Nach den Wörtern – die Theorie in der
Praxis
Es gibt viele verschiedene Wege, um zu einem
Paradigmenwechsel zu gelangen. Zunchst würden unmittelbare und weitreichende
Konsequenzen erzielt, wenn die "Erste Welt" der "Dritten Welt" ihre Schulden
erlassen würden (die in Wirklichkeit bereits viele Male zurückgezahlt worden
sind). Ein erster Schritt könnte darin bestehen, zumindest die Zinsen zu vergeben. Dieser Schritt könnte von
Initiativen begleitet werden, die sich um eine Leben achtende und
respektierende materielle Kommunikation mit der "Dritten Welt" bemühen. hnliches
könnte in Bezug auf die ehemaligen Republiken der Sowjetunion geschehen. Diesen
wird es seit ihrer Unabhngigkeit aufgrund kapitalistischer Plünderung verunmöglicht,
eine bessere Gesellschaft zu errichten. Stattdessen haben sie mit
erschreckender Armut zu kmpfen. Für uns alle am wichtigsten wre jedoch, damit
aufzuhören, den Reichtum der Welt für die Aufrüstung und das Militr zu
verschwenden. Stattdessen müssten unsere Ressourcen für den Aufbau einer
fürsorglichen ökonomie eingesetzt werden.
In den USA müssen wir die Gefngnisindustrie
ndern. Wir müssen unser Augenmerk auf die sozialen Gründe für die Kriminalitt
richten und versuchen, Kindern und Jugendlichen Leben zu schenken, die es wert
sind, gelebt zu werden. Wir müssen das Bedürfnis und das Menschenrecht einer
jeden Person auf ein gutes und glückliches Leben anerkennen. Jede Person muss
die Möglichkeit haben, anderen zu schenken. Wir müssen soziale übel stoppen,
wie den Mdchen- und Frauenhandel. Wir müssen anerkennen, dass die meisten
MigrantInnen, die vom Süden in den Norden kommen, nur dem Fluss folgen, entlang
dessen ihren Lndern unbezahlte Geschenke abverlangt und ihre Ressourcen
entleert werden. Dieser ausbeuterische Fluss ist zu stoppen und die Menschen
des Südens sind als unsere Schwestern und Brüder zu begreifen. (Wenn wir unser
Geld nicht für die Rüstung ausgeben würden, gbe es genug Ressourcen für alle.)
Die Naturzerstörung muss aufgehalten und die Natur als ein Geschenk an unsere
Kinder und deren Kinder gesehen werden. Außerdem sind viel mehr Frauen mit
fürsorglichen Werten in öffentliche mter zu whlen.
Fortschritt in jedem dieser Bereiche –
und es gibt viele weitere – würde positive Wellen schlagen und die Werte
des Schenkprinzips vorantreiben. Ein erster Schritt, um uns in die Richtung
eines Paradigmenwechsels zu bewegen, wre es, das Schenken zu erkennen, das wir
bereits tun bzw. uns zu weigern, weiterhin dem Tauschsystem Wert zuzuschreiben.
Wir könnten dann damit beginnen, das Schenken experimentell auszudehnen und in
politischen wie sozialen Institutionen zu etablieren. Dies würde das Ende
individueller fürsorglicher Aufopferung ermöglichen und das Schenkprinzip
gesellschaftlich etablieren.
Diese Perspektive muss bewusst praktiziert
werden. Ich habe versucht, dies durch die Gründung der Foundation for a
Compassionate Society (FFCS – etwa: "Stiftung für eine fürsorgliche Gesellschaft") und
der politischeren (nicht steuerlich absetzbaren) Gruppe Feminists for a
Compassionate Society
(etwa: "Feministinnen für eine fürsorgliche Gesellschaft") zu tun. Ich
praktiziere die Theorie, die in diesem Buch prsentiert wurde, seit 1981, indem
ich meine Ressourcen für soziale Vernderung einsetze. Bevor ich die Theorie
entwickelte, praktizierte ich das Schenkprinzip weniger bewusst, als Ehefrau
und Mutter.
Für mich persönlich lag eine positive
Konsequenz der Theorie darin, mich von dem psychischen und sozialen Druck zu befreien,
der mich davon abgehalten hatte, Bedürfnisse außerhalb meiner Familie zu
befriedigen bzw. Menschen außerhalb meiner Familie zu schenken, und ich denke,
dass das Annehmen einer aktiveren schenkenden Rolle mir half, einige psychische
Probleme zu lösen, mit denen ich zu kmpfen hatte. Es ist mir jetzt klar, wie
viel jederzeit überall geschenkt wird, und ich bin heute davon überzeugt, dass
das Schenken das normale menschliche Verhalten ist. Allerdings wird unser
Schenken vom Tausch blockiert und vom Mangel bzw. den Werten des Patriarchats
erschwert, die das Schenken als Tausch fehlinterpretieren und es gleichzeitig als
ineffektiv und schwach abwerten (oder – als Kehrseite der Medaille
– sentimentalisieren). Wir müssen zur Sprache zurückgehen, um zu
erkennen, was das Schenken menschlich macht. Wenn wir das tun, werden wir seine
bewusste Praxis fördern können.
