ideologischer Themen, der andere hinsichtlich der verschiedenen Gebrauchsweisen von Sprache.)
In Wygotskis Experiment, das als ein „Sprachspiel“ von Nennwert gesehen werden kann, finden wir die Bedingungen für die Bildung von Kategorien. Besonders wichtig ist hier die Rolle des Prototyps in seiner Entwicklung vom Partikulären zum Allgemeinen, während er ständig ein einzelnes Objekt bleibt. Ebenso wichtig ist sein endgültiges Verschwinden in die Klasse oder Reihe von allen Objekten, die die gemeinsame Eigenschaft haben, sobald diese vollständig abstrahiert wurde. Wenn der Prototyp nicht länger notwendig ist, übernimmt das Wort seine Funktion als allgemeines Äquivalent für die Objekte, die die gemeinsame Eigenschaft haben. Jedes dieser Objekte ist jetzt bezogen auf das Wort als seinem Namen, das heißt, auf sein Äquivalent und seinen Ersatz in der menschlichen Kommunikation. Wir sind vom „Haufen“ – wo Dinge als dasselbe gesehen wurden, weil sie denselben Namen hatten – zu einer Beziehung gelangt, wo Dinge denselben Namen haben, weil sie dasselbe sind. Mit anderen Worten: Die nominale Beziehung drückt eine faktische Verbindung der Objekte untereinander aus aufgrund der Ersetzbarkeit des Worts für jedes der Objekte. Das Gleiche gilt bei Marx für die direkte Tauschbarkeit des Geldes für Waren bzw. für den Mechanismus, der den Wert der Waren bestimmt. Das Geld selbst kann als Wort gesehen werden, als Äquivalent, das alle Waren in einem spezifischen Bereich der menschlichen Kommunikation, dem des ökonomischen Tauschs, ersetzt.
Das Wort übernimmt die Funktion des Prototyps, nachdem die gemeinsame Eigenschaft durch den Gebrauch des Letzteren abstrahiert wurde. Wie Wygotski sagt, fungierte das Wort die ganze Zeit als „Anleitung“ in diesem Prozess; beginnend mit der Identifizierung des Prototyps als des einzigen Objekts der Kategorie, das einen Namen hat. Wenn die Kategorie gebildet wurde, braucht das Wort den Prototyp nicht mehr und nimmt alleine seinen Platz ein. „Geistige Bilder“, die auf Wörter bezogen sind, können als Phantomprototypen gesehen werden, die nützlich sind, wenn jemand unsicher ist, was ein Wort bedeutet, das heißt, wenn jemand fragt: Für welche Dinge, die aufgrund einer gemeinsamen Eigenschaft eine Beziehung zueinander haben, ist dieses Wort das Äquivalent und der Ersatz? Wenn die Kategorie gebildet ist, dann können alle Objekte, die diese Eigenschaft haben, als Repräsentanten oder Beispiel dieser Kategorie genommen werden, und wenn es notwendig ist, auch als deren Prototyp. Ja das „geistige Bild“ selbst, als Bild eines dieser Objekte, kann diese Funktion erfüllen.