Schenken, um individuelle Bedürfnisse zu
befriedigen, kann das soziale System, das diese Bedürfnisse schafft, nicht
ndern. Sobald dieses jedoch gendert ist, wird das Schenken zum leitenden Prinzip
auf allen Ebenen werden, nicht nur auf der individuellen. Die Notwendigkeit,
unsere Ressourcen der nderung des Systems zu widmen, ist heute dringender denn
je. Wir alle müssen sowohl auf der individuellen wie der gesellschaftlichen
Ebene schenken. Wir müssen dabei jedoch auf unsere Energien achten, um uns
nicht zu erschöpfen. Da wir unser Schenken anfangs immer noch im Rahmen des
Tauschprinzips praktizieren werden, ist diese Gefahr groß.
Ein Grund, warum Schenkende ihr Schenken kaschieren,
liegt darin, dass sie fürchten, den Eindruck zu erwecken, dass sie durch ihr
Schenken nur ihr eigenes Ego aufplustern wollen, der Logik der Maskulisierung
entsprechend. Der logische Widerspruch, der in solchem "ego-orientierten
Altruismus" liegt, wirft einen Schatten über den Altruismus und verleiht ihm
das Ansehen der Scheinheiligkeit. Wir können diese Furcht jedoch ablegen, indem
wir im Rahmen der feministischen Bewegung Vertrauen und Großzügigkeit
entwickeln.
Ein weiterer Grund dafür, warum Menschen oft
versteckt schenken, ist, dass religiöse und andere Moralapostel verstecktes
Schenken, ja sogar Selbstaufopferung, tugendisieren. Whrend dies uns manchmal
vor der Falle der Ego-Herrschaft bewahren mag, verhindert es gleichzeitig die
Ausdehnung des Schenkprinzips auf die gesellschaftliche Ebene.
Es gibt viel psychisches Leid, das wir in
Zusammenhang mit dem Schenken erfahren. Vielleicht liegt der Grund dafür in der
Tatsache, dass das Schenken für die meisten von uns ausschließlich mit unserer
Kindheit verbunden ist und es danach in unserer Entwicklung blockiert wird. Wir
haben oft extrem starke emotionale Reaktionen in Bezug auf das Schenken, die
unerforscht bleiben. Oft fühlen wir uns angesichts offenen Schenkens unsicher
und unbehaglich. Der Tausch scheint uns einfach handhabbarer und seriöser. Damit
wir uns auch in Bezug auf das Schenken wohl fühlen, muss es "angemessen" und
darf nicht "exzessiv" sein – und damit ndert sich natürlich auch nichts.
Wir bewegen uns auf Zehenspitzen in einer
Gesellschaft, deren Tauschwerte wir mit unserem Schenken nicht verletzen
wollen, whrend diese Gesellschaft tagtglich den Planeten zerstört und Millionen
von Menschen, die woanders leben, Hunger und Tod bringt. Wir retten unsere
persönliche Behaglichkeit auf Kosten unseres sozialen Interventionspotentials
und somit bleibt der zerstörerische Status quo unangetastet. Gleichzeitig
werden diejenigen, die sich des Leidens der Vielen und der Krankheit des
Systems tatschlich annehmen wollen, in Verzweiflung gestürzt, da sie das
umfassende Schenkpotential unseres Lebens nicht wahrnehmen können, das vom
Tausch verdeckt wird. Das gleiche gilt für die Schimmer sozialer Vernderung,
die immer wieder auftauchen und immer wieder überlagert werden. Wenn das
Schenken offen praktiziert wird, handelt es sich meist um Vereinnahmungen durch
Religionen, Regierungen oder Konzerne, und es bleibt der Eindruck, als wre das
Schenken eine List der Maskulisierung, ein Mittel der Gier und der Korruption.
Im besten Fall nimmt das offene Schenken innerhalb des Tauschsystems den Charakter
einer sozialen Verpflichtung an, der Gemeinschaft etwas "zurückgeben" zu müssen
– innerhalb der etablierten Parameter des Systems.
Mir wurde klar, dass es der Praxis offenen
Schenkens für gesellschaftlichen Wandel bedarf, um die wirkliche Bedeutung des
Schenkens sichtbar zu machen. Deshalb entschloss ich mich, die erwhnten Organisationen
zu gründen und entsprechende Projekte zu unterstützen. Dabei musste ich oft auf
den Tausch – in Form von Lohnarbeit – zurückgreifen. Meine Stiftung
und die feministische Gruppe, die ich gründete, sind beide hybride Lösungen in
diesem Sinne.
Das Geld, das ich geerbt habe, habe ich auch
dazu verwendet, progressive und feministische Projekte zu unterstützen, die
bereits existierten. Für mehrere Jahre nahm ich die Hilfe meiner Cousine, Sissy
Farenthold, in Anspruch, einer bekannten Feministin und Aktivistin, die mit den
Spielregeln dieses Feldes besser vertraut war als ich. Weiters kaufte ich Grund
und Immobilien, um von Frauen geleiteten Projekten einen Ort zu geben. Schließlich
gründete und unterstützte ich pdagogische Projekte, die von Frauen geleitet und
verwaltet wurden. Manche dieser Frauen hatten bereits ihre eigenen Projekte
gestartet oder starteten sie spter – mit oder ohne meiner Hilfe.
Gegenwrtig arbeite ich an einem Buch über mein Leben. In diesem werde ich auch
von meinen Begegnungen mit Gruppen wie Dawne, Sisterhood is Global, Wedo, Feminist Press, der Feminist University of
Norway, CoMadres, Resourceful Women und vielen anderen mehr erzhlen.
Ich habe mit den Widersprüchen, die in einem
Schenken für die Vernderung des Systems liegen, das mir von diesem System
selbst ermöglicht wurde, gekmpft. Ich habe auch mit den Widersprüchen gekmpft,
in Form des Lohnes, den ich Frauen bezahlt habe, auf den Tausch zurückzugreifen.
Und ich habe es zu einem Grundsatz gemacht, Individuen nicht zu ihrem eigenen
Nutzen zu schenken, da es wesentlich war, das Geld Projekten, die für soziale
Vernderung arbeiteten, zukommen zu lassen. Es gibt sicher auch andere Wege,
meine Theorie zu einer Praxis zu machen. Was ich tat, war das, was mir einfiel
– und ich denke, dass mir dabei die Göttin mit Geschenken guten Timings
und einfachen Glücks half.
Manchmal stimmten die Frauen, die in der FFCS
arbeiteten, nicht mit mir überein. Manchmal hatten sie untereinander
verschiedene Ansichten. Es gab lange und oft schmerzhafte Diskussionen –
aber unsere Freundschaft und feministische Verbundenheit blieb gewöhnlich immer
intakt. Ich hatte mich dazu verpflichtet, die Stiftung so vielfltig wie möglich
zu halten und sie ist tatschlich ein Ort, an dem europische und
nicht-europische, alte und junge, lesbische und heterosexuelle, ortsansssige
und weit weg lebende Frauen zusammenarbeiten. Ich denke, dass die Stiftung eine
Nische des Friedens ist, in der eine Vielfalt an Stimmen gehört werden kann und
eine Vielfalt an Denken Platz hat. Ich empfinde gegenüber den Frauen, die im
Laufe der Jahre in der Stiftung gearbeitet haben, große Dankbarkeit und fühle
mich geehrt, dass ich Zeit mit ihnen verbringen durfte. In den Personaltreffen,
die jeden Mittwoch stattfinden, berichten wir über unsere jeweiligen
Aktivitten. Die unglaubliche Vielfalt an Information und Erfahrung, an Engagement
und Tatkraft, an Mut und Einfallsreichtum besttigt und inspiriert unsere Schwesterlichkeit
und spendet selbst der desillusioniertesten Besucherin Hoffnung.
Die psychotische Praxis des Patriarchats hat so
viele Bedürfnisse nach sozialer nderung geschaffen, dass es für AktivistInnen
nie genug zu tun gibt. Alles ist mit allem verbunden: die Natur mit uns
Menschen, der Hunger mit der Militarisierung, der Respekt für allein erziehende
Mütter mit dem Weltfrieden, die husliche Gewalt mit rassistischer und globaler
Gewalt. Wenn wir an einem der Probleme rütteln, bewegen wir alle anderen.
Sobald wir auch nur ein Bedürfnis nach sozialer Vernderung befriedigen –
"einen Unterschied machen", wie es oft heißt –, demonstriert das die
Möglichkeit aller, das Schenkprinzip offen und intelligent auf der
gesellschaftlichen Ebene zu praktizieren.
Das Beispiel von Frauen, die versuchen, soziale
Bedürfnisse zu befriedigen, die dafür Zeit, Intelligenz, Kreativitt, Engagement
und Geld aufbringen, demonstriert, dass das verallgemeinerte Schenkprinzip die
Lösung für den gesamten Komplex von Problemen ist, die vom Tauschprinzip
verursacht werden. Das Beispiel der Frauen kann weitreichende Effekte haben. Vor
allem, da viele auf soziale Vernderung ausgerichtete Projekte – in den
USA wie in anderen Lndern – immer noch nach patriarchalen Mustern
organisiert werden und funktionieren und damit die Probleme perpetuieren, gegen
die sie vorzugehen versuchen.
Projekte in den USA konzentrieren sich oft
darauf, das Individuum zu ndern oder rechtliche Reformen herbeizuführen, ohne
die Gesellschaft als Ganze zu transformieren. Die Verbindungen zwischen huslicher
und globaler Gewalt werden oft ignoriert. Nichtsdestotrotz bedeutet ein
soziales Engagement gegen husliche Gewalt einen Schritt hin zum Schenkprinzip
– genauso wie das Engagement für soziale Gerechtigkeit, für Frieden und
Menschenrechte, für die Beendigung von Hunger, Krieg, Rassismus oder
Obdachlosigkeit. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich darin engagieren,
andere von Suchtproblemen oder psychischen Problemen, die von den patriarchalen
Gewaltverhltnissen hervorgerufen wurden, zu befreien. Ob denjenigen, die sich
in diesen Bereichen engagieren, die Bedeutung, die sie für die Verbreitung des
Schenkprinzips spielen, bewusst ist oder nicht, ist nicht entscheidend. Ebenso
wenig ob sie Frauen oder Mnner sind. Gleichzeitig glaube ich, dass es wichtig
ist, Frauen eine leitende Rolle im Prozess des gesellschaftlichen Wandels
zuzuschreiben, da ihnen die ursprüngliche Maskulisierung fehlt und ihr Beispiel
abseits des privilegierten Einen liegt.