Hier kann eine Parallele zwischen Gold und Papiergeld gezogen werden. Gold kann gesehen werden als der Prototyp, der die gemeinsame Qualität des Arbeitswerts beinhaltet und als Äquivalent und Ersatz für Waren fungiert. Darüber hinaus präsentiert es in seinen normativ identischen Einheiten eine Art langue verschiedener Quantitäten. Wenn allerdings das Geld „als ein Zeichen seiner selbst“ funktioniert (zum Beispiel als Zirkulationsmittel), dann kann es „mit einem einfachen Zeichen ersetzt werden“, etwa mit Papiergeld. Wenn Gold aus der Zirkulation entfernt und zur Goldreserve eines Landes wird (gelagert an Orten wie Fort Knox), dann ist es gleich dem Prototyp, der im Gedächtnis behalten wird, aber nicht länger als tatsächliches Kommunikationsmittel notwendig ist. Idealerweise könnte beides als allgemeines Äquivalent reaktiviert – bzw. tatsächlich getauscht oder kommuniziert – werden. In der Praxis geschieht dies jedoch nicht, da das Papiergeld bzw. Wörter genügen, um die Polarität aufrechtzuerhalten. Dies erlaubt die anhaltende Abstraktion der gemeinsamen Qualität der relativen Objekte (im Fall des Papiergeldes: der Waren). Wie Gold wird Papiergeld der quantitativen langue entsprechend geordnet, was quantitative Messung möglich macht. Wir können das Papiergeld damit mit dem Wort gleichsetzen als Äquivalent und Ersatz für das allgemeine Äquivalent innerhalb des Tauschs als spezieller Kommunikationsform. Papiergeld wie Wörter sind normativ identische Einheiten, die als allgemeine Äquivalente fungieren, welche Beziehungen zwischen Dingen bzw. Waren aufrechterhalten, weil sie diese ersetzen bzw. tauschen können. Gleichzeitig können sie auch nominalistisch fungieren, ohne gemeinsame Qualitäten zu abstrahieren.
Wygotski zufolge werden Kategorien zwar erst in der Adoleszenz entwickelt, aber praktisch alle Kinder sind fähig, um vieles früher Sprache auf eine Weise anzuwenden, die jener von Erwachsenen ähnlich ist. Auch Geld kann gebraucht werden, ohne sich auf die allgemeine Eigenschaft abstrakter Arbeit zu beziehen. Wer das Feld von Kategorien und Abstraktionen betritt, betritt das Feld „priesterlicher“ Aktivität – oder das Feld der „Übersetzung“, wie Volosinov sagen würde. Allerdings dürfen wir auch die Worte von Marx nicht vergessen: “Indem sie ihre verschiedenartigen Produkte einander im Austausch als Werte gleichsetzen, setzen sie ihre verschiednen Arbeiten einander als menschliche Arbeit gleich. Sie wissen das nicht, aber sie tun es“ (Kapital, 88). Auf dieselbe Weise mag der Gebrauch von Wörtern als eine Aktivität gesehen werden, die uns gesellschaftlichen Kategorien folgen lässt, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Unsere Vergleiche zwischen Sprache und Geld bieten zwei Möglichkeiten, ihr Verhältnis zu sehen – keine der beiden lässt sich auf eine einfache Analogie reduzieren, obwohl sie beide analoge Elemente beinhalten. Erstens können wir uns auf den Übersetzungscharakter konzentrieren, der sowohl für das Geld wie für die Sprache von Bedeutung ist. Wir können die Rolle der Priester übernehmen und versuchen, das eine Phänomen in das andere zu übersetzen. (Eine faszinierende Aufgabe der Alchemie, die leider keinen Effekt auf das Bankkonto hat.) Zweitens können wir uns die langue als eine Sammlung von kommunikativen Elementen denken (entfremdet von ihren Signifikaten, von der parole und von der Diachronie), und das Geld als das kommunikative Mittel des entfremdeten Tauschs. Wir können dann, entlang der Linien von Wygotskis Experiment, versuchen, eine Kategorie zu bilden, die sowohl das Geld als auch die langue einschließt. Das Geld wäre dabei der Prototyp für die Objekte, die in der langue Wörter sind. Diese Möglichkeit hätte zwei Vorteile. Der erste ist, dass das Geld – obwohl es, wie die Wörter in der langue, von seinen Signifikaten getrennt ist und nur im Tausch mit ihnen in Kontakt kommt, in dem es den Wert einer anderen Ware bestätigt –, wenn es als die ausgeschlossene Ware, also als Gold, gesehen wird, die allgemeine Qualität abstrakter Arbeit beinhaltet. Außerdem hätte das Geld als Prototyp für die langue den Vorteil, bereits allgemein zu sein. Wenn es das nicht wäre, könnte es nicht ein Äquivalent für Wörter dienen, die, außerhalb des Kontexts der parole, auch allgemein sind. Das heißt, dass wir in den Beziehungen zwischen Geld und Ware bzw. zwischen Signifikant und Signifikat etwas finden müssen, dass diesen Beziehungen gemeinsam ist und das Geld und die Wörter allgemein werden lässt.