Dieses Buch erschien im englischen Original
1997, als die Foundation for a Compassionate Society noch existierte. Ein Jahr spter
musste ich die Stiftung schließen, obwohl einzelne Projekte bis heute
fortgesetzt werden. Ich habe immer noch Zugang zu Geldanlagen, mittels derer
ich meinen Lebensunterhalt finanzieren kann, doch ich gab in den letzten Jahren
meine Anteile an den Erdöl- und Gasunternehmen auf, die die Quelle meines
Einkommens bildeten, um mich völlig aus diesen zerstörerischen Geschften
zurückzuziehen. Viele Jahre lang ging ich davon aus, dass es legitim war, Geld
aus ölgeschften für gesellschaftlichen Wandel einzusetzen, und ich glaube
immer noch, dass dies für manche funktionieren mag. Ich persönlich entschied
mich jedoch, diesen Weg nicht lnger zu verfolgen.
Heute lsst mich die stndig zunehmende
Zerstörung der Natur glauben, dass ich das Richtige getan habe. Ein soziales
Experiment wie die Stiftung muss nichts Permanentes sein. Wenn das so wre,
würde es sich nicht um ein Experiment handeln. Ich denke, dass wir gezeigt
haben, dass Frauen, wenn ihnen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung
stehen, das Geschenk sozialer Vernderung schenken können, selbst in einer
Gesellschaft, die tief vom patriarchalen Kapitalismus geprgt ist.
Seit ich dieses Buch veröffentlicht habe, habe
ich zu verstehen begonnen, wie weit die Gehirnwsche, der wir unterzogen werden,
wirklich reicht. Es scheint fast so, als htten wir irgendein physisches Leiden
entwickelt, dass es uns verunmöglicht, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen.
Wie Erella Shadmi vor kurzem gesagt hat, handelt es sich darum, "ein Paradigma
zu prsentieren, um mit einem anderen interpretiert zu werden".[1]
Sogar unser eigenes Schenken interpretieren wir oft genug innerhalb des
Paradigmas des Tausches.
Um dieses Problem anzugehen, beschloss ich,
meine verbleibenden Energien dem Schreiben und dem Lehren des Schenkprinzips zu
widmen. Angesichts des immer deutlicher werdenden Scheiterns und der
Grausamkeit des patriarchalen Kapitalismus wenden sich immer mehr Menschen der
Schenklogik zu – egal welche Namen sie dieser geben mögen.
Wir müssen die Verbindungen zwischen der
Mütterlichkeit und dem Schenken betonen, sowie zwischen indigenen schenkenden
Gesellschaften und den freien bedürfnisbefriedigenden Handlungen, die sich
stndig um uns herum und in uns selbst vollziehen. Wenn wir dazu imstande sind,
können wir beginnen, die Welt wirklich zu begreifen. Dann werden wir auch wirklich
verstehen, was wir tun müssen. Dieser Wechsel in unserem Denken ist notwendig,
da ohne den entsprechenden theoretischen Rahmen unser Aktivismus nicht
allgemein werden kann. Wir müssen unsere Werte so ndern, dass aus einer
grausamen Gesellschaft eine mitfühlende Gesellschaft wird.
Die drei Projekte der Stiftung, die immer noch
existieren, sind FIRE, der Sachmet-Tempel und WINGS (das unabhngig ist und das
ich auf andere Weisen zu unterstützen versuche). All diese Projekte haben
wesentlich mit der Vernderung von Werten zu tun. (Siehe Nheres zu den
Projekten unten.)
Es gibt mittlerweile auch eine Webseite, www.gift-economy.com, auf der eine Reihe an
Informationen zur Schenkökonomie zu finden ist. Ich kann über diese Webseite
kontaktiert werden oder über meine Adresse in den USA: PO Box 2285, Austin, TX
78768. Ein Dokumentarfilm über mein Leben und die Schenkökonomie wurde vor
kurzem gedreht. Mehr Information darüber ist auf der Webseite www.GivingforGiving.com zu finden.
Der gestohlene Wahlsieg George W. Bushs im
Jahre 2000 hatte eine großen Einfluss auf den politischen Aktivismus in den
USA. Diejenigen unter uns, die im Anschluss an die Ereignisse des 11. September
nicht an Vergeltung oder "Rückzahlung" glaubten, haben sich um Frieden bemüht
und um ein Konzept der Anderen, in dem es um Bedürfnisbefriedigung anstatt um
Hass und Angriff geht. Es ist völlig klar, dass die Prozesse einer
Hypermaskulisierung, die hinter unseren Kriegen stehen, niemals eine friedliche
Welt schaffen können. Heute haben sie sich mit dem Kapitalismus verbunden, um
einen Kampf um maskulisierte Macht zu schaffen, der auf Leben und Tod geführt
wird. Dieser Kampf wird als Legitimation für die Brutalitt einzelner Mchtiger
und ganzer Nationen herangezogen. Das Finden und Schaffen von Alternativen
scheint notwendiger denn je.