Die zwei Möglichkeiten – einmal Übersetzung, das andere Mal der Gebrauch von Wygotskis Experiment – können sich ergänzen. In Bezug auf Wygotskis Experiment müssen gemeinsame Eigenschaften gefunden werden, die sich aus den Beziehungsstrukturen ergeben. Für die Übersetzung ist eine gemeinsame Idee notwendig. Wir kommen dazu später.
Um herauszufinden, ob Geld und Wörter gemeinsame Strukturen haben, muss untersucht werden, ob Objekte und Wörter irgendwas gemeinsam haben, das den Gemeinsamkeiten von Geld und Waren entspricht. Sobald wir ein Wort aus seinem Kontext nehmen und seine Kategorie untersuchen, wird das Verhältnis zwischen diesem Wort und den Objekten, die sich auf es beziehen, in jener Beziehung reflektiert bzw. wiederholt, die zwischen diesen Objekten und einem von ihnen – demjenigen, welches als Äquivalent im Zuge der Kategorienbildung ausgeschlossen wurde – besteht. Die nominalistische Beziehung, die das Wort bereits zu den Objekten hat, wird dabei sozusagen verdoppelt, da das Wort einen Prototyp ersetzt und seine Rolle übernimmt.
Wir können daher sagen, dass es zwischen Objekten und Wörtern in späteren Entwicklungsphasen der Sprache zu Gemeinsamkeiten kommt, auch wenn Wörter zunächst in der Ontogenese der Sprache formal nichts mit Objekten gemeinsam haben. Es kommt zu diesen Gemeinsamkeiten, sobald eine Beziehung zwischen den Objekten etabliert wird, die jener entspricht, die bereits zwischen den Objekten und dem Wort existiert, das als ihr Name fungiert. Diese Stufe ist erreicht, wenn die Komplexphasen überwunden sind. Das Wort wird dann zum Äquivalent des Äquivalenten, und auch die Objekte haben eine äquivalente Beziehung zueinander – zunächst aufgrund ihres gemeinsamen Namens, dann dank ihrer Beziehungen zu einem gemeinsamen Äquivalent, in dem ihre gemeinsame Eigenschaft abstrahiert wird. Solche Reihen äquivalenter Beziehungen – von denen jede für sich selbst genommen als Äquivalent der anderen gesehen werden kann – mögen an Platos „Paradox vom Dritten Mann“ erinnern. Außerdem kann es mit dem Phänomen der „Widerspiegelung“ verglichen werden, nachdem sich die Äquivalenzbeziehungen wiederholt spiegeln und einen „wirklichen“ Gehalt nur auf einer Stufe haben.
Marx sieht die Entwicklung des Geldes im Kapital als einen Ausdruck des Widerspruchs zwischen Privatem und Gesellschaftlichem innerhalb des wechselseitigen Ausschlusses des Privateigentums. Hier „gilt jedem Warenbesitzer jede fremde Ware als besondres Äquivalent seiner Ware, seine Ware daher als allgemeines Äquivalent aller anderen Waren“. So ein privater Prozess ist der Funktion des allgemeinen Äquivalents gesellschaftlich unangemessen, da hier gilt, dass sich die Waren „als Werte gleichsetzen und als Wertgrößen vergleichen“. Nachdem Wert eine gesellschaftliche Eigenschaft ist, verlangt er eine gesellschaftliche Ausdrucksform. Wir können davon sprechen, dass sich der Besitzer eines „privaten allgemeinen Äquivalents“ auf der nominalistischen Stufe befindet. Auf dieser gibt es keine gemeinsame Eigenschaft, die abstrahiert werden kann, bis Waren untereinander sowie zu einem Äquivalent auf einer gesellschaftlichen Ebene Beziehungen schaffen. “In Ihrer Verlegenheit denken unsere Warenbesitzer wie Faust. Im Anfang war die Tat. Sie haben daher schon gehandelt, bevor sie gedacht haben. … Aber nur die gesellschaftliche Tat kann eine bestimmte Ware zum allgemeinen Äquivalent machen. Die gesellschaftliche Aktion aller andren Waren schließt daher eine bestimmte Ware aus, worin sie allseitig ihre Werte darstellen. Dadurch wird die Naturalform dieser Ware gesellschaftlich gültige Äquivalentform” (Kapital, 101). Interessanterweise ist die „Handlung“, von der Faust hier spricht (im Gegensatz zum „Wort“ des Johannes), die Art der Handlung, die der Kategorienbildung zugrunde liegt, nämlich die „Erzeugung eines Prototyps“.
Geld – nicht nur Papiergeld, sondern Geld als die ausgeschlossene Ware – teilt viele Eigenschaften des Worts. Natürlich ist es in einem anderen Sinne materiell als die Sprache (was auch für die Arbeit gilt, die sowohl Geld als auch Waren produziert). In ihrer Vermittlung zwischen dem Privaten und dem Gesellschaftlichen allerdings funktioniert es, wie wir gerade sahen, als das gesellschaftliche Äquivalent des privaten Äquivalents. Auf gleiche Weise funktioniert das Wort als das Äquivalent nicht nur für Objekte, sondern auch für Prototypen, mit denen es in einer polaren Beziehung zu verschiedenen Individuen steht.
Marx sagt uns, dass die Sprache„das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein“ ist (Deutsche Ideologie, 30). Wir ich an anderer Stelle zu zeigen versucht habe (Vaughan 1980), ist das Geld der „Für-Andere-Charakter“ der Ware und funktioniert als Wort, das eine einzige relevante Qualität ausdrückt, nämlich den Arbeitswert im Rahmen des Privateigentums. Gleichzeitig können Wörter gesehen werden als der „Für-Andere-Charakter“ der Objekte, für die sie stehen, als der „Für-Andere-Charakter“ des Prototyps, ihrer Beziehungen zum Prototyp sowie der gemeinsamen Eigenschaft (dies hängt von der Entwicklungsstufe dieser Beziehungen im Verhältnis zum Individuum ab). Der Typus und der Kontext des Empfangs von Wörtern – ihrem aktuellen „Sein für Andere“ – modifizieren auch, was Wörter für die Sprechenden sind. Dies mag der Prozess sein, in dem der Gebrauch der Wörter von Erwachsenen und Kindern zusammenfällt. Hier können wir auch den Grund dafür finden, warum Wörter als Anleitung für die Kategorienbildung fungieren. Als die ausgeschlossene Ware hat das Geld sowohl die Eigenschaft des Worts (als eine Ein-Wort-Sprache, welche die langue des Preises beinhaltet) als auch des Prototyps. Mit dem Papiergeld wird die sprachliche – oder, wie Marx sagt, die symbolische – Dimension von dem Objekt abgetrennt, das die gemeinsame Eigenschaft ausdrückt.