Whrend der letzten Jahre meiner Arbeit in den
USA habe ich mithilfe von Mitarbeiterinnen der Stiftung zwei große Konferenzen
organisiert und gesponsert. Die erste war 2004 eine Konferenz zur
Schenkökonomie, die zweite, 2005, eine Konferenz zur Matriarchatsforschung.
2003 besuchte ich den Weltkongress für
Matriarchatsforschung in Luxemburg, der von Heide Göttner-Abendroth geleitet
wurde. Ich konnte kaum glauben, wie weitreichend die Entsprechungen zwischen
dem Matriarchat und der Schenkökonomie waren. Ich lernte, dass das Matriarchat
(das nicht als Spiegelbild des Patriarchats verstanden werden darf) der weitere
Kontext der Schenkökonomie ist, ihre soziale Matrix. In matriarchalen
Gesellschaften müssen Buben ihre fürsorgliche Identitt nicht aufgeben, da die
gesamte Gesellschaft Prinzipien der Mütterlichkeit folgt. Göttner-Abendroth
erklrte mir, dass die Schenkökonomie für Matriarchate charakteristisch ist. Die
Anzahl und Vielfltigkeit der matriarchalen Gesellschaften, die prsent waren
und über die berichtet wurde, waren faszinierend. Ich beschloss, eine zweite
Konferenz unter der Leitung Göttner-Abendroths in den USA durchzuführen.
Zuvor organisierte ich noch die Konferenz zur
Schenkökonomie in Las Vegas, Nevada, 2004. Es wurden in etwa 35 Frauen
eingeladen. Das Buch zur Konferenz, Women and the Gift Economy: a Radically
Different Worldview is Possible (etwa: "Frauen und die Schenkökonomie: eine radikal andere Weltsicht
ist möglich") ist gerade (2007) bei Inanna Press in Kanada erschienen.
Im Oktober/November 2005 kam es dann zum
Zweiten Weltkongress für Matriarchatsforschung in San Marcos, Texas. Eine große
Zahl indigener matriarchaler Frauen versammelte sich dort. Im selben Jahr wurde
der endgültige Schlussstrich unter die Stiftung und meine Rolle als aktiver
Gründerin gezogen.
Ich denke, dass Matriarchate eine bereits
existierende Alternative zum patriarchalen Kapitalismus darstellen und dass die
Schenkökonomien, die in verschiedenen Formen innerhalb matriarchaler Gesellschaften
existieren, wirklich der Schlüssel zu den Werten sind, die unsere Welt eine
bessere machen können. Diese Werte liegen inmitten des patriarchalen
Kapitalismus, nur sind sie versteckt. Die befreiende Logik des Geschenks ist
die Logik der Menschlichkeit, wo auch immer sie gefunden werden mag.
Um eine Idee von der Stiftung zu vermitteln,
solange sie existierte, setze ich hier mit der Beschreibung ihrer Aktivitten
fort, wie sie 1997 in der Originalausgabe dieses Buches erschien. Dies kann als
eine Art Momentaufnahme, als ein "Bild der Zeit" gelesen werden.
1997 ist der zehnte Gründungstag der Foundation
for a Compassionate Society. Natürlich gab es bereits zuvor viele wichtige Projekte. Stonehaven
Ranch ist ein
spiritueller Center in der Nhe von San Marcos, Texas, den es seit 1984 gibt.
Jedes Wochenende steht er Treffen von Friedens- und Frauengruppen zur Verfügung,
zu geringen Kosten oder überhaupt frei. Buchstblich Tausende von Menschen, die
für soziale Vernderung arbeiten, haben sich im Laufe der Jahre dort
eingefunden. Margie First ist momentan die Managerin, die für diese
FürsorgerInnen sorgt. Andere Projekte begannen in den 80er Jahren, wie das Austin
Women's Peace House.
Diese Projekte existierten einige Jahre lang, bevor sie aus dem ein oder
anderen Grund endeten. Von 1985 bis 1994 war ein wöchentliches Programm, das
auf Austins Community-TV lief, Teil unserer Aktivitten: "Let the People Speak"
("Lass die Menschen sprechen"), moderiert von Trella Laughlin. Dieses Programm
wurde von mehreren anderen abgelöst: "Feminist Values" ("Feministische Werte")
von mir selbst, "Arts and Activism" ("Kunst und Aktivismus") von Sally Jacques
und "Women's News Hour" ("Frauennachrichten") von Frieda Werden.
Wenn das Schenken in der Tauschökonomie individuell
praktiziert wird, kann es zur Erschöpfung der Schenkenden führen. Nachdem ich
– mit Ausnahme einiger geringer Förderungsgelder – die FFCS alleine
finanzierte (die anderen Frauen schenkten Zeit, Energie und Ideen), gelangten
meine finanziellen Ressourcen an ihr Ende. Ich musste das Spendenprogramm
einstellen, das von 1981 bis 1994 existierte und manche Projekte mussten
geschlossen werden. Das Grassroots Peace Organizations Building (etwa: das "Volksfriedenshaus")
beherbergte sowohl die Büros der Stiftung als auch die Bürorume vieler anderer
Friedensgruppen, in denen sowohl Frauen als auch Mnner aktiv waren. An der
Hauptstrasse Austins gelegen, war dieses kleine Haus ein Vorposten der sozialen
Vernderung inmitten des Mainstreams. Ich verkaufte es 1996, um die Stiftung
weiter betreiben zu können. Eine wunderschöne Einrichtung am Travis-See, unser
zweiter spiritueller Center, die Alma de Mujer (span.: "die Seele der Frau") war ein Teil der
Stiftung von 1988 bis 1996, bevor ich ihn dem Indigenous Women's Network spendete. Es wird weiterhin
erfolgreich von der indigenen Bildhauerin Marsha Gomez geleitet, mit der Hilfe
von Esther Martinez.