Geld dient der Identifizierung und dem Ausdruck der Ware als Wert. Dies ist funktional und im Sinne des Tauschprozesses. Wörter, die aus ihrem Kontext genommen werden – zum Zwecke der Definition sowie in innersprachlicher wie in zwischensprachlicher Übersetzung – dienen der Identifikation und dem Ausdruck von den Objekten (bzw. von deren gemeinsamer Eigenschaft), auf die sie sich beziehen. Dies ist im Sinne vielfältiger Kommunikation. (Diese Kommunikation kann deshalb von manchen als sprachlicher Tausch beschrieben werden, da sich die „Objektivität“, die mit der kategorischen Definition verbunden ist, besonders gut für ideologische Anwendungen eignet.) Hier stoßen wir auf das Moment der Sprache, das der ökonomischen „Tauschabstraktion“ Sohn-Rethels sehr ähnlich ist. Es ist tatsächlich so, dass die Aneinanderreihung von Geld und Wörter uns die Möglichkeit gibt, Geld, das bisher alleine in einem Kontext von Wörtern stand, mit einer langue auszustatten, während es den Wörtern die Möglichkeit gibt, mit dem Geld als Prototyp verglichen zu werden; eine Möglichkeit, die sie vorher nicht hatten. Diese Möglichkeit kommt von dem doppelten Charakter des Geldes als materiellem Wort, insofern, als dass es sowohl als Prototyp als auch als Wort funktioniert. Wir können sagen, dass solch reziprokes Positionieren der erste Schritt im Vergleich von Geld und Sprache als innersprachliche Übersetzung oder Definition ist. Gleichzeitig ist Geld jedoch auch eine fremde Sprache, die durch ein qualitativ einzelnes Wort auch eine einzelne gemeinsame Eigenschaft ausdrückt – von all dem, was sich auf dem Markt befindet. Als solches ist es jeder verbalen Sprache fremd, die in ihrer qualitativen Vielfalt – selbst wenn sie als langue gesehen wird – eine Fülle an gemeinsamen Eigenschaften, Beziehungen und Ideen ausdrückt.
Seltsamerweise wissen wir, was das materielle Wort in der fremden Sprache des Geldes bedeutet, aber nicht was Sprache in unserer eigenen, verbalen Sprache bedeutet. Um die Richtung, die eine Übersetzung nehmen würde, wenigstens andeuten zu können, müssen wir mit dem Signifikat der fremden Sprache beginnen und versuchen, es mit etwas in Beziehung zu setzen, das uns bisher verborgen war. Marx konnte das Konzept des Arbeitswerts entwickeln, weil er von den Waren, nicht vom Geld ausging. Dies sollte uns dabei helfen, nach ähnlichen Eigenschaften in der Sprache zu suchen. Es bedeutet, dass wir von Dingen, Beziehungen und Ideen ausgehen sollten, anstatt von Wörtern. An dieser Stelle kommt uns Volosinov ein weiteres Mal zu Hilfe: „Jeder Schritt gesellschaftlicher Entwicklung hat seinen eigenen begrenzten Kreis von Dingen, denen alleine gesellschaftliche Aufmerksamkeit und damit Bedeutung zukommt. Nur solche Dinge können zu Zeichen und Objekte semiotischer Kommunikation werden.“ Dazu muss jedes dieser Dinge „verbunden werden mit den wesentlichen sozioökonomischen Voraussetzungen des Existenz einer bestimmten Gemeinschaft. Es muss auf irgendeine Weise – zumindest indirekt – eine Beziehung zu den materiellen Grundlagen des Lebens der Gemeinschaft herstellen können“ (21f).
Wir können solche Dinge gesellschaftlich relevante Dinge nennen. Das bedeutet, dass sie auch für die Kommunikation relevant sind. Die Kommunikationsmittel haben Wert für die Kommunikation, und sowohl die Kommunikation selbst als auch die Kommunikationsmittel können als Dinge gesehen werden, die gemeinschaftlichem Leben dienen. Auf einer gewissen Ebene erreichen Kommunikationsmittel „Zeichenstatus“. Der ökonomische Tausch kann, wie oben beschrieben, als ein Bereich menschlicher Kommunikation gesehen werden.
Die Dinge, für die Geld getauscht wird – mit anderen Worten, Waren – können also gesehen werden als gesellschaftlich relevante Dinge, die Wert haben im Rahmen des Tauschs als Kommunikation. Das Kommunikationsmittel ist hier das Geld, das in seiner Tauschbarkeit die gemeinsame Qualität der Waren ausdrückt. Abstrakte Arbeit ist Arbeit, die auf Tausch ausgerichtet ist. Sie folgt der sprachlichen Dialektik als Arbeit, die „für andre Menschen existiert, also auch für mich selbst“. Um „für Andere“ zu werden, muss sie durch den Akt der entfremdeten, materiellen Kommunikation des Warentauschs gehen. In diesem Sinne wird abstrakte Arbeit relevant für die Kommunikation, die Kommunikationsmittel und den Lebensprozess der Gemeinschaft. Geld, als ausgeschlossene Ware, beinhaltet auch Arbeit und ist daher auf dieselbe Weise für die Kommunikation relevant. Der Ersatz der ausgeschlossenen Ware durch Papiergeld verdeutlicht die abstrakte Bestimmung des Zeichens, die erhalten bleibt. Obwohl Papiergeld selbst keine Arbeit beinhaltet, ist es immer noch relevant für den kommunikativen Akt des Tauschs – genauso wie abstrakte Arbeit. Was die beiden daher gemeinsam haben, ist Relevanz für einen bestimmten kommunikativen Akt, der wiederum Wert für bestimmte Lebensprozesse der Gemeinschaft hat.