1985 war ich in der Lage, das Peace Tent ("Friedenszelt")
bei der UNO-Abschlusskonferenz des Jahrzehnts der Frau in Nairobi zu
finanzieren und zu betreiben. Ich tat dies gemeinsam mit einer Gruppe, die ich
mitbegründet hatte, The Feminist International for Peace and Food ("Die Feministische Internationale
für Frieden und Nahrung"). Das Zelt war sehr erfolgreich. Es wurde zu einem
Ort, an dem Frauen aus Lndern, die sich miteinander im Krieg befanden, in
Frieden debattieren und diskutieren konnten. Unsere Veranstaltungen wurden von
Tausenden von Frauen besucht. Zwei der Frauen, die dabei halfen, das Zelt zu
organisieren, die deutsche Ellen Diederich und die Sngerin Fasia Jansen, eine
Deutsche afrikanischer Abstammung, haben viele Jahre lang mit der FFCS zusammengearbeitet.
Sie initiierten eine Friedenskarawane in die Sowjetunion (vor dem Fall der
Mauer) und gründeten spter Four Directions (ein Versuch in cause-related marketing). Sie arbeiten weiterhin für den
Frieden. Viele andere Gruppen nahmen am Friedenszelt teil, inklusive der Internationalen
Frauenliga für Frieden und Freiheit und der Internationalen Demokratische
Frauenföderation.
Es war ein erfolgreiches Modell für den Dialog unter Frauen, das danach viele
Male nachgeahmt wurde.
Friedenskarawanen wurden auch in den USA
organisiert. Frauen fuhren von Stadt zu Stadt, um von dem Treffen in Nairobi zu
erzhlen. Die US-amerikanische Qukerin Alice Wiser und die deutsche Gertrude
Kauderer betrieben diese Karawanen jeden Sommer, mehrere Jahre lang.
Viel Unterstützung ging von unserer Seite auch
an die zentralamerikanischen Selbstbestimmungsbewegungen. Wir sandten Delegationen
nach El Salvador, um Menschenrechtsverletzungen, die Aktivitten der Todesschwadronen
und die Rolle der US-Regierung zu untersuchen. Auch eine spezielle
Untersuchungsdelegation von Generalstaatsanwlten aus den USA wurde von uns
nach Zentralamerika gesandt (auch ich war Teil dieser Delegation).
Ellen und Fasia organisierten eine Europa-Tour
der Salvadorschen Mütter der Verschwundenen, die einen großen Beitrag zur
globalen Bewusstseinsbildung leistete. Ich half Frauen des Südens dabei, durch
die USA zu reisen und über das Leben in ihren Lndern zu berichten. (Dies geschah
mithilfe des "Dritte-Welt-Frauenprojekts" des Institutes for Policy Studies, organisiert von der Chilenin
Isabel Letelier).
All diese Arbeit kulminierte in zwei Treffen
zwischen FrauenaktivistInnen aus den USA und weiblichen commandantes der FLMN El Salvadors. In diesen
Treffen wurde deutlich, dass die Werte von Frauen Antagonismus und Krieg überwinden
konnten. Wir sprachen über unsere Kinder und über deren Zukunft. Wir hatten ernsthafte
politische Diskussionen – aber wir tanzten und sangen auch miteinander.
Ich habe mich vor langer Zeit der Unterstützung
der Frauen des Südens und dem internationalen Feminismus verpflichtet. Ich habe
Frauen in internationalen Gruppen und Konferenzen unterstützt. Ich habe mit Publikationen
und dem Aufbau von Computernetzwerken geholfen. Es gab im Laufe der Jahre zahlreiche
Projekte des Südens bzw. von Frauen des Südens, die ich unterstützt habe.
Gegenwrtig ist die philippinische Aktivistin Charito Basa, die sich MigrantInnen
in Europa annimmt, eine meiner Mitarbeiterinnen.
Ich denke, dass das Nutzen der Medien besonders
wichtig ist, was die Verbreitung der Perspektive der Frauen in der
öffentlichkeit anlangt. 1991 gründete ich FIRE, den Feminist International
Radio Endeavor
(etwa: "Das internationale feministische Radioabenteuer"), ein zweistündiges Frauenprogramm
(eine Stunde auf Englisch, eine auf Spanisch), das vom Radio for Peace
International,
einem Kurzwellensender in Coast Rica ausgestrahlt wird. Maria Suarez aus Puerto
Rico und die Chilenin Katarina Anfossi sind die Initiatorinnen dieses Programms.