Genauso wie das Geld oder die Ware haben natürlich auch alle Kommunikationsmittel – das Wort, seine Referenten und jede gemeinsame Eigenschaft oder Idee, die sich in dieser Beziehung entwickelt haben mag – Relevanz für die Kommunikation. Auch die Kommunikationsakte selbst sind direkt bezogen auf die Lebensprozesse, in denen Objekte, Ideen etc. Bedeutung erlangen bzw. in denen ihnen gesellschaftliche Aufmerksamkeit zukommt. Der „Wert“ der Wörter wird dabei erstens von den Beziehungen der Dinge zu den Wörtern bestimmt und zweitens von dem Gebrauch dieser Wörter in den für die Gemeinschaft relevanten Kommunikationsakten. Quantitative Differenzen sind hier nicht von Bedeutung. Der Wert der Wörter ändert sich nur über qualitative Änderungen derselben. (Auch Waren streben danach, sich selbst als relevant zu beweisen bzw. „Zeichenstatus“ in Beziehung zu Geld zu erlangen, da dieses die Relevanz einer Ware über den Vergleich mit allen anderen Waren bestimmt.)
Der Tausch zeigt uns gewissermaßen in Zeitlupe auf einer materiellen Ebene, wie sich der gesellschaftliche Prozess der Sprache gestaltet. In diesem sind Werte freilich nicht quantitativ getrennt – auch wenn es vorkommen mag, dass ein Ding auf mehr als nur ein Wort bezogen wird, wenn es auf mehr als eine Weise für das Leben der Gemeinschaft von Relevanz ist. Saussure verwendet das Beispiel der englischen Begriffe „sheep“ und „mutton“, für die im Französischen beide „mouton“ steht. Der Grund ist, dass für englische Bauern ein Schaf nicht von gleicher Bedeutung war wie für die in England ansässige französische Aristokratie. Dass ein Ding überhaupt auf ein Wort bezogen werden kann, zeigt, dass es einen Kommunikationswert hat, genauso wie die Beziehung einer Ware zu einer Summe von Geld zeigt, dass sie einen Tauschwert hat.
Wir haben ökonomischen Tausch als eine entfremdete Kommunikationsform untersucht und dabei in der Sprache einen Bereich entdeckt, der dem Tausch strukturell ähnlich ist: die Isolierung von Wörtern innerhalb der Kategorienbildung, der Übersetzung und der Definition. Dies wird besonders deutlich in Saussures Konzept der langue. Wir hofften dabei auf einen Moment in diesen zwei Sprachen – des Geldes und der Wörter – zu stoßen, in dem sie „das Gleiche“ sagen. Dies mag zunächst als „Wert“ bezeichnet werden, aber wenn wir den ökonomischen Wert in eine weit gefasste Kommunikation mit einbeziehen, stoßen wir auch auf ein Signifikat, welches dasselbe in beiden „Sprachen“ ist. Die Parallele gilt vor allem für Wörter, die für Dinge stehen, die selbst relevant sind. Darüber hinaus haben wir eine gemeinsame Struktur entdeckt im Vergleich des Geldes als „Prototyp“ für die Sprache und der Prototypen in Wygotskis Experiment. Geld wie Wörter fungieren hier als allgemeine Äquivalente.
Nun können wir zu den Fragen zurückkehren, die wir eingangs in Bezug auf Saussure gestellt haben: In seinem Vergleich von Geld und Sprache begann Saussure damit, Wörter mit Geld zu vergleichen und Ideen mit Waren. Was er aus der Perspektive einer marxistischen Analyse von Waren und Geld verabsäumte, war erstens das Konzept eines Objekts, das allgemein wird aufgrund wiederholter Beziehungen zu partikulären Objekten, und zweitens eine darauf folgende Beziehung zwischen diesen Objekten, die selbst allgemeinen Charakter annehmen kann. Diese Möglichkeit wurde in Wygotskis Experiment demonstriert. Hier durchschreitet das, was Saussure das „Signifikat“ nennen würde, eine Reihe von Veränderungen, bevor es erst zum Schluss seiner Entwicklung zu einer Idee wird, für die ein Wort „getauscht“ werden kann. Wenn Saussures Analogie zwischen ökonomischem Tausch und Sprache aus der Perspektive einer marxistischen Analyse von Waren und Geld gesehen wird, offenbart sich also ein Sprachverständnis, das einigen von Saussures eigenen Voraussetzungen widerspricht.
Fußnoten
1) Wenn wir von Münzen sprechen – einem besonderen Fall von Geld – so sagt Sohn-Rethel: “Eine Münze ist daher etwas, das mit den Postulaten der Tauschabstraktion korrespondiert, ein abstraktes Ding, eine abstrakte Form, die anschaulich gemacht wird” (1965, 120).
Literatur
De Saussure, Ferdinand 1966 [1915]. Course in General Linguistics. Translated and with an introduction by Wade Baskin. New York: McGraw-Hill (Paperback edition) [dt. 1967 Grundlagen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Berlin: de Gruyter].
Engels, Friedrich, und Karl Marx 1969 [1845/46] Die deutsche Ideologie. MEW 3. Berlin: Dietz.
Goux, Jean-Joseph 1973 Freud, Marx: Economie et symbolique. Paris: Editions du Seuil [dt. Freud, Marx. Ökonomie und Symbolik. Ullstein: Berlin 1994].
Marx, Karl 1972 [1867] Das Kapital 1. MEW 23. Berlin: Dietz.
Marx, Karl 1983 [1857/58] Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. MEW 42, Berlin: Dietz.
Marx, Karl 1968 [1844] Ökonomisch-Philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844. MEW 40. Berlin: Dietz.
Piaget, Jean 1973 [1968] Der Strukturalismus. Stuttgart: Klett-Cotta/SVK.
Ponzio, Augusto 1977 Marxismo, Scienza e Problema dell’Uomo. 1977. Verona: Bertani Editore.
Roll, Eric 1973 [4] (1954 [1]) A History of Economic Thought. London: Faber and Faber.
Rossi-Landi, Ferruccio 1982 [1968] Sprache als Arbeit und Markt.
Rossi-Landi, Ferruccio 1976 [1972] Semiotik, Ästhetik und Ideologie. München: Hanser.
Sohn-Rethel, Alfred. 1965. “Historical Materialist Theory of Knowledge”. Marxism Today, April, pp. 114-22.
Sohn-Rethel, Alfred 1970. Geistige und körperliche Arbeit. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag.
Vaughan, Genevieve 1980 “Communication and Exchange”, Semiotica 29-1/2.
Volosinov, V.N. 1973. [1930] Marxism and the Philosophy of Language. Translated and with an introduction by L. Matejka and I.R. Titunik. New York: Seminar Press. [dt. Marxismus und Sprachphilosophie. Berlin: Ullstein 1985].
Wygotski, Lew [Vygotsky, Lev S.] 1962 Thought and Language [1934]. Translated and edited by E. Hanfmann and G. Vakar. Cambridge, Mass.: M.I.T. Press [dt. Denken und Sprechen. Frankfurt/Main: Fischer 1986].
Wittgenstein, Ludwig1953 Philosophische Untersuchungen. Versch. Ausgaben.