WINGS, Women's International News Gathering
Service (etwa:
"Internationaler Frauennachrichtendienst"), wurde 1986 von Frieda Werden und
Katherine Davenport gegründet. Nach Katherines Tod kehrte Frieda nach Austin
zurück, wo sie seit 1992 in der FFCS arbeitet. Sie setzt damit fort, eine
wöchentliche WINGS-Sendung zu produzieren, in Zusammenarbeit mit Voluntrinnen,
die sie auch ausbildet. Frieda ist ebenso Radioausbildnerin in WATER, Women's
Access to Electronic Resources (etwa: "Zugang für Frauen zu elektronischen Ressourcen"), einer
Einrichtung in Austin, die von der Videokünstlerin Fern Hill gegründet wurde
und geleitet wird. In WATER erhalten Frauen freie Ausbildung, was den Gebrauch
von Radio, Video und EDV betrifft. Felicia Hayes und Vicky Kilgore sind dort Ausbildnerinnen
und gleichzeitig Mitarbeiterinnen der FFCS. Eine große Gemeinschaft von Frauen
ist rund um WATER aufgewachsen und hat seine Ressourcen verwendet und viel
freie Arbeit für das Projekt geleistet. Eine herausragendes Ereignis ist das
jhrliche Medienfestival am Internationalen Frauentag, ein 24-stündiger
Multimedia-Event, der ausschließlich von Frauen in kollektiver Arbeit
veranstaltet wird und auch zahlreiche andere Medienzentren der Stadt mit einbezieht.
Casa de Colores (span.: "das Haus der Farben") ist eine
öffentlich zugngliche Einrichtung an der Grenze zwischen Texas und Mexiko, die
gleichzeitig indigener Resource Center und indigenes Museum ist. Sie wird
geleitet von Helga Garcia Garza. Danza-Festivals, Treffen mit den elders und das Praktizieren traditioneller
Heilmethoden vereint erdgebundene, spirituelle Traditionen indigener Völker der
USA und Mexikos. Diese Treffen, in Verbindung mit dem Museum, erlauben Menschen
sowohl des Nordens als auch des Südens, sich wieder mit ihrem kulturellen Erbe
zu verbinden.
Ein Teil unserer Anstrengung, unsere sozialen
Werte zu ndern, kommt Formen alternativer Spiritualitt zu, vor allem der Goddess-Bewegung. Das Stonehaven Goddess
Program, das von
der spirituellen Aktivistin Pat Cuney organisiert wird, existiert seit langem
und viele der Autorinnen und Lehrerinnen der Goddess-Bewegung haben dort Workshops
veranstaltet.
In der Wüste Nevadas habe ich einen Tempel für
die gyptische Göttin Sachmet gebaut, in der Nhe des nuklearen Testgebiets.
Ich tat dies, um die Geburt meiner Töchter zu ehren und um im Sinne der
Spiritualitt der Frauen ein Zeichen gegen die Nukleartests zu setzen. Die
Statue der löwenköpfigen Göttin von Marsha Gomez trgt eine Tafel, die sagt:
"Mögen Frauen so stark wie der Löwe sein, wenn es darum geht, die Zukunft zu
gebren!" Eine andere Statue Marsha Gomez', die "Madre del Mundo" (span., "die Mutter
der Erde"), findet sich ebenfalls an diesem heiligen Ort. Die Wicca-Priesterin Patricia
Pearlman betreut den Tempel und heißt dort Konferenzen zur Konfliktlösung,
Camps von NukleargegnerInnen und spirituelle Zusammenkünfte willkommen. Das
Land, auf dem der Tempel gebaut ist, konnte ich den Westlichen Shoshone zurückgeben,
die ursprünglich dort beheimatet waren.
Ein besonderes Thema unserer Aktivitten ist
der Schaden, der von nuklearer Strahlung an der Natur und der Gesundheit
angerichtet wird. Die Frauen, die in dem (direkter politischen, nicht steuerlich
absetzbaren) Teil meiner Organisation, der Gruppe Feminists for a
Compassionate Society
arbeiten, haben hervorragende und ausgesprochen wirksame Arbeit geleistet im
Widerstand gegen die geplante nukleare Mülldeponie in der kleinen Stadt Sierra
Blanca, die im Westen Texas', an der Grenze zu Mexiko, liegt. Erin Rogers tat
sich in dieser Arbeit besonders hervor.[2]
Susan Lee Solar hat eine Friedenskarawane
organisiert, eine Art mobiles Anti-Nuklearmuseum, mit dem sie von Stadt zu
Stadt fhrt, um die nukleare Frage zu diskutieren. Der Transport nuklearen
Abfalls ist sehr gefhrlich und das mobile Museum leistet einen großen Beitrag
für die Bewusstseinsbildung der Menschen entlang der Route, der es folgt. Die FFCS
hat auch Gesundheitsuntersuchungen in der Nhe ehemaliger Militrbasen
durchgeführt, um nukleare und giftige Reststoffe und deren Effekte auf die
Bevölkerung zu dokumentieren. Yana Bland, die, mit Hilfe der FFCS, auch die Association
of Women of the Mediterranean Region (AWMR – "Verbindung der Frauen der
Mittelmeerregion") gründete, hat Untersuchungen in der Nhe des
Kelly-Luftwaffenstützpunkts in San Antonio, Texas, durchgeführt. Eine weitere
Gesundheitsstudie wurde durchgeführt auf den Clark- und Subic-Stützpunkten auf
den Philippinen.
Es ist schwierig, auf ein paar Seiten all die
Projekte dieser Organisationen zu beschreiben. In letzter Zeit organisierten
wir eine Reihe von Konferenzen, einschließlich einer zu "Feministischen Family
Values", bei der Angela Davis, Maria Jiménez, Gloria Steinem und Mililani Trask
vor einem Publikum von zweitausend Menschen sprachen. Eine andere Konferenz, zu
"Feminismus und Fundamentalismus", brachte Aktivistinnen und Denkerinnen
verschiedener Traditionen zusammen, um patriarchale Religion aus feministischer
Perspektive zu diskutieren. Mahnaz Afkami, Marta Benevides, Yvonne Deutsch und
Robin Morgan prsentierten ihr Denken an der Seite eines lokalen Forum, dem
unter anderem die Aktivistin Cecile Richards angehörte.
Antinukleare Treffen werden jedes Jahr
abgehalten, um Frauen, die sich gegen Nuklearenergie engagieren, zusammenzubringen.
Es ist uns immer ein Anliegen, die Verbindungen zwischen verschiedenen Fragen
zu betonen, im Speziellen die Verbindung zwischen Militrausgaben, dem Schaffen
von Armut und der Zerstörung der Natur. Nach dem Verkauf des Grassroots Peace
Organizations Building übersiedelten wir unser Büro in ein konventionelleres Bürogebude. Eine
Kerngruppe von speziellen Projektskoordinatorinnen arbeitet dort.
Es entstanden Bücher zu den Konferenzen zu "Feministischen
Family Values" und "Feminismus und Fundamentalismus". Darüber hinaus sind
Bücher der Association of Women of the Mediterranean Region erhltlich.
All diese Aktivitten – und viele andere,
die ich aus Platzgründen nicht erwhnen kann – waren ein Versuch, die
Praxis des Schenkprinzips auf vielen verschiedenen Ebenen und in Bereichen
unseres Lebens, aus denen sie gewöhnlich ausgeschlossen sind, zu praktizieren.
Die FFCS ist organisch gewachsen, mit vielen Drehungen und Wendungen. Sie ist
wie das Leben: genauso chaotisch und wild wie fürsorglich und Bewusstsein bildend.
So viele Dinge, die Menschen gemacht und gedacht haben, sind im Gegensatz dazu wie
Plastik: mit Molekülen in geraden Linien, oder wie Stdte: mit Husern in
ordentlichen Reihen.
Eine Theorie in die Praxis umzusetzen,
bedeutet, dass sie einsickern muss, dass sie durch Widersprüche,
Missverstndnisse und Misstrauen hindurch dringen muss, dass sie ihren Weg
durch die verschiedensten Schichten finden muss, um schließlich blühen und Früchte
tragen zu können. Leider gelingt es mir erst jetzt, dieses Buch zu
veröffentlichen, nach vielen Jahren der Praxis. Ich hatte die Theorie bisher nur
im Rahmen von Gesprchen erklrt und konnte mich dabei vielleicht nicht immer
verstndlich genug machen. Ich war gewillt, dies zu akzeptieren, da ich glaube,
dass aufgrund unserer Sozialisierung zur Fürsorge, alle (oder beinahe alle)
Frauen bereits den Werten des Schenkprinzips folgen.
Diese Werte liegen jedoch oft unter einer Schicht
von Vorstellungen verborgen, die dem Tauschprinzip angehören. Die Widersprüche,
die jede Frau in sich selbst spürt, werden auf die ein oder andere Weise
wegrationalisiert und wir lernen im Patriarchat zu leben. Wir verdrngen unsere
eigenen Werte ins Unbewusste oder schreiben sie dem Bereich des Gefühls zu. Die
Foundation for a Compassionate Society und Feminists for a Compassionate Society sind – neben allen Diensten,
die sie geleistet, und all den Vernderungen, die sie initiiert haben – vor
allem Bewusstsein bildende Organisationen. Ihre Existenz verndert die Realitt
und befriedigt das Bedürfnis nach einem Beispiel des Schenkens der Frauen auf
der gesellschaftlichen Ebene. Dies besttigt die schenkende Kraft, die in uns
allen ruht, und verleiht dem Schenkprinzip die Würde, die ihm zukommen muss,
wenn es von der Menschheit als jenes Prinzip erkannt werden soll, das uns
Frieden bringen kann.
Die folgenden Worte kamen mir in einem Traum:
"Friede auf Erden ist der nchste Schritt der menschlichen Evolution." Mag es
bald zu diesem Schritt kommen.
[1] Erella Shadmi,
"Trapped in Patriarchy: Can I forgive Men?", S. 256.
[2] Anm. d. übers.: Im Sommer 1998 kam es als Höhepunkt des Widerstandes,
dem sich mittlerweile zahlreiche Gruppen angeschlossen hatten, zu einem 100
Kilometer langen Marsch durch die Wüste West-Texas'. Kurz darauf gab der
damalige Gouverneur von Texas, George W. Bush, bekannt, dass es zu keiner
Erlaubnis für die Errichtung der Mülldeponie kommen würde.